Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Die zusammenhängende Bebauung der Stadt zieht sich von der östlichen Niederterrasse des Neckartals bis hinauf zu den umliegenden Gipskeuperhöhen (»Heilbronner Muschel«) am Fuß der Heilbronner Berge. Dabei entstanden neuere Wohngebiete im Süden zwischen Heilbronn und Sontheim, im Norden am Fuß des Wartbergs und im Osten. Die Industrie siedelte sich unterhalb des Wartbergs vornehmlich in der Neckartalaue an. Dort wurde auch der Hafen angelegt, der sich in Richtung Neckarsulm nach Norden ausdehnt. Von der überaus starken mittelalterlichen Befestigung (Mauern, Tore, Türme) sind nur noch geringe Reste erhalten, so der Bollwerksturm, ein Eckturm der Stadtbefestigung, in dem Ritter Götz von Berlichingen 1519 als Gefangener des Schwäbischen Bundes vorübergehend saß. Die Türme und Tore wurden 1804 und 1849 fortfolgend, die Stadtmauer nach 1809 und ein letzter Rest 1948 abgebrochen. — Die Altstadt mit fast allen historisch wertvollen Bauten wurde im zweiten Weltkrieg bei 32 Luftangriffen, darunter besonders durch den Angriff am 4.12.1944, der allein 6504 Tote kostete, sowie durch die Kämpfe zwischen Deutschen und Amerikanern (3.-12. 4. 1945) fast ganz vernichtet; von 14 350 Gebäuden wurden ca. 5100 mit mehr als 11000 Wohnungen zerstört. Das aus dem 13. Jahrhundert stammende, 1417 erweiterte und 1579/97 sowie 1890/1905 umgebaute Rathaus wurde 1944 zerstört, 1950/53 wiederaufgebaut und 1959/62 durch einen modernen Anbau erweitert. Das »Käthchenhaus«, ein großes Steinhaus am Marktplatz, erinnert an die Bürgermeisterstochter Lisette Kornacher, die Kleist ab Vorbild für sein »Käthchen von Heilbronn« diente. Das einstige Fleischhaus der Stadt von 1600 ist heute Historisches Museum. Von der großen Anlage des Deutschhofs (ursprünglich Hauskommende, 1785/1808 Landkommende der Bailei Franken) ist nur die barocke Fassade von 1712/18 erhalten. Von den öffentlichen Gebäuden konnten nur wenige im alten Stil wiederhergestellt werden; die Stadt bietet heute ein modernes Bild. |
Geschichte: | 741/747 (Кор. 822) in villa Helibrunna, 841 Heilicbrunno, seit dem 13. Jahrhundert Heylprunn (nach dem einstigen »heiligen oder heilenden Brunnen« in der Kirchbrunnenstraße, der vielleicht auf eine vorchristliche germanische Kultstätte hinweist). Möglicherweise war Heilbronn in der Zeit nach 260 alemannischer Fürstensitz. Wohl noch im 6. Jahrhundert wurde der Bereich um Heilbronn fränkisches Königsgut, Heilbronn selbst Königshof, 841 wird es als königliche Pfalz bezeichnet. Heilbronn war damit Mittelpunkt des Königsgutbezirks rechts des Neckars auch in kirchlicher und siedlungsgeschichtlicher Hinsicht. Das um 742 gegründete Bistum Würzburg erhielt hier reichen Besitz und Einkünfte, so die königliche Eigenkirche mit Pfarrgut und den Zehnten aus dem Heilbronner Königsgutbezirk, dessen Königshof an der Stelle des späteren Hirsauer Hofes lag. Sicher noch in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts kam der Königshof mit einigem Zubehör, wohl zuerst als Lehen, an die Grafen von Calw. Ebenfalls wohl im 11. Jahrhundert entstand hier eine Marktsiedlung mit Münze und Hafen, wovon eine Hälfte dann den Calwern, die andere wahrscheinlich den Bischöfen von Würzburg (entweder vom Reich oder von Calw her) gehörte. Ein weiterer Teil des Reichsguts gelangte wohl im 12. Jahrhundert an die mächtig aufstrebenden Herren von Dürn. Wohl bald nach 1075 schenkte Uta von Calw den gesamten hiesigen Calwer Besitz, also einen Fronhof mit 17 abhängigen Huben und 14 Weingütern, den gesamten Wartberg sowie je die Hälfte an Markt, Münze und Hafen dem Kloster Hirsau. Den Vollzug dieser riesigen