Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Die Innenstadt von Mannheim entstand auf einer Niederterrasseninsel inmitten der Rhein-Neckar-Aue an der Stelle eines frühmittelalterlichen Dorfes gleichen Namens als kurfürstliche Festung und Bürgerstadt. Das Areal der ehemaligen Bastionen der Gründungsstadt wird heute vom Ring (Kaiserring, Friedrichsring, Luisenring, Parkring) durchzogen, der die Innenstadt zwischen Rhein und Neckar hufeisenförmig umschließt. Innerhalb des Rings herrscht noch das streng gitterförmige Straßennetz der Gründungsstadt mit rechteckigen Baublöcken (»Quadraten«) vor, die mit Buchstaben bezeichnet sind. Die äußeren Baublöcke, die sich schon durch ihre Größe abheben, wurden als nachträgliche Erweiterungen nach der Schleifung der Festungswerke im 19. Jahrhundert angelegt. Den südlichen Abschluss der Innenstadt bildet als architektonischer Höhepunkt der Gesamtanlage das barocke kurfürstliche Schloss, die heutige Universität, mit einer 430 m langen, zur Innenstadt gewandten Front und einem stadteinwärts offenen Ehrenhof, auf den die Breitestraße, heute Kurpfalzstraße, als eine der Hauptachsen der Stadt zuführt. Sie nimmt ihren Ausgang von der Kurpfalzbrücke, der mittleren Neckarbrücke, und wird inmitten der Innenstadt von der zweiten, schlossparallel verlaufenden Hauptachse, den ebenfalls breit angelegten Planken, gequert. Sie trennen die dem Schloss zugewandte Oberstadt und die dem Neckar benachbarte Unterstadt. Entlang den Planken und der Kurpfalzstraße, seit 1975 zum Teil Fußgängerzone, hat sich das Hauptgeschäftszentrum entwickelt. Die Wohnfunktion tritt hier ganz in den Hintergrund und lässt eine ausgesprochene Citybildung erkennen. An der Kreuzung der beiden sich rechtwinklig schneidenden Hauptachsen liegt inmitten der City der Paradeplatz, der mit einem von Gabriel de Grupello in der 1. Hälfte des 18. Jahrhunderts geschaffenen Denkmal geschmückt ist. Das Quadrat G 1 an der Kurpfalzstraße in der Unterstadt bildet den Mannheimer Marktplatz. Beide Plätze haben zentrale Bedeutung im innerstädtischen Leben. Die Viertel der Innenstadt unterscheiden sich nach Charakter und Funktionen. Die Westliche Oberstadt, in den Außenrändern Geschäftsviertel, ist im Innern Wohngebiet, meist mit neueren Baublöcken. Sie enthält noch wesentliche Bauten des alten Mannheim, die Jesuitenkirche, die Sternwarte, das Zeughaus und das Palais Bretzenheim. Die östliche Oberstadt ist weitgehend zum Geschäftszentrum sowie Sitz von Behörden ausgebaut und entsprechend schwach bevölkert. In der Westlichen Unterstadt, einem Mischgebiet von Wohnungen und kleineren Gewerbebetrieben, hat sich die Vorkriegsbebauung noch am stärksten erhalten. Ihr baulicher Akzent ist die für das alte Mannheim so charakteristische Gruppe von altem Rathaus und St. Sebastianskirche mit dem Turm in der Mitte. Die Struktur der östlichen Unterstadt ist ganz ähnlich geprägt, der Baubestand aber wesentlich jünger. Die Konkordienkirche wahrt in ihrem Äußeren noch die alte Mannheimer Tradition der Doppelkirche. |
Geschichte: | 766 (Корialüberlieferung 12. Jahrhundert) Mannenheim, von einem Personennamen. Karolingerzeitliche Siedlungsreste im Bereich eines Kiesrückens am Platz des heutigen Schlossostflügels. Die Gemarkung häufig überspült, da im Laufe des Mittelalters das Neckarmündungsdelta von Süden nach Norden wanderte. Lorscher und Wormser Grundherrschaft, auch Königsgut nachweisbar. Seit etwa 1140 im damaligen Mündungsbereich die Burg Rheinhausen (Husen, 1344 Rinhusen) Sitz eines ursprünglich edelfreien Geschlechts, dessen letzter Spross der Minnesänger Friedrich von Husen (gestorben 1190) war. Nachfolger im Besitz wurde der Reichstruchsess Markward von Annweiler. Er und sein Sohn Dietrich machten die Burg zum Sitz einer das ganze Neckarmündungsgebiet umfassenden Herrschaft. Diese, großenteils schon pfälzische Lehen, wurde vor 1252 vom Pfalzgrafen aufgekauft. Rheinhausen, als Zollburg genutzt, verlor mit der Verlegung der Flussmündung um 1300 seine Bedeutung und sank zum Hofgut ab, neue Zollburg war das Schloss Eichelsheim (1270 Eschesheim, 1353 spöttisch: Gouchelingen). Hier saß von 1415 bis 1418 der in Konstanz abgesetzte Papst Johann (XXIII.) gefangen. 