Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Der Ortsname lautet im Frühmittelalter »Fiscina« (772) beziehungsweise »Phisgina« (1005), im Hochmittelalter »Viskinun« und zu Beginn des 14. Jahrhunderts »Vischynun«. Erst ab 1362 ist die heutige Schreibweise auf -ingen belegt; somit ist Fischingen kein echter ingen-Ort, sondern eine Siedlung mit Sondernutzung (lateinisch »piscina« entspricht Fischteich). Die Markung wird durchschnitten von der mittelalterlichen Heerstraße, die von der Sulzer Höhe herabkommend den Neckar auf der Brücke in der Dorfmitte überquert und die Steige nach Empfingen hinaufführt. Vom Empfinger Weg bis zur Bolzgrabenstraße bildet sie die Markungsgrenze zu Empfingen. Für die Bedeutung des Neckarübergangs spricht der Umstand, dass König Maximilian 1495 den Inhabern Wehrsteins den Zoll zu Fischingen verlieh. Ausgehend vom engen Ortskern um Kirche und Brücke entwickelte sich das Dorf entlang den Steigen nach Empfingen und Betra. 1562 zählte man 18 Häuser, 1615 deren 25. Der Wiederaufbau nach dem 30jährigen Krieg zog sich lange hin, denn 1690 standen 19 Häusern noch sechs öde Hofstätten gegenüber. Erst im 18. Jahrhundert vergrößerte sich der Ort stetig von 38 Häusern (1733) auf 62 (1806). Die rund 400 Hektar große, rechteckige Markung besteht nur aus zwei schmalen Streifen links und rechts des Neckars mit überwiegender Hanglage. Das Ackerland wurde in der Dreifelderwirtschaft (1562: Mühlheimer Steig, Hofäcker, Hauchen) betrieben, wobei der Wehrsteiner Hof in den Zelgverband einbezogen war. Fischingen verfügt über Neubaugebiet auf der südöstlichen Talhochfläche. |
Historische Namensformen: | - Fiscina 0772 [772 (Корialüberlieferung 12. Jahrhundert)]
- Fischinun 1286
- Phisgina
- Viskinun
- Vischynun
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Geschichte: | Zur Karolingerzeit gehörte Fischingen, wie eine Schenkung an Kloster Lorsch von 772 belegt, zur Empfinger Mark, die sich mit dem späteren Sprengel der dortigen Pfarrkirche deckte. Ebenso wie in Empfingen, lässt sich auch hier früher Königs- beziehungsweise Hochadelsbesitz nachweisen. Der 799 gestorbene Graf Gerold von Nagoldgau machte eine Schenkung an Kloster Reichenau und König Heinrich II. gab laut der gefälschten Urkunde von 1005 ein Gut mit dem Salzbrunnen an Kloster Stein am Rhein. Seit dem Hochmittelalter wurden die Geschicke des Dorfes von den Herren der unmittelbar darüber erbauten Burg Wehrstein bestimmt. Die Edelfreien von Wehrstein treten erstmals gegen Ende des 11. Jahrhunderts in Erscheinung, als diese an Kloster Hirsau eine Hube in Fischingen schenkten. Vor 1091 machten die Grafen von Sulz ebenfalls eine Güterschenkung an Hirsau. Eine Urfehde der Wehrsteiner von 1324 belegt Auseinandersetzungen mit den Grafen von Hohenberg, die spätestens 1331 im Besitz der Burg waren. Sie schufen erst die nachmalige Herrschaft Wehrstein, die dann 1381 als Bestandteil der Grafschaft Hohenberg an Österreich überging. Seit 1373/74 war die Herrschaft Wehrstein, bestehend aus der Burg Wehrstein und den drei Dörfern Fischingen, Empfingen und Betra verpfändet, zunächst an die Herren von Weitingen, denen 1400 die Herren von Mannsberg folgten. Letztere erreichten 1406 von Österreich die Umwandlung der Pfandschaft in ein Mannlehen und bekamen zugleich den Blutbann (Hochgericht in Empfingen) verliehen. 1419 kauften die Weitinger die Herrschaft zurück, um sie 1516 endgültig an die Grafen von Zollern zu veräußern. Diese verkauften sie bereits 1528 an die Grafen von Tengen-Nellenburg und behielten sie erst ständig seit dem Rückkauf (1552/55). 1576 fiel Wehrstein an die Haigerlocher Linie und nach deren Aussterben 1634 an die Sigmaringer Linie des Fürstenhauses Hohenzollern. Die Verwaltung der Herrschaft erfolgte durch einen eigenen Wehrsteiner Vogt bis zur Eingliederung in das Obervogteiamt Haigerloch um 1592. Die österreichische Lehensherrschaft konnte erst 1805/06 abgeschüttelt und württembergische Ansprüche mit französischer Hilfe abgewiesen werden. Zollern war fast der alleinige Grundherr: Die vier Erblehen (1562) umfassten insgesamt 176 Jauchert Äcker, 38 Jauchert Wiesen und Gärten sowie 94 Jauchert Wald. Das Widemgut teilte als Zubehör des Empfinger Kelhofs dessen Schicksal, wurde aber 1555 allodifiziert. 