Glatt - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 0725 [um 725-753]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Bei dem im engen Tal der Glatt gelegenen Dorf handelt es sich um eine Siedlung der alemannischen Landnahmezeit. Dies belegen die 1970 am östlichen Ortsrand, in den Fluren Krautländer und Am Alten Rainweg entdeckten Gräber, die der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts angehören. Ausgangspunkt könnte der römische Verkehrsweg gewesen sein, der zwischen Sulz und Oberiflingen hier das Tal der Glatt überquerte. Ein Grabhügel der Hallstattkultur liegt in den Fluren Butzenstein/Seerain. Seit seiner ersten Nennung um 725–753 trug die Siedlung stets den Namen Glatt (»Glata«, »Glate«), der sich von dem gleichnamigen Flüßchen ableitet. Der Ort erstreckt sich vor allem im Tal der Glatt mit seinen Hängen und flussabwärts bis an den Neckar. Der im Norden auf der Hochfläche gelegene Oberhof besteht seit dem Spätmittelalter als herrschaftliches Lehengut und ist heute fürstliche Domäne. Das Schloss lag im 19. Jahrhundert am östlichen Rand der Siedlung, deren ältesten Teil wohl das flussaufwärts bis zur Kirche liegende, fast regelmäßige Rechteck bildet. Einen jüngeren Ausbau stellt die weiter unterhalb und links der Glatt gelegene Häusergruppe gegenüber des Schlossgartens dar, wo sich eine Neunecker Seitenlinie Im Gießen Ende des 15. Jahrhunderts einen neuen Sitz erbaute. Der herrschaftliche Bereich wird ergänzt durch die südlich gegenüber gelegenen Gebäude des Spethenschlösschens (heute Pfarrhaus) und des 1740 neu erbauten Wirtschafts- und Badgebäudes Zum Goldenen Löwen (heute Rathaus). Vom Ortskern mit ringförmigem Grundriß führen radial Straßen nach außen, an denen sich Neubauten ansiedelten. Planmäßiges Neubaugebiet im Osten. An der linken Talseite Allerheiligen, ein weilerartiger Siedlungsteil.
Historische Namensformen:
  • Clata 0725 [725/759 (?)]
  • Glata
  • Glate
Geschichte: Um 725–753 wird der Ort erstmals genannt, als der alemannische Adelige Petto dem Kloster St. Gallen Güter und Eigenleute in Glatt schenkte. Da Petto seine Schenkung »im Dorf Glatt« selbst vornahm, könnte er hier über einen Wohnsitz verfügt haben. 1246 bezeugte ein Bertold von Glatt in Empfingen eine Schenkung des Edelfreien Hugo von Wehrstein. Ob es eine Verbindung zwischen dem Adeligen Berthold und dem 1293 erstmals in Glatt genannten Ulrich von Neuneck gibt, ist nicht sicher. Bis ins letzte Drittel des 17. Jahrhunderts blieb die hier ansässige Glatter Linie der Herren von Neuneck mit wenigen Ausnahmen im Besitz des ganzen Dorfes. Ihre Herrschaftsrechte umfassten neben der Burg (1402) die Niedergerichts- und Grundherrschaft sowie das Patronat über Kirche, Pfarrei und Kaplanei. Die Hoch- und Blutgerichtsbarkeit erhielt Reinhard von Neuneck 1521 von Kaiser Karl V. Als Hans Kaspar von Neuneck 1671 verstarb, setzte seine Schwester und Erbin das Trierer Domstift testamentarisch als Erbe des Hausbesitzes ein. Das Stift verkaufte die Erbschaft 1678 an Johann Franz von Landsee, den Kaiser Leopold bereits 1679 mit dem Blutbann belehnte. Nach dessen Tod (1698) verkaufte die Familie die Herrschaft Glatt 1706 an Kloster Muri. 1803 wurde sie den Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen zugesprochen. Die fürstliche Regierung richtete in Glatt ein Oberamt ein. Gemeindliche Strukturen werden in Glatt erstmals mit einem 1459 genannten Schultheißen sichtbar. Unter seinem Vorsitz tagte das Gericht. Ein Vertreter der Gemeinde ist 1534, Heimbürgen als Gemeinderechner sind 1548/49 nachweisbar. Die Richter des Dorfgerichts waren nach der Privilegierung mit der Hochgerichtsbarkeit 1521 und der Errichtung eines Galgens auch für Blutgerichtsfälle zuständig. Neben dem Schultheißen tritt 1536 ein Vogt, vermutlich ein herrschaftlicher Beamter, auf. In der Muri’schen Zeit stand der Gemeinde ein Vogt (so 1720) beziehungsweise ein (Ober)Amtmann vor. Die Neuneckischen Untertanen der Herrschaft Glatt beteiligten sich nur wenig an den Bauernaufständen von 1514 und 1525. Als im April 1525 der Schwarzwälder Bauernhaufen in das Tal der Glatt vorrückte, machte lediglich die Mannschaft, die die Herren von Neuneck in ihre Burg gelegt hatten, mit den Aufständischen gemeinsame Sache. 1797 erhob sich die – angeblich 58 Mann zählende – Taglöhnerschaft der Herrschaft Glatt gegen ihre Klosterherren. Ihre Beschwerden richteten sich besonders gegen die ungemessenen Frondienste. Die Herrschaft reagierte mit der Entsendung einer Exekutionstruppe. 1798 konnte der Streit beigelegt werden, ein Jahr später verzichtete der Fürstabt entschädigungslos auf alle Frondienste. Im Ort Schloß der Neuneck, fast quadratische Wasserburg mit vier flankierenden Ecktürmen. Wirtschaftshof nördlich vorgelagert. Südwestlich des Schlosses das 1560 erbaute sogenannte Bubenhofensche Schloß. Wohngebäude mit niederem Rundturm. Über verschiedene Besitzer im 18. Jahrhundert an Kloster Muri, dem es als Amtshaus diente. Seit 1804 Pfarrhaus. Schlößle im Gießen 1496, erweitert 1761, einfacher Adelshof im Besitz der jeweiligen Ortsherren. 1803 fiel Glatt an Hohenzollern-Sigmaringen (Oberamt Glatt). 1854 zum Oberamt Haigerloch, 1925 Kreis Hechingen.
Wirtschaft und Bevölkerung: Im Jahr 1674 wurden insgesamt 45 Steuerpflichtige gezählt. Als Hausbesitzer erscheinen nur 32 Haushalte (9 Bauern und 23 Tagelöhner), zusammen rund 165–170 Personen. Die weitaus meisten Steuerpflichtigen lebten in bedrängten Verhältnissen. Ein Schuldverzeichnis (1680) nennt zehn Bauern, darunter den Schmied und zwei Wirte, mit Schulden bis zu 600 Gulden. Auf den 23 verschuldeten Taglöhnern lasteten zum Teil immense Verbindlichkeiten. Die Gemeinde selbst war mit über 5000 Gulden verschuldet. 1707 lassen sich 34 bürgerliche Haushalte in 30 Häusern ermitteln. Hinzu kamen elf weitere Haushaltungen. Dies lässt auf rund 200–205 Einwohner rückschliessen. Einschließlich des von Hans von Ehingen erworbenen Besitzes konnte die Herrschaft rund 25 Güter verleihen. Nur acht verfügten über mehr als 10 Jauchert, was eine notdürftige Landwirtschaft erlaubte. Drei große Höfe waren der des Amtmanns, der Eberhartin Hof (heute Oberhof) und der Freihof. Im 18. Jahrhundert nahm das Kloster Muri den Oberhof in Eigenregie und ließ ihn von einem Maier bebauen. Den Schlosshof (oder Unterhof) bewirtschaftete der herrschaftliche Schlossmaier. Neben der Landwirtschaft, die den Weinbau als Sonderkultur