Crailsheim 

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Typauswahl: Gemeinde
Status: Große Kreisstadt
Homepage: http://www.crailsheim.de
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Einwohner: 32417
Bevölkerungsdichte (EW/km²): 297.0
Max. Höhe ü. NN (m): 542.04
Min. Höhe ü. NN (m): 353.85
PLZ: 74564, 74597

Das 109,08 qkm umfassende Gebiet der Großen Kreisstadt Crailsheim im Osten des Landkreises Schwäbisch Hall erstreckt sich zum größten Teil in der Hohenloher-Haller Ebene. Naturräumlich gehört der nordwestliche Randbereich den Schwäbisch-Fränkischen Waldbergen und – nahtlos anschließend – der Südosten der Frankenhöhe an, während der äußerste Norden in die Kocher-Jagst-Ebenen hineinragt. Den höchsten Punkt weist das Terrain mit etwa 542 m NN im Pfarrholz auf der Frankenhöhe östlich Westgartshausen auf, die tiefste Stelle befindet sich mit ungefähr 361 m NN unterhalb des Baierlessteins, wo die in Süd-Nord-Richtung fließende Jagst die nördliche Stadtgrenze passiert. Bereits 1937 wurde das 182,6 ha große Naturschutzgebiet Reusenberg ausgewiesen. Crailsheim erhielt 1338 durch Kaiser Ludwig den Bayern das Stadtrecht. Von der Stadtbefestigung, die das unregelmäßige Rechteck der im Zweiten Weltkrieg weitgehend zerstörten Altstadt an der Jagst umschloss, sind nur noch Reste erhalten. Die einst brandenburgisch-ansbachische Amtsstadt war seit 1810 Sitz des württembergischen Oberamtes bzw. des bis Ende 1972 bestehenden Landratsamtes Crailsheim. Die heutigen Stadtteile fielen 1806 weitgehend an Bayern und 1810 vollständig an Württemberg, das bereits 1802/03 einen Teil von Jagstheim an sich gezogen hatte. Zwischen Jahresbeginn 1971 und 1975 wurden sieben umliegende Gemeinden nach Crailsheim eingemeindet, das als ausgewiesenes Mittelzentrum seit dem 1. Januar 1973 zum Landkreis Schwäbisch Hall gehört.

Teilort

Wohnplatz

Wüstung

Die Große Kreisstadt Crailsheim ist flächenmäßig die größte und nach Einwohnerzahl die zweitgrößte Gemeinde des Landkreises Schwäbisch Hall. Sie umfasst ein Gebiet, das von Jagstheim entlang der Jagst bis Erkenbrechtshausen und von den Wäldern nördlich des Burgbergs bis auf den Höhenrücken der Crailsheimer Hardt reicht. Crailsheim bildet nach dem Regionalplan einen Verdichtungsbereich im ländlichen Raum und erfüllt als Mittelzentrum zahlreiche zentrale Funktionen. Bei Jagstheim nimmt die Jagst den Degenbach und die Speltach auf und tritt in die Crailsheimer Bucht ein, die sie und ihre Nebenbäche im Gips- und Unterkeuper ausgeräumt haben. Weidenbach und Hammerbach entwässern den Osten der Crailsheimer Bucht, die Maulach die Westhälfte. Die mehrheitlich mit stumpfem Winkel in die Jagst einmündenden Bäche weisen auf die frühere Entwässerung in südliche Richtung hin. Das Flusssystem der Ur-Jagst entwässerte vor etwa zehn Millionen Jahren (auf höherem Niveau) nach Süden zur Donau. Die Entwässerung wurde erst danach von der Jagst nach Norden umgelenkt. Bei der Wiesmühle erreicht die Jagst den Unterkeuper, das Tal wird schmäler und der Flusslauf gestreckter. Links und rechts des Flusses sind würmeiszeitliche Talterrassen etwa 10 Meter über dem heutigen Flussniveau erhalten geblieben. Nördlich des Stadtgebiets von Crailsheim schneidet sich die Jagst tief in den Oberen Muschelkalk ein und durchfließt ein enges, steilwandiges Muschelkalktal. Rund 70 Meter sind die weit ausholenden Talmäander in die Hohenloher Ebene eingesenkt. Bei der Heldenmühle versickerte früher ein Großteil des Jagstwassers im Bereich der Crailsheim-Kirchberger Verwerfung, ehe die Klüfte im Flussbett 1914 abgedichtet wurden. Bis kurz nach dem