1606 legte Kurfürst Friedrich IV. den Grundstein zur Festung an der Stelle des alten Dorfes. Sie war gleichzeitig als militärischer Stützpunkt der protestantischen Union wie auch als Handelsplatz für das Territorium geplant und wurde nach niederländischem Vorbild angelegt. Die vor die Festung gesetzte bürgerliche Ansiedlung erhielt am 12. 1. 1607 Privilegien. Durch die im Gebiet der Planken durchlaufenden Bastionen war die im Quadratschema bebaute Unterstadt von der im Sterngrundriss angelegten Zitadelle Friedrichsburg getrennt. Letztere stand ganz unter militärischer Gerichtsbarkeit bei Ausschluss des Stadtrats. 1622 wurde Mannheim von der Liga, 1632 von Bernhard von Weimar für die Schweden erobert, die das Schloss Eichelsheim vollständig schleiften. 1635 wieder von den Bayern besetzt, wurde die Stadt weitgehend entfestigt. Beim Wiederaufbau unter Kurfürst Karl Ludwig erhielt Mannheim 1652 große Handelsprivilegien nach niederländischem Vorbild. 1664 entstand in der Zitadelle, deren Grundriss jetzt dem Quadratschema angeglichen war, ein kleines Schloss, der Wohnsitz der zweiten Gemahlin des Kurfürsten Luise von Degenfeld. Im Orléansschen Krieg fiel Mannheim nach der Eroberung durch die Franzosen 1689 völliger Zerstörung anheim. Die Franzosen ließen auch das von den Einwohnern auf dem rechten Neckarufer errichtete Neu-Mannheim nicht ungestört, 1697 brannte es ab. Der Wiederaufbau von 1699 an erhielt seine bedeutende Wende, als 1709 die Trennung zwischen Stadt und Friedrichsburg aufgehoben wurde. Noch entscheidender für das Schicksal der Stadt wurde 1720 der Beschluss Kurfürst Karl Philipps, die Residenz von Heidelberg dorthin zu verlegen. Zunächst kam der Kurfürst im Palais des Hoffaktors Oppenheimer am Marktplatz (R 1) unter. Schon vor seinem Einzug hatte er den Grundstein zum Schloss gelegt. Die Pläne stammen von Louis Remy de la Fosse, als Baumeister wirkten ab 1720 Clemens Froimont, ab 1726 Guillaume Hauberat, ab 1740 A. G. da Bibiena und ab 1752 Nicolas de Pigage. 1731 war der Ehrenhof fertig. Der Kurfürst samt zahlreichen Behörden hielt Einzug. Bis 1740 folgte der Westflügel mit Kirche (Maria Heimsuchung), Komödiensaal und Hofoper. Unter Pigage wurde der Ostflügel hauptsächlich als Unterkunft für Bibliothek, wissenschaftliche und Kunstsammlungen angefügt. Um 1760 war der Bau abgeschlossen. Die Zerstörungen von 1795 im Westen und von 1943/44 im ganzen Bauwerk haben fast nur die Außenmauern überdauert. Wiederhergestellt wurden im Innern neben der nahezu unversehrt erhaltenen Bibliothek der Kurfürstin nur Schlosskirche, Treppenhaus und Rittersaal, alle mit den einstigen Schöpfungen C. D. Asams nachempfundenen Deckengemälden, der Rittersaal wieder mit der ausgelagerten alten Ausstattung. Die Stadt war im 18. Jahrhundert nicht nur im Grundriss, sondern auch in der Wirtschaft auf das Hofleben ausgerichtet. Vom Hof kamen weitere Bauimpulse, wie 1776 bis 1779 das Zeughaus, 1771 bis 1780 das Palais Bretzenheim als Residenz der illegitimen Kurfürstenkinder, beide Gebäude von Verschaffelt, 1772 bis 1774 die Sternwarte, alle bereits vom Klassizismus geprägt. Durch Karl Theodor (1742-1799) war Mannheim bedeutendes Zentrum des Kunst- und Geisteslebens geworden. Die Mannheimer Komponistenschule ist Vorläufer der Wiener Klassik, 1763 wurde die Akademie der Wissenschaften gegründet, 1769 die Zeichnungs-, später auch Bildhauerakademie mit Antikensaal, 1775 die Teutsche Gesellschaft. Die Bemühungen um ein deutsches Schauspiel führten zum Bau des Theaters 1776/78, 1779 Nationalbühne, 1801 Hof- und Nationaltheater, ab 1918 Nationaltheater genannt (Uraufführung von Schillers »Räubern« 1782). 