Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Die Entwicklung der Stadt Waldenburg nahm ihren Ausgang von dem wohl um die Wende des 12. Jahrhunderts gegründeten und um 1250 erstmals bezeugten Herrschaftssitz (»Waldenberc«) auf der Spitze eines weit vorkragenden schmalen Bergsporns, zu dessen Füßen eine alte Fernstraße vom Neckar bei Wimpfen ins östliche Schwaben entlangzog. Die langgestreckte, der Burg unmittelbar vorgelagerte Weilersiedlung wurde im ausgehenden Mittelalter mit Mauern und drei Toren befestigt, dazu an ihrem südlichen, dem Schloss entgegengesetzten Ende mit einem hohen Wachtturm. Die ummauerte Stadtfläche, die zwischen der (evangelischen) Kirche und dem Schloss ihre größte Ausdehnung in der Breite erreicht, umfasst etwa 2,5 Hektar. 1680 belief sich die Zahl der Häuser in der Stadt selbst auf 103; hinzu kamen 32 Häuser in den verschiedenen Weilern und Höfen. Archäologische Funde, durchweg von geringerer Bedeutung, liegen nur aus dem Bereich des Streithofs (Mittelsteinzeit) und aus dem Gewann Matten an der Straße nach Kupferzell vor (Silex unbestimmten Alters). Die zahlreich über die Waldenburger Gemarkung verstreuten Weiler und Höfe sind vom hohen Mittelalter bis in die frühe Neuzeit zumeist durch Rodung entstanden. Unter ihnen ist am frühesten 1079 Laurach (»Liuraha«) im Schenkungsbuch des Klosters Komburg bezeugt, gefolgt von Tommelhardt (»Tomenhart«). Hohebuch, Rebbigshof (»zu der Reben«) sowie Ober- und Untermühle, die als einstige Versorgungsbetriebe der Burg gelten können, lassen sich seit 1357 nachweisen, desgleichen das offenbar als Einzelhof entstandene Goldbach. Bei Buchhaus und Hohenau handelt es sich vermutlich um Viehhöfe des späten Mittelalters. Fischhaus war im 16. Jahrhundert der Sitz eines herrschaftlichen Fischmeisters. Streithof (1444 »Streythage«, 1252 »Stretelnhof«?) diente im 17. Jahrhundert dem Waldenburger Spital als Wirtschaftshof (1796 Spitalhaus). Die Neumühle ist vermutlich erst nach der Aufhebung des Klosters Goldbach entstanden. Groß- und Kleinlindig werden 1607 erstmals als »Lindach« erwähnt. Die Ziegelhütte war zunächst ein herrschaftlicher Betrieb und wurde vor 1680 an die Stadt Waldenburg verkauft. Zu den abgegangenen Siedlungen gehören das von 1287 bis ins 16. Jahrhundert bezeugte Tiefenbrunn, das man in der Nähe des Rebbigshofs zu suchen hat, und die nur 1357 erwähnte Speldnersmühle unterhalb von Waldenburg. Bereits um 1250 begegnet ein Hof »Smidebach«, dessen Lokalisierung unklar bleibt. Das urkundlich zwischen 1357 und 1419 vorkommende Gut Folkenberg bei Goldbach hat man wahrscheinlich im Interesse der klösterlichen Eigenwirtschaft wüstfallen lassen. Der Espachhof (1357 »Espech«) südwestlich von Hohebuch wurde im 19. Jahrhundert aufgegeben. Der Fasanenhof (Fasanenmühle), wo eine frühneuzeitliche Fasanerie bestand, stellte in den 1960er Jahren den Betrieb ein; die Gebäude sind inzwischen abgebrochen. Durchweg jüngeren Datums waren die Siedlungsplätze Lohmühle, Sautanzhaus, Schafhaus, Waidhaus und Jagdhaus, die im 19. und 20. Jahrhundert verschwanden. Neue Wohngebiete entstanden nach dem zweiten Weltkrieg anschließend an den Ortskern im Süden und Südwesten sowie im Norden am Bahnhof zu Füßen Waldenburgs. Mit der Anlage des Industriegebiets »Süd« wurde 1958 begonnen, mit der des Industriegebiets »Nord« 1967. Nicht amtlich benannte Wohnplätze sind das Albert-Schweitzer-Kinderdorf, der Hohenloher Hof, das Klingenhaus und das Bahnwärterhaus. |