Prallhang des Baierlessteins verläuft entlang des Jagsttals die nördliche Gemeindegrenze. An der Jagst unterhalb des Baierlessteins liegt mit 360 Meter über Normalnull der tiefste Punkt der Gemeinde. Die Crailsheimer Bucht wird im Südwesten von den Randhöhen der Ellwanger Berge begrenzt: den Burgberg-Vorhöhen mit der Speltachbucht. Der Rand der Crailsheimer Bucht und das Burgberggebiet liegen im Bereich von Mergeln des Gipskeupers, die von Dolomitsteinbänken durchzogen sind. Unter diesen spielt der Acrodus-Corbula-Horizont (Engelhofer Platte) für den Aufbau der Landschaft eine wichtige Rolle. Es handelt sich zwar um eine nur 2–4 Meter mächtige Bankfolge, die aber in Nordostwürttemberg und besonders um den Burgberg herum weite Verebnungen formt. Am Sträßchen vom Burgberg nach Maulach erinnern flache, verwachsene Gruben an den früheren Abbau der Corbula-Bank zu Straßenschotter (Naturdenkmal). Ganz in der Nähe wurde 1991 eine Deponie für dioxin- und schwermetallbelastetes Bodenmaterial aus dem Schadensfall Maulach errichtet. In Maulach hatte eine Metall verarbeitende Firma durch Kabelverschwelung eine hohe Dioxinbelastung des Betriebsgeländes und der umliegenden Flächen verursacht. Das Land Baden-Württemberg, die Stadt Crailsheim und der Landkreis Schwäbisch Hall haben die Grundstücke für umgerechnet rund fünf Millionen Euro saniert und das belastete Material auf die Deponie gebracht. Im Nordwesten öffnet sich die Crailsheimer Bucht zur Haller Ebene, einer Unterkeuper-Ebene, die großflächig von Löss bedeckt ist und am südlichen Saum vom Gipskeuper geprägt wird. Auf der welligen, bewaldeten Anhöhe des Reußenbergs nördlich von Maulach liegt die eindrucksvollste Gipsdolinenlandschaft in Süddeutschland (Naturschutzgebiet). Durch Auslaugung der Grundgipsschichten und Einsturz entstanden Hunderte von Hohlformen, von Dolinen bis hin zu größeren Subrosionswannen. Abgedichtet durch die Auslaugungsrückstände Lehm und Ton füllten sie sich mit Wasser (sogenannte Lachen) und sind teilweise in ein Vermoorungsstadium übergegangen. Vom angrenzenden Rüdderner Moor sind nur noch spärliche Reste erhalten (Naturdenkmal). Im Südosten und Osten wird die Crailsheimer Bucht von der Crailsheimer Hardt umrahmt. Diese vom Kieselsandstein gebildete Keuperstufe kehrt ihre steile Stufenstirn nach Westen und erreicht östlich von Westgartshausen 542 Meter über Normalnull. Infolge der exponierten Lage an der Europäischen Wasserscheide ist das Bergland stark zergliedert. Wie schmale Landzungen springen lang gezogene Bergrücken – meist vom Acrodus-Corbula-Horizont (Engelhofer Platte) oder vom Schilfsandstein gebildet – in die Crailsheimer Bucht vor. Früher wurden rund um Crailsheim zahlreiche Rohstoffvorkommen ausgebeutet. Lehm und Ton bildeten die Grundlage für die markgräfliche Fayencefabrik Crailsheim, die ihre Blütezeit im 18. Jahrhundert erlebte. Die pyritreichen Vitriolschiefer des Unterkeupers wurden an verschiedenen Stellen für die Alaun- und Vitriolgewinnung abgebaut. Als wenig rentabel erwies sich dagegen der Abbau von Kohle aus dem Unterkeuper südlich von Ingersheim. Aufgelassene Muschelkalksteinbrüche findet man am Rand des Jagsttals bei Erkenbrechtshausen, Wollmershausen und im Schmiedebachtal bei Tiefenbach. Die meisten dieser aufgelassenen Steinbrüche wurden in das 2003 ausgewiesene Natur- und Landschaftsschutzgebiet »Jagsttal zwischen Crailsheim und Kirchberg mit Seitentälern« einbezogen. Bei Beuerlbach wurden Unterkeuper-Hauptsandstein und Schilfsandstein abgebaut. Der aufgelassene Schilfsandstein-Steinbruch am Kühberg und der ehemalige Steinbruch »Fallteich« südwestlich