Adeliges weltliches Chorfrauenstift St. Fridolin Säckingen 

Ortsbezüge:
Baujahr/Gründung: 600 [6. Jh. (?) / 878]
Zerstörung/Aufhebung: 1806 [1806]
Beschreibung: Die Zeit und der Vorgang der Gründung des Säckinger Frauenkonvents sind bis heute unklar. Als gesichert wird angesehen, dass durch die Initiative des hl. Fridolin im 6. Jh. in Säckingen eine klösterliche Gemeinschaft entstand und etwa im 8. Jh. die Errichtung eines Frauenklosters unter Mitwirkung des fränkischen Königshauses erfolgte. Am 10. Februar 878 schenkte Kaiser Karl III. seiner Gemahlin Richgard die beiden Frauenklöster Säckingen und Zürich. Während im Mittelalter von 40 Frauen im Stift die Rede ist, setzten die Statuten im Jahre 1556 die Zahl auf höchstens sieben fest. Zugang hatten bis ins 15. Jh. nur freiadelige Töchter, danach auch Töchter des Dienstadels. Im Mittelalter kamen die meisten Chorfrauen aus dem französischen Burgund, nachfolgend hauptsächlich aus der Nord- und Ostschweiz und dem näheren rechts- und linksrheinischen Gebiet. Das Leben im Stift verlief nicht nach einer approbierten Regel, sondern nach eigenen Statuten. In offiziellen Urkunden wird oftmals die Regel des hl. Augustinus oder "weltliches Stift" angegeben. Schon unter den Karolingern zeigt sich das Kloster ausgestattet mit der vollen Immunität. Ein wesentliches Moment dieser Immunität war die eigene Gerichtsbarkeit. Diese führte im Namen des Klosters ein Vogt aus, der dem Kloster auch seinen militärischen Schutz gewährte. Die Vogtei über das Säckinger Gebiet besaßen seit dem 12. Jh. die Grafen von Habsburg. Mit dem Ausbau der habsburgischen Macht geriet das Stift im Laufe der Zeit unter habsburgische Hoheit und verlor seine Stellung als Reichsabtei. Die Erhebung der Äbtissin in den Reichsfürstenstand im Jahre 1307 bedeutete lediglich noch eine nachträgliche Anerkennung der einst innegehabten politischen Stellung des Stifts. Trotzdem blieb das Stift eine prägende und einflussreiche Institution in der hochrheinischen Landschaft. Zwischen dem 10. und 12. Jh. erlebte das Damenstift politisch, wirtschaftlich und kulturell die blühendste Entfaltung. In jener Epoche gründete die Frauenabtei auch einen Markt, aus dem sich letztlich die Stadt Säckingen entwickelte. Ein genauerer Einblick in die Besitzverhältnisse des Klosters ist aufgrund der Quellenlage erst ab dem 14. Jh. möglich. Bei seiner Gründung war das Kloster sicherlich mit dem in unmittelbarer Umgebung befindlichen Besitz, im Rheintal, im Hotzenwald und im Fricktal, ausgestattet worden. Zudem lässt sich stiftischer Streubesitz nachweisen u. a. im Wiesental, in der Ortenau, im Jura, am Zürichsee und an der Aare. Ebenfalls in der Entstehungszeit des Stiftes erfolgte die Erwerbung der innerschweizerischen Talschaft Glarus. Mit diesem bis zu den Graubündner Pässen reichenden Besitzungen sicherte Säckingen als Reichsabtei für die deutschen Könige den damals wichtigsten Alpenübergang nach Italien. Infolge der politischen Auseinandersetzungen und Kriege zwischen Österreich und der Eidgenossenschaft im 14./15. Jh. erlitt das Stift bedeutende Gebietsverluste im Fricktal und der Innerschweiz. Im Jahre 1548 musste die Äbtissin, die sich zum reformatorischen Glauben bekannte, abdanken. Mit Hilfe des Konstanzer Bischofs und der vorderösterreichischen Regierung wurde