1778 musste Karl Theodor infolge des Aussterbens des bayerischen Astes des wittelsbachischen Hauses die Residenz nach München verlegen. Zurück blieb bis 1794 seine mit ihm überworfene Gemahlin Elisabetha Augusta. Die Ubersiedlung des Hofes brachte Bevölkerungsschwund und wirtschaftliche Krise, die die französischen Revolutionskriege noch verstärkten (1772: 25 000 Einwohner, 1807: 18 000). In ihnen verlor die Festung das links-rheinische Vorwerk, die Rheinschanze, samt zugehörigem Gemarkungsanteil. Den Franzosen vorschnell übergeben, musste die Stadt im Spätjahr 1795 eine österreichische Beschießung und Erstürmung erdulden, bei der unter anderem der Westflügel des Schlosses ausbrannte. Auf Beschluss beider kriegführender Parteien ging man 1799 bis 1801 an die Entfestigung. Der Reichsdeputationshauptschluss teilte die Stadt dem neugeschaffenen Kurfürstentum Baden zu. Alle Bemühungen um Wiedererhalt der Residenz blieben erfolglos, lediglich 1806 bis 1812 hielt hier Erbgroßherzog Karl Hof, seine Gemahlin Stephanie erwählte das Schloss zum Witwensitz 1819 bis 1860. Bis 1863 war die Stadt aus der Amtsgliederung, wie schon zur pfälzischen Zeit seit 1652, herausgenommen. 1863 wurde das Bezirksamt Mannheim gebildet, 1939 Stadt- und Landkreis voneinander getrennt. Die Zukunft der Stadt lag nach 1800 ganz auf wirtschaftlichem Gebiet, zunächst im Gefolge der Rheinschiffahrtsakte im Ausbau des Hafens ab 1834, Endpunkt der Großschiffahrt auf dem Oberrhein. Daran knüpfte sich eine Handelsbedeutung für ganz Süddeutschland, zum Teil auch weiter nach Südosten. Im politischen Leben Badens spielte Mannheim, wo 1819 Kotzebue durch den Studenten Karl Ludwig Sand ermordet worden war, eine führende Rolle durch die Vertreter seines liberalen Bürgertums in der Paulskirche. Ihr dortiges Engagement überließ allerdings den badischen Schauplatz des Geschehens mehr den Radikalen. In Mannheim selbst wurde 1849 die Revolution kurz vor dem Anmarsch der Preußen durch eine Konterrevolution entmachtet. Hernach stellte die Stadt wieder eine ganze Reihe führender liberaler Politiker in Baden und im Reich, bald aber auch namhafte Sozialdemokraten. Die Industrialisierung (Maschinenbau, Chemie, Nahrungsmittel) wurde ab 1870 immer bedeutender. Mit der Schiffbarmachung des Oberrheins ging die Stadt den Weg konsequenter Industrieansiedlung (1891 Industriehafen), Aufbau der Automobilindustrie am Platz der Erfindung des Kraftwagens (1885), Ansiedlung der Elektrotechnik (BBC 1898). Die folgende Eingemeindungspolitik brachte die in den Nachbargemeinden teilweise durch Verlegung aus der Stadt aufgebauten Werke, soweit das nicht durch Landesgrenzen gehindert war, zum Stadtbereich: 1895 Friesenheimer Insel, 1897 Käfertal, 1899 Neckarau, 1910 Feudenheim, 1913 Sandhofen und Rheinau, 1929 Wallstadt, 1930 Seckenheim und Friedrichsfeld sowie Aufhebung der abgesonderten Gemarkung Sandtorf, Kirschgartshausen und Straßenheim, 1944 Teile der Gemarkung Brühl mit Rohrhof, 1950 Rückgabe des Rohrhofs aus diesem letzten Gewinn. Damit ging die bauliche Erweiterung und Ausgestaltung der Stadt Hand in Hand. Ausbau über die Gärten auf dem einstigen Festungsgelände bis zum Ring 1870, dann folgten die Außenbezirke. Der 2. Weltkrieg mit 151 Luftangriffen vernichtete über 51% des Wohnraums, führte zum Rückgang der Bevölkerung von 280000 auf 106000. Der Wiederaufbau musste ohne zahlreiche historische Bauten auskommen, hat aber den Stadtgrundriss kaum angetastet. |