Geschichte: | Aus der Tatsache, dass das Gebiet um Waldenburg um die Mitte des 13. Jahrhunderts mit der Öhringer Stiftsvogtei an die Herren von Hohenlohe gelangte, ist auf seine einstige Zugehörigkeit zur Stiftung Bischof Gebhards an das Bistum Regensburg zu schließen (Mitte 11. Jahrhundert). Als Regensburger Lehen blieben Schloss und Herrschaft seither samt allen hohen und niederen Befugnissen bis zur Mediatisierung durch Württemberg 1806 im Besitz des Hauses Hohenlohe. Das Forstrecht trugen die Grafen zu Hohenlohe vom 15. Jahrhundert bis zum Ende des Alten Reiches von den Bischöfen von Würzburg zu Lehen. Seit 1553/55 war Waldenburg die namengebende Residenz der jüngeren hohenlohischen Hauptlinie, die sich später weiter aufteilte in die Linien Pfedelbach (gestorben 1728), Waldenburg (gestorben 1679), Schillingsfürst (davon seit 1807 die noch blühende jüngere Waldenburger Linie) und Bartenstein. Die Residenzfunktion entfiel seit 1679/84 und lebte erst im 19. Jahrhundert wieder auf. Spätestens seit 1328 Sitz eines Amts, fungierten in Waldenburg hohenlohische Ministerialen (mit entsprechendem Herkunftsnamen) und Angehörige ritteradliger, später auch bürgerlicher Familien aus der näheren und weiteren Umgebung als Vögte beziehungsweise Amtleute und Stadtvögte. Zum Stadtvogteiamt gehörten 1681 neben der Amtsstadt die Gemeinden Obersteinbach, Kesselfeld, Eschelbach und Obersöllbach sowie Teile von Westernach mit ihren verschiedenen Siedlungsplätzen. Seit 1745 war Waldenburg Sitz eines hohenlohischen Oberamts, zu dem die Unterämter Waldenburg und Eschelbach gehörten. 1621 wurde in der Stadt eine Münzstätte errichtet, die allerdings nur für kurze Zeit Bestand hatte. Von der ältesten, aus staufischer Zeit datierenden Burg sind die unteren Geschosse des Bergfrieds (Männlesturm) noch erhalten. Bis ins 18. Jahrhundert wurde an dem Herrschaftssitz vielfach gebaut, namentlich im 16. Jahrhundert, als man ihn zum Residenzschloss fortentwickelte und obendrein entsprechend dem zeitgenössischen Standard stark befestigte. An den Baumaßnahmen der Jahre 1613/21 waren Georg Kern und Heinrich Schickhardt beteiligt; 1732/39 wurden die Wohngebäude erneuert. Mitte April 1945 brannte das Schloss infolge Kriegseinwirkung vollständig aus. Seine Rekonstruktion unter Wahrung der äußeren Form wurde 1963 abgeschlossen; seither ist es wieder vom Fürsten zu Hohenlohe-Waldenburg bewohnt. Von Anfang an war der weitaus größte Teil des Grundbesitzes in Waldenburg vom Schloss abhängig. 1357 gebot Hohenlohe über 24 Güter. Kleinere Zuerwerbungen aus ritteradligem Besitz dienten der Arrondierung, so 1353 von denen von Bachenstein und 1409 von Tullau; sonstige Angehörige des Niederadels (von Neuenstein, von Kubach, von Michelfeld, von Stetten, Tenner, von Roigheim) waren möglicherweise als Burgmannen in der Stadt ansässig. Zur Dotierung kirchlicher Pfründen in Neuenstein (1365) und Waldenburg (1487) wurden seitens der Herrschaft bisweilen auch wieder Gerechtsame veräußert. An geistlichen Institutionen waren die Klöster Goldbach (1385/93) und Gnadental (1430) begütert. Am Ende des 17. Jahrhunderts gehörten zum herrschaftlichen Eigenbau 14 Morgen Äcker, 57 Morgen Wiesen, 3 Morgen Gärten und 7 Morgen Weinberge; zinspflichtig waren dem Schloss damals 147 Morgen Äcker, 222 Morgen Wiesen, 30 Morgen Gärten und 29 Morgen Weinberge. Daneben standen immerhin 9 Morgen Äcker, 39 Morgen Wiesen, 13 Morgen Gärten und 2 Morgen Weinberge in bürgerlichem beziehungsweise bäuerlichem Eigentum. Auch in den Weilern auf Waldenburger Gemarkung dominierte die Grundherrschaft des Hauses Hohenlohe. In Hohebuch bestanden Mitte des 14. Jahrhunderts fünf Güter; einen halben Hof überließen 1387 die von Michelbach der Kapelle zu Neuenstein, die ihn 1482 an Hohenlohe vertauschte. 