Ortslage und Siedlung (bis 1970): | Die Stadt wurde in einer Talweitung der Enz an der Einmündung der Nagold und dem Austritt beider Flüsse aus dem Schwarzwald in den Kraichgau ursprünglich auf dem nördlichen Enzufer und am Hang unterhalb des Schlossberges angelegt. Heute erstreckt sie sich weit über das Tal hinaus über die von Enz, Nagold und Würm geformten Buntsandsteinhänge der nördlichsten Schwarzwaldabdachung im Süden und über die Stufe des mittleren und oberen Muschelkalks im Norden. Von den neu eingemeindeten Stadtteilen weist nur Eutingen eine ähnliche topographische Lage im Enztal auf, während sich mit den übrigen Orten das besiedelte Stadtgebiet in die Täler und auf die Höhen des Schwarzwaldes ausgedehnt hat. Die Stadt wurde 1945 weitgehend zerstört. Der heutige Baubestand kennzeichnet die einzelnen Phasen des Wiederaufbaus, beginnend mit der raschen Bereitstellung von Wohn- und Gewerberaum, gleichförmigen Wohnblöcken des sozialen Wohnungsbaus, bis hin zu den städtebaulich markanten Großbauten für Kultur und Verwaltung. Nur an wenigen Stellen blieb ältere Bausubstanz erhalten. Der Grundriss des alten Stadtkerns wurde beim Wiederaufbau in den Grundzügen beibehalten, aber aufgelockert. Im Bereich Schlossberg—Marktplatz wurden Straßenführung und Baufluchten verändert. Der Schlossberg zieht als Straße nicht mehr genau zur Nordseite des fast rechteckigen Marktplatzes, sondern in einem die Steigung mildernden Bogen den Hang entlang und auf die östliche Karl-Friedrich-Straße, von wo er sich in der gleichfalls versetzten Deimlingstraße nach Süden fortsetzt. Dadurch wurde der Marktplatz nach Оsten erweitert und die großzügige Anlage des neuen Rathauskomplexes ermöglicht. |
Geschichte: | 245 nach Christus Port(us), auf einem römischen Meilenstein, 1067 Pforzheim. Ausgrabungen und Münzfunde (1.-4. Jahrhundert nach Christus) in der Altstadt belegen die Römersiedlung, die an der Mündung des Enz- und Nagoldtales den Eingang zum nordöstlichen Schwarzwald beherrschte. Fränkische Reihengräber beim Gaswerk zeigen die Benutzung der Trümmerstätte in der Merowingerzeit. 1067 und 1074 weist der mehrfache Aufenthalt Kaiser Heinrichs IV. wohl darauf hin, dass sich salischer Hausbesitz bei Pforzheim befand. 1080/90 wird der Markt Pforzheim genannt (später Altenstadt). Vermutlich Ende des 12. Jahrhunderts erfolgte westlich davon die Stadtgründung durch die rheinischen Pfalzgrafen, vielleicht erst nach 1220 durch Markgraf Hermann V. von Baden. Die Stadtanlage zeigt einen fünfeckigen Grundriss von zwei breiteren Verkehrsachsen durchzogen; die gewunden nördlich-südlich verlaufende weitet sich zum Marktplatz. Auf beiden Seiten dieser Straße liegen in der erhöhten Nordspitze das Schloss und die Schlosskirche. Zwischen beiden hindurch lief der Verkehr zum Oberen Schlosstor. Die Feindseite der Burg wurde durch einen quadratischen Bergfried geschützt. Die wichtigsten Ausgänge der Stadt waren daneben das Brötzinger Tor im Westen, das Tränktor im Süden und das Altstadttor im Osten. Im 14. Jahrhundert kam, zwischen Eichmühl- und Nonnenmühlgraben gelegen, die Vorstadt hinzu, die im 15. Jahrhundert bereits in die Stadtmauer einbezogen wurde. An der Spitze der Stadt stand im 13. Jahrhundert das zwölfköpfige Schöffenkollegium, aus dessen Erweiterung bis zum 14. Jahrhundert der Rat wurde. Die Vorläufersiedlung, die Altenstadt, hatte bis Mitte des 15. Jahrhunderts ein eigenes Gericht, später einen besonderen Viertmeister. 1557 wurde das Rathaus am Markt gebaut. Das Gebäude brannte mehrmals ab, wurde aber stets am gleichen Platz wieder errichtet. Der Erweiterungsbau von 1911/12 wurde nach dem 2. Weltkrieg wiederhergestellt. Ende des 15. Jahrhunderts wurde die am südlichen Enzufer gelegene Auer Vorstadt als Sitz der reichen Flößerzunft ummauert, etwa gleichzeitig die der westlichen Stadtmauer vorgelagerte Brötzinger Vorstadt. Die Altstadt, 1257 vetus civitas, 1352 alte stad, stellte bis zum Dreißigjährigen Krieg eine eigene ummauerte Anlage dar, danach einen offenen Ort. Erst im späten 19. Jahrhundert wuchs sie mit den übrigen Stadtteilen zusammen. 1905 wurde Brötzingen im Westen der Stadt, 1913 Dillweißenstein eingemeindet. Bei der Aufteilung des Hagenschießwaldes 1929 erhielt Pforzheim einen Teil dieser Gemarkung. Während für salischen Besitz in Pforzheim nur Indizien vorhanden sind, ist sicher, dass, vielleicht als Nachfolger der Kraichgaugrafen (vgl. Niefern, Gemeinde Niefern-Öschelbronn, Enzkreis) die Brüder Burkards von Staufenberg, Anselm, Adalbert und Bertold, um 1085 je ein Achtel von Pforzheim besaßen. Berthold vermachte seinen Anteil dem Kloster Hirsau, das außerdem von Hermann, dem Sohn des Anselm und Neffen, gleichzeitig Erben Adalberts zwei Achtel des Ortes kaufte. