Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Auf der Gemarkung fanden sich frühe Siedlungsspuren, so ein Steinbeil und Tonscherben aus der Jungsteinzeit um 2000 vor Christus. Diese Funde traten bei einem Bau neben der Schule zu Tage. Keramikreste der römischen Zeit (130–260 nach Christus) lagen in einer Kiesgrube im Gewann Hammerschmiede. Die heutige Bundesstraße verläuft über der römischen Straße zwischen Köngen und Donnstetten. Über die alemannische Besiedlung um 300 nach Christus gab ein Reihengräberfeld Auskunft, welches 1865 beim Bau des Gasthauses Rößle gefunden wurde. Die älteste Siedlung lag demnach südöstlich des Rathauses an der Lauter. Mit dem Eintrag der Edelfreien »Gerungus et Geroldus de Lendingen« um 1100 im »Rotulus Sanpetrinus« wird der Ort indirekt erstmals erwähnt. In der Folgezeit tauchte der Name »Lendingen« (Personenname Lando) oft in Urkunden auf. Damit ist eine Unterscheidung zwischen Oberlenningen und Unterlenningen nicht möglich. Erst 1292 wird Oberlenningen als »villa Obernlendingen« bezeichnet und damit ausdrücklich von Unterlenningen unterschieden. Der Ort zog sich südöstlich von Kirche und Rathaus an der Lauter bis zur Brücke entlang. Vor der Schlacht von Nördlingen 1634 standen in Oberlenningen 85 Gebäude, von denen 1655 nur noch 44 erhalten oder wieder aufgebaut waren. 1714 vernichtete ein Brand viele Häuser. Links der Lauter hat sich ein Wohnhaus, das Schlössle, erhalten. Wahrscheinlich war das Gebäude und auch der Vorgängerbau Sitz des Ortsadels in Oberlenningen gewesen. Im Güterinventar des Johann Georg Schilling von Cannstatt von 1592 erscheint das vorherige Gebäude als »süzlen zue Oberlenningen« erstmals. Das Wohnhaus wurde 1593 unter Verwendung von Hölzern aus dem Jahr 1429 erbaut. Das Schlössle diente 1610 bis 1641 Caspar Schilling von Cannstatt als Wohnsitz. 1679 verkaufte Georg Ludwig Linckh, der Enkel des Caspar Schilling von Cannstatt von seiner Tochter Agnes, die eine Hälfte des Schlössles an den Oberlenninger Amtmann Johann Christoph Ankele, der 1680 auch die zweite Hälfte des Besitzes von Anna Katharina Kameytski von Elstibors, der Enkelin des Caspar, von dessen Sohn Philipp Ludwig, erwarb. Danach bewohnten Oberlenninger Bürger den ehemaligen Adelssitz. Durch Wohnsiedlungen aus Ein- bis Zweifamilienhäusern vergrößerte sich der Ort nach dem Zweiten Weltkrieg in den Gebieten »Ehmeräcker«, »Nikomödie«, »Oberer Sand«, »Auf dem Bol«, Alte Steige, Schmaltalgasse, »Hinterer Sand«, »Hochwang«, Klingelgraben-Tobel, »Lindengärten«, »Mittleres Öschle«. Weitere Industrie siedelte sich 1972/74 im Bereich »Kromert/Oberer Sand« an. |
Historische Namensformen: | - Lendingen 1100 [Kopialüberlieferung 16. Jahrhundert]
- Oberlendingen 1292
- Obernlendingen
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Geschichte: | Oberlenningen gehörte zum Herrschaftsbereich der Herzöge von Teck und kam als Pfand 1385 und 1387 als Eigentum an die Grafen von Württemberg (Amt Kirchheim). Der Ort bildete zusammen mit Schlattstall, Brucken und Unterlenningen den Oberlenninger Stab mit Sitz in Oberlenningen. Die Richter aus allen vier Stabsgemeinden tagten zentral in Oberlenningen. Die Stabsgemeinden behielten einen eigenen Schultheißen sowie die Vermögensverwaltung und Rechnungsführung in eigener Hand. Nach 1648 übernahm der Oberlenninger Amtmann auch den Vorsitz im Gutenberger Stab. 1752 baute der Stab ein neues Stabsrathaus in Oberlenningen. Die größten Grundherren stellte der Ortsadel, die Herren von »Lendingen«, mit deren Nennung um 1100 Oberlenningen erstmals schriftlich erwähnt wird. Diese