Gaildorf 

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Typauswahl: Gemeinde
Status: Stadt
Homepage: http://www.gaildorf.de
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Einwohner: 11974
Bevölkerungsdichte (EW/km²): 191.0
Max. Höhe ü. NN (m): 522.45
Min. Höhe ü. NN (m): 307.54
PLZ: 74405

Das 62,57 qkm große Stadtgebiet von Gaildorf im Süden des Landkreises Schwäbisch Hall gehört zu den Keuperhöhen im Randbereich der Schwäbisch-Fränkischen Waldberge. Die höchsten Geländepunkte befinden sich mit ungefähr 522 m NN im Wald Schwarze Lache westlich Spöck am Westrand des Gebiets und im Wald Herschel zwischen Großaltdorf und Winzenweiler, die tiefste Stelle ist am Austritt des Kochers über die nördliche Stadtgrenze bei etwa 309 m NN. 1404 bewilligte König Ruprecht von der Pfalz die Erhebung Gaildorfs zur Stadt, womit auch das Markt- und Befestigungsrecht verbunden war. Herren über die trapezförmige Siedlungsanlage an einem Kocherübergang waren die Schenken von Limpurg, die im Alten Schloss residierten. 1806 fielen alle heutigen Stadtteile vollständig an Württemberg, das bereits zuvor kleinere Partien erworben hatte. Sie gehörten alle ab 1806/07 zunächst zum Oberamt bzw. Landkreis Gaildorf und nach dessen Auflösung 1938 zum Landkreis Backnang. Im Zuge der kommunalen Gebietsreform konnte die Stadt eine Reihe von bis dahin selbständigen Gemeinden als neue Stadtteile eingliedern: Ottendorf am 1. Juli 1971, Unterrot zum Jahresbeginn 1972 und Eutendorf am 1. Januar 1974. Seit Neujahr 1973 gehört Gaildorf, das die Funktion eines Unterzentrums erfüllt, zum Landkreis Schwäbisch Hall. Zu den Sehenswürdigkeiten der Altstadt zählen das im 15. Jahrhundert erbaute und mehrfach erweiterte Alte Schloss mit Innenhof, das im 16. Jahrhundert erbaute Alte Rathaus und der Alte Speicher von 1490.

Die Stadt Gaildorf und ihre Teilorte liegen rund 13 Kilometer südlich von Schwäbisch Hall. Über die B 298 ist die Stadt mit Schwäbisch Gmünd und über die B 19 mit Schwäbisch Hall und Aalen beziehungsweise Ulm verbunden. Mehrere Kreis- und Landesstraßen ergänzen das Straßennetz. Die Bahnlinie Stuttgart–Nürnberg führt durch Gaildorf und besitzt hier einen Bahnhof. Über die Gaildorfer Bucht hat die Stadt Anteil an den Schwäbisch-Fränkischen Keuperwaldbergen (310–520 Meter über Normalnull) und wird von den Nordwest-Südost gerichteten Rücken des Mainhardter Walds im Westen und den Limpurger Bergen im Osten bestimmt. Die auf rund 310–320 Metern über Normalnull liegende Talaue des Kochers hat sich durch rückschreitende Erosion etwa 200 Meter in die Landschaft eingeschnitten. Die ost- beziehungsweise westwärts abdachenden Rücken werden in ihren Rändern gegen Gaildorf durch die dem Kocher tributären Bäche aufgelöst. Der nördlich Gaildorf stark mäandrierende Kocher und seine Zuflüsse lassen kontrastreich die auf den Gleit- und Prallhängen gründenden Orte hervortreten. Hierdurch entsteht ein abwechslungsreiches Bild von Ausräumbecken, Bergspornen, Hochflächen, Zeugenbergen und Steilstufen. Die die Landschaft aufbauenden Gesteine gehören der vielschichtigen Trias mit dem Oberen Muschelkalk