von Beuerlbach sind Naturdenkmale und Geotope. Der Unterkeuper-Hauptsandstein ist hier besonders mächtig ausgebildet (bis zu 10 Meter). Von Bedeutung ist gegenwärtig noch der Gipsabbau in den Grundgipsschichten. Gipsbrüche befinden sich im Westen des Reußenbergs und südöstlich von Crailsheim. Die größte im Unterkeuper entspringende Quelle ist der Quelltopf des Sulzbrunnens zwischen Crailsheim und Wittau (Naturdenkmal). Wasser aus dem Gipskeuper ist wegen seiner hohen Härte meist nicht als Trinkwasser oder zu technischen Zwecken geeignet. Es wird zur Speisung der Mineralfreibäder genutzt. Für Badezwecke im 18. und 19. Jahrhundert wurde das vermutlich dem Gipskeuper entstammende Wasser des Sauerbrunnens (Calcium-Sulfat-Hydrogenkarbonat) an der Haller Straße benutzt. Wasserschutzgebiete wurden bei Beuerlbach, Goldbach und Oßhalden festgesetzt. Das Umland Crailsheims besitzt reizvolle Landschaftselemente. Fünf Naturschutzgebiete liegen auf dem Stadtgebiet: 1. Jagsttal zwischen Crailsheim und Kirchberg mit Seitentälern, 2. Reußenberg, 3. Crailsheimer Eichwald, 4. Wacholderberg/ Geigerswasen und 5. Hammersbachtal nordöstlich von Westgartshausen. Der Eichwald ist ein ehemaliger Hudewald mit mächtigen, alten Eichen; der Wacholderberg zählt zu den schönsten Wacholderheiden im schwäbisch-fränkischen Keuperbergland; das Hammersbachtal zeichnet sich durch ein Mosaik an trockenen und feuchten Lebensräumen für Tiere und Pflanzen aus. Noch zahlreicher sind die Landschaftsschutzgebiete und Naturdenkmale. Sie umfassen reizvolle, ökologisch wertvolle Landschaftsteile wie die Jagstaue zwischen Jagstheim und Crailsheim, das Kühnbachtal bei Beuerlbach, Hügel und Höhenzüge am Keuperstufenrand sowie Wacholderheiden, Magerwiesen und Eichenhaine. 57 Prozent der Bodenfläche wurden 2001 landwirtschaftlich genutzt, 24 Prozent waren Wald und 17 Prozent sind überbaut. Etwa die Hälfte der landwirtschaftlichen Nutzfläche ist Dauergrünland mit Schwerpunkt Rinderhaltung. Eine gewisse Bedeutung hat der Obstbau im Stadtteil Goldbach in wärmebegünstigter und geschützter Lage der Crailsheimer Bucht, wo früher auch Hopfen gedieh. Im Regionalplan sind große Teile der Stadtgemeinde als regionaler Grünzug ausgewiesen. Er soll dem Naturschutz und der Landschaftspflege, der Hochwasserretention, der Erholung sowie dem Bodenschutz und der Landwirtschaft dienlich sein. Zwischen Maulach und Roßfeld, Altenmünster und Onolzheim sowie Ingersheim und Westgartshausen wurden Grünzäsuren festgelegt, um ein Zusammenwachsen der Siedlungen zu vermeiden. Die Stadt liegt am Schnittpunkt zweier Landesentwicklungsachsen der Landesplanung: in Süd-Nord-Richtung die Achse Aalen–Bad Mergentheim und in West-Ost-Richtung die Achse Schwäbisch Hall–Ansbach. Im 19. Jahrhundert wurde Crailsheim zum Eisenbahnknoten der Linien Stuttgart–Nürnberg, Heilbronn–Crailsheim und Ulm–Lauda. Zudem liegt Crailsheim unweit des Autobahnkreuzes Feuchtwangen/Crailsheim, wo sich die Autobahnen A 6 Heilbronn–Nürnberg und A 7 Würzburg–Ulm kreuzen. Durch den Autobahnbau hat die B 14 an Bedeutung verloren und wurde zur L2218 beziehungsweise 1066 herabgestuft. Wegen der hervorragenden Standortqualitäten soll die gewerbliche Entwicklung in Crailsheim konzentriert werden. Crailsheim-Ingersheim und Crailsheim-Roßfeld sind im Regionalplan als regional bedeutsame Schwerpunkte für Industrie und Dienstleistungseinrichtungen ausgewiesen und haben im Verbund mit Satteldorf sogar überregionale Bedeutung. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass sich die überbaute Fläche in den letzten Jahrzehnten vervielfacht hat.

