Bernhausen - Altgemeinde~Teilort 

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Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Teilort
Ersterwähnung: 1089 [Kopialüberlieferung 16. Jahrhundert]

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Ausgrabungen auf Bernhauser Markung belegen eine erste Siedlung in der Jungsteinzeit, jedoch nicht am Standort der derzeitigen Bebauung. Daneben gibt es auch hallstatt- und römerzeitliche Funde. In römischer Zeit führte über Bernhausen die sogenannte Heerstraße oder Heerweg nach Köngen. Die Gründung von »Berinhusen« geht wahrscheinlich auf fränkische Zeit zurück, möglicherweise als Ausbauort von Sielmingen. Bernhausen (Personenname Bero) gehört der sogenannten älteren Ausbauphase an (6.-8. Jahrhundert). Das Gallus-Patrozinium deutet auf eine karolingische Kirchengründung hin; Verbindungen sind jedoch nicht zu belegen. 1383 sind sechs Sedelhöfe (ehemalige Fronhöfe beziehungsweise deren Teile) und ein Widumhof (Plieninger Straße 4) in Bernhausen belegt, die alle in der Frühen Neuzeit zum Teil mehrfach geteilt wurden. Die Gemarkung war gemäß der Dreifelderwirtschaft in Zelgen aufgeteilt (Hinterm Turm, Zelg Plattenhardt, Zelg Esslingen). Die gemeinschaftliche Nutzung von Allmende mit Plieningen (Stepach und Im Rohr) sorgte Jahrhunderte hindurch für Zwistigkeiten. Auch mit Plattenhardt gab es Weidestreitigkeiten. Im Spätmittelalter fielen auch Siedlungen auf Bernhauser Gemarkung wüst, wie der Wohnplatz Sigelinshuos (1296). Eine besondere Situation zeigt sich beim Hof und der dazugehörigen Sondermarkung Dachtgraben (Erstnennung um 1300). Der Name bedeutet »Hof bei der Tongrube«. Aus dem Besitz der Herren von Stöffeln geht der Hof 1346 an den Esslinger Bürger Johann Besemer über und gelangt von ihm an das dortige Sankt-Klara-Kloster. 1363 erscheint Dachtgraben als Flurname; wie lange der Hof bestand, ist unsicher. Die Sondermarkung mit drei parallel laufenden Zelgenstreifen wurde erst im 18. Jahrhundert aufgelöst. Die Anlagen des Verkehrsflughafens Stuttgart befinden sich nordwestlich des Ortes, der sich in der weiten Talmulde eines Körschnebenbachs ausbreitet. Rathaus von 1581, Fachwerkhäuser aus dem 16./18. Jahrhundert. Seit 1952 starke Ortserweiterungen: Außer der Flughafenrandsiedlung neue Wohngebiete im Osten (Neuhäuser Bach, Neuhäuser Straße, Hinter dem Friedhof, »Hinter des Pfarrers Brettern«, Bahnhofstraße), im Westen (»Im alten Rad«, Eisenbahnstraße), im Südwesten (»Schöttling«, »Stetter Böhmen«), im Süden (Klinkernfeld, Plattenhardter Weg) und im Nordwesten (»Pulsäcker«, »Hinter dem Wiesle«). Industrieanlagen im Südwesten (»Stetter Böhmen«, »Käferloch« und Karlstraße) nahe der Eisenbahn.