sowie dem Unteren Keuper (Lettenkeuper) und Mittleren Keuper (Gipskeuper, Schilfsandstein, Untere Bunte Mergel, Kieselsandstein, Obere Bunte Mergel, Stubensandstein) an. Aber auch das Quartär hinterließ vielfältige Spuren. Die oberste Lage der Aue gründet in den intensiven mittelalterlichen Rodungen der Menschen, die verbreitet Bodenabträge verursachte. Daraus entwickelten sich neben Braunerden auch biologisch wenig aktive (moorige, sumpfige, gleyige) Böden aufgrund hoher Grundwasserstände. Für Flusslaufveränderungen waren und sind die Kocherzuflüsse mitverantwortlich. Sie schütteten Schwemmkegel auf, die in hochwasserfreier Lage Siedlungen (Ottendorf) aufweisen. Die Aue stößt an die Kochersteilufer, die zwischen Gaildorf und Niederndorf aus dem Oberen Muschelkalk bestehen. Auf den Prallhängen hat sich der so genannte Klebwald (vor allem Laubbäume) entwickelt, der eine eigene Bodenflora besitzt. Die Gleithänge tragen verschwemmten Löss über Lettenkeuperfließerden, die landwirtschaftlich genutzt werden. Im Schichtenspektrum folgt der wechselgelagerte Lettenkeuper. Er besitzt schwere, tonige Braunerden, teilweise mit Grundgipsschichtresten. Darüber liegen zum Beispiel im Flürle teils mächtige Lösslehme, die früher der Ziegelproduktion dienten. Finden sich Bereiche mit Staunässe, so herrscht Grünland, ansonsten Ackerbau vor. Die Vitriolschiefer (Unterkeuper) wurden einst für das inzwischen aufgelassene Alaunbergwerk Gaildorf abgebaut. Der Bereich der Letten-/Gipskeupergrenze zwischen Kleinaltdorf bis Niederndorf wird von eiszeitlichen Ablagerungen (Hochterrassenflussschotter) in Höhen um 330–360 Meter über Normalnull überdeckt. Hier setzt der verbreitete Gipskeuper (360–440 Meter über Normalnull) ein. Er stellt eine flachwellige, teils durch zeitweise auf¬tretende Gewässer zerschnittene Ausspülungs- und Auslaugungslandschaft mit ausgedehnten Hohlformen bis hin zu kleinräumigen Sackungen dar. Sie weist neben Verstürzen, Trockentälern, Fließerden und Hangschutt Karstformen wie Dolinen oder Erdfälle auf, die durch Gipslösung entstanden und teils verfüllt sind. Der Gipskeuper begleitet die dem Kocher zufließenden Nebenarme meist in den Ober- und Mittelläufen. Die dem Gipskeuper zugehörige Grundgipsschicht ist südlich Adelbach erschlossen. Sie wurde früher oft zu Baugips verarbeitet oder diente als Rohgips der Bodenverbesserung. Der Untere Gipskeuper wurde mit Verwitterungslehmen und Fließerden vermischt in der Ziegelhütte Gaildorf verarbeitet. Im sandigen Hangschutt hinauf zum Schilfsandstein finden sich ackerbaulich brauchbare Böden. Ist dagegen vermehrt Ton beigemischt, steigt zwar der Nährstoffanteil, gleichzeitig wird aber die Bearbeitbarkeit erschwert. Zudem entstehen beim Austrocknen rissbildende Minutenböden. Oft sind diese Areale deshalb mit Wald (Eichen-Hainbuchen, Dornsträucher) bestanden oder werden als Wiesen genutzt. Auf sonnenexponierten mittleren und tieferen Hanglagen gab und gibt es Obst- und Ackerbau, früher gar Weinbau, worauf die Keltern in Gaildorf und Ottendorf sowie der Flurname Weinberg hinweisen. Aus dem Gipskeuper tritt kalziumsulfathaltiges