Die Reformation in Baden

Die Grablege der badischen Markgrafen der evangelischen Linie in der Schloss- und Stiftskirche St. Michael in Pforzheim - Quelle LABW
Die Grablege der badischen Markgrafen der evangelischen Linie in der Schloss- und Stiftskirche St. Michael in Pforzheim - Quelle Landesarchiv BW

Mit Erlass der Kirchenordnung am 1. Juni 1556 führte Markgraf Karl II. von Baden-Pforzheim-Durlach die Reformation in seinem Fürstentum ein. Dies geschah fast zeitgleich mit der Einführung der Reformation in der Kurpfalz durch Kurfürst Ottheinrich, mit dem Karl verschwägert war. Beide übernahmen für ihr Territorium die von Johannes Brenz verantwortete württembergische Kirchenordnung von 1553 fast unverändert.

Trotz Drängens durch Herzog Christoph von Württemberg ließ Karl seit seinem Regierungsantritt 1553 mehrere Jahre vergehen, ehe er sich zur Einführung der Reformation durchrang. Dabei war ihm die Beseitigung von Irrtümern und Missständen in der Kirche seines Herrschaftsbereichs, wie er im Vorwort seiner Kirchenordnung betonte, ein grundlegendes Anliegen, das angeblich bereits sein Vater Ernst verfolgt habe. Erst der Abschluss des Augsburger Religionsfriedens 1555 gab Karl jedoch die Sicherheit, in seinem Land ohne Gefahr die Reformation durchführen zu können. Die starke habsburgische Präsenz in den badischen Oberlanden hatte Karl bis dahin zögern lassen.

Der sehr späten Einführung der Reformation ging in der 1515 und 1535 geteilten badischen Markgrafschaft eine mehr als drei Jahrzehnte währende Phase einer Vorreformation voraus. Der seit 1515 die badischen Kernlande regierende Markgraf Philipp (I.), als Statthalter beim Reichsregiment in die kaiserliche Politik eingebunden, blieb zwar altgläubig. Jedoch beschäftigte er mit Franciscus Irenicus, der Luthers Heidelberger Disputation im April 1518 miterlebt hatte, in Baden-Baden seit 1522 einen evangelischen Hofprediger. Wie sein Kanzler Hieronymus Vehus steht Philipp für eine vermittelnde Position im Reich, in seinem Land mahnte er zur christlichen Eintracht. Auch wenn er schriftgemäße, also evangelische, Predigt forderte, die Priesterehe und in Ausnahmefällen auch das Abendmahl unter beiderlei Gestalt erlaubte, hielt er doch an den alten Zeremonien fest. Auch als er seit 1528 mit Restriktionen auf die Verbreitung der evangelischen Lehre reagierte, kam es zu keinem Verbot, doch wurden zunehmend oberdeutsch geprägte Pfarrer ent lassen.

Sein jüngerer Bruder Ernst öffnete seinen Herrschaftsbereich der oberen Markgrafschaft (Hachberg und Rötteln- Sausenberg) wegen der Nachbarschaft zu Basel der evangelischen Predigt, blieb aber selbst altgläubig. Auch sein älterer Bruder Bernhard III. hegte Sympathien für die Reformation, doch setzte die bayerische Vormundschaft nach dessen Tod 1535 wieder eine altgläubige Politik in Baden-Baden durch. Trotz der katholischen Erziehung der Prinzen duldete auch Philibert, der älteste Sohn Bernhards III., nach seinem Herrschaftsantritt 1565 die evangelische Predigt. In den Kondominaten Eberstein, Lahr- Mahlberg und Sponheim wurde die Reformation sogar offiziell eingeführt. Die Politik des Gewährenlassens förderte in der Markgrafschaft Baden-Baden ein allmähliches Hinübergleiten (Armin Kohnle) in die Reformation, das freilich von der zweiten bayerischen Vormundschaft ab 1569 unterbunden wurde. Dennoch blieb Baden-Baden ein katholisches Territorium mit einem starken evangelischen Bevölkerungsanteil.

Für die Durchführung seiner Reformationsentscheidung in der Markgrafschaft Baden-Pforzheim-Durlach war Ernsts Sohn Karl II. auf die Mitwirkung von Theologen aus Württemberg, Kurpfalz und Sachsen angewiesen, was zu heftigen theologischen Auseinandersetzungen führte. Entscheidend wurde die Durchführung der Reformation im badischen Unterland letztlich von dem württembergischen Theologen Jakob Andreae und Karls Kanzler Martin Achtsynit befördert. Für das badische Oberland hatte Karl den Basler Theologen Simon Sulzer als Generalsuperintendenten eingesetzt. Obgleich auch Sulzer ein überzeugter Lutheraner war, haben die unterschiedlichen Prägungen durch (überwiegend) württembergische und Basler Theologen doch die konfessionellen Mentalitäten in den Landesteilen bestimmt. Trotz Bedenken unterzeichnete die Markgrafschaft Baden-Durlach unter der Vormundschaftsregierung für Karls Söhne die Konkordienformel. Der Übertritt Markgraf Ernst Friedrichs zur reformierten Konfession blieb hingegen Episode. Nach seinem Tod 1604 wurden die baden-durlachischen Herrschaftsteile unter dem lutherischen Markgrafen Georg Friedrich wieder vereinigt.

Udo Wennemuth

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