Neuhausen auf den Fildern - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1153 [1153/1154]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Der Ort ist wahrscheinlich während der älteren Ausbauzeit gegen Ende des 7. Jahrhunderts entstanden. Sein Name verweist auf einen neu begründeten Wohnplatz, vermutlich ging die Siedlungstätigkeit von einem der benachbarten Orte des Altsiedellandes, etwa Nellingen, aus. Teile der Gemarkung waren schon seit dem Neolithikum immer wieder für längere Zeit bewohnt, wie umfangreiche bandkeramische Siedlungsreste, bronze- und eisenzeitliche Grabhügel (Flur Fuchslöcher) und Artefakte, römische Gebäudereste und Bruchstücke einer auf einen Gutshof weisenden Jupitergigantensäule sowie ein Reihengräberfeld belegen. 1153/54 wird der Ort als Sitz des königlichen Ministerialen »Bertholdus de Niwenhusen« urkundlich erstmals genannt. In etwa dieselbe Zeit fällt auch die im Codex Hirsaugiensis verzeichnete Schenkung eines Bauerngutes in Neuhausen durch den Plieninger Priester Adalbert. Der an der nördlichen Gemarkungsgrenze zu Nellingen gelegene Ort Wermshausen/Wörnitzhausen, Sitz der Ritter von Wörnitzhausen, Wappengenossen der von Neuhausen, ist wahrscheinlich in den Pestzügen Mitte des 14. Jahrhunderts abgegangen. Seine Gemarkung, auf der Kloster Salem 1290 Güter und Rechte erwarb, ging danach in derjenigen von Neuhausen auf. Auf dem südlichen und westlichen Teil der Neuhausener Gemarkung, an der Grenze zu Wolfschlugen und Sielmingen, entstanden während der hochmittelalterlichen Ausbauphase zwei kleine Siedlungen, Horb und Wage, die aber wohl ebenfalls schon im 14. Jahrhundert wieder abgegangen sind. Während des Städtekrieges 1449 ist Neuhausen vollständig eingeäschert worden. Auch sprechen einige Indizien dafür, dass wiederum 1526 große Teile des Dorfes einem Brand zum Opfer gefallen sind. Mittelpunkt des städtisch anmutenden Ortes am Zusammenfluss der Quellbäche des Sulzbachs ist der Markt- und Schlossplatz mit den beiden Schlössern. Neue Wohngebiete nach dem Zweiten Weltkrieg im Norden (Fronackersiedlung 1950/53, »Bettlesäcker« 1972/76), Nordwesten (Hauff-, Mörikestraße 1968/75), Westen (Weiheräckersiedlung 1965/68), Süden (Brühlsiedlung 1958/68) und Südosten bzw. Osten (Klingenäcker/Panoramastraße 1965/74). Unter den Ein-, Mehrfamilien- und Reihenhäusern befinden sich auch Hochhäuser, besonders im westlichen Teil. Seit 1956 weitere gewerbliche Niederlassungen im Westen (Industriestraße, »Weiheräcker«, Sielminger und Bernhäuser Weg), ferner ab 1971 im Nordwesten (Scharnhäuser Straße).