Wasser aus, das früher im alten Marktbrunnen von Gaildorf als Trinkwasser genutzt wurde. Hingegen stammt das Wasser für das Gaildorfer Mineralfreibad aus der Grundgipsschicht und der Bochinger Bank. Der Schilfsandstein (430–440 Meter über Normalnull) zeigt sich in einem schmalen Übergangshorizont und bildet mit den Unteren Bunten Mergeln (450–480 Meter über Normalnull) den eigentlichen Steilanstieg. Mitunter wurde der Schilfsandstein als Baustein verwendet (Evangelische Kirche, beide Schlösser Gaildorfs). Die dem Schilfsandstein auflagernden Unteren Bunten Mergel (Rote Wand, Lehrbergschicht) bilden eine Hangschuttzone aus, die zumeist waldbestanden ist. Nach Überwinden des Steilanstiegs gelangt man auf die Verebnungen des stufen- und in seinen Rändern spornbildenden Kieselsandsteins (490–510 Meter über Normalnull). Um Winzenweiler ist ein etwa 2 Kilometer breites Plateau erhalten. Westlich der Linie Unterrot-Adelbach ist die Stufe in Ausliegerberge und Zeugenberge (Kirgel-, Ebers-, Leh-, Adel-, Kieselberg) zerlegt. Die Quellhorizonte des Kieselsandsteins sind durch Versturz verschüttet. Vor allem in den Bachquellgebieten, wo Wasserfälle (Pfannenbach) vorkommen können, treten Rutschungen und Bergstürze auf. Als Sonderform finden sich quartäre Kalksinter (Bröckinger Bach). Über die Oberen Bunten Mergel (510–520 Meter über Normalnull) erfolgt ein weiterer kleiner Anstieg; sie sind auf den Verebnungen um Winzenweiler als Zeugenberge (Brandhalde, Herschel) anzutreffen. Die Böden sind meist flachgründig, tonig, staunässegefährdet und schwer bearbeitbar, so dass sie in offener Landschaft zur Vergrasung neigen. Der Stubensandstein (490–500 Meter über Normalnull) blieb sowohl als Zeugenberg, überdeckt mit flächendeckendem Feuersteingrobschutt (Ladstatt, Kieselbergkuppe), wie auch in einer ausgedehnten Fläche (Reippersberg) mit tiefgründig-mächtigen Verwitterungsdecken und meist nährstoffarmen Böden (Heidevegetation) erhalten. Der Mainhardter Wald hemmt ozeanische Einflüsse, wodurch kontinentalere Klimazüge entstehen. Hieraus ergeben sich unterschiedliche Regenmengen, unter anderem sind im Anströmbereich gegen die Limpurger Berge die Niederschläge mit 900 Millimetern geringfügig größer als im leebedingten Westen mit etwa 887 Millimetern. Die Entwässerung über den Kocher erfolgte einst zur Donau hin. Es kam jedoch mit der rückschreitenden Erosion des Neckars zur Flussumkehr, erkennbar an den Süd, Südost und Ost ziehenden Tälern wie an den mit verkehrtem Winkel (Adelbach, Rot) einmündenden Nebenarmen. Der Kamm der Limpurger Berge birgt die Wasserscheide der Kocher- beziehungsweise Bühler-Zuflüsse. Die weite Verbreitung der für den Ackerbau untauglichen Geländepartien macht die Stadt Gaildorf mit einem Bodenflächenanteil von fast 52 Prozent zu einer waldreichen Gemeinde. Das Holz wurde früher über den Kocher nach Schwäbisch Hall zum Salzsieden und die in den Kohlenmeilern produzierte Holzkohle auf der Kohlenstraße nach Wasseralfingen zur Eisenverhüttung transportiert. Gegenwärtig bildet es noch eine gute Grundlage für die heimischen Holz verarbeitenden Betriebe.

