Oberaichen - Wohnplatz 

Regionalauswahl:
Typauswahl: Ortsteil – Historisches Ortslexikon
Typ: Wohnplatz
Liegt auf Gemarkung: Leinfelden
Ersterwähnung: 1287

Ortslage und Siedlung
(bis 1970):
Stadtteil von Leinfelden.
Historische Namensformen:
  • Obernaichach 1287
  • Obernacha 1292
Geschichte: Zur Zeit der Erstnennung 1287 besaß Wolfram von Bernhausen, Vertreter des niederadeligen Zweigs der Herren von Bernhausen in Oberaichen (»Obernaichach«) einen Hof. Anders als ihre Verwandten standen sie in enger Bindung zu den Grafen von Württemberg. 1294 verkaufte Marquard mit Unterstützung seines Vaters Wolfram von Bernhausen seine Güter in Oberaichen an das Spital in Esslingen. Schon 1292 hatte Ritter Wernher von Neuhausen, genannt Tuzzer, alle seine Güter in Oberaichen (Gebäude, Äcker, Wald und Gülten) an das Kloster Bebenhausen veräußert. Im 14. Jahrhundert gehörte dem Kloster Bebenhausen der größte Teil des Grundbesitzes in Ober- und Unteraichen. Dem Kloster gehörten Hofstellen und mehrere Güter, die zu Teilpacht oder Erblehen ausgegeben waren. Das Spital in Esslingen besaß Hofgüter, Äcker und Wiesen. Rechte der Grafen von Württemberg zeigten sich erstmals im Urbar von Stadt und Amt Stuttgart von 1350 in Form von Ansprüchen auf Leibeigenschaftsabgaben (Hühner). Nach dem Verkauf des Schönbuchs durch die Pfalzgrafen von Tübingen an die Grafen von Württemberg in den folgenden Jahrzehnten standen den letzteren auch Schönbuchmiete und der sogenannte Weidekäse zu. Spätestens ab diesem Zeitpunkt dürften die Württemberger auch die Oberherrschaft beansprucht haben. Das Kloster Denkendorf und eine Messpfründe in Esslingen besaßen ebenfalls Güter in Oberaichen, die Herren von Frauenberg in Unteraichen. In den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts sind ein Hof Württembergs, der an den Bebenhauser Hof anstieß und ein Hof des Klosters Denkendorf bezeugt. Ober- und Unteraichen gehörten zum württembergischen Schönbuchunteramt und ab Beginn des 16. Jahrhunderts zum sogenannten Leinfelder Ämtlein. 1559 wurden der Schultheiss sowie Richter und Heimbürgen in »Aichen« genannt. Der Flurname wurde zum Siedlungsnamen: Mittelhochdeutsch Aichach bedeutet »Eichenwald«, zusammengesetzt aus dem Wort für Eiche und dem Kollektivsuffix -ah. Von einer vorhergegangenen Nutzung des Gemarkungsgebietes als Wald(weide) muss also ausgegangen werden. Die beiden Ortsteile Ober- und Unteraichen sind durch ihre Höhenlage unterschieden. Unteraichen wird erstmals im Lagerbuch des Klosters Bebenhausen von 1356 als »Nidern Aichach« genannt. Es gab dort mehrere Höfe Bebenhausens und einen Hof der Kellerei Stuttgart. Ob das 1350 erstmals genannte Mittelaichen (»Mitteln Aichach«) als Synonym für Unteraichen zu gelten hat oder im 16. Jahrhundert wüst fiel, ist unklar. Ober- und Unteraichen hatten eigene Gemarkungen und jeweils eine eigene Zelgeneinteilung, wurden jedoch in den Lagerbüchern meist gemeinsam beschrieben. Mittelaichen wurde 1524 noch einmal erwähnt (wobei dort wahrscheinlich Unteraichen [mit-]gemeint war). Für das 18. Jahrhundert sind Angaben über die steuerpflichtigen Gebäude vorhanden: 1729 gab es in Oberaichen 16 und in Unteraichen 24 steuerpflichtige Gebäude. 1778 war die Zahl der Gebäude auf 22 (Oberaichen) beziehungsweise 33 (Unteraichen) angewachsen. In der Türkensteuerliste von 1544 wurden 44 schatzungspflichtige Männer in Ober- und Unteraichen aufgeführt. Daraus lässt sich auf rund 198 Einwohner schließen. Von den insgesamt 61 schatzungspflichtigen Männern (44), Frauen (3), Dienstleuten (6) und Kindern (8) in Ober- und Unteraichen besaßen 55 ein Vermögen von 20 Gulden und mehr. Das Gesamtvermögen der 61 betrug 8640 Gulden (100 Prozent). Davon besaßen wiederum 17 zusammen 660 Gulden (8 Prozent), 37 zusammen 7330 Gulden (85 Prozent) und einer über 650 Gulden (7 Prozent). Erst aus der Zeit nach dem 30-jährigen Krieg liegen verlässliche Bevölkerungszahlen vor: 1661 lebten in Oberaichen sieben Kinder, neun Schulkinder und 21 Erwachsene und in Unteraichen acht Kinder, 18 Schulkinder und 27 Erwachsene, also eine Gesamtzahl von 90 Einwohnern. Die Zahlen stiegen in beiden Orten bis um 1800 auf über 150 Personen, wobei Unteraichen anfangs noch etwas größer war. Ab Mitte des 18. Jahrhunderts hatten beide Orte etwa gleich viele Einwohner. Die Orte waren bäuerlich geprägt, zu fast allen Häusern gehörten einzelstehende oder ans Haus angebaute Scheunen und Gärten. Das Wirtschaftsland bestand aus Wald, Weiden, Äckern und Wiesen. Die Orte verfügten über etwas Gemeindewald und besaßen Nutzungsrechte im Schönbuch für Holz, Weide und Schweinemast. Mitte des 14. Jahrhunderts erscheint ein Weingarten genanntes Flächenstück (»dictum der Wingart«) in Oberaichen in der Zelg Richtung Möhringen, das wahrscheinlich schon damals nicht mehr zum Weinbau genutzt wurde. 1733 gab es nicht näher bezeichnete Handwerker und eine Gastwirtschaft in Unteraichen. Da die Äcker in beiden Orten als nass, kalt und sandig beschrieben wurden, kann auf ziemlich ärmliche Lebensumstände geschlossen werden. Ober- und Unteraichen gehörten gemeinsam mit Leinfelden zur Pfarrei Echterdingen. 1489 wird eine Kapelle in Oberaichen genannt. Mit der Gründung der Pfarrei Musberg 1563 wurden Ober- und Unteraichen Filialen von Musberg. Nach Musberg gingen auch die Kinder zur Schule. 1735 wurde die Kapelle wegen Baufälligkeit abgebrochen. 1965 wurde Oberaichen als eigene Pfarrei von Musberg abgetrennt. 1962/64 Bau einer evangelischen Kirche mit Gemeindezentrum.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)