Der Hohentwiel als „Burg Zion“

Ein Lobpreis auf das Ende des Dreißigjährigen Krieges

Titelblatt der Beschützung der Burg Zion von Johann Ebermaier, 1649, Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS J 1 Bd. 98, Bl. 3r
Titelblatt der Beschützung der Burg Zion von Johann Ebermaier, 1649, Vorlage: Landesarchiv BW, HStAS J 1 Bd. 98, Bl. 3r

Während der schrecklichen Kriegszeiten gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges war das Herzogtum Württemberg den Bedrückungen kaiserlicher, bayerischer und französischer Truppen weitgehend wehrlos ausgesetzt. Das Land kam nicht zur Ruhe, obwohl Regierung und Verwaltung sich um eine Stabilisierung der Zustände bemühten. Allein die Festung Hohentwiel wurde mehrfach belagert, konnte aber von ihrem Kommandanten Konrad Widerhold bis zum Kriegsende gehalten werden.

So war der Hohentwiel ab Oktober 1641 mit seiner rund 500 Mann starken Besatzung von einem zahlenmäßig weit überlegenen Kontingent kaiserlicher, vorderösterreichischer und bayerischer Soldaten belagert. Doch scheiterte auch diese Blockade, als im Januar 1642 ein französisches Entsatzheer anrückte, ebenso wie die nächste im Sommer 1644, als bayerische Truppen die Festung bereits weiträumig eingeschlossen hatten. Als die kriegführenden Parteien seit 1645 in Münster und Osnabrück über eine dauerhafte Friedenslösung verhandelten, konnten die württembergischen Diplomaten die vollständige territoriale Wiederherstellung des Herzogtums erreichen und im Friedensvertrag kodifizieren lassen. Im ganzen Herzogtum Württemberg wurde ein großes Danksagungsfest gefeiert. Die unglaubliche Erleichterung der erschöpften Bevölkerung auf die Friedensnachricht hin äußerte sich in Dankgebeten und -liedern; zahlreiche Danksagungen auf den Frieden wurden auch gedruckt verbreitet.

Eine besonders aufwendige künstlerisch-literarische Darstellung widmete der Zavelsteiner Pfarrer Johann Ebermaier (1599–1666) Konrad Widerhold, der mit der Verteidigung des Hohentwiel zum Symbol der württembergischen Widerstandskraft geworden war. Als Neujahrsgruß zum ersten Friedensjahr 1649 gestaltete Ebermaier ein Heft, das er dem wol-edlen, gestrengen Herrn Conrad Widerhold, Obristen und Commendanten der Vöstung Hohen=Twiel offerierte. Sein Titelblatt ist mit einer prächtig kolorierten Zeichnung geschmückt, welche die Belagerung des Hohentwiel zeigt. In den oberen Ecken findet sich links das Wappen Widerholds, rechts stehen drei Prunkkannen, wie sie Widerhold für den Altar auf dem Hohentwiel gestiftet hatte.

Das Bild trägt die merkwürdige Überschrift Beschützung der Burg Zion zue sondern Ehren und ewiger Namens Gedächtnus wie auch Glückhwünschung eines friden- unnd frewdenreichen Newen Jahrs. Bei genauerer Betrachtung wird klar: Hier belagert ein türkisches Heer den Hohentwiel; die Fahnen und Schilde mit dem Halbmond, die türkischen Zelte, Kleidungen und Turbane der Soldaten lassen keinen Zweifel: Die Ungläubigen bekämpfen die Burg Zion, die von der wahren Christenheit verteidigt und beschützt wird!

Ein Vergleich mit dem bekannten Kupferstich von Matthäus Merian zur Belagerung des Hohentwiel von 1641 macht dies offenkundig: Aus dem großen Heer der katholischen Kontingente sind hier die ungläubigen Türken geworden, aber der evangelischen Besatzung gelingt die Beschützung ihrer Burg Zion – ein symbolkräftiges Bild der dramatischen Auseinandersetzungen um die rechte Konfession! Der Dreißigjährige Krieg als großer Glaubensstreit!

Was folgt, ist ein auf fast 20 Seiten ausgebreitetes, gelehrtes Leuth- und Ritterspiel um die ruhmreiche Verteidigung dieser Burg Zion – des Hohentwiel – durch Konrad Widerhold und seine christlichen Streiter gegen die ungläubigen Scythen und Türckhen. Am Ende stehen der Lobpreis Gottes und der Glückwunsch des Dichters an Widerhold, bevor ein Echo der Burg Zion und ein fünfstimmigesTriumphlied der Tochter Zion in drei Versen das kunstreiche Stück musikalisch vollenden. Posaunen, Trompeten und Heerpauken sollten seinen wuchtigen, tiefen Klang intonieren.

Peter Rückert

Quelle: Archivnachrichten 57 (2018), S. 26-27

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