Historische Namensformen:
  • Berinhusen 1089 [Kopialüberlieferung 16. Jahrhundert]
  • Bernhusen 1125 [Kopialüberlieferung 16. Jahrhundert]
  • Bernhusin 1142 [Kopialüberlieferung 14. Jahrhundert]
Geschichte: Die ersten Quellenbelege für Bernhausen von 1089 zeigen Vertreter des Ortsadels, die Herren von Bernhausen (»Volmarus und Rudolphus de Berinhusen«). Über Besitz- und Herrschaftsrechte im Ort verfügten im 11. Jahrhundert auch die mächtigen Grafen von Calw, zu denen die Herren von Bernhausen wohl in einem Abhängigkeits- oder Treueverhältnis standen. Es dürfen bis in fränkische Zeit zurückreichende Verwaltungs- und Kirchenorganisationsstrukturen vermutet werden, die jedoch mit Schriftquellen nicht zu belegen sind. Ab den 1270er Jahren lässt sich eine edelfreie Linie des Ortsadels von einem ministerialen Zweig unterscheiden. Die Edelfreien benannten sich auch nach Plattenhardt, Grötzingen (von Diepold I. von Bernhausen gegründet) und Waldenbuch. Die Herren von Bernhausen waren in den 1280er Jahren stark in die Auseinandersetzungen zwischen den Grafen von Württemberg und König Rudolf von Habsburg involviert, in deren Verlauf Diepold I. von Bernhausen in der Schlacht bei Hedelfingen (1286) auf Seiten König Rudolfs getötet wurde. Der niederadelige Zweig führte als Herkunftsbezeichnung neben Bernhausen unter anderem Bonlanden und stand in enger Bindung zu den Grafen von Württemberg. Diese Verbindung wird auch durch Verpfändungen und Verkäufe an die Grafen von Württemberg und an das Kloster Bebenhausen zu Ende des 13. Jahrhunderts deutlich. Aus der Zeit nach dem Tod Diepolds (I.) sind Auseinandersetzungen zwischen den beiden Linien bezeugt. Seit dem Ende des 15. Jahrhunderts trat der ministeriale Zweig nicht mehr in Erscheinung. Die edelfreien Herren von Bernhausen verlegten schon ab der Mitte des 14. Jahrhunderts ihren Herrschaftsschwerpunkt von den Fildern weg, in Richtung Waiblingen und dann ins Blautal, und starben 1839 aus. Bis Anfang des 14. Jahrhunderts hatten auch die Pfalzgrafen von Tübingen Besitz in Bernhausen, wahrscheinlich in Nachfolge der Grafen von Calw. 1307 verpfändeten sie Waldenbuch an Diepold II. von Bernhausen. 1316 begann der Einfluss Württembergs auf Bernhausen mit der Erwerbung eines Teils des Burgstalls und anderer Besitzungen. Bis 1350 gelangten Vogtei, Patronat und weitere Besitz- und Herrschaftsrechte in württembergische Hand. Aus der 1383 von den Pfalzgrafen von Tübingen erkauften Herrschaft über den Schönbuch stand den württembergischen Förstern das Recht auf Speisung in den sechs Sedelhöfen (Fronhöfen) zu. Im Stuttgarter Urbar (1350) sind sechs Höfe genannt, die wohl als diese Sedelhöfe identifiziert werden dürfen und damit also in württembergischem Besitz waren. Im 14. und 15. Jahrhundert waren daneben die Herzöge von Urslingen (Verkauf an Württemberg 1358) und die Herren von Neuhausen (Verkauf 1420 an den Vogt von Stuttgart) in Bernhausen begütert. Die Stadt Esslingen verfügte ab dem 14. Jahrhundert, nach Württemberg, über den reichsten Besitz. Neben Stadtbürgern sind hier das Katharinenhospital, das Klarakloster und das Kloster Sirnau (1292 nach Esslingen verlegt) zu nennen. Auch die Propstei Nellingen des Klosters Sankt Blasien, Kloster Salem (mit Pflege in Esslingen), das bayerische Kloster Fürstenfeld und die Klöster Bebenhausen, Blaubeuren und Denkendorf hatten Besitz- und Herrschaftsrechte in Bernhausen. Abgaben flossen zudem an die Kirchen Sankt Leonhard in Stuttgart und Sankt Martin in Neuffen. Am einstigen Westende des Dorfes befand sich eine Burg, auf die heute nur noch die Straßenbezeichnungen Auf der Burg und Turnackerstraße hinweisen. Am 3. Oktober 1316 verkaufte Markward von Bernhausen den ihm gehörigen Anteil an Burgstall und Hofraite (nebst einem Drittel des Patronats zu Bernhausen und Rechte in Ehingen) an Graf Eberhard I. von