Die territorialen Umwälzungen, die die Napoleonischen Kriege im deutschen Südwesten mit sich brachten, hatten in besonderer Weise Auswirkungen auf Crailsheim: Durch die Verträge von Schönbrunn und Paris (1805/06) endete die über 400 Jahre währende Herrschaft der Hohenzollern. Die Stadt fiel an Bayern und wurde zum Zentrum eines Landgerichts im neu geschaffenen Rezatkreis. Bereits 1810 erfolgte eine neuerliche Grenzverschiebung, durch die Crailsheim infolge der Staatsverträge von Compiègne und Paris Württemberg zugeschlagen wurde. Es wurde Zentrum des gleichnamigen Oberamts, das neben der Oberamtsstadt 55 Orte umfasste und der Landvogtei am Kocher (!) mit Sitz in Ellwangen angegliedert war. Souveräne Rechte mediater Ritterherrschaften bestanden zu diesem Zeitpunkt in Crailsheim keine mehr – im Unterschied zu den heutigen Stadtteilen Altenmünster, Ingersheim, Beuerlbach, Jagstheim, Roßfeld, Tiefenbach, Triensbach und Westgartshausen, wo sie endgültig erst im Laufe der folgenden Jahrzehnte verschwunden sind. Mit der Neuorganisation der württembergischen Staatsverwaltung 1817/18 wurden die Landvogteien aufgelöst und ihre Befugnisse vier Kreisregierungen übertragen. Crailsheim gehörte von nun an zum Jagstkreis in Ellwangen. 1938 wurden Crailsheim und alle seine heutigen Stadtteile dem um das Oberamt Gerabronn vergrößerten Landkreis Crailsheim zugeordnet. Nach dem Anschluss an Württemberg übernahm nach Überwindung einiger Schwierigkeiten zunächst ein Stadtmagistrat die Verwaltung. 1819 wurde das institutionelle Gefüge der Gemeinde nach den Grundsätzen der neuen württembergischen Verfassung umgestaltet: An die Spitze der Stadt trat der Stadtschultheiß, ein Amt, in das der bisherige Bürgermeister Johann Friedrich Faber gewählt wurde. Ihm zur Seite stand als Verwaltungsorgan der Gemeinderat, als Vertretungsorgan der Bürgerschaft wurde der Bürgerausschuss geschaffen. Bis nach dem Ersten Weltkrieg blieb diese Organisationsstruktur erhalten. 1919 wurde der Bürgerausschuss abgeschafft, und der Gemeinderat übernahm die Wahrnehmung der Interessen der Bürgerschaft. An der Spitze der Crailsheimer Stadtverwaltung standen bis zu diesem Zeitpunkt die Stadtschultheißen Johann Friedrich Faber (1819–56), Gottlob Nagel (1856–67), Leonhard Sachs (1867–99), Hugo Sachs (1899–1910) und Friedrich Fröhlich (1911–45). Nachdem unter den Bedingungen von Restauration und Vormärz das politische Leben in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts weitgehend ereignislos verlaufen war, wurde 1848 auch Crailsheim von der revolutionären Bewegung erfasst. Am 3. März 1848 verabschiedete der Gewerbe- und Bürgerverein eine Adresse an den König, die von über 130 Bürgern unterschrieben wurde. Neben den bekannten Märzforderungen nach der Herstellung eines einheitlichen deutschen Nationalstaats und der Gewährung liberaler Bürgerrechte verlangten die Crailsheimer Revolutionäre auch dezidiert wirtschaftliche Verbesserungen, insbesondere den Schutz des »kleineren Gewerbes«. Dies gibt einen Hinweis auf die soziale Schicht, die in Crailsheim als Hauptträger der revolutionären Bewegung in Erscheinung trat: das kleingewerbliche Handwerk. Als sich der städtische Rat weigerte, die Adresse zu unterstützen, kam es zum »Rathauskrawall«. Führer der Revolutionsbewegung war der Rechtskonsulent