1555 konnte die Herrschaft ein Viertel des Großzehnten als ehemaliges Sulzer Lehen erwerben, während der Rest der örtlichen Kaplanei gehörte. Ein erster Hinweis auf kommunale Strukturen findet sich 1529, als Schultheiß und Richter genannt werden. Wie die seit 1553 erhaltenen Jahrgerichtsprotokolle zeigen, bildete Fischingen zusammen mit Betra ein Gericht. Anfang des 18. Jahrhunderts wurden beide Gerichte wieder getrennt. Ende des 18. Jahrhunderts benutzte die Gemeinde ein Petschaft (Fisch, darüber eine Krone, darunter ein »F«). 1731 besaß die Gemeinde neben einigen Krautländern lediglich einige Wiesen und Viehweiden (12 Jauchert) sowie 46 Jauchert Wald. Zwischen 1532 und 1615 schlossen die drei Wehrsteinischen Gemeinden mehrere Verträge mit der Herrschaft, in denen es um die Begrenzung der Frondienste, Erhaltung der Weiderechte und Behauptung der freien Pirsch ging. Spätere, bis ins 18. Jahrhundert andauernde Konflikte, drehten sich um die Reduzierung des zu hohen Steueranschlages. Die Burg Wehrstein, von der heute nur noch Ruinen zu sehen sind, erhob sich unmittelbar nördlich über dem Dorf auf einem nach Westen abfallenden Bergrücken. Der Zugang erfolgte von Osten über den vorgelagerten Graben. Die auf einer Skizze von 1557 zu sehende mächtige Schildmauer ist vollständig abgetragen. Zur Baugeschichte ist bekannt, dass die Pfandherren von Weitingen 1374/98 umfangreiche Bauten durchführten. Während des 30jährigen Krieges fiel die Burg einem Brand zum Opfer und wurde 1645 demoliert. Der Fürst von Hohenzollern ließ 1789 Sicherungsmaßnahmen durchführen, ebenso zu Beginn des 19. Jahrhunderts. 1838 kam Fischingen zum Oberamt Glatt, 1854 Oberamt Haigerloch, 1925 Landkreis Hechingen. |
Wirtschaft und Bevölkerung: | Aufgrund der kleinen Markungsfläche und des hohen Herrschaftsanteils war die Fischinger Bevölkerung stets gering. 1394 registrierte man lediglich zwölf, meist mäßig begüterte Steuerzahler und 1591 gab es 18 Familien, deren Angehörige überwiegend leibfrei waren. Der folgende Anstieg wurde durch den 30jährigen Krieg und seine Folgen wieder zunichte gemacht, so dass 1653 nur 19 Bürger übrig waren, deren Zahl sich bis 1690 auf 24 erhöhte. Der stärkere Bevölkerungsanstieg im 18. Jahrhundert führte zu Auswanderungen nach Ungarn. 1772 gab es 52 Bürger und 1806 deren 69 bei insgesamt 359 Einwohnern. Die Sozialstruktur war ausgesprochen kleinbäuerlich, denn 1690 standen drei Halbbauern und fünf Viertelsbauern insgesamt 16 Seldnern entgegen. 1731 hatte der Großteil der 63 einheimischen Grundbesitzer weniger als 5 Jauchert Felder; nur 16 Personen besaßen mehr als 5 Jauchert Felder, darunter die beiden größten Grundbesitzer mit jeweils knapp 30 Jauchert. Die steuerbare Fläche betrug 1731 insgesamt 479 Jauchert (283 Äcker, 81 Jauchert Wiesen und Gärten, 115 Jauchert Wald). Bis zum Beginn des 30jährigen Krieges wurde in geringem Umfang Weinbau getrieben; die Herrschaft besaß Weingärten (3 Jauchert) unterhalb der Burg nebst einer Kelter (1615). Der beträchtliche herrschaftliche Eigenbesitz (1731: 376 Jauchert) wurde vom oberhalb der Burg gelegenen Bauhof aus bewirtschaftet. Die am Neckar gelegene, erstmals 1436 genannte Mahlmühle sowie das Fischwasser im Neckar oberhalb des Ortes waren in herrschaftlichem Besitz. Die Mühle, die später mit einer Sägmühle verbunden wurde, war Bannmühle für die beiden anderen Wehrsteinischen Orte. Eine Wirtschaft (Täfer) wird 1551 genannt. 1690 wurden lediglich vier Handwerker besteuert, darunter ein Schmied. 1731 waren es neun Handwerker, darunter ein Schmied sowie ein Wirt und Bierbrauer. |