edelfreie Familie verschwand nach 1160. Ihre Grundrechte gingen Anfang des 13. Jahrhunderts auf die Schweler von Wielandstein über. Diese Edelfreien gehörten zunächst noch zum Hochadel, stiegen aber gesellschaftlich ab und tauchten ab 1251 nur noch als Dienstmannen der Herzöge von Teck auf. Die Rechte der Schweler gingen auf die Grafen von Württemberg über. Weitere adelige Grundbesitzer, aber keine Ortsherren, waren die Herren von Brucken, die Herren von Neidlingen, die Familie von Sperberseck, die Herren von Mannsberg, die Schwenzlin von Hofen sowie die Familie Speth. Fast 300 Jahre hatte die Familie Schilling von Cannstatt Grundrechte in Oberlenningen inne, seit 1359 die Grafen Eberhard II. und Ulrich IV. von Württemberg ihre Einkünfte in Oberlenningen, Erkenbrechtsweiler, Neuffen, Grabenstetten und Linsenhofen an die Familie verpfändeten. Die ältesten kirchlichen Grundrechte besaß seit 1123 das Kloster Zwiefalten. Auch die Klöster Bebenhausen und Kirchheim bezogen Einkünfte aus Oberlenningen. Das Kloster Kirchheim, das 1292 erste Besitzungen im Ort bekam, erhielt 1400 die obere Mühle aus dem Besitz der Schwenzlin von Hofen. Außerdem erwarb das Spital Kirchheim seit 1444 Einkünfte in Oberlenningen. Der Zehnt wurde aus den drei Zelgen Hirschtal, Tobel und Bissinger Weg gezahlt. Nach dem 30jährigen Krieg wurde der Oberlenninger Stab mit dem Gutenberger Stab vereinigt, der Oberlenninger wurde im Zuge der Neuordnung der Gemeindeverwaltung 1825 aufgelöst. Bis 1938 Oberamt Kirchheim, bis 1972 Landkreis Nürtingen. Eine 1769 erstmals erwähnte Papiermühle ab 1855 in industrieller Entwicklung. |
Wirtschaft und Bevölkerung: | Um 1544 lebten rund 500 Personen in Oberlenningen. Davon überlebten rund 160 Einwohner den 30-jährigen Krieg und die anschließenden Notzeiten. Um 1700 hatte die Gemeinde wieder den Stand vor 1634 mit rund 400 Personen erreicht. Die Bevölkerung verdoppelte sich im 18. Jahrhundert bis 1803 auf 782 Einwohner. Bei der Vermögenserhebung (1544) stellte sich heraus, dass rund 7 Prozent der Oberlenninger der Unterschicht mit einem Vermögen bis 20 Gulden angehörten, rund 33 Prozent der gehobenen Unterschicht (bis 100 Gulden Vermögen), rund 51 Prozent der Mittelschicht mit bis 500 Gulden Vermögen und sogar circa 10 Prozent der gehobenen Mittelschicht mit einem Vermögen bis 1000 Gulden. Über die Hälfte der Einwohner zählte zur vermögenden Schicht. Diese Verhältnisse bauten sich auch nach 1648 bald wieder auf, wobei die Wirtschaft vor allem von der günstigen Lage an der Durchgangsstraße von Kirchheim unter Teck auf die Alb profitierte. Haupterwerb war in der Landwirtschaft vor allem der Getreideanbau. Schon im 18. Jahrhundert wurden Obstbäume angepflanzt, die einen hohen Ertrag lieferten. Hierin bestand auch der Grund für die Entstehung von Obstbrennereien. Wegen der verkehrsgünstigen Lage entwickelten sich seit 1531 zwei Krämer- und Viehmärkte sowie ein Wochenmarkt. Für die Bedürfnisse der Reisenden entstanden im Ort entsprechende Handwerke und Wirtschaften; 1565 gab es zwei Schildwirte (Ochsen, Lamm). Die stetige Wasserkraft der Lauter wurde schon früh genutzt. 1292 vermachte Ulrich von Neidlingen Einkünfte aus der Oberen Mühle dem Kloster Kirchheim, das 1400 die Mühle ganz erwerben konnte. Mit der Unterscheidung wurde gleichzeitig die zweite Getreidemühle, die Untere Mühle erwähnt. Seit 1583 bestand an der Unteren Mühle zusätzlich eine Sägmühle. Einen Schritt zur Fabrik hin machte der bisherige Untermüller Isaac Keeber, in dem er 1769 eine Papiermühle baute, die nachweislich 1773 erstmals Papier lieferte. |