Historische Namensformen:
  • Niwenhusen 1154
Geschichte: Dorf und Gemarkung Neuhausen waren Bestandteil des Reichsgutsbezirks um Esslingen. Die urkundlich erst im 14. Jahrhundert genannte Burg der Ministerialen von Neuhausen dürfte im 12. Jahrhundert bereits bestanden haben. Mutmaßlich 1269 gerieten Burg und Dorf samt zugehörigen Gerechtsamen unter hohenbergische, 1385/92 wahrscheinlich durch Auftragung unter österreichische Lehenshoheit. Nahezu alle obrigkeitlichen Befugnisse, ab 1513 auch der Blutbann, gingen seither von Österreich zu Lehen und wurden von den jeweiligen Ortsherren ausgeübt. Von 1392 bis 1769 war der Ort extraterritorialer Bestandteil der vorderösterreichischen Grafschaft Hohenberg (Amt Rottenburg). Gleichwohl vermochten die von Neuhausen ihren reichsunmittelbaren Status zu wahren. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schlossen sie sich der Gesellschaft mit Sankt Jörgenschild an, im späten 16. Jahrhundert traten sie dem Kanton Neckar-Schwarzwald der Reichsritterschaft bei. 1769 verkaufte Karl Johann Alexander von Rotenhan das mit dem Ort Pfauhausen im Neckartal zu einem Amt zusammengefasste Neuhausen an das Hochstift Speyer, die kantonalen Quartier- und Besteuerungsrechte bestanden aber fort. Mit dem Ende des Alten Reiches gerieten beide Orte 1803 zunächst unter badische, 1806 unter württembergische Staatshoheit. Als Ortsherrschaft begegnen seit 1331 stets zwei Linien der Niederadeligen von Neuhausen, benannt nach Werner IV. und Reinhard I. zu Hofen, die in ihren Dorfhälften spätestens seit dem 16. Jahrhundert jeweils eigene Vögte einsetzten. Seit 1369/85 kam es immer wieder zu Teilungen. 1444 ging eine Ortshälfte kurzfristig an die von Kaltental, 1461 wurde diese von dem in Hofen gesessenen Zweig der von Neuhausen zurückerworben. 1650/55 kam derselbe (reinhardsche) Ortsteil durch Heirat beziehungsweise Erbschaft an die fränkischen Barone von Rotenhan, die nach dem Aussterben der von Neuhausen zu Hofen (1754), die zuletzt die wernersche Dorfhälfte besessen hatten, auch deren Anteil an sich brachten. 1518 wurde das später als Amtshaus genutzte Obere, 1567 das bis ins 18. Jahrhundert vom wernerschen Zweig der von Neuhausen bewohnte Untere Schloss errichtet. Die noch im 16. Jahrhundert ausgebaute Burg diente im 18. Jahrhundert als Verlies und wurde 1814 abgebrochen. Neben den jeweiligen Inhabern der Herrschaft, der Pfarrei, den Kaplaneien und den örtlichen Klosterfrauen verfügten in Neuhausen seit dem späten Mittelalter die Klöster Bebenhausen (1322), Denkendorf (1435), Sirnau (1390) und Weiler (1345) sowie die Propstei Nellingen (1402), sodann das Katharinenspital (1345), der Armenkasten, der Salmannsweiler Hof (1290) und einzelne Bürger (1333) in Esslingen, schließlich die Kastenkellerei Stuttgart über zum Teil beachtliches allodiales und lehenbares Grundvermögen. Der größte Teil der Güter war – seit dem 16. Jahrhundert zunehmend als Erblehen – an örtliche Bauern ausgegeben, doch schon seit dem 15. Jahrhundert begegnen auch Untertanen benachbarter Orte als Pächter. Das Grundeigentum der örtlichen Hintersassen ist dagegen gleichbleibend gering. Das von Österreich zu Lehen gehende Patronatsrecht samt Zehnt gehörte schon im 15. Jahrhundert zu zwei Dritteln dem wernerschen Familienzweig von Neuhausen, seit dem ausgehenden 17. Jahrhundert zu fünf Sechsteln, während der jeweilige Rest dem reinhardschen Zweig beziehungsweise dessen Erben, den von Rotenhan, zustand. Die Gemeinde trat erstmals 1427 anlässlich eines Weidestreits mit den Bewohnern von Wolfschlugen urkundlich in Erscheinung. Ein Schultheiß wird 1345 genannt. 1510 einigten sich beide Herrschaften auf das Verfahren zu dessen Wahl, wobei den Gemeindemitgliedern beider Dorfhälften ein Vorschlagsrecht zugestanden wurde. Spätestens seit 1716 wurde der Amtsinhaber abwechselnd von den Bewohnern der einen oder anderen Dorfhälfte gewählt. Ansätze zur Gemeindebildung dürften auch vom herrschaftlich dominierten Gericht (Vogtgericht) ausgegangen sein (1528: 12; 1769: 24 Schöffen). 1509 sind erstmals Heimbürgen zur Verwaltung der dörflichen Finanzen erwähnt, die Anfang des 17. Jahrhunderts durch einen Bürgermeister ersetzt wurden. 1769 gab es zwei Bürgermeister, zuständig für Steuereinzug, Quartier- und Kontributionsangelegenheiten, und zwei Fleckenpfleger, die die kommunale Finanz- und Stiftungsverwaltung besorgten. 1605 verfügte die Gemeinde über ein Rathaus, seit den 1770er Jahren ist ein Armenhaus nachweisbar. Das Untere Schloss von 1567 mit reich gegliedertem Renaissancegiebel, seit 1843 Rathaus, wurde 1959/62 umgebaut und modernisiert. Mit dem speyrischen Oberamt Kislau wurde Neuhausen 1803 badisch, kam 1806 durch Tausch an Württemberg (Oberamt Köngen) und gehörte seit 1808 zu Esslingen.