pflegte, spielte der Wald, der über die Hälfte der Gemarkung einnahm, eine bedeutende Rolle. Außerdem boten Handel und Gewerbe Verdienstmöglichkeiten. Die Schwefelquelle, bereits in Neuneckischer Zeit bekannt, erscheint 1706 als Zubehör der Herrschaft Glatt. Im 18. Jahrhundert wurde das herrschaftliche Bad-, Wirts- und Brauhaus Zum Goldenen Löwen verpachtet. Während eine Badstube nach 1534 nicht mehr genannt wird, erscheint die Schmiede schon im 15. Jahrhundert. Die Mahlmühle wird im 15. Jahrhundert und 1534 genannt, nach dem 30jährigen Krieg besaß sie auch ein Sägewerk. Zur Zeit des Klosters Muri kam eine Reib- und Walkmühle hinzu. Nach einem Unwetter mussten Mahl- und Sägmühle 1748 neu erbaut werden. Ein Maurer erhielt 1612 den Steinbruch zu Lehen. Zwei Wirte sind 1674 und 1680 erwähnt. Ende des 18. Jahrhunderts waren die Handwerker in einer Zunft organisiert. Die kaiserliche Privilegierung (1521) schloss das Marktrecht ein. 1534 wurde der Jahrmarkt am Tag nach der Glatter Kirchweih gehalten. Fortan führte das Dorf die Bezeichnung »Glatt der Markt«.

Name: Wasserburg/Schloss der Neuneck
Datum der Ersterwähnung: 1402

Ersterwähnung: 1275
Kirche und Schule: Kirche und Pfarrei sind 1275 genannt. Chor und Altar wurden 1293 zu Ehren der Jungfrau Maria und anderer Heiliger geweiht, 1337 erscheinen Maria und Gallus als Kirchenpatrone. Es ist daher zweifelhaft, ob Gallus, der heute einzige Patron, zu Recht als Hinweis auf die Gründung der Pfarrei durch das Kloster St. Gallen im 8. Jahrhundert herangezogen wird. Das Patronat übte wohl stets die Herrschaft aus. Ein Pfarrer ist 1275 sowie 1316 namentlich genannt. Johannes von Neuneck (gestorben 1360) vermachte dem Pfarrer ein Haus mit Garten, vermutlich das spätere Pfarrhaus, das 1401 nahe der Kirche stand. Nach der 1718 erfolgten Inkorporation schickte Muri Konventualen auf die Pfarrstelle. Sie wohnten im Wasserschloss, das alte Pfarrhaus wurde abgebrochen. 1804 zog der erste Säkularpfarrer in das »Schlößchen« ein. Die Familie von Neuneck stiftete 1394/99 einen Katharinenaltar in die Pfarrkirche und 1401 eine Frühmesse, die unter dem Patronat der Stifterfamilie stand und im 17. Jahrhundert mit der Pfarrpfründe vereinigt wurde. Ein Frühmesshaus ist 1707 erwähnt. Die aus dem 16. Jahrhundert stammende Schlosskapelle erhielt ihre heutige Form durch die Herren von Landsee und das Kloster Muri und wurde 1724 geweiht. Nach dem Übergang an Hohenzollern-Sigmaringen wurde sie 1811 exsekriert. Die Allerheiligenkapelle, auch Stockkirchlein genannt, ist vielleicht bereits 1360 als Filiale der Pfarrei erwähnt. Auf das Bestehen einer Schule deutet die Erwähnung des Schulmeisters 1674 hin. Vom früheren got. Kirchenbau (1293-1337) keine Reste mehr vorhanden. Neubau 1498-1515, 1719 umgebaut. Neuer Turm von 1881. Oktogonaler Chor, der alte Turm nördlich des Chors, jetzt Westturm. Im Innern Sakramentshäuschen der Frührenaissance (1550), Grabsteine der Neuneck vom 15.-17. Jahrhundert. Heute katholische Pfarrei. Die Evangelischen sind nach Dettingen (vgl. Bd. V, S. 637) eingepfarrt.
Patrozinium: St. Maria und Gallus (heute nur noch St. Gallus)
Ersterwähnung: 1337

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