Agatha Hegenzer von Wasserstelz, eine Dominikanerin aus Diessenhofen, zur Äbtissin von Säckingen gewählt. Sie gilt als zweite Gründerin des Stifts, das sie durch eine gründliche Reform sowohl personell wie auch wirtschaftlich konsolidierte. Die letzten 50 Jahre seines über 1000-jährigen Bestehens stand das Stift unter der Leitung einer der markantesten Fürstäbtissinnen, Maria Anna von Hornstein-Göffingen. Sie passte durch Bereinigung von Besitz- und Rechtsverhältnissen das Stift den Erfordernissen der Zeit an und nahm, um die drohende Auflösung infolge der Josephinischen Reformen abzuwenden, auch eine Statutenänderung vor. Auf persönliche Intervention der Äbtissin beim Kaiser in Wien, verfügte Josef II. 1787 die Aufhebung eines bereits ausgestellten Auflösungsdekrets, beließ dem Stift seine bisherige Verfassung und stellte sogar einen Schirmbrief aus. Infolge der Französischen Revolution fiel das Stift jedoch 20 Jahre später den politischen und territorialen Veränderungen zum Opfer. Durch die Abtretung aller linksrheinischen Gebiete an Frankreich 1801 verlor das Stift seine existentielle wirtschaftliche Grundlage, lag doch dessen Hauptbesitz im linksrheinischen Fricktal. Außerdem bestimmte Artikel 4 des Friedensvertrages, die deutschen Fürsten mit den Besitzungen aufzuhebender geistlicher Fürstentümer und Klöster für die verlorenen linksrheinischen Gebiete zu entschädigen. Damit fiel das Stift zunächst dem Großpriorat des Malteserordens zu, um dann im Zuge des Preßburger Friedens und der Rheinbundakte 1805/06 an den Kurfürsten von Baden zu fallen. Damit war die Aufhebung endgültig besiegelt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich im Stift neben der Äbtissin und ihrer Koadjutorin noch sieben Stiftsdamen. Sie alle wurden mit einer Pension entlassen, die Ökonomie aufgelöst, das Archiv und viele Pretiosen nach Karlsruhe gebracht. Das rechtsrheinische Stiftsvermögen, die Grundherrschaften, die Lehenshoheiten und die Patronatsrechte fielen an den badischen Staat. Was die kulturelle und religiös-theologische Bedeutung des Stiftes anbelangt so sahen die Äbtissinnen eine wichtige religiös-theologische Aufgabe in der Organisation der Seelsorge der 29 im Spätmittelalter zum Stift gehörenden Pfarreien. Es zeigt die geistige Aufgeschlossenheit der Stiftsfrauen, dass im Jahre 1146 Bernhard von Clairvaux im Münster predigen konnte und dass nach der Reformation die Äbtissin zur Glaubenserneuerung den Jesuiten Petrus Canisius beauftragte, das Leben des hl. Fridolin niederzuschreiben. Zur Niederschrift der "Geschichte des Fürstlich-Frey-Adelichen Stifts Seckingen" gewann 1790 die letzte Fürstäbtissin den Historiker und Rheinauer Mönch Pater Moritz Hohenbaum van der Meer. Die bedeutendste kulturell-religiöse Leistung der Stiftsfrauen lag in der Ausrichtung des alljährlichen Fridolinsfestes am 6. März, das bis heute in der Bevölkerung am Hochrhein fest verankert ist. Der erste schriftliche Hinweis auf eine Prozession mit den Reliquien des Heiligen findet sich für das Jahr 1347. Als bedeutende Zeugnisse aus der Frühzeit des Stifts gelten ein aus dem 7. Jh. stammender Kalksteinsarkophag, ein so genannter Amazonenstoff - ein Seidenstoff mit Amazonenabbildungen -, der ins 7./8. Jh. datiert wird, ein Buchkasten aus dem 10. Jh. sowie einige Urkunden, die