1772 war der Hof Hohebuch mit 80 Morgen Äckern, 34 Morgen Wiesen, 18 Morgen Weiden und 7 Morgen Gärten als Erblehen im Besitz mehrerer Bauern. In Goldbach gab es im 14. Jahrhundert sowohl hohenlohische als auch komburgische Gerechtsame, die bald allesamt an das dortige Pauliner-Eremiten-Kloster gelangten, ebenso wie die Kompetenzen des Spitals Öhringen (1419) und der Niederadligen von Talheim und von Morstein (1427); 1772, in nachklösterlicher Zeit, bestand hier ein Hof mit 34 Morgen Äckern, 52 Morgen Wiesen und 2 Morgen Gärten. In Laurach war von alters her das Kloster Komburg (1079/90) begütert. Später dotierten die Herren von Krautheim die von ihnen gegründete Frauenzisterze Gnadental mit hiesigem Besitz (1266); weitere Güter gelangtem im 15. Jahrhundert teils von seiten des Ritteradels (von Laurach), teils von seiten des Haller Bürgertums an Gnadental und Hohenlohe. Die bis 1521 Komburger Rechte tauschte Hohenlohe 1604 von der Reichsstadt Hall ein. 1680 umfasste der inzwischen ganz hohenlohische Hof 47 Morgen Äcker, 53 Morgen Wiesen, 2 Morgen Gärten und 256 Morgen Wald. In Tommelhardt war Gnadental seit dem späteren 13. Jahrhundert alleinige Grundherrschaft; nach der Reformation folgte dem Kloster Hohenlohe(-Waldenburg), das hier 1680 über 32 Morgen Äcker, 54 Morgen Wiesen, 6 Morgen Gärten und 9 Morgen Wald verfügte. Die Höfe und Weiler Hohenau, Streithof, Ober- und Untermühle, Neumühle und Ziegelhütte waren stets ganz hohenlohisch. Der Groß- und Kleinzehnt war ursprünglich wohl ganz in herrschaftlicher Hand. Seit 1355 stand ein Drittel dem Spital in Öhringen zu, aber 1680 war Hohenlohe wieder alleiniger Zehntherr. In Tommelhardt hatte das Stift Öhringen den ganzen Zehnt, in Hohebuch zwei Drittel, das übrige Drittel bezog die Herrschaft. Der Zehnt in Laurach gelangte 1386 vom örtlichen Niederadel an eine Schwäbisch Haller Familie und von dieser 1426 an Gnadental; nach der Aufhebung dieses Klosters in der Reformation fiel der Lauracher Zehnt zu gleichen Teilen den Linien Hohenlohe-Neuenstein und Hohenlohe-Waldenburg zu. Den Zehnt in Goldbach trug 1372 ein Haller Bürger von Hohenlohe zu Lehen; später war das dortige Kloster alleiniger Dezimator, nach der Reformation wieder Hohenlohe. Die Stadtwerdung Waldenburgs vollzog sich möglicherweise bereits im späteren 13. Jahrhundert; als Stat, über deren tatsächliche Rechtsstellung aber nur wenig bekannt ist, erscheint es erstmals 1330. Das mit zwölf Schöffen besetzte und vom herrschaftlichen Vogt präsidierte Gericht urkundete bereits im Jahr 1355, verfügte zu jener Zeit allerdings noch nicht über ein eigenes Siegel. Ein solches ist erst aus dem 16. Jahrhundert bekannt; es zeigt das dem hohenlohischen nachempfundene Wappen der Stadt (zwei nach links schreitende Leoparden; später im geteilten Schild oben in goldenem Feld drei grüne Tannen, unten in silbernem Feld ein nach links schreitender schwarzer Leopard). Im 17. Jahrhundert gab es einen Bürgermeister und elf Gerichtspersonen. Ein Rathaus existierte bereits 1607 und wurde 1756/57 durch einen Neubau ersetzt. Zum Eigentum der Gemeinde gehörte am Ende des 15. Jahrhunderts ein den Herren von Stetten abgekaufter Fischwasserzins in Morsbach und die vor 1680 aus