Die limpurgische Residenzstadt Gaildorf wurde 1806/07 Oberamtsstadt, nachdem die bis dahin reichsunmittelbare Grafschaft durch die Rheinbundakte unter württembergische Oberhoheit gekommen war. Seit dem späten 18. Jahrhundert hatte das Herzogtum bereits limpurgische Besitzungen erworben: 1780/90 Anteile an der Residenzstadt, zudem Eutendorf (1780). In Ottendorf besaß Württemberg traditionell anteilige Herrschaftsrechte, die 1805 durch den limpurgischen Besitz abgerundet wurden. Die Besitzungen des Klosters Comburg (zum Beispiel in Winzenweiler) waren bereits mit der Säkularisation an das spätere Königreich gefallen (Oberamt Vellberg, ab 1808 Oberamt Gaildorf). In der Stadt befanden sich sämtliche Verwaltungseinrichtungen eines Oberamts, das Forstamt ausgenommen. 1825 erbaute die Amtskörperschaft ein Oberamtsgerichtsgebäude, das 1840 an den Staat verkauft wurde; das Oberamtsgebäude am Marktplatz war zuvor der Sitz der standesherrlichen Regierung gewesen, ebenso das Kameralamtsgebäude an der Hauptstraße. Als Rathaus erwarb die Gemeinde 1813 das am Marktplatz gelegene Gebäude mit dem Glockenaufsatz. Im Zuge der Kreisreform wurde 1938 das Oberamt Gaildorf aufgelöst und dem Landkreis Backnang zugeteilt. Um 1850 gab es im Ort noch eine Reihe standesherrlicher Einrichtungen (zum Beispiel Rent- und Forstamt). Das Alte Schloss gehörte zu einem Viertel dem Fürsten von Solms-Braunfels, das restliche Gebäude war im Besitz des Grafen von Waldeck, der es 1819 vom Staat gekauft hatte. Hier befanden sich Wohnungen für Beamte und das Limpurg-Gaildorf’sche Archiv. Am Südufer des Kochers, angrenzend an die Evangelische Stadtkirche, entstand 1778 das von Graf Pückler bewohnte Schloss. Die Ablösung der Laudemien und ständigen Gefälle vor 1848 kam hauptsächlich nur dem Staate gegenüber zustande – und so machte sich im März des Revolutionsjahrs auch in dem ehemaligen Residenzstädtchen die Entschlossenheit der unzufriedenen Bevölkerung bemerkbar. Auf den Druck einer Volksversammlung hin setzte die Gräfin von Waldeck-Pyrmont in Gaildorf die Abgaben auf die Hälfte herab und kündigte die Rückerstattung bereits bezahlter Beträge an; die Pückler’sche Herrschaft folgte ihrem Beispiel. Die Versammlung hatte eine Resolution verabschiedet, nach der alle Grund- und Feudallasten an einem Tage ohne Entschädigung fallen müssten. Bisher hatten die Gaildorfer Standesherren die Ablösung der Lasten hinausgezögert. Grundlage der Resolution war eine Rede von Gottlieb Rau, der seit 1843 in Gaildorf eine Glasfabrik betrieb. Seit 1847 war er Vorsitzender des Gewerbevereins, gegründet 1832. Rau kämpfte als Publizist und Redner für grundlegende ökonomisch-soziale Umwälzungen, die für ihn die praktische Verwirklichung christlicher Grundsätze bedeuteten. Im Wahlkampf für das erste demokratisch gewählte gesamtdeutsche Parlament trat der Fabrikant als Kandidat für den Wahlkreis der Oberämter Hall, Crailsheim und Gaildorf an. Im Oberamt Gaildorf stimmte eine reichliche Mehrheit für Rau, doch in den beiden anderen wurde er von seinem Gegner überrundet. Die anschließenden Feindseligkeiten zwischen Rau-Anhängern und Monarchisten zusammen mit ›Waldexzessen‹ führten zur Stationierung von Militär in Gaildorf und Umgebung. Wie viele Fabrikanten