Großgartach - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 0766

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Auf der Gemarkung des 766 als »Gardaha« erstmals bezeugten Großgartach siedelten bereits seit Jahrtausenden Menschen, nicht jedoch im Bereich des nachherigen Ortskerns. Der Name Gartach bezeichnet ein an eingefriedetem, bäuerlich genutzem Land vorüberfließendes Wasser. Seit dem frühen 20. Jahrhundert entdeckte man mehrere Siedlungen und zahlreiche Wohnstätten mit Keramik, teilweise auch Gräber, die bis in die Steinzeit zurückreichen. Zwei Wohnanlagen im nordwestlichen Randbezirk des Dorfs mit etwa achtzig Wohnstellen machten den Ort und seine auf Vorschlag des Arztes und Anthropologen Alfred Schliz (gestorben 1915) als Großgartacher Kultur (4800–4600 vor Christus) bezeichneten Keramikfunde überregional bekannt. Neben einem Brennofen aus der Bronzezeit hinterließen Menschen der Hallstatt- und Latène-Zeit auch südlich des Dorfs auf einer Anhöhe ihre Spuren. Den Kern der späteren Siedlung Großgartach bildete wohl der Herren- oder Fronhof neben der St. Laurentius-Kirche. Eine hier geborgene reiche Bestattung (um 700) dürfte einer am Ort maßgeblichen Familie zuzuordnen sein. Das Straßendorf verfügte neben einer alten Kapelle und der Kirche über eine Badstube unter dem Rathaus (1533), eine Kelter und zwei Mühlen mit fünf beziehungsweise vier Gängen (1684). Weite Teile der Gemarkung waren 1807 ackerbaulich genutzt, am Heuchelberg wurde bereits im 8. Jahrhundert Weinbau betrieben. Neben 800 Morgen Gemeindewald war bei Teilen des Walds in Richtung Schluchtern die Zuständigkeit unklar, gab es Schluchterner Kommunwald auf Großgartacher Gemarkung und umgekehrt; 45 Morgen wurden von beiden Gemeinden beansprucht, weitere 50 Morgen gemeinschaftlich genutzt. Die sogenannte Frankenschanze bei Großgartach, am Nordrand des Heuchelbergs, war wohl vor dem Jahr 1000 als Ringwallanlage angelegt. Die Heuchelberger Warte oberhalb dieser Anlage ist ein 1483 im Zuge des Württembergischen Landgrabens errichteter Wartturm. Der Ort mit schönen Giebelhäusern im alten Dorfkern entlang der Straße am südlichen Talhang der Lein dehnte sich nach dem zweiten Weltkrieg baulich beachtlich aus. Die neuen Wohngebiete liegen im Оsten »Hoppengraben« (1950), »Kappmannsgrund« (1960,1968), im Süden »Südstraße-Rosenberger« (1965), im Westen »Ravensberg« (1950,1957), »Lützelfeld« (1949,1968,1973) und im Norden »Augelbaum« (1965,1973), »Massenbacher Weg« (1969). Im Norden, jenseits der Lein, besteht seit 1970 das Industriegebiet »Mühlpfad«, seit 1960 gibt es das Gewerbegebiet »Wasen«.
Historische Namensformen:
  • Gardaha 0765
Geschichte: In fränkischer Zeit kamen Teile von Großgartach durch mehrere Schenkungen und Stiftungen an das Kloster Lorsch (766/882). Anfang des 12. Jahrhunderts gehörten nahezu drei Viertel des Orts zur Herrschaft der Grafen von Lauffen, die diese Rechte 1122 ihrem Hauskloster Odenheim überließen. Der Bischof von Worms übereignete dem Stift Wimpfen 1107 drei Höfe in Großgartach. Das Kirchenpatronat samt Zugehörungen wurde 1190 durch Schiedsspruch dem Wormser Liebfrauen-Stift zu einem Sechstel zuerkannt. Als Nachfolger von Liebfrauen bezog 1265 das Stift Wimpfen vom großen Frucht- und Weinzehnt, desgleichen vom kleinen und vom Blutzehnt ein Sechstel und erwarb dazu weitere Güter. Das Stift Odenheim beziehungsweise das in seine Rechte eingetretene Stift Bruchsal (1507) bezogen vom großen Frucht- und Weinzehnt fünf Sechstel, vom kleinen und vom Blutzehnt drei Sechstel; den Rest des Kleinzehnten erhielt der Pfarrer. Die Güter und Einkünfte des Klosters Odenheim machten etwa drei Viertel der herrschaftlichen Gerechtsame in Großgartach aus. Das verbleibende Viertel der Vogtei nebst Grundbesitz kam zwischen 1376 und 1379 über Heilbronner Bürger und als Erbe der Grafen von Calw an Württemberg. 1428 wurde die Vogtei samt zugehörigen Gefällen geteilt, ohne dabei etwaige Ansprüche des Stifts Wimpfen zu berücksichtigen; Odenheim erhielt drei Viertel, Württemberg ein Viertel. Der seit 1265 bezeugte Schultheiß wurde im Wechsel auf drei Jahre von Odenheim und auf ein Jahr von Württemberg bestellt. Die hohe Gerichtsbarkeit hatte Württemberg allein, die Wahl der Richter erfolgte gemeinschaftlich. Der Odenheimer Anteil gelangte 1802 an Baden und 1806 tauschweise an Württemberg, das den Ort dem Oberamt Kirchhausen zuteilte. Abgesehen von Odenheim und Württemberg war der übrige Grundbesitz stark zersplittert. Die wichtigsten sonstigen Grundherren waren die von Magenheim (1280), später trugen die von Böckingen von den Grafen von Zweibrücken als Erben der Grafen von Calw hiesige Zehnten zu Lehen. Weitere Gerechtsame hatten die von Hochhausen (1330), von Venningen (1397/1403), von Mentzingen (1404), von Weinsberg (1411), von Massenbach (als kurpfälzische Vasallen, 1391/1411) und von Gemmingen (1495). Eher kleindimensionierten Besitz hatten die Klöster Hirsau (12. Jahrhundert), Maulbronn (mit einem Anteil an der Kelter, 1287) und Schöntal (1416) sowie die Präsenz von St. Kilian in Heilbronn (1418). Das Großgartacher Rathaus diente 1534 vor der Schlacht bei Lauffen Herzog Ulrich von Württemberg als Hauptquartier. Das älteste bekannte Siegel von Großgartach aus dem Jahr 1379 – zugleich das älteste bekannte Dorfsiegel in ganz Württemberg – zeigt eine Figur auf einem Rost; Umschrift und Art der Darstellung geben diese als den Ortspatron St. Laurentius zu erkennen, der auf späteren Siegeln (seit 1531) in der Rechten eine Palme, in der Linken den Rost hält. Großgartach kam 1806 zum Oberamt Kirchhausen, 1808 — 1811 zum Oberamt Brackenheim und seither zum Oberamt, seit 1938 Landkreis Heilbronn. — Vor der Schlacht bei Lauffen 1534 war hier das Hauptquartier Herzog Ulrichs und Landgraf Philipps von Hessen. 1675 brannte fast der ganze Ort, 1885 ein Teil des Orts ab. — Wartturm auf dem Heuchelberg, wohl von Graf Eberhard im Bart 1483 zur Beobachtung der württembergischen Landwehr erbaut.
Wirtschaft und Bevölkerung: 1598 lebten in Großgartach 182 Bürger beziehungsweise rund 820 Menschen. Während des Dreißigjährigen Kriegs starben allein im Jahr 1626 371 Einwohner. 1684 gab es am Ort 567 Seelen; bis 1703 stieg die Zahl auf 712, bis 1738 auf 1010. 1785 zählte man 1244 Personen, 1803 1336 und 1804 1350. Die Einwohner ernährten sich vom Acker- und Weinbau; eine Kelter wird bereits 1287 erwähnt, 1834 wechselte sie samt dem darunter gelegenen herrschaftlichen Keller und dem Kelterrecht in Gemeindebesitz; daneben gab es mehrere große Privatkeltern. Der gemeindeeigene Wald lieferte Brenn- und Bauholz. Abgesehen von einigen kleinen Wirtshäusern und einem Krämer gab es im Dorf kein nennenswertes Gewerbe.