hohenlohischem Besitz erworbene Waldenburger Ziegelhütte sowie geringfügiges Wiesenland. Ein Siechenhaus bestand beim Streithof; im früheren 17. Jahrhundert in ein Spital oder Armenhaus umgewandelt, wurde es 1673 der Stadtpfarrei unterstellt. Seit 1807 ist Waldenburg Sitz einer neuen Linie Hohenlohe-Waldenburg, die von Hohenlohe-Schillingsfürst abzweigt. Nach dem Anfall an Württemberg 1806 gehörte Waldenburg zum Oberamt Neuenstein, seit 1809 zum Oberamt, 1938 Landkreis Öhringen. Der Umfang der Gemeinde veränderte sich bis 1824/28 häufig, blieb dann aber bis 1972 stabil. Dann wurden Großlindig, Kleinlindig und Pfaffenweiler von Kesselfeld abgetrennt und an Waldenburg angegliedert. Am 13.-16. April 1945 wurde Waldenburg bei und nach heftigen Kämpfen zwischen deutschen und amerikanischen Truppen zu 80 Prozent zerstört. Die sehr enge Bebauung wurde danach aufgelockert, die Bauernhöfe südlich des Ortes neu errichtet. — Die Burg Waldenburg entstand um 1200 wohl als Stützpunkt des Reiches oberhalb einer wichtigen Ost-West-Straßenverbindung. Die Hohenlohe machten sie zu einem Ausgangspunkt ihrer Territorialpolitik. Burg und Stadt blieben bis 1802/03 regensburgisches Lehen. Von der ältesten Burganlage sind Fundamente der Ummauerung und der Bergfried (Mändlesturm) erhalten. Die Burg wurde im 14. Jahrhundert ausgebaut, und nach der Erhebung zur Residenz im 16. Jahrhundert zu einem dreiflügeligen Renaissanceschloß umgestaltet, unter anderem durch Balthasar Wolff aus Heilbronn. An Umbauten im 17. Jahrhundert wirkten Georg Kern und Heinrich Schickhardt mit. 1732/39 wurden die Wohnflügel neu errichtet, der Nordostflügel abgetragen, 1781/82 die Schloßkirche erbaut. |
Wirtschaft und Bevölkerung: | Am Ende des 17. Jahrhunderts umfasste die Einwohnerschaft der Stadt Waldenburg etwa 450 bis fünfhundert Seelen, zuzüglich etwa 150 Seelen an den verschiedenen Wohnplätzen. 1796 lebten in der Stadt rund 550 Erwachsene und Kinder evangelischen Bekenntnisses, in Hohenau 63, Ober- und Untermühle 64, Goldbach 28, Laurach 17, Ziegelhütte 31, Streithof mit Spitalhaus 24, Lindig sechzehn, Rebbigshof und -mühle dreizehn, Fasanenhof und -mühle neun, Hohebuch mit Fischhaus sechzehn, Tommelhardt sechzehn und Neumühle zwölf; nimmt man die Katholiken hinzu, dürfte die Einwohnerzahl der Stadt um 1800 bei etwa sechshundert gelegen haben. Ungeachtet seiner Zentralfunktionen als gräfliche Residenz war Waldenburg stets eine Ackerbürgerstadt. Allerdings spielte für sie wie für die dazugehörigen Streusiedlungen der eigentliche Ackerbau mit nicht einmal 40 Prozent der landwirtschaftlich genutzen Fläche (Ende 17. Jahrhundert) eine geringere Rolle als die Viehhaltung (mehr als 50 Prozent Wiesen und Weiden), der Obst- und Gartenbau und die Waldwirtschaft; daneben wurde etwas Wein angebaut (3 Prozent). Bereits 1357 findet eine Mühle unter Waldenburg Erwähnung; am Ende des 17. Jahrhunderts waren es nicht weniger als deren fünf. Noch im früheren 17. Jahrhundert wurden aus Waldenburg die Märkte in Öhringen beliefert. Erst 1771 erhielt die Stadt das Recht, selbst jährlich drei zweitägige Vieh- und Krämermärkte zu veranstalten, jeweils zu Lichtmess (2. Februar), Pfingsten und Simon und Juda (28. Oktober). 1607 und noch 1680 existierten drei Wirtshäuser, darunter eine Erbschenke (Obere Schenke), eine neben dem Rathaus und eine gegenüber dem Pfarrhaus; im 18. Jahrhundert gab es eine Apotheke. Der 1666 unternommene Versuch, südlich der Stadt Eisenerz zu gewinnen, blieb ohne Erfolg. |