in Deutschland geriet Gottlieb Rau im Herbst 1848 mit seinem Gaildorfer Unternehmen in Konkurs. Den Anfang der bürgerlichen Presse stellte in Gaildorf der »Haller Merkur« dar. Er erschien seit 1830 von Schwäbisch Hall aus als Amts- und Anzeigenblatt für das Oberamt Gaildorf. Unter einem neuen Verleger erhielt das Blatt, das nun im Ort gedruckt wurde, ab 1863 den Namen der bereits bestehenden politischen Zeitung »Der Kocherbote«. Nach wechselnden Namen wie »Neue Kreisrundschau« oder »Kochertalbote« erscheint die Tageszeitung seit 1997 als »Rundschau für den Schwäbischen Wald/Der Kocherbote«. Bis 1890 stimmten die Wähler in Gaildorf und in den späteren Stadtteilen bei den Reichstagswahlen in ihren politischen Vorlieben überein. Dann zeichnete sich für Gaildorf ein Wandel ab: Während in den drei Dörfern der Zentrums-Kandidat – bei allerdings geringer Wahlbeteiligung – die Mehrheit der Stimmen auf sich vereinigte, erhielt in Gaildorf ein parteiloser Einzelkandidat mehr als die Hälfte der Stimmen. 1893 siegte überall ein parteiloser Kandidat, 1898 in den drei Dörfern der Bewerber der demokratischen Deutschen Volkspartei; in Gaildorf hingegen bevorzugte man dieses Mal einen Kandidaten der bürgerlichen Nationalliberalen. Die dörfliche Neigung zu einem Bewerber der Volkspartei hatte ihre Ursache in einem populären Politiker aus der unmittelbaren Umgebung: 1895 wurde der Landwirt Johann Schock (1849–1927) aus Münster für die linksliberale Volkspartei in den württembergischen Landtag gewählt. Schock war zunächst Vorstand des landwirtschaftlichen Bezirksvereins in Gaildorf (gegründet 1840) gewesen. Bis nach dem Ersten Weltkrieg konnte er sich gegen die Kandidaten des reaktionären und antisemitischen Württembergischen Bauern- und Weingärtnerbunds behaupten. Bei der Wahl zur Verfassunggebenden Landesversammlung 1919 war sein – erfolgloser – Gegner aus diesem Lager Wilhelm Taxis, Schultheiß in Schocks Heimatgemeinde Unterrot. Erst als Johann Schock seine politische Laufbahn beendete, gelang seinem Widersacher der Sieg. Spätestens 1903 hatte sich auch bei den Reichstagswahlen die politische Landschaft verändert: In Gaildorf und Unterrot siegte der Bewerber der SPD, in Eutendorf gewann der Vertreter der Volkspartei, und in Ottendorf teilten sich Volkspartei und SPD die Stimmen zu gleichen Teilen. Vier Jahre später war man sich in Gaildorf, Eutendorf und Ottendorf einig mit der Wahl des parteilosen Kandidaten; nur in Unterrot gewann der Bewerber der SPD. 1912 schließlich herrschte überall Übereinstimmung in der Wahl eines nationalliberalen Juristen. Entsprechend dem Erfolg des BdL auf Landtagsebene blieben bei der Wahl zum ersten Reichstag 1920 in Eutendorf, Ottendorf und Unterrot alle anderen Parteien weit hinter dem Württembergischen Bauern- und Weingärtnerbund/Bund der Landwirte zurück. Nur in Gaildorf führte die DDP die Liste an, gefolgt von der konservativen Württembergischen Bürgerpartei. Zehn Jahre später zeigte die Reichstagswahl, dass sich in der Stadt ein rechtes und ein liberales Lager gebildet hatten: Die meisten Stimmen erhielt in Gaildorf jetzt die NSDAP (22,2 Prozent), dicht gefolgt von der DVP/DDP und der Mittelstandspartei. In den drei Dörfern erreichte nach wie vor der BdL die meisten Stimmen. Bei den Landtagswahlen vom 24. April 1932 hatte auch der BdL seine Position verloren: In Gaildorf (53,8 Prozent), Ottendorf (54,4 Prozent) und Unterrot (54,5 Prozent) erreichten die Nationalsozialisten die absolute Mehrheit, in Eutendorf waren sie stärkste Partei (37,3 Prozent). Rund 30 Männer gründeten 1922 im Nebenzimmer des Bräuhauses eine NSDAP-Ortsgruppe. 