Ravensburg - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1088

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Ausgangspunkt der Stadtentwicklung war die erstmals 1088 sicher bezeugte Welfenburg auf dem Bergsporn an der Ostseite des Schussenbeckens. Wohl schon im 11. Jahrhundert schloss sich ein Burgflecken im Bereich der heutigen Marktstraße an. Diese zieht in Nordwestrichtung hinab zu der zum Bodensee führenden, ehemaligen römischen Talstraße. Der älteste Marktplatz war am oberen Ende der Marktstraße. Um 1250 erste Stadterweiterung nach Norden und Westen, Einschluss von Kirchstraße und Herrenstraße, so dass eine etwa ovale Anlage mit unregelmäßigem Grundriss entstand (»Oberstadt«). Spätestens in dieser Zeit auch Mauerring. Pfarrkirche am nördlichen Stadttor. Mitte des 14. Jahrhunderts zweite Stadterweiterung nach Westen, zur Schussen gerichtet, in Form eines Rechtecks mit regelmäßigem Straßengitternetz (»Unterstadt« oder »Neustadt«). Sie übertrifft mit rund 16 Hektar Fläche die Oberstadt (12 Hektar) an Ausdehnung. Um beide Teile der Stadt gemeinsame neue Befestigung. Noch im 14. Jahrhundert zwei kleine Vorstädte am Flattbach im Оsten und Westen zur Ausnutzung der Wasserkraft durch Handwerker. Bis zur Beseitigung des Mauerrings in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts keine Stadterweiterung mehr. Im 16. Jahrhundert Erhöhung der (Tor-) Türme und vier zusätzliche Rondelltürme. Das Gelände der einstigen Befestigung der Oberstadt auf der Nahtlinie zur Neustadt wurde gro­ßenteils nicht wieder überbaut, so dass eine Kette freier Plätze entstand, die heute den wichtigsten zentralen Verkehrsraum der Stadt bildet (Marienplatz). Ab Mitte des 19. Jahrhunderts Bahnhofsviertel im Westen (seit 1850 durchgehende Bahnlinie Ulm-Friedrichsha­fen). Vor dem 1. Weltkrieg Wachstumsspitzen vor allem entlang der Ausfallstraßen nach Weingarten, Friedrichshafen/Tettnang und Wangen. Bis zum 2. Weltkrieg Er­weiterung der Stadt auf der Talsohle nach Norden und Süden. Gewerbegebiet in Bahnhofs­nähe, Wohnsiedlungen im Südwesten zwischen Bahnlinie und Schussen. Seit 1950 starke Neubautätigkeit, durch die die überbaute Fläche der Stadt mehr als verdoppelt wurde. Im Süden Fortsetzung des älteren Gewerbegebietes zwischen Bahnlinie und Jahn­straße und neue Wohngebiete beiderseits der Ortsdurchfahrt Вundesstraße 30 in Richtung Fried­richshafen, vorwiegend sozialer Wohnungsbau. Die Bebauung erreicht hier auf der ganzen Talbreite die ehemalige Gemeindegrenze Eschach, wo die Wohnsiedlung Weißenau unmittelbar anschließt. Im Norden auf der dort feuchteren Talaue ebenfalls ein langer Gürtel gewerblicher Betriebe (Schützenstraße) sowie auf dem ansteigenden Gelände östlich der Вundesstraße 30 bis zur Stadtgrenze Weingarten reichende neue Wohngebiete (Oppeltshofen, Andermannsberg, Sonnenbüchel, Burach), sozialer Wohnungsbau und Einzelhausbebauung. Im Südosten an den Hängen auf beiden Seiten des Schornreutetals überwiegend Einzel- und Doppelhäuser. Das größte Neubaugebiet befindet sich jedoch auf der Berghöhe im Westen des Schussentals, von der übrigen Stadt noch räumlich getrennt. Hier entstand seit 1951 angelehnt an die Meersburger Straße (Bundesstraße 33) die »Weststadt«, eine großzügige komplexe Stadtanlage für circa 10 000 Einwohner aus Geschosshäusern und Bungalows, modernen Hügel- und Terrassenhäusern mit La­denzentrum, Kirchen und Weststadtschule.
