Die Seitenlinie der Herzöge von Teck

Einleitung: Wolfgang Kress (Lexikon des Hauses Württemberg, S. 340-343)

Schloss Kirchheim unter Teck wurde 1811 Herzog Ludwig und seiner Familie als Wohnistz zugewiesen. Quelle: LMZ BW
Schloss Kirchheim unter Teck wurde 1811 Herzog Ludwig und seiner Familie als Wohnistz zugewiesen. Quelle: LMZ BW

Herzog Ludwig und seine zweite Frau Prinzessin Henriette von Nassau-Weilburg könnte man als „Großeltern Europas“ bezeichnen, heirateten ihre Töchter und Enkelinnen doch in die verschiedensten europäischen Herrscherhäuser ein.

Ihr Sohn Herzog Alexander heiratete 1835 die siebenbürgisch-ungarische Gräfin Claudine Rhedey von Kis Rhéde. Obwohl die Rhédey-Familie einen ungarischen König hervorgebracht hatte, war die Familie für Württemberg nicht ebenbürtig, was auch die Verleihung des Titels „Gräfin von Hohenstein“ an Claudine durch den österreichischen Kaiser dokumentiert. Das württembergische Hausgesetz legte seit Eberhard im Bart fest, daß Ehefrau und Kinder aus einer nicht ebenbürtigen Ehe dem Haus nicht angehörten und keinerlei Ansprüche – rechtlich oder finanziell – an das Haus hatten. Der Name Württemberg und die Thronfolge war ihnen verwehrt. Allein der Eigenbesitz des Vaters stand ihnen zu, den es angesichts der hohen Schulden von Herzog Alexander und seinem Vater Ludwig nicht gab. Als Grafen und Gräfinnen von Hohenstein waren Claudines Kinder rechtlich unehelichen Kindern gleichgestellt. Im Unterschied zu diesen wurden die drei Kinder, deren Mutter 1841 bei einem tragischen Unglück starb, bei ihren vielen Besuchen in Württemberg als Verwandte aufgenommen. Offiziell gehörten sie jedoch nicht zum Haus, wurden zeitweise nicht im Hofkalender genannt und erhielten, wie die Akten betonen, Ehrenvorzüge nur aus reiner Höflichkeit.

Im Oktober 1863 wurde an König Wilhelm I. die vertrauliche Anfrage gestellt, ob Graf Franz von Hohenstein, der Sohn Herzog Alexanders, eine Prinzessin aus dem Hause Murat ehelichen wolle. Die französische Kaiserin Eugenie suche dafür einen deutschen Prinzen. Die äußerst lukrative Eheverbindung hätte aber vorausgesetzt, daß Franz den Titel eines Herzogs von Württemberg bekam. König Wilhelm, verheiratet mit Alexanders Schwester Pauline, lehnte die Erhebung zu einem Herzog von Württemberg wegen dem Hausgesetz zwar ab, machte Franz und seine unverheiratete Schwester Claudine aber im Dezember zu Fürst und Fürstin von Teck. Für Amalie, die Schwester der beiden, die gerade geheiratet hatte, wurde die Erhebung 1870 von König Karl nachgeholt.

Für Franz und seine beiden Schwestern lag der Name Teck, seit 1495 offizieller Bestandteil der Titulatur württembergischer Herzöge, nahe, da ihr Vater und ihre Großeltern ab 1811 auf Schloß Kirchheim unter Teck gelebt und den Namen bereits gelegentlich als Pseudonym auf Reisen genutzt hatten. Die neue Linie führte im Wappen drei schwarze Hirschstangen auf goldenem Feld und schwarzgoldene Wecken.

Stammtafel der Seitenlinie der Herzöge von Teck.
Stammtafel der Seitenlinie der Herzöge von Teck. Quelle: Lexikon des Hauses Württemberg , S. 340. Zur Vergrößerung bitte klicken.

Die Erhebung zum Fürsten räumte Franz eine vorteilhaftere gesellschaftliche Stellung in Württemberg ein. Sie trug dazu bei, daß er 1866 die englische Prinzessin Mary Adelaide, eine Enkelin von König George III., heiraten konnte. Charlotte Mathilde, die zweite Frau von König Friedrich, war ihre Tante gewesen. Auch nach englischen Vorstellungen war diese Ehe nicht standesgemäß. Da die schöne, aber korpulente Prinzessin jedoch fünfzehn Jahre vergeblich einen Partner gesucht hatte, war ihre Familie froh, sie zwar spät, aber glücklich doch noch verheiratet zu haben. Königin Victoria zeigte sich in der Frage der Ebenbürtigkeit toleranter, möglicherweise veranlaßt durch die im englischen Königshaus vererbte Bluterkrankheit.

Nach der Hochzeit und der Geburt der Tochter Mary, der späteren Queen Mary, kam Franz, von Mary Adelaide unterstützt, auf die Standesangelegenheit zurück, denn gelegentlich fühlte er sich in seiner Stellung hinter jene zurückgesetzt, deren Mütter oft nicht halb so vornehm geboren waren wie seine eigene. Er bat deshalb König Karl, den Namen und das Wappen Württembergs tragen zu dürfen, eventuell wie die Herzöge von Urach auch nur als Grafen von Württemberg. König Karl machte Franz stattdessen im September 1871 zum Herzog von Teck.