Schenkung verhinderte zuerst Utas Bruder, der kaisertreue Pfalzgraf Gottfried von Calw, dann dessen Schwiegersohn Welf VI. bis 1146. Da Hirsau wohl schon damals von den Staufern bevogtet wurde, war es für sie ein immenser Machtzuwachs im Heilbronner Raum. Die bedeutende Marktsiedlung, zwischen Hirsau und dem Hochstift Würzburg geteilt, muß vor 1220 Stadtrecht erhalten haben, spricht doch 1220 der Bischof von Würzburg von »cives nostri«. Die Staufer, schon durch den Heimfall der Lauffener Reichslehen 1219 in ihrer Position am unteren Neckar gestärkt, nötigten 1225 im Nordhäuser Vertrag dem Hochstift Würzburg dessen gesamten Heilbronner Besitz als Kirchenlehen ab und waren, da sie ja die Hirsauer Vogtei hatten, alleinige Herren des »oppidum Heilecbrunnen« (so 1225). Ulrich von Dürn schenkte 1222 bei seinem Eintritt in den Deutschen Orden diesem Gelände außerhalb der ältesten Ummauerung, auf dem in der Folge der Deutschhof (= Deutschordenskommende Heilbronn) entstand. Bereits 1241 war die Ummauerung einer bedeutenden Stadterweiterung, die auch die 1146 erwähnte Fischersiedlung (?) Hanbach einschloß, im Gange. In den Wirren des Interregnums gelang es der Stadt, die königlichen Beamten zu verdrängen, so daß König Rudolf I. 1281 den Bürgern weitgehende Selbstverwaltung zugestehen mußte (neben dem Schultheißen zwölf aus dem Patriziat stammende consules). Gleichzeitig verlieh er ihr die Rechte der Stadt Speyer. Freie Reichsstadt wurde Heilbronn durch den Erwerb des Blutbanns 1322, des »Privilegium de non evocando« 1334, des Schultheißenamts 1360 (vorher vom Reich an Württemberg verpfändet) und der Vogtei 1464. Die nachstaufische Zeit vollendete die Entwicklung der Stadt und brachte wirtschaftlichen Aufschwung. So schuf das Privileg von 1333 zur Verlegung und zum Aufstau des Neckars die Grundlage für eine blühende Mühlenindustrie. Der Erwerb des Reichsdorfs Bochingen-Altböckingen 1333 und der Orte Neckargartach 1341, Böckingen 1342/1431, Flein 1385 und Frankenbach 1420/38 ließ ein kleines Territorium entstehen, das seinen Rückhalt gegen den Adel und die mächtigen Nachbarn Pfalz und Württemberg in den Städtebünden des 14. und 15. Jahrhunderts fand. Heilbronn nahm am Krieg gegen Württemberg 1360 teil und wurde als Mitglied des Städtebundes 1388 von Baden und der Pfalz sowie 1450 von Württemberg, Baden und Kurmainz vergeblich belagert. Die Auseinandersetzung zwischen den bisher allein regierenden Patriziern und den aufstrebenden Zünften wurde durch die Regimentsordnung Karls IV. von 1371 so geregelt, daß beide Gruppen paritätisch das Stadtregiment ausübten. Durch das Ergebnis des pfälz. Kriegs 1504 verschlechterte sich die Situation Heilbronns, das zukünftig auf drei Seiten von Württemberg umklammert wurde. Im Bauernkrieg 1525 stellte sich die Masse der Bevölkerung auf die Seite der Aufständischen, so daß der ohnmächtige Rat nach dem Fall von Weinsberg die Plünderung der Deutschordenskommende und der Klöster in der Stadt durch die Bauern dulden mußte. Trotz der zahlreichen geistlichen Niederlassungen (neben der Kommende seit 1272 ein Franziskaner-, seit 1302 ein Klarissen- und seit 1442 ein Karmeliterkloster sowie zahlreiche Höfe auswärtiger Klöster) setzte sich die von Johann Lachmann betriebene Reformation sehr früh durch (1528 Abendmahl in beiderlei Gestalt, 1531 lutherischer Gottesdienst). Da die Zünfte die Hauptträger der Reformation waren, ließ Karl V. 1551/52 die aristokratisch-patrizische Regierungsform wiederherstellen, die auch durch den »Ferdinandischen Rezeß« von 1654 nur gemildert wurde. Im 30 Jährigen Krieg litt Heilbronn schwer; es war 1631 — 1650 nacheinander von Schweden (hier wurde 1633 der Heilbronner Bund gegründet), Kaiserlichen und Franzosen besetzt. In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebte die Reichsstadt unter einer aufgeklärten Regierung eine kulturelle und wirtschaftliche Blüte. Sie fiel 1802/03 an Württemberg und wurde sofort Sitz der Verwaltung des neugeschaffenen Oberamts, seit 1938 Landkreis Heilbronn und erhielt selbst 1938 den Status eines Stadtkreises. Bald nach dem Anschluß an Württemberg wurde Heilbronn Sitz von Militärbehörden und war bis 1918 und 1934 — 1945 bedeutende Garnisonsstadt. 