Historische Namensformen:
  • Ravenspurch
  • Ravenespurc
  • Ravenspurc
Geschichte: 1088 Ravenspurch, 1122 Ravenespurc, 1267 Ravenspurc (Personenname?). Wahrscheinlich verlegte Herzog Welf IV. aus Gründen der militärischen Sicherheit seinen Wohnsitz von Alt­dorf (= Weingarten) auf die Ravensburg. 1105 nennen sich die Welfen noch duces de Altdorf, 1122 duces de Ravenespurc. Aus dem suburbium unterhalb der Burg, dessen Bewohner zunächst überwiegend im Dienst der Hofhal­tung gestanden haben dürften, entwickelte sich in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts ein Markt, der 1152 erstmals bezeugt ist. Der kinderlose Herzog Welf VI. verkaufte seine Güter in Oberschwaben an Kaiser Friedrich Barbarossa, so dass Ravensburg 1191, nach dem Tod Welfs VI., an die Staufer überging. Die Burg wurde Verwaltungszentrum des staufi­schen Herrschaftsbereichs in Oberschwaben (staufische »Prokuration«). Um 1220 erste Erwähnung der universitas burgensium, beginnende Verselbständigung der Stadt, 1251 civitas, um 1266/67 Stadtsiegel, 1276 Reichsstadt (imperio attinens) in einem Privileg König Rudolfs I. In der Folgezeit erlangte die Stadt alle üblichen Rechte einer Reichsstadt. Die Burg wurde rechtlich von der Stadt getrennt und war seit 1274 Sitz des königlichen Landvogts in Schwaben. Nach dem Brand der Ravensburg (Veits­burg) 1647 Verlegung des Sitzes nach Altdorf. Um 1330 bis 1350 Neuordnung der Verfassung, Einrichtung des Bürgermeisteramtes, Beteiligung der Zünfte am Stadtregiment. Seit circa 1357 stand der Bürgermeister anstelle des ursprünglich vom König einge­setzten Stadtammanns an der Spitze des Stadtregiments. Von circa 1330 bis 1519 gehörte Ravensburg den Bodenseestädte-Bündnissen beziehungsweise dem Schwäbischen Städtebund an. Zwi­schen 1413 und 1590 erwarb die Stadt ein - nach dem 30jährigen Krieg zum Teil wieder verlorengegangenes - kleines Territorium, unter anderem die Herrschaften Schmalegg (1413), Zußdorf (1447), Bitzenhofen-Neuhaus (1539) und Bettenreute (1590). Hinzu kamen die Grundherrschaften der Spitäler (Heilig-Geist-Spital, Seelhaus, Heilig-Kreuz-Spital, Bruderhaus). In diesen Gebieten hatte der Rat die niedere Gerichtsbarkeit. Die hohe Gerichtsbarkeit blieb auf ein kleines Gebiet im unmittelbaren Umkreis der Stadt beschränkt. Vom 13. Jahrhundert bis 1806 befand sich hier eine Malstätte des Landgerichts der Landvogtei. Gliederung der Bürgerschaft in Patrizier (Gesellschaft »zum Esel« seit Ende 14. Jahrhundert) und Zunftangehörige (8 Zünfte seit circa 1340). 1551/52 Einführung einer neuen, den Einfluss der Zünfte ausschaltenden Magistratsverfassung durch den Kaiser. 1802 wurde Ravensburg mediatisiert und dem Kurfürstentum Bayern zugesprochen. 1810 zu Württemberg. Sitz eines Oberamtes (seit 1938 Landkreises). 1939 bis 1945 Zwangsfusion mit Weingarten. Von den vier Stadttoren wurde nur das Kästlinstor im Süden abgebrochen; erhalten blieben das Untertor im Westen, das Frauentor im Norden (beide um 1350) und das Obertor im Оsten (vor 1490), außerdem mehrere Befestigungstürme des 14. Jahrhunderts (»Mehlsack« im Südosten auf halber Höhe des Burgberges, Schellenberger Turm an der Nordostecke, Grüner Turm, Gemalter Turm an der Nordwestecke, Spitalturm an der Südwest­ecke). Ein Mauerturm des ältesten Befestigungsringes diente noch bis 1552 als innerstädtischer Wachtturm, er wurde 1553/56 durch den Blaserturm ersetzt. In der Oberstadt finden sich noch manche gotische Patrizierhäuser, so vor allem in der Marktstraße. Rathaus aus dem 14./15. Jahrhundert, spätgotische Innenräume, im 19. und 20. Jahrhundert renoviert (außen zuletzt 1974). Kornhaus um 1500. Waaghaus (Gred) 1498 erbaut als Markthaus der Leinwand- und Fernkaufleute, mit dem Blaserturm an der Nordwestecke. Lederhaus 1513/14, Markthaus der Lederhandwerker. Brotlaube, Spätrenaissancebau von 1625, Markthaus der Bäcker, Obergeschoss seit dem späten 17. Jahrhundert auch als Theater genutzt (»Altes Theater«). Bruderhaus 1725 (Kapelle von 1800), ehemaliges Zuchthaus des Schwäbischen Kreises. Lateinschule seit dem 13. Jahrhundert, Gymnasium 1880 (heutiges Spohn-Gymnasium). Realschule 1805, Oberrealschule 1903 (heutiges Albert-Einstein-Gymnasium). Mäd­chengymnasium 1887 (heutiges Welfen-Gymnasium). Deutsche Knaben- und Mädchenschulen seit Mitte des 16. Jahrhunderts. Gewerbeschule 1826. Landwirtschaftsschule 1868. Handelsschule 1909.