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts schenkte ein Dienstmann Herzog Friedrichs II. von Schwaben mit dessen Erlaubnis dem Kloster Hirsau eine Hube Land zu Pforzheim; vermutlich übten die Staufer in Nachfolge der Salier eine Oberhoheit über Pforzheim aus. Sicher ist, dass sich der Ort 1157 in der Hand des Pfalzgrafen Konrad von Staufen befand. Über Irmengard, die Tochter des Pfalzgrafen Heinrich I., gelangte Pforzheim als Mitgift zwischen 1220 und 1227 an Hermann V. von Baden. Im Besitz dieses Hauses blieb die Stadt bis 1918. Im 13. und 14. Jahrhundert stellte sie die Residenz der Markgrafen dar. Nach der Schlacht von Seckenheim musste Pforzheim 1463 dem Pfalzgrafen zu Lehen aufgetragen werden. 1740 wurde es ausgelöst. In das Ende des 15. Jahrhunderts fällt der politische Bedeutungsschwund, verglichen mit der neuen Residenz Baden-Baden. 1535, nach der Teilung der Markgrafschaft, residierte die ernestinische Linie in Pforzheim. 1565 aber verlor die Stadt endgültig die Funktion als Herrschaftssitz an Durlach. Pforzheim blieb stets Amtssitz und bis 1918 auch Grablege des Herrscherhauses. Das Amt beziehungsweise Oberamt, im 19. Jahrhundert vorübergehend in Stadt- und Landamt geteilt, wurde 1864 dem Kreis Karlsruhe eingegliedert. 1939 entstand der Stadtkreis, der in der Verwaltungsreform erweitert wurde. Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges war Pforzheim von Schweden, kaiserlichen Truppen und Bayern besetzt; Kurfürst Maximilian von Bayern erhob dabei die Ansprüche, die er als Rechtsnachfolger der Pfalzgrafen erworben hatte. Erst mit dem Westfälischen Frieden kam die schwerzerstörte Stadt wieder an Baden-Durlach, wurde jedoch im Reunionskrieg erneut von Franzosen besetzt und angezündet. Unter Markgraf Friedrich Magnus, der 1698/99 in Pforzheim weilte, begann der Wiederaufbau auf gleichem Grundriss. Die stark dezimierte Bevölkerung erhielt Zuzug aus Württemberg und von französischen Religionsflüchtlingen. Von der Mitte des 19. Jahrhunderts an stellten die gemäßigten Liberalen, später Nationalliberalen, die bedeutendste politische Kraft der Stadt dar. Ab etwa 1880 gewannen die Sozialdemokraten, die schon vor 1871 in Pforzheim vertreten waren, oft im Bündnis mit den Linksliberalen, beherrschenden politischen Einfluss. Dieses Kräfteverhältnis hielt bis zum Ende der Weimarer Republik an. Bei einem großen englischen Luftangriff am 23. 2. 1945 wurde die Stadt zu zwei Dritteln zerstört. Die Innenstadt brannte nieder. Bei Kriegsende hatte sich die Einwohnerzahl um 46,2 % auf 36205 verringert. Am 8. 4. 1945 erfolgte die Besetzung durch die Franzosen. Die wichtigsten historischen Bauwerke waren zerstört. Vom Schloss standen nur noch der Archivturm und der Leitgastturm; die bedeutendsten Kirchen sind inzwischen wiederaufgebaut. |
Wirtschaft und Bevölkerung: | Der wirtschaftliche Aufstieg von Pforzheim vollzog sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Bis in die 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts war die Flößerei das bedeutendste Gewerbe der Stadt, dessen Anfänge bis ins 13. Jahrhundert zurückreichen. 1342 wurde in Pforzheim ein Floßvertrag zwischen Baden und Württemberg abgeschlossen. Den eigentlichen Höhepunkt erlebte dieses Gewerbe in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts, begründet durch den Zusammenschluss der Flößer im Jahre 1742, an dem auch Calw, der bisherige Konkurrent, teilhatte; die Holzlieferungen gingen damals über Enz, Neckar und Rhein bis nach Holland. Im 15. Jahrhundert wurde das Textilgewerbe in Pforzheim besonders gefördert, verlor aber seine Bedeutung im Dreißigjährigen Krieg. Während andere Versuche der Industrieansiedlung scheiterten, entwickelte sich die Schmuckindustrie rasch. 1767 wurde die erste Uhrenfabrik von einem Franzosen gegründet, die bald zur Schmuckfabrikation überging. Daneben entstanden weitere Kleinbetriebe, deren Fertigung auch Exporterfolge erzielte. Im 19. Jahrhundert wurde die Uhren- und Stahlwarenfabrikation aufgegeben, die Schmuckindustrie erholte sich jedoch rascher aus der Krise in der Nachfolgezeit der Französischen Revolution und gelangte schließlich zur beherrschenden Stellung. |