Wirtschaft und Bevölkerung: Grob geschätzt wird der Ort bis ins 16. Jahrhundert kaum mehr als 350 Einwohner gezählt haben. Bis 1610 dürfte die Einwohnerschaft auf etwa 650 Seelen gewachsen sein. Durch den Seuchenzug dieses Jahres und erst recht durch den 30-jährigen Krieg wurde die Bevölkerung aber drastisch reduziert. Nach den wenigen und ungenauen Quellen betrug sie um 1650 kaum mehr 200 Personen. Ende des 17. Jahrhunderts erreichte die Bevölkerung – auch durch starke Zuwanderung – wieder ungefähr den Stand von 1610. Die in der kantonalen Matrikel von 1725 ausgewiesenen 232 Steuerpflichtigen lassen auf eine Gesamtbevölkerung von mindestens 800, höchstens aber 1000 Personen schließen. Eine anlässlich der Visitation des Landkapitels 1801 durchgeführte Zählung ergab schließlich 1466 Einwohner. Auf den fruchtbaren Lösslehmböden wurde bis ins 18. Jahrhundert hauptsächlich Ackerbau betrieben, Weinbau und Viehwirtschaft spielten eine untergeordnete Rolle. Im 18. Jahrhundert kamen in bescheidenem Ausmaß Obstkulturen hinzu. Den wenigen von den Herrschaften belehnten Hofbesitzern standen zahlreiche Klein- und Nebenerwerbsbauern gegenüber, bei denen die Erbsitte der Realteilung zu fortschreitender Parzellierung des Grundbesitzes führte. So lassen sich zum Beispiel in der reinhardschen Dorfhälfte 1699 lediglich zwölf Meierhöfe, aber 40 Kleinbauernstellen nachweisen. Laut Steuermatrikel von 1725 gab es im ganzen Ort 32 Bauern, 25 Halbbauern und 34 hauptsächlich im Landbau beschäftigte Tagelöhner. Ein großer Teil der verfügbaren Nutzflächen wurde von Gewerbetreibenden, Handwerkern und sonstigen privaten Güterbesitzern bewirtschaftet. Die Herrschaften betrieben gemeinsam eine 1472 erstmals erwähnte, recht ansehnliche Schäferei, die bis ins 19. Jahrhundert bestand. Rund 500 Morgen im südlichen Teil der Gemarkung blieben bewaldet. Die am frühesten genannten gewerblichen Betriebe sind wohl auf Initiative der Herrschaften begründet und mit Bannrechten ausgestattet worden. 1331 wird erstmals eine Mühle erwähnt, 1461 sind es deren zwei, eine Kelter sowie Tavernen und Weinschenken. 1472 gab es in der Burg eine Bäckerei. Ansonsten sind die üblichen ländlichen Handwerke belegt. 1528 wird eine wohl schon seit längerem bestehende öffentliche Badestube genannt. Bis zum Ende des Alten Reiches entstand ein differenziertes und stark besetztes lokales Handwerk und Gewerbe, das nach Beschäftigten den Agrarsektor weit übertraf. Die Steuerrechnung von 1798 wies nur noch 14 Vollerwerbsbauern, aber 133 Angehörige anderer Berufe, darunter 26 Maurer, 16 Schneider, 30 Schuster und zwölf Wirte, aus. Viele produzierende Handwerker betrieben schon damals in der weiteren Umgebung Hausierhandel. Beide Herrschaften beschäftigten stets eine Anzahl Amtleute und Bedienstete sowie Lohnarbeiter auf ihren Gutsbetrieben. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts besaß Neuhausen Marktrecht; im 18. Jahrhundert wurden jährlich zwei Vieh- und Krämermärkte abgehalten.