Ersterwähnung als Stadt: 1251
Wirtschaft und Bevölkerung: Schon im 13. Jahrhundert Nennung Ravensburger Kaufleute in Italien. Die Produktion von Leinwand und Barchent war die Grundlage für den Fernhandel, der seinen Höhe­punkt im 14. und 15. Jahrhundert hatte. Um 1400 Gründung der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft als privater Zusammenschluss von Kaufleuten aus verschiedenen Städten des Bodenseeraumes. Zentralkontor in Ravensburg auf Grund des Einflusses der Kaufmannsfamilie Humpis. Handelsbeziehungen dieser bis 1530 bestehenden Gesell­schaft nach Italien, Spanien, Frankreich, Niederlande, Ober- und Mitteldeutschland und Ostmitteleuropa. Weitere wichtige Gewerbezweige waren Papiermacherei (seit circa 1390) und Weinbau. Seit etwa 1830 Einsetzen der Industrialisierung, zunächst auf die Textilindustrie beschränkt, später Maschinenbau als zweiter Schwerpunkt. Auch im 19. Jahrhundert blieb der Handel wichtigster Wirtschaftsfaktor (Korn-, Vieh- und Jahr­märkte).

Name: Ravensburg
Datum der Ersterwähnung: 1088

Ersterwähnung: 1250
Kirche und Schule: Eine Marienkapelle, Vorgängerin der heutigen Liebfrauenkirche, wird um 1250 genannt. Filial der Marienkirche in Altdorf. 1275 Pfarrkirche, 1279 bis 1803 der Abtei Weingarten inkorporiert. Sprengel seit 1385 im wesentlichen auf die Oberstadt be­schränkt. Die heutige katholische Pfarrkirche Liebfrauen ist eine querschifflose flachge­deckte Basilika mit Nordostturm 1340 bis 1380. Umbauten um 1470, 1600 (Turm) sowie im 19. und 20. Jahrhundert. Letzte Instandsetzung ab 1957. Glasmalereien im Chor Anfang 15. Jahrhundert, Tympanon über dem Westportal Ende des 14. Jahrhunderts. Die zweite katholische Pfarr­kirche Sankt Jodok wurde in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts durch das Kloster Weißenau und den städtischen Rat für die neue Unterstadt erbaut. Weihe 1385. Bis 1803 dem Kloster inkor­poriert. Dreischiffige flachgedeckte Pfeilerbasilika mit Nordostturm, fast unverändert erhalten. Instandsetzung 1974/75 (außen) und 1978 (innen). Sankt Jodok übernahm noch im 14. Jahrhundert einen Teil des Pfarrsprengels von Sankt Christina, der dritten aus vorreformatorischer Zeit stammenden katholischen Pfarrkirche der Stadt. Eine an ihrer Stelle stehende Kapelle Sankt Christine wurde 1197 von König Philipp von Schwaben und seiner Gemahlin Irene dem Kloster Weißenau geschenkt. 1253 Weihe des Neubaus, Anfang des 13. Jahrhunderts Pfarrkir­che des gleichnamigen Weilers, des Flattbachtals sowie des Süd- und Westteils der Stadt. Um 1477 Erweiterung und neuer Chor. Nach dem zweiten Weltkrieg weitere katholische Pfarrkirchen Christus König (1952) für die Südstadt und Zur Heiligen Dreifaltigkeit (1965) für die Weststadt. Das Spital zum Heilig Geist ist eine bürgerliche Stiftung des 13. Jahrhunderts, ursprünglich in der Oberstadt (heutiger Bau 15. Jahrhundert, Städtisches Krankenhaus). Spitalka­pelle 1498. Seelhaus von 1408, mit barocken Volutengiebeln. 1806 Säkularisation der drei Klöster (Franziskanerinnenkloster Sankt Michael, gegründet im 13. Jahrhundert; Karmeliterklo­ster, gegründet 1349; Kapuzinerkloster vor der Stadt, gegründet 1629). Kapelle Sankt Leonhard in der Vorstadt Ölschwang, 15. Jahrhundert, profaniert. Mühlbrugg-Kapelle, 15. Jahrhundert, 1812 abgebrochen, 1929 neu erbaut. Auf Druck der Zünfte wurde 1544/45 die Reformation eingeführt. Seit 1547 je­doch Wiedererstarken der katholischen Partei, so dass in der Folgezeit Parität herrschte, ab 1648 auch verfassungsrechtlich verankert. Evangelische Pfarrkirche ist seit dem 16. Jahrhundert das Langhaus der ehemaligen Klosterkirche der Karmeliter (»Stadtkirche«). Bis 1806 war der Chor noch den Karmelitern vorbehalten. Dreischiffige, flachgedeckte und ursprünglich turmlose Pfeilerbasilika 2. Hälfte 14. Jahrhundert. Umbauten und Erweiterungen im 15. Jahrhundert, unter anderem die 1452 gestiftete Kapelle der Ravensburger Handelsgesellschaft. Turm erst 1842/45. Instandsetzung innen 1964/66. Von 1628 bis 1812 gab es außerdem eine evangelische Dreifal­tigkeitskirche (ursprünglich Kornhaus, 1812 abgebrochen). Evangelische Johanneskirche mit Pfarrei in der Weststadt 1963.
Patrozinium: Heilige Maria
Ersterwähnung: 1250
Jüdische Gemeinde: Judengemeinde vom 14. Jahrhundert bis 1429, Getto und Synagoge.

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