Württemberg. Die Burg wurde wahrscheinlich zweimal zerstört: 1287 und 1449 während des großen Städtekriegs zwischen Ulrich dem Vielgeliebten und den Reichsstädten (Schwäbischer Landfriedensbund). Bernhausen erscheint ab 1350 als in die altwürttembergische Ämterverfassung eingebunden und gehörte zum Amt Stuttgart. Das Amt war einem Vogt unterstellt (1350: Bentzlin), der einmal im Jahr in jedem Dorf einen Gerichtstag abhalten sollte. Daneben ist seit dem 15. Jahrhundert der Rat nachweisbar, der die Bürger der Gemeinde vertrat. An der Spitze des Dorfes stand der Schultheiß, er wird erstmals 1383/1386 genannt. Der Schultheiß stand dem Gericht vor. Erstmals namentlich genannt wurden Richter in Bernhausen 1417. Ein Dorfschütze wird 1604 erwähnt. Der Ort gehörte zum Amt bzw. Oberamt Stuttgart, bis er 1938 dem Landkreis Esslingen zugeteilt wurde. Durch Ablösung der Schönbuchgerechtigkeiten vergrößerte sich die Gemarkung 1820 um eine Exklave von 320 Morgen Wald. Personen: Johann Jakob Hainlin (1588-1660), Abt zu Adelberg und Bebenhausen. Johann Gotthard Müller (1747-1830), Kupferstecher, Professor der Kupferstecherkunst an der Karlsakademie.
Wirtschaft und Bevölkerung: Folgt man dem ersten Urbar über Bernhausen, dann lassen sich 1350 mindestens 55 württembergische Haushalte mit geschätzten 250 Einwohnern identifizieren. Ein deutlicher Bevölkerungsanstieg ist erst im 16. Jahrhundert in den Türkensteuerlisten erkennbar (122 Männer und 14 Kinder sind steuerpflichtig). Nach Verlusten durch einen Pestdurchzug 1586/87 liefern eine Auflistung der württembergischen Leibeigenen von 1598 (574 Frauen, Männer und Kinder) und die Kirchenvisitationsakten ab 1601 erstmals wieder genauere Angaben. Die 650 (1601) beziehungsweise 544 (1602) Erwachsenen und Schulkinder umfassten jedoch auch die Filialen Stetten und Hof. Während des 30-jährigen Krieges verlor Bernhausen fast ein Drittel der (männlichen) Bürger durch Flucht und Tod. Die Visitationsakten berichten von 359 Einwohnern im Jahr 1661. Die Einwohnerzahl stieg Anfang des 19. Jahrhunderts auf circa 1200. Haupterwerbsquelle ist bis in die Frühe Neuzeit der Getreideanbau (vor allem Dinkel, auch Hafer, Roggen und Gerste). An Sonderkulturen waren auch Hanf und Flachs von Bedeutung. Schon im Urbar von 1350 deuten eine ganze Reihe Namen auf dörfliche Handwerksberufe hin. Neben Bezeichnungen wie Schmid, Faber und Pfister erscheinen auch die textilverarbeitenden Gewerbe der Schneider und Weber. Letztere stellten in der Frühen Neuzeit den größten Anteil der Handwerker und waren um 1600 schon zunftmäßig organisiert. Auch fünf Metzger (1603) und mehrere Gastwirtschaften waren am Ort, die von der Lage an der vielbefahrenen Albstraße profitierten. 1351 wird eine Badestube erwähnt. Die am Fleinsbach gelegene Klinkermühle hatte im 18. Jahrhundert zwei Mahl- und einen Gerbgang. Ab dem 17. Jahrhundert lässt sich Krautanbau belegen. Im 18. Jahrhundert kommt Klee- und ab circa 1770 auch Kartoffelanbau dazu. 1772 wurde durch Pfarrer Johannes Bischoff erstmals das Spitzkraut erwähnt. Ende des 18. Jahrhunderts wurden circa eine halbe Million Krautköpfe in Bernhausen geerntet. Neben der Haltung von Rindern, Pferden, Schweinen und Kleinvieh war in Bernhausen auch die Schafzucht von Bedeutung, für die der Ort über besondere Weiderechte in bestimmten Bezirken des Schönbuchs verfügte (1585). Der herrschaftliche Schönbuchwald wurde ansonsten nicht für die Viehweide, dafür aber für die Gewinnung von Brenn- und Bauholz, von Sand und Steinen und für die Schweinemast genutzt. Indem das gewonnene Brennholz nach Stuttgart verkauft werden durfte, leistete der Ort einen Beitrag zur Versorgung der städtischen Märkte. Für diese Nutzungen entrichteten die Gemeindemitglieder die sogenannte Schönbuchmiete. Nach der Gemeinderechnung von 1604/05 war Bernhausen die reichste Gemeinde im Amt Stuttgart.

