Kollegiatstift Lorch 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 1144 [vor 1144 (?)]
Zerstörung/Aufhebung: 1354 [nach 1354]
Beschreibung: In einer Königsurkunde Konrads III. von 1144 erscheinen Eigenleute der Marienkirche in Lorch als Stifter des Klosters Lochgarten. Da die Zustimmung der Kanoniker erwähnt wird, kann es sich nicht um das gleichfalls der Gottesmutter geweihte Benediktinerkloster auf dem Klosterberg handeln, sondern nur um das an der Lorcher Pfarrkirche St. Maria bestehende Säkularkanonikerstift. Da vorher von dieser Institution nichts verlautet, sind der Spekulation Tür und Tor geöffnet. Die gängige Lesart, es sei um 1060 von den Staufern als Grablege gegründet worden, kann sich ebenso wenig auf Quellenbelege stützen wie die bislang noch nicht erwogene Möglichkeit, die Lorcher Benediktiner hätten es als von ihnen abhängiges Kollegiatstift zur Versehung der Seelsorge erst im 12. Jh. errichtet. Weitere Alternative für die Etablierung einer Klerikergemeinschaft an der Lorcher Pfarrkirche, die einen riesigen Pfarrsprengel zu betreuen hatte, sind nicht völlig auszuschließen: weder die Umwandlung einer älteren monastischen Niederlassung (vergleichbar mit Faurndau) noch ein Gründungsimpuls von den Bischöfen von Augsburg oder Konstanz. Die Lorcher Pfarrkirche wurde auf dem Boden eines römischen Kastells errichtet, und der Ortsname Lorch (1136 "Laureacus", "Laureacum"), aus dem eine vorgermanische Form Lauracum erschlossen werden kann, lässt ebenfalls an Kontinuität denken. Einschlägige archäologische Befunde fehlen jedoch. Hypothetisch muss die Annahme bleiben, über die so genannte "Fiskalsukzession" sei Lorch zu fränkischem Königsgut geworden und im 11. Jh. an die Staufer oder ihre Vorfahren gelangt. Eine hohe Bedeutung des religiösen Mittelpunkts im Dorf Lorch für die staufische Dynastie kann der in der Gründungsgeschichte des "Roten Buchs" des Klosters Lorch überlieferten Nachricht entnommen werden, König Konrad III. habe die sterblichen Überreste seines Vaters Herzog Friedrich I. von Schwaben und weiterer Vorfahren von der Pfarrkirche in die Klosterkirche übertragen lassen (Weihnachten 1139 [?]). Der Vorsteher des Lorcher Stifts trug anscheinend nicht wie sonst üblich den Titel Propst, sondern Dekan. Dies verweist auf den engen Zusammenhang mit dem Landkapitel, auch wenn das Verhältnis zwischen Stiftsdekan und Dekan des Landkapitels im 13. und 14. Jh. angesichts der sehr dürftigen Quellenlage nicht aufzuklären ist. Inkorporationen zeigen das Kloster Lorch im Besitz von acht Pfründen, von denen es jeweils die Hälfte - 1297 eine, 1327 drei - dem Domkapitel Augsburg für die bischöfliche Inkorporation abtreten musste. Die Anzahl der Pfründen dürfte jedoch höher gelegen haben. Neben dem Dekan ist der Custos bezeugt, erstmals 1262 ("Heinricus custos secularis ecclesie in Lorch"). Was es mit den so genannten Schülerpfründen (für Vikare?) auf sich hat, ist unklar. Auch wenn mit der Inkorporation 1327 die Weichen für das Ende der Institution gestellt wurden, ist es irreführend, von einer Auflösung um 1327 auszugehen, denn noch 1354 richtete sich ein Mandat an Dekan und Kanoniker der Lorcher Kirche. Eine Überlieferungslücke in der zweiten Hälfte des 14. Jh. entzieht die näheren Umstände der Aufhebung unserer Kenntnis. 1406 ist dann die Regelung quellenmäßig greifbar, die bis zur Reformation 1535 Bestand hatte: Vier Pfarrer versahen die Seelsorge der Großpfarrei Lorch, je zur Hälfte vom Kloster und vom Domkapitel Augsburg eingesetzt. Der Inhaber der wichtigsten (klösterlichen) Kustoreipfründe galt als der eigentliche Pfarrer von Lorch. Spärliche Belege zeigen vor allem Niederadelsfamilien und Angehörige Schwäbisch Gmünder Stadtgeschlechter als Inhaber der Kanonikate im 13. und 14. Jh. Es darf angenommen werden, dass im 14. Jh. die Grafen von Württemberg und das Augsburger Domkapitel bei der Besetzung der Pfründen dominierend waren. Der vornehme Lorcher Chorherr Magister Konrad von Gmünd (aus dem Stadtgeschlecht der Taler), der auch als Propst des Stifts Faurndau bezeugt ist, vermachte 1324 der Abtei Lorch juristische Bücher. Seinen Magistertitel dürfte er an der Universität Bologna erworben haben. Bauliche Reste der Stiftskirche sind nicht erhalten; es sei denn, man wollte ein am Kloster Lorch aufgestelltes Würfelkapitell (hirsauischer Prägung) wohl aus dem frühen 12. Jh. der Lorcher Stiftskirche (Vorgängerin der heutigen Stadtkirche) zuweisen.
Autor: KLAUS GRAF
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Chorherren, weltliche vor 1144 (?)-nach 1354
Sonstiges: Bistum: Augsburg, ab 1821 Rottenburg-Stuttgart
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=236

Adresse Kirchstraße 37, 73547 Lorch

Literatur:
  • W. Zimmermann / N. Priesching (Hg.): Württembergisches Klosterbuch. Klöster, Stifte und Ordensgemeinschaften von den Anfängen bis in die Gegenwart. Stuttgart 2003. 327f. (K. GRAF).G. MEHRING: Stift Lorch. Quellen zur Geschichte einer Pfarrkirche. Stuttgart 1911.K. GRAF: Kloster Lorch im Mittelalter. In: Lorch. Beiträge zur Geschichte von Stadt und Kloster. Heimatbuch der Stadt Lorch, Bd. 1. Lorch 1990, 39-95, bes. 87-92.S. LORENZ: Von den Alemannen bis zum Ausgang des Mittelalters. In: S. LORENZ / A. SCHMAUDER (Hg.): Welzheim. Vom Römerlager bis zur modernen Stadt. Filderstadt 2002, 32-81.
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