1929 hatte die SA 16 Mitglieder, und bei der Reichstagswahl 1933 gingen 92,5 Prozent der Wählerinnen und Wähler zur Abstimmung, wobei 69 Prozent von ihnen der NSDAP ihre Stimme gaben. Auch wenn sich die Nationalsozialisten bei ihrem ersten Kreis-Kongress in Gaildorf 1934 damit brüsteten, dass die Stadt von jeher eine Hochburg des Nationalsozialismus gewesen sei, hatten sie ernst zu nehmende Widersacher. Seit 1929 war Albert Herrmann Bürgermeister, und er galt als ihr Gegner. Herrmann trat – so sein späterer Amtsnachfolger Hans König – unter Druck in die Partei ein, um sein Amt nicht einem überzeugten NSDAP-Mitglied überlassen zu müssen. Zusammen mit Graf Gottlieb von Pückler und Limpurg, der sich – neben anderen missliebigen Aktionen – vor allem für die Beibehaltung des Religionsunterrichts in den Schulen einsetzte, blieb Herrmann trotz erheblicher Anfechtungen im Kirchengemeinderat. Im Neuen Schloss lagerte der Sicherheitsdienst des Reichsführers SS, Leitabschnitt Stuttgart, ab 1943 seine Akten, die beim Heranrücken der Amerikaner im Garten verbrannt wurden. Am 18. April zerstörte amerikanische Artillerie mehr als zehn Häuser. Die Sprengung der Kocherbrücke von deutscher Seite zog weitere Beschädigungen nach sich. Dem Bürgermeister gelang es, die außerdem befohlene Sprengung des Eisenbahntunnels zu verhindern. Eine deutsche Granate löste in der mittlerweile von den Amerikanern übernommenen Stadt den Brand der Stadtkirche, des Oberrentamts und des Pückler’schen Schlosses aus. Die Frasch-Halle, in der die Amerikaner Gewehre und Munition entdeckt hatten, steckten sie in Brand. Insgesamt wurden rund 40 Familien obdachlos, zehn Menschen kamen ums Leben. Den Holzbildhauer Ferdinand Konzelmann fand man erschlagen bei seinem Haus. In den Jahren nach Kriegsende gab es immer wieder Einquartierungen von amerikanischen Militärs im Neuen Schloss (der erweiterten Villa des Grafen von Bentinck-Waldeck-Limpurg), dessen Inventar verschleppt oder zerstört wurde. Wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP wurde Bürgermeister Albert Herrmann zwar als entlastet eingestuft, trotzdem aber suspendiert. 1948 wählten ihn Gaildorfer und Eutendorfer erneut; 1966 ging Herrmann nach insgesamt 34 Amtsjahren in den Ruhestand. Drei Parteien spielten in Gaildorf nur kurzfristig eine Rolle: Die KPD verlor bereits in den 1950er Jahren ihre Anhänger, und der Bund der Heimatlosen und Entrechteten (BHE), der bei der Landtagswahl 1952 immerhin 15,3 Prozent der Stimmen errang, trat bei der Landtagswahl 1964 das letzte Mal in Erscheinung. Die NPD erlebte einen einmaligen Aufschwung bei der Landtagswahl 1968, bei der sie 12 Prozent der Stimmen für sich verbuchte; zwischen 1965 und 1972 konnte sie nur bei der Bundestagswahl 1969 mit 7,6 Prozent die 5 Prozent-Marke überschreiten. Es war die FDP, die bei der ersten Bundestagswahl 1949 fast die Hälfte aller Stimmen (Landkreis: knapp ein Drittel) einstrich. 