Mary Adelaide setzte ihre ganze Kraft erfolgreich dafür ein, daß ihre drei Söhne und die Tochter wahre Engländer wurden, was vielfältige Kontakte mit den württembergischen Verwandten nicht ausschloß. Queen Victoria bedauerte, daß die morganatische Ehe von Alexander seine Nachkommen von der Thronfolge in Württemberg ausschloß und dadurch eine katholische Linie an die Regierung kommen sollte. Sie hätte es deshalb gerne gesehen, wenn einer der Söhne in der württembergischen Armee gedient hätte. Mary Adelaide lehnte dies jedoch strikt ab und begrüßte es dagegen, daß ihr ältester Sohn Adolphus, den König Wilhelm II. von Württemberg als seinen „adopted son“ bezeichnete, eine englische Herzogstochter heiratete und nicht, wie vom Vater gewünscht, Prinzessin Pauline, die Tochter Wilhelms II. Das Ziel, die Stellung der Familie am englischen Hof zu sichern, hatte Mary Adelaide bereits 1893 erreicht, als ihre Tochter Mary Herzog Georg von York, einen Enkel Queen Victorias, heiratete. Dieser bestieg 1910 als George V. zusammen mit Mary den englischen Thron.

Die englisch-württembergischen Verwandtschaftsbeziehungen waren enger geworden. Herzog Ludwig und Herzogin Henriette waren die Urgroßeltern von König Wilhelm II. von Württemberg und von Queen Mary, deren Enkelin wiederum Königin Elizabeth II. ist. Verstärkt wurden die württembergisch-englischen Bindungen durch die Hochzeit von Mary Adelaides Sohn Alexander mit der englischen Prinzessin Alice, deren Tante Marie von Waldeck-Pyrmont mit König Wilhelm II. verheiratet gewesen war. Zu ihrer Hochzeit 1904 wollte der König selbst nach Großbritannien reisen, mußte dann allerdings den Plan aufgeben. Stattdessen besuchten Ende April 1904 der spätere König George V. und seine Frau Mary Stuttgart und verliehen König Wilhelm II. am 25. April 1904 den Hosenbandorden, der ihm im Weltkrieg 1917 aberkannt wurde.

Der Erste Weltkrieg löste die württembergisch-englischen Familienbande. Auf beiden Seiten standen sich Familienangehörige als Soldaten gegenüber. König George V., der aus dem Hause Sachsen-Coburg-Gotha stammte, ordnete im Juli 1917 an, daß alle Nachfahren von Queen Victoria den Familiennamen Windsor annahmen. Auch alle anderen Mitglieder der königlichen Familie in England wurden aufgefordert, ihre deutschen Namen und Titel abzulegen. Mary Adelaides Kinder trugen fortan den Familiennamen der Mutter, Cambridge, nachdem der letzte männliche Namensträger 1904 ohne anerkannte Nachkommen gestorben war. Am 16. Juli 1917 wurde Adolphus zum Marquess of Cambridge erhoben und sein Bruder Alexander zum Earl of Athlone.

Der Tod von König Wilhelm II. und nach dem Zweiten Weltkrieg von Queen Mary ließen die englisch-württembergischen Kontakte enden. Alle Hoffnungen auf eine Fortführung der Seitenlinie endeten mit dem Tod von Lord Frederick Cambridge, der 1940 in Frankreich fiel. Die Enkelinnen und Urenkelinnen von Mary Adelaide zogen sich zunehmend aus dem Licht der Öffentlichkeit zurück. Lady Mary Whitley geboren 1924, ist heute die letzte Angehörige der Seitenlinie Teck/Cambridge.

Literatur

  • Louis Felberman, The House of Teck, London 1911. 
  • The Royal Family of Württemberg, in: Burke’s Royal Families of the World, London 1977, S. 184f. 
  • Charlotte Zeepvat, The House of Teck, in: „Royalty Digest“ magazine, Bd. 1, Nr. 8, London 1992.
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Biographien

1.   Ludwig („Louis“) (1756–1817) - Wolfgang Kress

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3.   Henriette (1780–1857) - Wolfgang Kress

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10. Claudine (1812–1841) - Wolfgang Kress

11. Claudine Henriette (1836–1894) - Wolfgang Kress

12. Franz Paul Ludwig (1837–1900) - Wolfgang Kress

13. Mary Adelaide (1833–1897) - Wolfgang Kress

14. Amalie Josephine Henriette (1838–1893) - Wolfgang Kress

15. Mary Victoria (1867–1953) - Wolfgang Kress

16. Adolphus Charles Alexander (1868–1927) - Wolfgang Kress

17. Margaret (1873–1929) - Wolfgang Kress

18. Francis Joseph (1870–1910) - Wolfgang Kress

19. Alexander George (1874–1957) - Wolfgang Kress

20. Alice (1883–1981) - Wolfgang Kress

21. George (1895–1981) - Wolfgang Kress

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23. Mary (1897–1987) - Wolfgang Kress

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