Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Große Teile des Baukörpers und der Befestigung der mittelalterlichen Stadtanlage sind noch gut erhalten. Hauptachse der Stauferstadt des 12. Jahrhunderts war die von Norden auf den See zuführende Franziskanerstraße, die zugleich als Markt diente, auf der Landseite begrenzt durch das Franziskanerkloster, seewärts durch das Fahrtor bei der Schifflände. Sie wurde rechtwinklig von Querstraßen gekreuzt, unter denen der heutigen Christoph-/Münsterstraße als der durch die Stadt ziehenden Seeuferstraße besondere Bedeutung zukam. Etwas abseits von diesem Straßenkreuz steht das Münster an der Stelle einer Kapelle aus noch vorstädtischer Zeit. Zwischen Münster- und Hafenstraße blieb wohl von Anfang an das Geviert der »Hofstatt« von der Bebauung ausgespart. Schon bei der ersten Befestigung (Mauern 1224 genannt) wurde eine Siedlung über dem Steilhang des Blutschenbergs miteinbezogen. Dadurch erhielt die Stadt die Form eines unregelmäßigen, vom See zum Blutschenberg aufsteigenden Fünfecks. Die Häuser der auch gegen den See befestigten Altstadt stehen noch heute vorwiegend mit der Traufseite zur Straße. Im 15. Jahrhundert wurde die »Neustadt« entlang der Aufkircher Straße bis zum gleichnamigen Tor und mit zwei Seitenstraßen (heutige Friedhof- und Wiestorstraße) ummauert, 1499 vorläufig abgeschlossen durch den Blatterngraben. Dieser Bezirk heißt in Anlehnung an eine ältere dörfliche Siedlung bis heute das »Dorf«. Im 16. Jahrhundert als zweite Vorstadt die Fischerhäuser im Westen zwischen See und Gallerberg in den Mauerring einbezogen. Nicht befestigt waren dagegen die Vorstädte im Osten, die seit dem 13. Jahrhundert am Weg zu den Mühlen erwachsene Höllvorstadt samt der Fischersiedlung am Horn, die 1634 abgerissen wurden, sowie die Mühlen am Mühlenkanal. Erst 1856 griff die Bebauung mit dem Waisenhaus über den mittelalterlichen Mauerring hinaus. Im gleichen Jahr wurden die Spitalgebäude an dem Landungsplatz abgerissen, wonach sich die Stadt 1862/75 durch Abbruch von Mauern und Türmen und Aufschüttung der Seepromenade zum See hin öffnete. Stadtgarten am Gallergraben 1875. Seit der Jahrhundertwende zahlreiche Landsitze und Sommerhäuser in Aussichtslagen über die ganze Gemarkung verstreut, darunter 1896 das Kurhotel Sankt Leonhard auf dem Schrayen und 1901 das Schlösschen Rauenstein im Rebgelände östlich der Stadt. 1895 Bahnbau von Radolfzell her, 1901 Fortsetzung nach Friedrichshafen. Noch vor 1914 nahe der Gemarkungsgrenze die Arbeiterkolonie Klein-Bethlehem (heute Karl-Stephan-Straße), die Wohnsiedlung an der Rosenobelstraße und die Bebauungspläne Mühlenberg und Stein. Zwischen den Weltkriegen folgten die Wohnkolonie der Frohsinnstraße und die Häuser an der Mühlbachstraße. Nach dem 2. Weltkrieg besonders starke Bautätigkeit. Wohnblöcke des sozialen Wohnungsbaus füllten die Baulücken. 1966 wurde am Burgberg und Schatzberg erstmals ein einheitlich geplantes großes neues Wohngebiet mit Hochhäusern und Einfamilienhäusern errichtet. Gleichzeitig Wohnblöcke am Schättlisberg und ein neues Gewerbegebiet nördlich der Stadt auf dem Gelände des ehemaligen Oberriedhofs, während bisher die Industrie am Seeufer in Richtung Nußdorf ansässig war. 1967 Ortsumgehungsstraße Вundesstraße 31 mit Espach- und Nußbach-Viadukt. Verbreiterte Uferpromenade durch Uferaufschüttung 1976. |
Geschichte: | Mitte des 7. Jahrhunderts Iburninga (Vita 9. Jahrhundert), 770 Iburinga, 1191 Hibirlingen (von Personenname Ibur = Eber). Siedlung der Landnahmezeit. Hier hatte Anfang des 7. Jahrhunderts der alemannische Herzog Gunzo seinen Sitz, nach franziskanischer Tradition an Stelle der 1534 abgerissenen Sankt Gallenkapelle, die am Ort der Heilung seiner Tochter Fridiburg durch den Heiligen Gallus gegründet worden sei. 770 villa publica, Fronhof des Linzgaugrafen Rodbert. Adel Mitte des 12. Jahrhunderts im Totenbuch des Klosters Fischingen. Nach neuerer Forschung ist Überlingen von der alemannischen Herzogsfamilie über die Udalrichinger und Grafen von Bregenz an Graf Rudolf von Pfullendorf gekommen. Als dessen Erbe hat wohl Kaiser Friedrich I. nach 1180 den schon bestehenden Markt zur Stadt ausgebaut. 