1953 sank die Stimmenzahl für die Liberalen auf 25 Prozent und pendelte sich in den 1970er und 1980er Jahren bei etwa 10 Prozent ein. Nun führte die CDU bis 1972, als sie mit der SPD etwa Gleichstand erreichte. Seitdem bewegen sich die Stimmen für die beiden großen Parteien um die 40 Prozent-Marke. Die GRÜNEN erreichten in Gaildorf bisher kaum 10 Prozent; auch die Republikaner konnten in den 1990er Jahren – mit sinkender Tendenz – weniger als 10 Prozent verbuchen. Für den ersten württembergischen Landtag 1952 erhielten die Liberalen sogar die Hälfte der Stimmen. Doch in den 1960er Jahren wurde die SPD zum Spitzenreiter, um diese Rolle im folgenden Jahrzehnt an die CDU abzugeben. Seit den 1980er Jahren sanken die Stimmenanteile der beiden großen Parteien gleichmäßig, die der FDP hingegen (2001: circa 25 Prozent) – und kurzfristig auch die der Republikaner – nahmen zu. Die GRÜNEN erreichten wie bei den Bundestagswahlen kaum zehn Prozent. Die Beteiligung an Landtagswahlen ist in Gaildorf, der allgemeinen Tendenz entsprechend, rückläufig. Die Wahlbeteiligung an den Europawahlen zwischen 1979 und 2004 unterlag in Gaildorf mit 65,1 Prozent (1994) und 37,5 Prozent (1999) starken Schwankungen. Bei allen Wahlen gewann die CDU die Mehrheit, 2004 erreichte sie 44,6 Prozent der Stimmen (SPD: 25,7 Prozent). Mit großem Abstand folgten FDP (8,8 Prozent), GRÜNE (8,1 Prozent) und Republikaner (3,2 Prozent). Einzige Partnergemeinde Gaildorfs ist das Dorf Budajenö westlich von Budapest. Von hier stammen viele Ungarndeutsche, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg hier niederließen. Die Stadtverwaltung zog 1967 vom Marktplatz ins Neue Schloss. Bis die Stadt 1954 das Gebäude samt Park erwarb, hatte es seit 1947 ein Altersheim beherbergt. Im Zuge der Auflösung des Landkreises Backnang während der Gebietsreform wurden 1973 alle Gemeinden des Limpurger Landes mit Ausnahme von Gschwend dem deutlich erweiterten Landkreis Schwäbisch Hall angegliedert. Ottendorf (bis 1884 Oedendorf) wurde 1971, Unterrot 1972 und Eutendorf 1974 nach Gaildorf eingemeindet. Bis 1974 verlor Gaildorf zahlreiche staatliche Dienststellen (unter anderem Forstamt, Nebenstellen des Vermessungs- und Arbeitsamts).

Wappen von Gaildorf

In Rot zwei schräg gekreuzte silberne (weiße) Flößerhaken, überdeckt von einem silbernen (weißen) Floß.

Beschreibung Wappen

Das Floß erscheint im ältesten Siegel der Stadt von 1434 im geteilten und oben gespaltenen Schild unter den Spitzen und Streitkolben der Herrschaft Limpurg. Die jetzige Figuren Verbindung ist seit dem 19. Jahrhundert belegt. Damals zeigte ein von Rot und Grün geteilter Schild oben zwei goldene Flößerhaken, unten ein silbernes Floß (sogenanntes „Fach"), das an die frühere Flößerei auf dem Kocher erinnert. Diese Anordnung der Figuren ist noch für 1930 nachgewiesen, während im Stadtsiegel von 1902 bereits das jetzige Wappen erschien. Auch die Flaggenfarben - Ende des 17. Jahrhunderts: Weiß-Rot, später zeitweilig: Rot-Grün - wechselten, bis 1956 die dem nach 1930 festgelegten Wappen entsprechenden älteren Flaggenfarben Weiß-Rot verbindlich eingeführt wurden.

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