Name: Burg Bernhausen.

Ersterwähnung: 1275
Kirche und Schule: Bernhausen gehörte bis zur Reformation zum Bistum Konstanz und war dort dem Archidiakonat Circa Alpes und dem Landkapitel Esslingen zugeteilt. Die Pfarrei wurde 1275 erstmals bezeugt. Die dem Heiligen Gallus (genannt 1550) geweihte Kirche war als Wehrkirche konzipiert, von der ein frühgotischer Wehrturm von 1422 und Teile der den Kirchhof einschließenden Wehrmauern aus Buckelquadern erhalten sind. Schiff und Chor wurden 1475 erbaut, im Anschluss erfolgten mehrfache Veränderungen. Das Patronat gelangte zwischen 1316 und 1342 vom Ortsadel an die Grafen von Württemberg, die es schon 1387 erstmals an Markgraf Bernhard von Baden verpfändeten. Filialen waren Plattenhardt (bis 1404), Harthausen (ging vermutlich 1404 an Plattenhardt über), Stetten und Hof (beide bis 1806). Erster namentlich genannter Pfarrer ist »Heinricus rector ecclesiae in Bernhusen« (1349). Es soll sich dabei um Heinrich von Göppingen handeln, der Chorherr des Stuttgarter Stifts war. Daneben gab es eine Kaplanei am Nikolausaltar (1275 Vikarie, 1400 Frühmesse genannt) und eine Messpfründe am Marienaltar (1423 durch Schultheiß, Gericht und Rat zu Bernhausen gestiftet). Herzog Ulrich führte 1535 die Reformation ein. Pfarrer Michael Brotbeck trat zur neuen Lehre über. Die beiden Messpfründen wurden nach dem Tod ihrer Inhaber dem Bernhauser Armenkasten zugeteilt. 1682 fand in Bernhausen ein Religionsgespräch zwischen dem katholischen Bischof Christoph Rojas Spinola und den beiden evangelischen Beauftragten, Johann Adam Osiander von der Universität Tübingen und dem Stuttgarter Landpropst Christoph Wölfflin statt, in dem es, letztlich erfolglos, um eine Annäherung der beiden zerstrittenen Konfessionen ging. Erste Nachrichten über eine Schule in Bernhausen stammen von 1551. Als Schulhaus diente das alte Kaplaneigebäude der Frühmesspfründe (Pfarrberg 1). Erster namentlich genannter Schulmeister und Mesner ist Hans Hohl (1594), der erste Hinweis auf die Anzahl der Schüler datiert von 1661: 20 Knaben und 20 Mädchen. Dieses Geschlechterverhältnis zeigt sich auch in den folgenden Jahrzehnten. Seit dem 18. Jahrhundert unterstützten aufgrund der gestiegenen Schülerzahl Provisoren den Schulmeister. Evangelische Pfarrkirche im ehemals befestigten Friedhof, Westturmanlage. Frühgotischer Turm mit spitzbogiger Einsteigöffnung und achteckigem Aufbau von 1680. Schiff und netzrippengewölbter Chor von 1475. Schiff mehrfach verändert, 1956 erweitert. Evangelische Johanneskirche mit Gemeindezentrum 1965 erbaut; 2 Pfarreien. Katholische St. Stephanuskirche mit Gemeindezentrum 1968; Pfarrei seit 1968. Bildungsstätte und Waldheim der evangelischen Landeskirche 1967/69 im Bernhäuser Forst errichtet.
Patrozinium: Hl. Gallus
Ersterwähnung: 1550

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