Name: Burg Neuhausen - Oberes Schloss (1518) - Unteres Schloss (1567)
Datum der Ersterwähnung: 1369

Ersterwähnung: 1209
Kirche und Schule: Die wohl erst Anfang des 13. Jahrhunderts begründete Kirche Sankt Peter und Paul soll – laut Gabelkover – von Stockhausen, wohin die Einwohner von Neuhausen ursprünglich »pfarrbar gewest« sein sollen, hierher übertragen worden sein. Der Grundstein des ersten Kirchenbaus trug die Jahreszahl 1209, ein Leutpriester wird erstmals 1261 genannt. Spätestens Ende des 13. Jahrhunderts erfolgte die Erhebung zur Pfarrei, zu der die Filialen Stockhausen und bis 1437 Wolfschlugen gehörten. 1330 stiftete Werner III. von Neuhausen genannt Tuzzer die Frühmesse oder Lorenzaltar-Kaplanei, 1387 der Augsburger Domherr Wolfram von Neuhausen die Margarethenaltar-Kaplanei. Die 1711 begründete Johannesaltarpfründe verdankte sich einer Stiftung des Neuhausener Pfarrers und Dekans Cornelius Maurer. 1479–84 wurde eine neue Leutkirche in spätgotischen Formen errichtet (1850 abgerissen), deren Chor aber erst um 1509 vollendet wurde. Um dieselbe Zeit entstand die Obere oder Liebfrauenkapelle beim Friedhof. 1610 ließ Hans Eitel von Neuhausen an der Nordseite der Kirche die später sogenannte Rotenhansche Kapelle errichten (1810 abgerissen). Ebenfalls in unmittelbarer Nähe der Kirche lagen das Pfarrhaus und der zugehörige Wirtschaftshof sowie die wohl nicht vor dem 18. Jahrhundert entstandenen Kaplaneihäuser. Die Ortsherrschaften statteten die Pfarrei reich mit Gütern aus, zogen als Kirchherren aber auch erheblichen Profit aus der Pfründe. Neuhausen gehörte zum Archidiakonat circa Alpes und bis 1534 zum Landkapitel Esslingen, ab circa 1550 zum neu gebildeten Landkapitel Neuhausen. Das Festhalten der Ortsherrschaft am katholischen Glauben brachte den Ort in eine konfessionelle Insellage, der die Nachbarschaft mit dem – allerdings erst im 18. Jahrhundert belegten – Namen »katholisch Neuhausen« Rechnung trug. Das Franziskaner-Terziarinnen-Kloster Sankt Elisabeth soll aus einem Beginenhaus hervorgegangen und bald nach 1334 begründet worden sein. Seine im 19. Jahrhundert abgerissenen Gebäude wurden erst nach 1475 nahe der Pfarrkirche errichtet. Der Konvent, der nie mehr als zehn bis 20 Schwestern umfasste, war nicht sonderlich wohlhabend und hatte auch am Ort nur geringen Grundbesitz. Ein Schulmeister ist erstmals um 1590 belegt. 1644 stiftete Anna von Neuhausen ein Schulhaus, das aber 1676 durch den damaligen Dekan Maurer eigenmächtig wieder veräußert wurde. Fortan fand der Unterricht in einem Raum des Mesnerhauses statt, dessen Größe Ende des 18. Jahrhunderts angesichts von circa 350 schulpflichtigen Kindern völlig unzureichend war. Seit etwa 1750 gab es am Ort eine Schulmeisterpflege, aus deren Mitteln die Lehrkräfte größtenteils besoldet wurden. Die katholische Pfarrkirche, anstelle einer vor 1300 erbauten, 1434 und 1479 durch einen großen Neubau ersetzten Kirche unter Einbeziehung des alten Westturms 1850 neu erbaut. Erhalten ist ein spätgotisches Sakramentshaus (um 1466). Der Kirchenneubau beseitigte ein 1475-1803 bestehendes Franziskanerinnenklösterlein. 1960/62 Umbau, Restaurierung und Modernisierung des Innenraums. Liebfrauenkapelle auf dem Friedhof nach dem Zweiten Weltkrieg erneuert sowie mit modernen Chorfenstern ausgestattet. Auf dem Altar Marienstatue (um 1470). Lindenkapelle (1739), restauriert 1929. Josephskapelle auf dem Hochau, 1877 erbaut. Eine evangelische Kirche wurde 1902 erstellt. 1966/68 Errichtung eines katholischen und evangelischen Gemeindezentrums, letzteres mit Kirche in modernen Bauformen. Auf dem Friedhof Steinkreuz von Sem Schlör aus Stuttgart (1563). 1951 wurde südlich des Orts ein Studienheim der Oberdeutschen Provinz des Jesuitenordens eingerichtet. Das Gelände erwarb 1969 die Gemeinde zum Zweck der Errichtung eines Schul- und Kulturzentrums.
Patrozinium: St. Peter und Paul

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