Die zweite Belagerung der Reichsstadt Rottweil 1643

Die Belagerung Rottweils auf dem spätbarocken Deckenfresko in der Kirche des ehemaligen Dominikanerklosters in Rottweil, heute Predigerkirche, Quelle: Landesarchiv BW
Die Belagerung Rottweils auf dem spätbarocken Deckenfresko in der Kirche des ehemaligen Dominikanerklosters in Rottweil, heute Predigerkirche, Quelle: Landesarchiv BW

Anfang November 1643 standen schwedisch-französische Truppen unter Generalfeldmarschall Jean-Baptiste Guébriant das zweite Mal in diesem Jahr vor den Toren Rottweils mit der Absicht, die Reichsstadt einzunehmen. Bereits im Juli hatte die Stadt mit Hilfe einer Garnison aus kaiserlichen Truppen den Einfall der Franzosen verhindern können. Am 6. November begann Guébriant mit einem verstärkten Heer – nunmehr 20.000 Mann – den Beschuss der Stadt. In einem Schreiben vom 11. November an den Bürgermeister und die Bürgerschaft Rottweils forderte Guébriant die Übergabe der Reichsstadt. Hierin erinnerte er an das verheerende Bild der Rottweiler Au-Vorstadt, die wege [ihrer] großen Halsstarrigkeit und opineatrethet [Hartnäckigkeit], in welcher [sie sich] der königlichen Waffen widersetzten zerstört worden war. Er appellierte an Bürgermeister und Rat, sich nicht – wie andere Reichsstädte – durch ihre Freiheiten und Privilegien bestärkt, bis zum Äußersten gegen die feindlichen Truppen zu stellen, sondern das Heil und Wohl der Stadt zu bedenken und sie zu übergeben. Sollte sich Rottweil aber weiterhin wehren, so würden – und hier betont Guébriant seine Unschuld an einer solchen Maßnahme – ohne Rücksicht auf Frauen, Kinder und Geistliche alle Häuser, Kirchen und Klöster zerstört werden.

Die Vertreter der Stadt lehnten eine erneute Besetzung ab, denn sie hatten das Ausmaß einer Belagerung und Besetzung bereits 1633 durch württembergische Truppen sowie im besagten Juli 1643 erlebt. Zwischen 1633 und 1643 musste Rottweil Kontributionszahlungen, Einquartierungen und Plünderungen hinnehmen, letztere insbesondere durch die Truppen Konrad Widerholds, des Kommandanten der württembergischen Festung Hohentwiel, die eine hohe Belastung für die Stadt und ihre Einwohner bedeuteten. Angeworbene Soldaten und die Garnison aus kaiserlich-bayerischen Truppen bestärkten die Rottweiler in ihrem Entschluss.

Es folgte ein mehrtägiger Beschuss Rottweils, zuletzt konzentriert auf eine Schwachstelle in der Stadtbefestigung bei der Gerberei, auf die Guébriant von Konrad Widerhold hingewiesen worden war. Da zudem die Pulvervorräte zur Neige gingen, sah sich der Stadtkommandant Hettlage dazu veranlasst, unter dem Protest der Stadtadministration einen 12 Punkte umfassenden Akkord auszuhandeln. Die Vereinbarung sollte u. a. die Freiheiten, Privilegien und Gewohnheiten der Stadt, der Geistlichen und Ordensleute wahren sowie den unbeschadeten Abzug der Soldaten, Kriegsgefangenen und Untertanen gewährleisten. Am 19. November zogen die Truppen Guébriants in Rottweil ein. Der Heerführer selbst lag seit dem 17. des Monats schwer verletzt im Kloster Rottenmünster, wo er zuvor Quartier bezogen hatte, und verstarb wenige Tage später.

Ab 26. November beendeten kaiserlich- bayerische Truppen unter Johann von Werth die kurze Besatzung Rottweils, als sie unmittelbar nach der Schlacht von Tuttlingen gen Rottweil marschierten. Mit der zweimaligen Belagerung im Jahr 1643 war für die Reichsstadt Rottweil der Höhepunkt ihrer Leidenszeit im Dreißigjährigen Krieg erreicht, die bereits in den 1630er Jahren begonnen hatte.

Katharina Sturm

Quelle: Archivnachrichten 57 (2018), S. 24-25

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