Mulfingen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1100 [um 1100]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Der früheste zweifelsfreie Nachweis für den Ort datiert um 1100 (»Muluingen«). Bei dem in der Lorscher Überlieferung vorkommenden »Munioluinga« (782) beziehungsweise »Manolfingen« (804) handelt es sich um Mulfingen im Ostalbkreis. Auch das angeblich in die Zeit um 980 zu datierende »Molfinga«, erwähnt in den Weißenburger Traditionen, bezieht sich auf einen anderen Ort. Mulfingen gehört zur frühesten germanisch-deutschen Siedlungsschicht; seine Entwicklung wurde begünstigt durch die Lage an der Jagsttalstraße. 1360 erscheint es zur Unterscheidung von dem später wüstgefallenen Niedermulfingen als Obermulfingen. Zu den bedeutenderen Gebäuden gehören das 1591/92 neu erbaute Rathaus, das Amts- (1782) und das Zentgrafenhaus (1741). Der von einem Bannzaun umgebene Ort (1623) hatte vier Torhäuser, die im 18. Jahrhundert an Privatpersonen verpachtet waren und gleichwohl ihre ursprüngliche Funktion erfüllten. Es scheint, als seien sie noch vor dem Ende des Alten Reiches abgegangen. In der Flur Galgenberg liegen die Reste einer Befestigung, die entweder dem hohen oder dem späten Mittelalter zuzuweisen sind. 1573 gab es eine Jagstbrücke, 1698 sogar deren zwei. Die Wohnplätze Bachmühle und Badhaus finden 1625 beziehungsweise um 1688 Erwähnung. Der Wohnplatz Ochsental wird um 1304/06 erstmals genannt. Nachdem er wüstgefallen war, entstand bis 1593 an gleicher Stelle eine neue Siedlung, die im genannten Jahr sechs Herdstätten zählte. Der Ochsentaler Zehnt gehörte den Ritteradligen von Künzelsau als würzburgisches Lehen (1304/06); die von Mulfingen hatten dort Güterbesitz, den sie 1341 dem Kloster Schöntal überließen. Nachdem Würzburg 1698 die grundherrlichen Rechte der Grafen von Hohenlohe und 1713 die Zehntrechte der von Stetten erworben hatte, gehörten ihm in Ochsental alle Rechte und Nutzungen. Das am Unterlauf der Ette gelegene Niedermulfingen (1310 »Nydermulfingen«) fiel bis 1494 wüst. Begütert waren dort das Würzburger Stift Haug (1348), die Klöster Gnadental (1310) und Komburg (wohl 1388), die von Bartenstein beziehungsweise von Vellberg (1310), die Zobel von Hausen (1348), die von Finsterlohr (1348), von Hohbach (1349), von Stetten (1462), von Adelsheim (1483), von Dottenheim (1489/91) und von Berlichingen (1576). In Roggelshausen (1304/06 Rakundshusen), östlich von Mulfingen im Öltal am Roggelshauser Bach gelegen, waren zur Zeit der Ersterwähnung die von Künzelsau als Würzburger Vasallen begütert, außerdem 1489 das Kloster Schöntal. Möglicherweise hatte die Siedlung noch 1489 Bestand; fünf Jahre später jedoch wird sie als abgegangen bezeichnet. Unsicher bleibt, ob die verschwundene Flur Riemenstetten auf eine abgegangene Siedlung hinweist. Anderthalb Kilometer nordwestlich von Mulfingen, am südlichen Fuß des Dünnersbergs, gibt es latènezeitliche Siedlungsreste. Die Ortserweiterungen in Mulfingen in den Gewannen »Wasserweg«, »Kirchweg« und »Ochsentaler Straße« entstammen der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg. Seit 1963 besteht das Industriegelände »Ettetal«.