1191 wird ein Dienstmann des schwäbischen Herzogs in Überlingen genannt. Um 1211 (urbs) und 1226 (civitas) datieren die frühesten sicheren Stadtbezeichnungen. 1241 unter den Städten im Reichssteuerverzeichnis. Überlingen hatte ein eigenes, bald nach 1300 aufgezeichnetes Stadtrecht, das zwischen 1275 und 1286 an die Städte Buchhorn, Wangen, Ravensburg, Memmingen und Kaufbeuren verliehen wurde. Auch Schaffhausen richtete sich danach. Sein Oberhof war Freiburg. Vorsitz im Stadtgericht führte zunächst der königliche Ammann, bis die Stadt 1397 pfandweise das Ammannamt und das Blutgericht über den Stadtetter erwarb. 1241 werden erstmals Rat und Gemeinde neben dem königlichen Schultheiß sichtbar. 1309 bestätigte Heinrich VII. das der Stadt von Albrecht I. verliehene Recht, eine Zunft zu haben. 1308 begegnen erstmals Zunftmeister und Bürgermeister neben dem Rat, doch wenig später besteht der Rat selbst aus den Vertretern der Zünfte, dem von ihnen gewählten Bürgermeister und wenigen vom Bürgermeister ernannten Vertretern der im »Löwen« organisierten Geschlechtergesellschaft. Diese »Zunftverfassung« dauerte, nur 1551 bis 1563 durch die von Kaiser Karl V. eingeführte Magistratsverfassung unterbrochen, bis zum Ende der Reichsstadt, auch wenn seit 1770 der Bürgermeister beamtet war und auf den meisten Zunftmeisterstühlen Beamte saßen. In ihrem zwischen 1409 und 1478 erworbenen Territorium (Vogtei Ramsberg 1409 und 1423, Hohenbodman 1478, Ittendorf, ursprünglich mit Vogtei Hofen, 1434, 1650 wieder verkauft) sowie im Spitalgebiet mit seinen Dörfern hatte die Stadt Niedergericht, Wehr- und Steuerhoheit und erwarb 1779 die hohe Gerichtsbarkeit von der Grafschaft Heiligenberg. 1803 kam die Stadt an Baden und blieb stets Amtssitz. Seit 1809 Amt, 1813 Bezirksamt, 1939 Landkreis. Von der Stadtbefestigung der Altstadt sind außer großen Teilen von Mauer und Graben noch erhalten der Büttelsturm in der Turmgasse, das Franziskanertor von 1494, der Rosenobelturm, die Nahtstelle zur Befestigung der Neustadt (1643 zerstört, 1657 wieder aufgebaut), und der Weiße oder Sankt-Johann-Turm von 1523 (1630 erhöht). Abgebrochen wurden das Christophstor im Westen, das Fahrtor am See sowie das Hölltor und das Obertor im Osten. Von der Befestigung der Neustadt stehen noch das Aufkircher Tor (Mitte 15. Jahrhundert), der Wagsauterturm (1678 neu aufgerichtet) und der Kohlturm, vom Mauerzug um die Fischerhäuser der Gallerturm von 1503 (Zinnenbekrönung 19. Jahrhundert), der Quellturm und der Dammturm oder Badturm am See. Abgebrochen wurden 3 Tore der Vorstadtbefestigung. Das spätgotische Rathaus besteht aus zwei Trakten. Der westliche, ältere aus dem 14. Jahrhundert, der östliche, höhere mit Pfennigturm (1515, ehemalige Münzstätte) von 1490/94. Fassadenverkleidung mit Rustikaquadern. Der Rathaussaal gilt als größte Leistung der spätgotischen Profanarchitektur und Plastik im Bodenseegebiet. Zimmermannsarbeit und Schnitzerei von Jakob Russ. Arkadenfries mit 41 Statuetten der Stände des Reichs. Neben dem Rathaus die alte Stadtkanzlei aus dem 16. Jahrhundert, jetzt Stadtarchiv. Patrizierhaus der Reichlin von Meldegg, Renaissancebau von 1462/86, barocker Umbau 1695 (Festsaal); jetzt Stadtmuseum. Greth, das alte Korn- und Lagerhaus an der Schifflände, im 14. Jahrhundert entstanden, 1788 von A. Bagnato umgebaut, das jetzt unter anderem die Leopold-Sophien-Bibliothek enthält. Früher mit 6 Toren zum See hin. Klosterhöfe: Salmansweilerhof von 1551, Petershauserhof und Walderhof. Zeughaus mit Staffelgiebel. Auch zahlreiche schöne Bürgerhäuser des 16. Jahrhunderts mit Steinfassaden und Treppengiebel. Gut erhaltene Fachwerkbauten im »Dorf« (Aufkircher Straße). Spätgotisches Susohaus, nach Lokaltradition Geburtshaus von Heinrich Suso (um 1295 bis 1366). Die Lateinschule wohl anfangs des 15. Jahrhunderts von der Stadt übernommen, seit 1658 unter Leitung der Franziskaner, Ende des 18. Jahrhunderts mit Theologieseminar, 1804 bis 1833 Lateinschule, dann höhere Bürgerschule, 1869 Realgymnasium, 1884 Realschule, 1949 Gymnasium. 1784 bis 1808 Mädchenschule am Galluskloster, 1892 bis 1907 höhere Töchterschule. |