Faber, Hermann Friedrich 

Geburtsdatum/-ort: 13.11.1858;  Göppingen
Sterbedatum/-ort: 07.01.1945;  Blaubeuren
Beruf/Funktion:
  • ev. Dekan
Kurzbiografie: 1872–1874 ev.-theol. Seminar Schöntal
1874–1876 ev.-theol. Seminar Urach
1876–1877 einjähriger Freiwilligendienst beim Militär in Tübingen
1877–1881 Studium der Ev. Theologie an der Univ. Tübingen, Stipendiat im Ev. Stift Tübingen
1881 Erste theologische Prüfung
1881–1882 Vikar in Großsüßen
1882–1883 Stadtvikar in Bad Cannstatt
1883–1884 Pfarrverweser in Zwiefalten
1884–1885 Repetent am Ev. Stift Tübingen
1885 Zweite theol. Prüfung
1885–1893 Diakon bzw. Zweiter Stadtpfarrer in Sulz/Neckar
1893–1899 Dritter Stadtpfarrer in Göppingen
1899–1911 Dekan und Erster Stadtpfarrer in Aalen
1911–1930 Dekan und Erster Stadtpfarrer in Tübingen
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Auszeichnungen: Silberne Hochzeitmedaille (1911), 6. Rangstufe (1914), Charlottenkreuz (1916), Ritterkreuz 1. Klasse des Friedrichsordens (1916)
Verheiratet: Sophie, geb. Sapper (1864–1943) aus Heidenheim an der Brenz
Eltern: Vater: Adolf Friedrich Faber (1817–1895), Kaufmann in Göppingen
Mutter: Anna Maria, geb. Kötzle (1826–1867)
Stiefmutter: Pauline Friederike, geb. Luithlen (1836–1911)
Geschwister: 12, darunter Theodor Friedrich (1865–1955) Pfarrer; 3 Stiefgeschwister (Kinder aus 2. Ehe des Vaters)
Kinder: 2: Irmgard (1887–1953), verh. mit Theodor Hermann (1882–1960), Dekan in Blaubeuren; Albrecht (* 1903), Studium der Botanik
GND-ID: GND/1012261999

Biografie: Harald Müller-Baur (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 56-57