Historische Namensformen:
  • Mulvingen 1095
  • Muluingen
Geschichte: Wahrscheinlich gelangte Mulfingen zusammen mit der Herrschaft Jagstberg an das Hochstift Würzburg. 1623 stand den Bischöfen alle Gerichtsbarkeit am Ort, die hohe und niedere Obrigkeit, Gebot und Verbot sowie sonstige Herrlich- und Gerechtigkeiten zu. Im Dreißigjährigen Krieg gehörte das Dorf vorübergehend den Grafen von Hohenlohe (1632/34), und 1802 kam es infolge der Säkularisation an Hohenlohe-Bartenstein, 1806 mit der Mediatisierung an Württemberg. Bis zum Ende des Alten Reiches war der Ort Teil des würzburgischen Amts Jagstberg und seit 1782 auch dessen Amtssitz. Älteste nachweisbare Grundherrschaft waren die Herren von Hohenlohe-Brauneck, die 1283 eine Hufe an das Kloster Komburg überließen. Später verkauften die von Finsterlohr ein Gut an das Stift Haug in Würzburg (1348). Ein Hof, der hohenlohisches Lehen war, gelangte von denen von Mulfingen an die von Kürenberg (1356). Die von Jagstberg verfügten über hohenlohischen Lehnbesitz (1360). Schließlich empfingen die von Hohbach 1367 einen Hof zu Mulfingen als Lehen. Nach dem Aussterben der Ritteradligen von Wolmershausen 1708 fiel deren Lehngut in Mulfingen an Hohenlohe heim. 1320 verzichteten die von Gabelstein zugunsten Hohenlohes auf ihre Rechte am Mulfinger Zehnt, und auch die von Lihental veräußerten ihre Zehntrechte an die Herren von Hohenlohe (1357/59). Hernach trugen die von Stetten den Mulfinger Zehnt von Hohenlohe zu Lehen (1447). Denen von Neuenstein gehörte 1485 die Hälfte des großen und kleinen Zehnten ebenfalls als hohenlohisches Lehen, und bald darauf sind auch noch die von Dottenheim als Teilhaber am Zehnt bezeugt (1489). Um 1700 teilten sich darein das Hochstift Würzburg, die Grafen von Hohenlohe und die Niederadligen von Stetten. Ein edelfreies Geschlecht von Mulfingen wird bereits um 1100 erwähnt; möglicherweise sind aus ihm die Edelherren von Krautheim hervorgegangen. Bei den seit 1300 vorkommenden Mulfingern handelte es sich hingegen um Ministerialen; ihr letzter bekannter Agnat starb 1494. Den älteren Herren von Mulfingen gehörten um die Wende zum 12. Jahrhundert »Hagestaldeshusen« bei Eutendorf, Güter in Heimhausen und in einer »Viscaha« genannten Siedlung sowie höchstwahrscheinlich in Benzenhof (Obersontheim). Das Ministerialengeschlecht hatte Besitz in Alkertshausen (1326), Weldingsfelden (1335), Seidelklingen (1336), Ochsental (1341), Buchenbach (1347) und Niedermulfingen (um 1358). Hinzu kamen als würzburgisches Lehen Zehntrechte in einigen Orten um Schrozberg-Blaufelden (erste Hälfte 14. Jahrhundert). Als Wappen führte die niederadlige Familie drei schrägrechts angeordnete Sterne oder Kleeblätter. Eine (Pfarr-)Gemeinde tritt erstmals 1405 in Erscheinung. Die 1492 erlassene Dorfordnung wurde 1623 erneuert. Das Dorfgericht umfasste 24 Schöffen (1578). 1686 hatte Mulfingen 115 Gemeinderechte. Mulfingen war bis 1809 dem Oberamt Nitzenhausen, bis 1811 dem Oberamt Ingelfingen, dann dem Oberamt, seit 1938 Landkreis Künzelsau zugeteilt. Der Ort war mit einem Bannzaun und zwei Toren befestigt und besaß seit 1479 mehrfaches Marktrecht. Er war Sitz der Zentgrafen der Zent Jagstberg (heute Kinderheim Josephspflege) und seit 1782 Sitz des würzburgischen Amts Jagstberg (heute Schulhaus).
Wirtschaft und Bevölkerung: Erste Vorstellungen von der Einwohnerzahl lassen sich um 1530 gewinnen, als es in Mulfingen 55 würzburgische Hintersassen gab (circa 250 Seelen). Im dritten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts wurden 180 erwachsene Männer gezählt (circa 800 Einwohner), um 1700 128 würzburgische Untertanen (circa 570). 1807/08 schließlich hatte Mulfingen – die Wohnplätze Badstube (vier) und Bachmühle (vier) mitgezählt – 440 Einwohner. In Ochsental lebten damals fünfzig Personen. Eine seit 1544 bezeugte Kelter verweist auf den hier betriebenen Weinbau. Die Struktur der Gewerbe spiegelt sich in der Dorfordnung von 1623, in der die Tätigkeiten von Müller, Bäcker, Wirt und Metzger reglementiert werden. Bald nach der Dorfmühle (1623) finden auch die Bachmühle (1625) und die unmittelbar beim Ort gelegene Wörtmühle (1629) Erwähnung. Sonstige Gewerbebetriebe waren eine Ziegelhütte (1720), ein Gipsbruch (1807) und eine Häfnerei (1807/08); als Handwerker finden Erwähnung: Glasermeister (1727), Maurer (1751), Schneider (1765) Schuhmacher (1770), Zimmermann (1757) sowie Färber und Küfer (1803). 1479 wurde dem Ort bewilligt, einen Wochenmarkt und zwei Jahrmärkte zu veranstalten. 1623 gab es nicht weniger als vier Jahrmärkte, wohingegen die Wochenmärkte damals reduziert waren. 1681 hatte Mulfingen fünf offene Jahrmärkte und durfte obendrein zu drei Viehmärkten laden. 1698 ist wieder nur von vier Jahrmärkten die Rede. Eine Badstube diente der Körperpflege und bestand noch 1730. Bereits um 1703 wurde zusätzlich zur Badstube eine Barbierstube geschaffen. Dem Zentchirurgen (1798) oblag die medizinische Versorgung.