Friedrich Kopp. Er war auch Herausgeber der beiden Crailsheimer Revolutionszeitungen »Die freie Presse« (1848) und »Der freie Staatsbürger« (1849–50). Die Auseinandersetzungen über die Grundfragen der staatlichen und wirtschaftlichen Zukunft führten zur Ausbildung zweier politischer Lager: des demokratischen Volksvereins und des liberal-konservativen Vaterländischen Vereins. Über die Jahre der Restauration hinweg, in denen das politische Leben weitgehend zum Erliegen kam, bewiesen diese Hauptlinien der Parteiausrichtung eine starke Kontinuität und lebten in den späten 1860er Jahren wieder auf. Als (demokratische) Volkspartei beziehungsweise (nationalliberale) Deutsche Partei bestimmten sie die politische Szene in Crailsheim während des weiteren 19. Jahrhunderts. Dabei scheint die Volkspartei neben einigen Repräsentanten aus dem linksliberalen, preußenkritischen Bildungsbürgertum vor allem die starke Handwerkerschicht in Crailsheim angesprochen zu haben. In ihrer Grundausrichtung eher strukturkonservativ, fühlten sie sich durch die marktwirtschaftlich-industrielle Wirtschaftsentwicklung in ihrer Existenz bedroht und begegneten den Bemühungen um den Anschluss Crailsheims an die Moderne, die insbesondere in der Amtszeit des Stadtschultheißen Leonhard Sachs (1867–99) durch den Aufbau zeitgemäßer Infrastruktur- und Versorgungssysteme unternommen wurden, unverhohlen ablehnend. Probleme, sich in Crailsheim zu etablieren, hatte die SPD. Die Wirtschafts- und Sozialstruktur verhinderte weitgehend die Ausbildung eines sozialdemokratischen Milieus. Zwar bewarben sich seit 1893 SPD-Kandidaten bei den Reichs- und Landtagswahlen, die lokale Verankerung der Partei blieb aber trotz der Gründung eines Ortsvereins im Jahr 1900 zunächst eher schwach. In ähnlicher Weise gilt dieser Befund auch für den katholischen Bevölkerungsteil und die Wahlchancen der Zent¬rumspartei. Das Ende des Kaiserreichs und des Ersten Weltkriegs vollzog sich in Crailsheim ohne große revolutionäre Ereignisse. Zwar bildeten sich ab Mitte November 1918 ein Soldaten-, ein Arbeiter- und ein Bürger- und Bauernrat, sonderlich in Erscheinung traten sie jedoch nicht. Als Presseorgan stand ab 1827 ein Amts- und Intelligenz-Blatt zur Verfügung, das zunächst auch das Oberamt Gerabronn mit umfasste und in Ellwangen verlegt wurde. 1838 eröffnete Friedrich Stüber eine Druckerei in Crailsheim und brachte ein eigenes Blatt für den Bezirk Crailsheim heraus. Es trug ab 1872 den Namen »Fränkischer Grenzbote« und hatte eine deutlich nationale Ausrichtung. Versuche zur Etablierung einer linksliberalen Alternative scheiterten. Die nationale Euphorie nach dem siegreichen Feldzug gegen Frankreich und der Proklamation des Kaiserreichs 1870/71 brachte den Parteien und Kandidaten, die als Anhänger der kleindeutschen Reichsgründung unter preußischer Führung auftraten, deutliche Wahlerfolge. Zum Teil verzichtete die preußenkritische Volkspartei wie bei den Reichstagswahlen 1874 und 1878 ganz auf die Nominierung eigener Kandidaten. Das Blatt wendete sich zu Beginn der 1880er Jahre, als die Enttäuschung über die politische und wirtschaftliche Entwicklung (»Große Depression«) den Oppositionsparteien verstärkt Rückenwind brachte. 