Enthauptungsuhr 

Datierung :
  • um 1820 [Herstellung]
Ortsbezüge (Werk):
  • Schwarzwald [Herstellungsort]
Objekttyp: Wanduhr
Weitere Angaben zum Werk: Nadelholz [Material], Metall [Material], Rotbuche / Holz [Material], Ahornholz [Material], bemalt [Technik], geschnitzt [Technik], Höhe: 43.5 cm (Uhrenschild)
Kurzbeschreibung:

Uhr mit Figurenautomat aus dem Raum Furtwangen im Schwarzwald. Sie stammt aus der Zeit um 1820 und fällt durch ihren bühnenartigen Aufbau mit einer Enthauptungsszene auf. Auf ein quadratisches Lackschild und über dem Uhrwerk ist ein bühnenartiger Kasten mit Automatenfiguren aufgesetzt. Darin Kulissenmalerei als Bildhintergrund des Figurenspiels aus vier Personen in Empirekleidung. Von links nach rechts: eine Frau, die den abgeschlagenenn Kopf empfängt, einen Helfer, der selbigen transportiert, den Delinquenten, der seinen Kopf verliert sowie der Scharfrichter, der mittels des Schwerts den Verurteilten hinrichtet. Der Figurenautomat ist mit dem Schlagwerk der Uhr synchronisiert, wobei das Figurenspiel mit dem Stundenschlag auslöst wird.

Holzgespindeltes Gehwerk mit Ankergang, Stundenschlag auf Glocke und "Enthauptungsautomat". Eingebaut ist auch ein "Kapuzinerlaufwerk" samt zweiter Glocke, die wohl das Angelusläuten simuliert und zu den Gebetszeiten angeschlagen wird. Die auf den Figurenautomaten noch ursprünglich aufgesetzte Kapelle mit einer Glocke statt der üblichen Kapuzinerfigur fehlt, obwohl dieser Aufsatz ursprünglich vorhanden war.

Dargestellte Szene: Ein Verurteilter sitzt betend vor seinem Scharfrichter, der ihm von rechts hinten zum letzten vollen Stundenschlag den Kopf abtrennt, nachdem er zuvor in der Anzahl der Stunden mit dem Schwert gegen den Hals des Delinquenten geschlagen hat. Mit dem letzten Schlag greift der Henkersknecht den abgeschlagenen Kopf und legt ihn auf die große Schale einer daneben stehenden Frau, die sich damit zur Seite wendet. Kurz vor dem nächsten Stundenschlag wird der Kopf vom Henkersknecht wieder zurückgesetzt.

Die Szenerie wird ikonographisch oft als "Enthauptung Johannes des Täufers" gedeutet und erfolgte durch den Sammler und Uhrenfachmann Oskar Spiegelhalder selbst, der Direktor der Lenzkircher Uhrenfabrik war. Für die biblische Konnotation spricht die weibliche Figur, die den abgeschlagenen Kopf auf einem Teller empfängt (Salomé und Johannisschüssel); der Hingerichtete trägt ein rockartiges Kleid, das an ein Lammfell erinnert. Auch sind - wie auf dem Caravaggio-Gemälde - vier Personen in Szene gesetzt. Tatsächlich wird in einem bühnenartigen Ausschnitt großes "Welttheater" geboten und eine profane Hinrichtungsszene dargestellt. Die "Carolina" als Strafprozessordnung Karls V. galt als Rechtsordnung des Deutschen Reichs auch im Großherzogtum Baden und wurde dort um Landesherrliche Regelungen ergänzt. 1854 fand im Großherzogtum Baden die letzte Enthauptung mit dem Schwert als öffentliche Hinrichtung statt (Stiefel, Bd. II, S. 958).

Zum Höhepunkt des Schwarzwälder Figurenuhrenbaus stellt die Uhr eine besondere motivische Rarität dar und ist auch in der Ausführung der Figuren sowie der Schildermalerei eine hochwertige Ausführung.

Quelle/Sammlung: Kunst- & Kulturgeschichte - Uhren
Identifikatoren/​Sonstige Nummern: Sp 2039 [Inv.Nr.]
Weiter im Partnersystem: https://katalog.landesmuseum.de/object/01F088954899B7BFD19C82B68ADA81AC

Autor/Urheber:
  • Thomas Goldschmidt [Fotograf]

Schlagwörter: Schwarzwald / Uhrmacherei, Sammlung Spiegelhalder, Figurenuhr, Johannes, Karlsruhe / Badische Sammlungen für Altertums- und Völkerkunde, Enthauptung
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