Ersterwähnung: 1190
Kirche und Schule: Zur alten Pfarrei Großgartach gehörten die Filialen Nordheim und Schluchtern. 1219 gelangte der Kirchensatz an das Kloster Odenheim, und obgleich es Württemberg im 16. Jahrhundert gelang, die Reformation dauerhaft einzuführen, blieb das Patronatsrecht bis zum Ende des Alten Reiches im Besitz des Stifts Odenheim-Bruchsal. In der 1190 erstmals erwähnten Pfarrkirche St. Laurentius (1496) bestand eine 1379 von der Gemeinde gestiftete Frühmesse zu Ehren der heiligen Elisabeth, die ebenfalls vom Kloster Odenheim besetzt wurde. Die Nebenaltäre waren Maria Magdalena und der Muttergottes geweiht. Außerdem gab es eine Marien-Kapelle im Ort. Mit der Einführung der Reformation (1535) wurden die Frühmesse und die erst 1531 dem Bruchsaler Stift inkorporierte St. Elisabeth-Kaplanei aufgehoben. Der bereits 1581 nachweisbare Schulunterricht war mit dem Amt des Gerichtsschreibers verbunden. Besuchten 1684 winters 59 und sommers nur neunzehn Kinder die Schule, so nahmen im Sommer 1703 bereits 81 Kinder am Unterricht teil, im Winter 92. Das vor 1763 vom Armenkasten erbaute und unterhaltene Schulhaus wurde mit der Zeit zu eng; deshalb erfolgte 1776 eine Erweiterung, die 1779 immerhin Raum bot für 202 Kinder. Aber schon 1789 war das Schulhaus wieder in schlechtem Zustand, 1802 sogar baufällig, und man behalf sich weiter mit »Flickwerk«, bis die Schulmeister wegen Lebensgefahr auszogen und der Unterricht auf das Rathaus verlegt werden musste (1804). 1805 endlich bot die helle Schulstube in einem eigenen, bequem und wohlgelegenen Schulhaus Raum für 240 Schüler, wurde aber nur von 189 Kindern besucht. Evangelische Pfarrkirche, 1913 völlig umgebaut; das spätromanische Untergeschoss des ehemaligen Chorturms dient heute als Taufkapelle. Beachtlich ein kräftiges Kreuzgewölbe mit ungleichen Rippen; reichverzierte spätgotische Sakramentsnische. Katholische Kirche St. Lioba 1957 erbaut, zur Pfarrei Schluchtern gehörend.
Patrozinium: St. Laurentius
Ersterwähnung: 1496

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