1881 gelang es der Volkspartei mit dem bekannten Demokratenführer Karl Mayer erstmals, das Reichstagsmandat gegen den bisherigen Abgeordneten Fürst Hermann von Hohenlohe-Langenburg zu erringen. Bis Ende des 19. Jahrhunderts dominierten die Demokraten die Reichstagswahlen im Bezirk und in der Stadt Crailsheim (Ausnahme 1887) mit zum Teil gewaltigem Vorsprung (1895 über 80 Prozent). Bei den Landtagswahlen zeigt sich ein anderes Bild: Hier erkämpfte und verteidigte der Crailsheimer Stadtschultheiß Leonhard Sachs (Deutsche Partei) von 1876–95 das Mandat, was weniger auf die Zustimmung zu seiner Partei als auf seine große persönliche Beliebtheit zurückzuführen war. Bei der Landtagswahl 1899 lag zum ersten Mal ein Kandidat des Bundes der Landwirte (BdL) vorn. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs errang diese bäuerliche Interessenpartei mit einer Ausnahme (1911) alle Mandate bei Reichs- und Landtagswahlen. Die Wahlergebnisse belegen dabei eine eklatante Diskrepanz zwischen Stadt und Umland: Während in Crailsheim weiterhin die Volkspartei mit Stimmenanteilen zwischen 44 und 70 Prozent in Front lag und der BdL über 9 Prozent nicht hinauskam, dominierte dieser die Landgemeinden der Umgebung. Kriegsniederlage und Revolution veränderten auch in Crailsheim das Parteienspektrum, wobei die Grundtatsache einer Stadt-Land-Scheidung erhalten blieb: Aus den ersten Wahlen der Weimarer Republik 1919 gingen mit großem Vorsprung die SPD (Stadt 50 Prozent) und die linksliberale Deutsche Demokratische Partei/DDP (35 Prozent) als Sieger hervor. Trotz erheblicher Verluste verteidigten die Parteien der Weimarer Koalition (SPD, DDP und Zentrum) ihre Mehrheit in der Stadt Crailsheim bis 1930 (Reichstagswahl 50,7 Prozent). Auf dem Land hatten sie diese schon 1920 verloren, was vor allem auf die starke Stellung des republikfeindlichen Württembergischen Bauern- und Weingärtnerbundes (Nachfolger des BdL) zurückzuführen war. Die Landtagswahl 1932 brachte einen erdrutschartigen Sieg für die Nationalsozialisten mit über 42 Prozent in Crailsheim (Parteien der Weimarer Koalition nur noch 33,7 Prozent). Die NSDAP blieb auch in den nächsten Wahlen die mit Abstand stärkste Partei. Im März 1933 erreichte sie über 53 Prozent in der Stadt und über 62 Prozent im Bezirk und lag damit deutlich über dem Landesdurchschnitt von 42 Prozent. Die NS-Herrschaft in Crailsheim begann mit einem Fanal. Am 21. März 1933 wurden zahlreiche jüdische Männer sowie Mitglieder von SPD und KPD Opfer schwerer Misshandlungen im Schloss. Durchgeführt wurde die Terroraktion von dem Heilbronner SA-Standartenführer Klein, der dabei von lokalen NS-Parteimitgliedern unterstützt wurde. Ein Teil der Opfer wurde ins KZ verschleppt. Im April 1933 erfolgte die Gleichschaltung des Gemeinderates, in dem ab diesem Zeitpunkt nur noch die NSDAP (11 Sitze) und die Kampffront Schwarz-weiß-rot (3) vertreten waren. Der bisherige Bürgermeister Friedrich Fröhlich wurde in seinem Amt belassen, da man auf seine Verwaltungskompetenz nicht verzichten wollte. Das »Dritte Reich« brachte für Crailsheim zunächst Wirtschaftsaufschwung und Bevölkerungszuwachs. Verantwortlich dafür waren die Verlagerung von Industriebetrieben in die Stadt (Bosch 1939) sowie die Einrichtung von größeren Partei- (RAD-Abteilung 1933) und Militärdienststellen (Fliegerhorst ab 1935). Im Zuge dieser Ausbaumaßnahmen erfolgte 1940 auch die Eingemeindung von Ingersheim-Altenmünster. Zur Aufrechterhaltung der Produktion in Industrie und Landwirtschaft wurden ab 1940 Hunderte von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen eingesetzt. Der Rassismus des Regimes traf vor allem die jüdische Bevölkerung: Sie wurde sozial ausgegrenzt, entrechtet und ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlagen beraubt. 