Kollegiatstift Unserer Lieben Frau Lahr 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1259 [1259]
Zerstörung/Aufhebung: 1558 [1558]
Beschreibung: In der Nähe seiner Burg in Lahr gründete Walter von Geroldseck auf testamentarischen Wunsch seiner verstorbenen Frau 1259 ein Kloster mit einem Spital für zwölf Arme und stattete es mit finanziellen Mitteln aus. Der Gründungskonvent wurde mit vier Augustiner-Chorherren, so genannten Steigerherren, aus dem Kloster Obersteigen im Elsass (südlich Saverne) besetzt, das selbst aus einem Hospital hervorgegangen war und nur von einem Prior, nicht von einem Abt, geleitet wurde. Neben Lahr, dem ältesten Priorat des Mutterklosters Obersteigen, wurden noch weitere gegründet in Landau, Dürrenstein, Zabern und Beerenberg. Die Grundausstattung des "Steigerklosters" in Lahr wurde im 13. und 14. Jh. erweitert um Grundbesitz und Weinberge im Elsass (u. a. in Osthofen, Schlettstadt), die später aber wieder verkauft werden mussten. Grundbesitz oder Zinsansprüche und Steueranteile bestanden in näherer oder weiterer Umgebung u. a. in Lahr, Sulz, Dinglingen, Mietersheim, Burgheim, Kippenheim und Oberweier. Patrozinium war "Unsere Liebe Frau" und um 1500 zusätzlich "Jakob". Wie auch bei den anderen "Steigerklöstern" zu beobachten ist, wurde die ursprüngliche Hauptaufgabe, ein Hospital zu führen, langsam aufgegeben. Man trennte das Spital um die Mitte des 14.Jh. auch räumlich vom außerhalb der Stadt gelegenen Kloster und verlegte es als neues Spital in die Stadt Lahr. Schlechte wirtschaftliche Verhältnisse und personelle Probleme (die "Steigerklöster" hatten zusammen allenfalls 32 Mitglieder) infolge der allmählichen Säkularisierung der gesamten Steigerherrengemeinschaft führten schließlich 1482 zur Umwandlung in weltliche Kollegiatstifte. Für Lahr war die Umwandlung der Stelle des Priors in die eines Dekans geplant. Aus den bisherigen Konventualen sollten fünf Kanoniker, von denen je einer mit dem Amt des Kustos und des Kantors betraut wurde, sowie vier Vikare werden. Die Pfründen wurden nie alle besetzt, so waren etwa 1549 zwei Kanonikate und alle vier Vikariate frei. Durch die Inkorporierung der Pfarrei Burgheim 1485 (badisches Patronat) wurde die Stiftskirche Pfarrkirche von Lahr, Burgheim und Kuhbach. Die komplizierten Herrschaftsverhältnisse in Lahr - Kondominat zwischen der evangelischen Grafschaft Nassau-Saarbrücken und der katholischen Markgrafschaft Baden-Baden - ließen auch die konfessionelle Entscheidung der Obrigkeit zunächst noch offen. Schließlich wurde das Stift 1558 mit der Einführung der Reformation in Lahr aufgehoben, das Vermögen als Stiftsschaffnei Lahr weiterverwaltet und 1969 mit dem noch heute bestehenden Unterländer Kirchenfonds (Pflege Schönau) vereinigt. Die frühgotische und moderne Elemente verbindende Stiftskirche ist eine dreischiffige basilikale Anlage. Vom ursprünglichen Bau stammen die vier östlichen Strebepfeiler am nördlichen Seitenschiff und die am Chor. Fast alles andere geht auf die umfassende Restaurierung durch Friedrich Eisenlohr 1851 zurück. Die finanzielle Potenz der Stifterfamilie, ihre enge Bindung an das Bistum Straßburg (Walter von Geroldseck, Bischof von Straßburg 1260-1263) und somit Einfluss der Straßburger Bauschule ermöglichten einen der frühesten, in seiner Authentizität teilweise umstrittenen gotischen Kirchenbauten am Oberrhein.
Autor: CHRISTA BALHAREK
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Augustiner-Chorherren 1259-1482
  • Chorherren, weltliche 1482-1558
Sonstiges: Bistum: Straßburg, ab 1821 Freiburg
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=398

Adresse Lahr

Literatur:
  • Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg. Bearb. v. M. Wingenroth (Die Kunstdenkmäler des Großherzogthums Baden Bd. VII). Tübingen 1908. 63-78.Geschichte der Stadt Lahr. Hrsg. v. der Stadt Lahr unter Mitwirkung v. Th. M. BAUER, D. GEUENICH u. a. 3 Bde. Lahr 1989-1993. (In Bd. 1 alle Einzelnachweise über Literatur bis 1988).P. MARZOLFF: Fille aînée d’Obersteigen: la collégiale de Niedersteigen à Lahr. In: Cahiers alsaciens d’archéologie d’art et d’histoire (Mélanges offerts à Robert Will) 32 (1989) 199-218.H. NIENS: Kirchengut, Pfarrbesoldung und Baulast in der Evangelischen Landeskirche Baden (Freiburger Rechts- und Staatswissenschaftliche Abhandlungen 55). Heidelberg 1991, 83-88.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)