1873 fielen einer Choleraepidemie 96 Personen zum Opfer. — Das 1306 gegründete Katharinenspital machte im 14. und 15. Jahrhundert bedeutende Erwerbungen; es wurde 1867 aufgehoben und bis 1871 abgebrochen. Das aus dem 13. Jahrhundert stammende Leprosenhaus St. Jakob vor der Stadt wurde 1634 zerstört. — Die schon seit dem frühen 15. Jahrhundert bestehende vereinigte Schule wurde 1531 in eine lateinische und eine deutsche getrennt, die erstere 1620 zum Gymnasium erhoben. Eine Fachschule für Weingärtner wurde 1857 gegründet. |
Wirtschaft und Bevölkerung: | Infolge seiner verkehrsgünstigen Lage am schiffbaren Neckar und als Kreuzungspunkt mehrerer wichtiger Handelsstraßen hatte Heilbronn schon im Mittelalter ausgedehnte Handelsverbindungen mit anderen süddeutschen Städten. Hafen, Markt und eine Münze werden schon 1146, ein dreiwöchiger Michaelis-Jahrmarkt 1288 erwähnt; Hafen, Markt und Münze entstanden aber sicher im 11. Jahrhundert. 1299 — 1438 kommen oftmals hiesige Münzmeister vor. Nach 1477 ist über eine Heilbronner Münztätigkeit nichts bekannt. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts war die Flößerei von Schwarzwaldtannen sehr beachtlich. Im 16. Jahrhundert wurde Heilbronn Umschlagplatz für den Güteraustausch zwischen Süddeutschland, den Donauländern und Norddeutschland; auch die Erzeugnisse von Heilbronn und Umgebung, vor allem Wein, Getreide, Wolle, spielten für die Ausfuhr eine Rolle. Nachdem die Folgen des 30 Jährigen Krieges überwunden waren, folgte eine neue Blüte und der Transithandel erreichte 1789 mit einer Gütermenge von 110554 Zentnern das Höchstmaß. Neben den Koalitionskriegen führte der Übergang der rechtsrheinischen Pfalz an Baden zum Zusammenbruch des älteren Heilbronner Handels. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Heilbronn zur ersten und bis 1900 bedeutendsten Industrie- und Handelsstadt in Württemberg, wozu die Erbauung des Wilhelmskanals 1821 und des Karlshafens 1888 nicht unwesentlich beitrug. Die Industrialisierung ging rasch voran; so entstand 1805 die Silberwarenfabrik P. Bruckmann & Söhne, 1838 die Suppenartikel- und Hafernährmittelfabrik С. H. Knorr GmbH, 1853 eine Zuckerfabrik, 1868 die Sprit- und chemische Fabrik L. Brüggemann KG, 1870 die Flammer-Werke für Seifen- und Waschmittel, 1900 das Karosseriewerk Drauz KG, 1921 die Werkzeugmaschinenfabrik Eugen Weiser & Co. und 1923 die Glashütte. 1832 gab es bereits 17 Fabriken. 1896 schon 58 mit etwa 9000 Arbeitern, vor allem in der Papier-, Nahrungs- und Genußmittelindustrie. Um 1900 kam die Aufwärtsentwicklung zum Stillstand. Der mächtige gewerbliche Aufstieg der Landeshauptstadt Stuttgart verdrängte Heilbronn mehr und mehr aus der Stellung als erste Handels- und Industriestadt in Württemberg. Erst der Ausbau der Neckarkanalstrecke nach Mannheim 1935, die eine Binnenwasserverbindung zur Nordsee gab, und des Kanalhafens machte Heilbronn wieder zu einem bedeutenden Handels- und Umschlagplatz. Nach den Zerstörungen des zweiten Weltkriegs hat die Stadt ihre alte Stellung als wirtschaftlicher Mittelpunkt des württembergischen Unterlandes wieder erreicht. |