111 jüdische Personen wurden in die Emigration getrieben, 46 von den Nationalsozialisten ermordet. Opfer der NS-Verfolgungspolitik gab es auch unter den politischen Gegnern des Regimes und unter den Zeugen Jehovas. Kritik am NS-Regime oder widerständiges Verhalten ist in Ansätzen in den Kirchen zu beobachten. Sehr schnell nach dem Einmarsch übergaben die Amerikaner die Verantwortung für die örtliche Verwaltung wieder an deutsche Stellen. Der bisherige Bürgermeister Fröhlich blieb zunächst im Amt, wurde aber am 18. Mai 1945 von dem bisherigen Stadtinspektor Wilhelm Gebhardt abgelöst. Der von ihm zusammengestellte und von der Militärregierung genehmigte Gemeinderat tagte erstmals am 1. Juni 1945. Die Enttrümmerung, die Grundversorgung der Bevölkerung mit Strom, Gas, Wasser und Heizmaterial, die Verbesserung der Wohnraumsituation sowie erste Schritte zum Wiederaufbau bestimmten die Tagesordnung. Eine besondere Rolle bei der Neuorganisation des politischen Lebens spielte der Kommunist Karl Daurer. Als Landrat 1945/46 nutzte er den Spielraum, den er sich durch seine Tatkraft und ein gutes Verhältnis zur Besatzungsmacht verschaffte, unter anderem zu einer dezidierten Politik der Entnazifizierung bei Behörden, Schulen und in der Wirtschaft. So wurden im Bezirk 56 von 58 Bürgermeistern abgesetzt. Nachdem am 19. Dezember 1945 der Antrag auf Neugründung des Gewerkschaftsbundes positiv beschieden worden war, wurden kurz darauf auch die politischen Parteien SPD, CDU, KPD und DVP zugelassen. Bei den ersten Gemeinderatswahlen am 27. Januar 1946 siegte unter dem Namen Allgemeine Wählervereinigung die bürgerliche Liste von CDU und DVP (11 Gemeinderäte) gegen die Liste Aufbauwillige, einem Zusammenschluss von SPD und KPD (7). Die ersten Kreistagswahlen vom 28. April 1946 erbrachten ein noch deutlicheres Ergebnis für die bürgerlichen Parteien (18:8). Eine im nordwürttembergischen Vergleich einzigartige Rolle spielte in Crailsheim 1947 die von Daurer initiierte Sozialistische Arbeitsgemeinschaft von KPD und SPD. Die Ergebnisse der Landtagswahlen (seit 1946) und Bundestagswahlen (seit 1949) in der Stadt Crailsheim zeigen zunächst ein sehr uneinheitliches Bild. So lag bei der Landtagswahl 1946 die CDU vorne (38,3 Prozent), bei der Bundestagswahl 1949 die FDP/DVP (33,4 Prozent) und bei der Landtagswahl 1950 die SPD (45,3 Prozent). Die Schwankungen in den Ergebnissen der einzelnen Parteien waren bis Mitte der 1950er Jahre ausgesprochen hoch. Dennoch lassen sich in der Wahlpräferenz einige Grundlinien ablesen: Der SPD, die von 1950 bis 1964 bei Landtagswahlen dominierte (1960: 51,3 Prozent), gelang es 1961 zum bisher einzigen Mal auch bei Bundestagswahlen vorne zu liegen. Sie erreichte in diesen Jahren die Spitze ihrer Wahlergebnisse und befindet sich seitdem in der zweiten Position hinter der CDU. Diese ihrerseits eroberte nach zunächst sehr schwankenden Ergebnissen, wobei ihr Abschneiden bei