Ersterwähnung: 1310
Kirche und Schule: Zu der erstmals für 1310 nachweisbaren Pfarrei Mulfingen gehörten in vorreformatorischer Zeit Jagstberg (bis 1596), Simprechtshausen, Zaisenhausen, Hohenrot (bis 1610), Ochsental und Mäusberg. Infolge der Reformation ging Mäusberg verloren, jedoch kamen Staigerbach und Seidelklingen hinzu (bis 1610). Außerdem wurden die Katholiken aus Simmetshausen und Alkertshausen sowie die Untertanen des Deutschen Ordens aus Eberbach, Berndshofen und Heimhausen der Pfarrei zugewiesen. Zuständig war das Landkapitel Künzelsau, dann Ingelfingen beziehungsweise Krautheim. Mit der Stiftung einer Frühmesse am Altar des heiligen Leonhard (1405) – unter anderem durch die Gemeinde Mulfingen – wurde eine Kaplaneistelle geschaffen, die mit der Verlegung der Frühmesse nach Jagstberg zu Beginn des 17. Jahrhunderts wieder verlorenging. Allerdings hatte der Jagstberger Pfarrer bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts die Pflicht, am Sankt Leonhard-Altar wöchentlich zwei Messen zu lesen. Seit 1666, als dem Pfarrer ein Vikar zur Seite gestellt wurde, gab es in Mulfingen wieder zwei Geistliche. Seit der Mitte des 16. Jahrhunderts konnte das württembergische Stift Möckmühl als Inhaber des Patronatsrechts durch Einsetzung protestantischer Geistlicher die reformatorische Bewegung in Mulfingen unterstützen, so dass der größere Teil der Bewohner der neuen Lehre anhing. Unter Berufung auf die ihnen zustehende weltliche Obrigkeit, entließen die Würzburger Bischöfe aber immer wieder Geistliche, die sich zur neuen Lehre bekannten und ihr entsprechend predigten. Bald ignorierte die Herrschaft das Württemberger Patronatsrecht ganz und ging dazu über, die Geistlichen selbst einzusetzen. Schließlich war um 1580 die protestantische Lehre weitgehend verdrängt und im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts Mulfingen rein katholisch. In Ochsental begann Würzburg 1628 mit der Rekatholisierung. Nachdem das Hochstift 1698 auch den hohenlohischen Teil des Orts übernommen hatte, wurden die letzten evangelischen Einwohner, die nach Ettenhausen zur Kirche gingen, allmählich verdrängt. Von 1774 datiert die Erlaubnis zur Gründung einer Sankt Anna-Bruderschaft. Das Patronatsrecht hatten 1323 die Herren von Gabelstein als Würzburger Lehen, bis 1329 gelangte es an die Herren von Hohenlohe, die damit um 1380 das Stift Möckmühl begabten; der bischöfliche Konsens dazu wurde 1401 erteilt. Nach der Reformation zog das Hochstift Würzburg den Kirchensatz via facti an sich. Die beiden unteren Turmgeschosse der barocken Kirche stammen vermutlich vom ältesten Bau, einer Chorturmkirche. Im 14. Jahrhundert wurden ein zweites Obergeschoss mit Schießscharten und die Maske auf der Südseite zugefügt sowie die kleinen Spitzbogenfenster eingebrochen; die spitzbogige Pforte an der Südseite datiert von 1609. 1693/94 erfolgte der Neubau des Schiffs mit Chor im Westen. Renovierungen wurden in den Jahren 1872/77, 1931 und 1955 durchgeführt. Patron der Kirche war Sankt Kilian (1669). 1510/11 wurde an einer Quelle unterhalb von Jagstberg, die als Gesundbrunnen galt, die Sankt Anna-Kapelle errichtet. 1551 säkularisiert, erfolgte 1596 ihre Wiederherstellung. In den Jahren danach übte sie große Anziehungskraft auf zahlreiche Pilger aus, jedoch ging deren Zahl zurück, als 1598 das Wasser begann unregelmäßig zu fließen. Dennoch riss die Wallfahrt nie ganz ab, zumal die Schüttung der Quelle seit 1763 wieder zunahm. Auch die Wüstung Roggelshausen hatte eine Kapelle am Kappelberg; sie war dem heiligen Bernhard geweiht. Eine weitere untergegangene Kapelle wird im Märzbachtal vermutet. Ein Schulmeister ist seit 1590 nachzuweisen, ein Schulhaus wird 1688 genannt. 1606 gab es im Kirchspiel rund zweihundert Schüler. Die katholische Pfarrkirche St. Kilian wurde 1693 im Stil des Hochbarock erbaut, der Turmchor des spätromanischen Vorgängerbaus zur Vorhalle umgestaltet. Sie wurde 1967/69 grundlegend renoviert und enthält bedeutende gotische Figuren. Die St. Anna-Kapelle enthält einen Altar der heiligen Sippe von 1514. Evangelische zu Hollenbach.
Patrozinium: St. Kilian
Ersterwähnung: 1669
Jüdische Gemeinde: 1807/08 schließlich hatte Mulfingen 24 Juden. Juden werden in Mulfingen erstmals 1695 genannt. 1756 erhielten sie die Erlaubnis zur Einrichtung einer Zimmersynagoge, deren tatsächliche Existenz allerdings erst für 1807 bezeugt ist.

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