die Echtheit von Reliquien bezeugen. Im Amazonenstoff waren einst die Gebeine des hl. Fridolin eingehüllt. Nicht bekannt ist, für wen der Sarkophag als Grablege diente. In Säckingen muss spätestens im 10./11. Jh. eine ansehnliche Klosteranlage aus Steingebäuden bestanden haben, die aus neueren archäologischen Kenntnissen erschlossen werden kann. Während sich im 11. Jh. eine geschlossene Klausur an der Kirchennordmauer abzeichnet, wurde diese später südlich des Münsters errichtet. In den Jahren 1565-1575 erfolgte südwestlich des Münsters der Neubau eines großen Abteigebäudes mit Staffelgiebeldach. Oberste Priorität für das Stift hatte der Bau und die Ausstattung des St. Fridolinsmünsters. Von früheren Kirchenbauten zeugt noch die Krypta aus dem 10. Jahrhundert. Im Jahre 1360 wurde das gotische Münster eingeweiht und nachdem 1678, während des holländischen Krieges, das Münster zerstört worden war, erfolgte die erste barocke Umgestaltung. Der im Kern noch vorhandene gotische Baukörper wurde beibehalten und nach außen durch zwei barocke Seitenkapellen mit oktogonalen Kuppeln erweitert. Gleichzeitig wurde das Innere des Langhauses eingewölbt und mit Stuck- und Freskenschmuck ausgestattet. 1740 errichtete der Deutschordensbaumeister Caspar Bagnato noch ein großes Eingangsportal. Nach einem Brand 1751 konnten zum Wiederaufbau u. a. die Vorarlberger Baumeister Johann Albrecht und Jakob Natter sowie der Stukkateur Johann Michael Feichtmayr und der Konstanzer Maler Franz Josef Spiegler gewonnen werden. Während die Fresken im Langhaus das Leben des hl. Fridolin und die zwölf Apostel darstellen, ist der Bilderzyklus im Chor der Gottesmutter geweiht. Später stukkierte Feichtmayr noch das Oratorium und erstellte die Pläne für einen neuen Reliquienschrein. Dieser aus Silber getriebene Schrein wurde in Augsburg hergestellt, kam im Jahre 1764 nach Säckingen, und dient heute noch der Aufbewahrung der Gebeine des hl. Fridolin. Nach der Säkularisation 1806 wurden fast alle Stiftsbauten, einschließlich der Klausur, durch Neubauten ersetzt. Als eindrückliches Denkmal weist noch das St. Fridolinsmünster, heute römisch-katholische Pfarrkirche, in seiner Monumentalität und seiner Ausstattung auf die einstige Bedeutung des Säckinger Frauenstifts.
Autor: Adelheid Enderle
Objekttyp: Kloster
Ordensregel:
  • Chorfrauen, weltliche 6. Jh. (?) / 878-1806
Sonstiges: Bistum: Konstanz, ab 1821 Freiburg,
fiel an: Modena (1802), Johanniter (1802), Österreich (1803), Württemberg (1806), Baden (1806)
Weiter im Partnersystem: http://www.kloester-bw.de/?nr=504

Adresse Münsterplatz 02, Bad Säckingen

Literatur:
  • Die Kunstdenkmäler des Kreises Waldshut. Beschreibende Statistik. Bearb. v. F. X. Kraus (Die Kunstdenkmäler des Großherzogthums Baden Bd. III). Freiburg i. B. 1892. 45-59.Generallandesarchiv Karlsruhe, Handschrift Nr. 425: Hohenbaum van der Meer / Johann Moritz: Geschichte des Fürstlich-Frey-Adelichen Stifts Seckingen, 1790.F. JEHLE / A. ENDERLE: Die Geschichte des Stiftes Säckingen. Aarau 1993.M. PÖRNBACHER: Vita Sancti Fridolini. Sigmaringen 1997.F. SCHMAEDECKE: Das Münster Sankt Fridolin in Säckingen. Stuttgart 1999.W. BERSCHIN / D. GEUENICH / H. STEUER: Mission und Christianisierung am Hoch- und Oberrhein. Stuttgart 2000.
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