Faber wurde am 13.11.1858 als neuntes Kind einer Kaufmannsfamilie in Göppingen geboren. Den gängigen Bildungsweg für württembergische evangelische Pfarrer schlug er mit dem Besuch der evangelisch-theologischen Seminare in Schöntal und Urach ein. Seit dieser Zeit sang er gerne und pflegte das Cellospiel. Für sein Theologiestudium an der Universität Tübingen erhielt er 1876 ein Stipendium am Evangelischen Stift, leistete zunächst aber den einjährigen Freiwilligendienst beim Militär ab, dessen Ende er als Erlösung empfand. Während des Studiums gehörte er zu den ehemaligen Uracher Seminaristen im Stift, die sich in der Stube „Rothenburg“ trafen und 1880 die Studentenverbindung „Akademische Gesellschaft Rothenburg“ gründete, die sich teilweise von anderen Studentenverbindungen abgrenzte und keine Farben oder andere Abzeichen trug.
Seine ursprünglich theologisch konservative, vom Pietismus beeinflusste Einstellung wurde durch kritisches Denken während der Seminarzeit aufgebrochen. Im Studium wandte er sich vollends einer moderneren Theologie zu, die von Friedrich Schleiermacher und Albrecht Ritschl beeinflusst war. Diese Entwicklung schrieb Faber weniger seinen Lehrern als der Lektüre theologischer Literatur zu.
Nachdem Faber sein Studium 1881 als Jahrgangsbester abgeschlossen hatte, wurde er Vikar in Großsüßen und Bad Cannstatt sowie Pfarrverweser in Zwiefalten. Darauf folgte eine Tätigkeit als Repetent im Tübinger Stift, an die sich eine wissenschaftliche Reise anschloss. Er hörte in Berlin Vorlesungen, unter anderem bei dem Historiker Heinrich von Treitschke, und bereiste anschließend Skandinavien.
Als zweiter Stadtpfarrer in Sulz am Neckar konnte er bereits die Amtsführung eines Dekans kennen lernen, dessen Stelle er einige Monate versehen musste. Seine praktischen Fähigkeiten und Verwaltungskenntnisse konnte er bei der Renovierung der Kirche im Filial Holzhausen umsetzen. Nach einer weiteren Station als dritter Stadtpfarrer in Göppingen wurde Faber 1899 als Dekan und erster Stadtpfarrer von Aalen berufen. Damit war er nicht nur Pfarrer der Stadt, sondern hatte auch den Kirchenbezirk Aalen zu leiten und war Vorgesetzter der Pfarrer. Er engagierte sich in zahlreichen kirchlichen und wohltätigen Vereinen, wobei ihm besonders an der sozialen Fürsorge lag. Seit 1902 war Faber auch korrespondierendes Mitglied des Landeskonservatoriums.
Fabers Erfahrung als Dekan und seine gute theologische Bildung machten ihn für die anspruchsvolle Stelle des Tübinger Dekans geeignet, die er 1911 übernahm. Hier hatte er nicht nur einen viel größeren Kirchenbezirk zu betreuen, die Universitätsstadt bot auch für den Theologen besondere Herausforderungen. Einerseits waren viele Gemeindeglieder Akademiker, andererseits predigten auch Theologieprofessoren als so genannte Frühprediger neben dem Dekan in der Stiftskirche.
Die Anfänge seiner Tübinger Amtszeit waren durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs geprägt. Wie andere Dekane war er national-protestantisch eingestellt und engagierte sich in Bezirk und Stadt für die Unterstützung des Krieges in der Heimat. In der Stiftskirche wurden Kriegsbetstunden abgehalten, Hinterbliebene und Verwundete in den Tübinger Lazaretten wurden seelsorgerlich betreut. Für Kriegerfrauen wurden kirchliche Veranstaltungen angeboten und bei gewonnenen Schlachten die Kirchenglocken geläutet. Im Jahr 1915 wurde ein Evangelisches Gemeindeblatt für Tübingen ins Leben gerufen, das in hoher Auflage den Soldaten der Gemeinde kostenlos zugeschickt und von Faber zeitweise redigiert wurde. Faber erkannte zwar, dass in Tübingen eine grundlegende Renovierung der Stiftskirche und der Bau eines Gemeindehauses erforderlich gewesen wären, aber Erster Weltkrieg und Inflation verhinderten diese Vorhaben. An der Stiftskirche wurden während seiner Amtszeit nur einzelne Baumaßnahmen wie z. B. die Behebung der Schäden des Erdbebens von 1911, die Einrichtung einer elektrischen Beleuchtung oder die Erweiterung der Orgel durchgeführt.
Faber wird als gewissenhaft und zuverlässig geschildert, neben einer soliden theologischen Bildung zeichnete ihn auch sein Verständnis für praktische Dinge und sein Geschick für Verwaltung aus. Landesbischof Theophil Wurm schätzte Faber, weil er selbst als Pfarrer der Evangelischen Gemeinschaft bei ihm in Göppingen Einblicke in das Vereinswesen erhielt und als Dekan in Reutlingen viel von seinem Kollegen aus dem Nachbarbezirk gelernt hatte. Als Faber 1930 in den Ruhestand ging, war er mit 72 Jahren der älteste noch aktive Pfarrer der Landeskirche gewesen. Nach dem Tod seiner Frau zog er 1943 zu seiner Tochter und seinem Schwiegersohn, Dekan Hermann, nach Blaubeuren, wo er 1945 starb.
Quellen: LKAS A 29, Nr. 12, 13, 1552, 4506 und 4657; A 127, Nr. 639; DekanatsA Sulz am Neckar, Nr. 143a; DekanatsA Tübingen, Nr. 560, 584, 585, 750, 752, 764, 776, 1412, 1413 und 1414.

Literatur: Aus den Lebenserinnerungen von Hermann Faber 1858–1945, Aufzeichnungen im Ruhestand in Tübingen, in: BWKG 55 (1955), 143–150; Ev. Gemeindeblatt Tübingen, Jg. 1915–1930.
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