Bundestagswahlen tendenziell deutlich besser war als bei Landtagswahlen, Mitte der 1960er Jahre die Stimmenmehrheit in der Stadt. Seit 1965 lag sie bei allen Wahlen in Front, wenn auch zum Teil nur sehr knapp (Bundestagswahl 1972: 0,1 Prozent vor der SPD). Stark präsentierte sich in den ersten Nachkriegsjahren die FDP/DVP. Bei der ersten Bundestagswahl wurde sie stärkste Partei, etablierte sich in der Folge als starke dritte Kraft und erreichte noch bei der Landtagswahl 1968 über 25 Prozent. Die Bundestagswahl 1969 brachte einen Einbruch ihrer Stimmanteile, von dem sie sich bis heute nicht mehr erholen konnte. Seit Anfang der 1980er Jahre konkurrieren die GRÜNEN mit der FDP um den dritten Platz in der Wählergunst. Bedenklich stimmen die immer wieder überproportional starken Ergebnisse rechtsradikaler Parteien (NPD 1968: 12,8 Prozent; Republikaner 1992: 11,4 Prozent, 1996: 14,4 Prozent). Die Stadtgemeinde in ihrer heutigen Ausdehnung entstand im Zuge der Gebiets- und Verwaltungsreform der frühen 1970er Jahre. Teils freiwillig, teils sich dem staatlichen Druck beugend erfolgten die Eingemeindungen von Tiefenbach (1.1.1971), Onolzheim (1.8.1971), Roßfeld (1.1.1972), Jagstheim (1.3.1972), Westgartshausen (1.1.1973), Triensbach, Goldbach und Beuerlbach (1.1.1975). Durch den damit verbundenen Bevölkerungszuwachs konnte Crailsheim am 1. Januar 1972 zur Großen Kreisstadt erhoben werden. Gegen heftigen Widerstand wurden am 1. Januar 1973 die Landkreise Crailsheim und Schwäbisch Hall zu einem neuen Großkreis mit Sitz in Schwäbisch Hall zusammengelegt. Der Verlust des Kreissitzes und nachfolgend der Entzug des Hauptamtscharakters mancher ortsansässiger Behörden (zuletzt Finanzamt 2004) bedeutete eine merkliche Einbuße an Zentralitätsfunktion. Am Beginn des Weges in eine neue Ära der Völkerverständigung und internationalen Zusammenarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg stand die Partnerschaft mit Worthington (Minnesota/ USA). Aus einer Patenschaft, die von wohltätig eingestellten Worthingtoner Bürgern um Theodora Cashel (Ehrenbürgerin 1987) für das kriegszerstörte Crailsheim übernommen wurde, entstand die erste deutsch-amerikanische Städtepartnerschaft überhaupt (1947). Im Zuge der europäischen Integration wurden weitere Partnerschaften mit dem französischen Pamiers (1969), dem litauischen Jurbarkas und dem polnischen Bilgoraj (2000) geschlossen. Die Wahlen zum europäischen Parlament seit 1979 sahen eine vergleichsweise niedrige Wahlbeteiligung. Aus allen bisherigen Wahlen ging die CDU mit deutlichem Vorsprung als Sieger hervor.

Wappen von Crailsheim

In Gold (Gelb) drei gestürzte schwarze Kesselhaken (Krauel) nebeneinander.

Beschreibung Wappen

Schon das erste bekannte, um 1310 verwendete Crailsheimer Stadtsiegel zeigt die drei „redenden" Krauel oder Craile, eiserne Vorrichtungen mit mehreren Haken, in die man Kessel in verschiedenen Höhen über den offenen Feuerstellen alter Küchen einhängen konnte. Diese Kesselhaken erscheinen 1310 in Gebrauchsstellung, spätestens seit 1434 aber gestürzt, wobei die zur Befestigung an der Küchendecke dienenden Dreipässe nach unten weisen. Die der Wappentingierung der Herren von Crailsheim entsprechenden Farben sind seit dem frühen 19. Jahrhundert belegt.

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