Geyer zu Lauf, Hans Freiherr von 

Geburtsdatum/-ort: 01.01.1895;  Freiburg i. Br.
Sterbedatum/-ort: 10.08.1959;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Kunstmaler und Zeichner
Kurzbiografie: 1916 Abitur am Realgymnasium Freiburg; schwere Erkrankung; Selbstausbildung in verschiedenen Maltechniken
1917 Wohnsitz in Diessen am Ammersee
1919 Wohnsitz in Schönberg an der hessischen Bergstraße, Aufenthalte und Studienreise in München und Holland
1931 Schichtenmalerei in Mischtechnik, selbstentwickelte Lasurmalerei im Sinne Albrecht Dürers
1938 anerkannt – eigene und Kollektivausstellungen in Worms, Berlin bei Gurlitt, Stuttgart bei Schaller und in den Kunsthallen Mannheim, Darmstadt, Wiesbaden, Mainz und Freiburg, Ankäufe durch Privatleute und öffentliche Dienststellen (die Mehrzahl der Arbeiten im Krieg vernichtet)
1941 wieder in Freiburg
1944 Zerstörung des Ateliers und vieler Bilder beim Luftangriff, Unterkommen im elterlichen Haus in Emmendingen
1947 Beginn der reichsten Schaffensperiode mit der Reihe der „Traumbilder“; „diaphane“ Malerei, Ausstellungen im Markgrafenschloß Emmendingen, bei Schaller in Stuttgart, in den Kunstvereinen Bochum und Pforzheim, Verkäufe in die Schweiz und nach USA
1954 Rückkehr nach Freiburg – Reisen in die Schweiz und nach Italien; Ankäufe durch die Badischen Regierungspräsidien und die Stadt Freiburg, gefördert durch den Kreis seiner Freunde und Verehrer seiner Kunst, rastlose künstlerische Arbeit
1959 Tod durch Autounfall
Weitere Angaben zur Person: Religion: evangelisch
Verheiratet: 1. 1918 St. Georgen (Bayern), Gretke, geb. Jürgens
2. 1949 Emmendingen, Isolde, geb. Frey
Eltern: Rudolf, Dr. med., Laryngologe (1868-1949)
Helene, geb. Thoma (1870-1942)
Geschwister: Helmuth (1889-1969)
Kinder: keine
GND-ID: GND/1012266249

Biografie: Bernd Kellner (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 3 (2002), 101-102

Geyer, ältester Sohn des Freiburger Arztes Freiherr Rudolf von Geyer, ist Nachkomme alteingesessener Familien aus Freiburg und dem Schwarzwald, wie „von Rotteck“ und „Thoma“. Seine Kindheit im wald- und wiesenumkränzten Vorort Günterstal begründet sein inniges Verhältnis zur Natur. Das eigentliche Berufsziel, nämlich Ingenieur zu werden, muß er wegen einer langen, schweren Krankheit aufgeben, die ihn, bald nach dem Abitur, zu ruhiger und zurückgezogener Lebensweise zwingt. Gründliche Überlegung und Beschäftigung mit Natur und Kunst festigen seinen Entschluß, Kunstmaler zu werden. Er setzt sein Eigenstudium, mit exakten Naturzeichnungen und der Beschäftigung mit Maltechniken, in der Gegend von München fort.
Durch seine erste Frau, Gretke Jürgens, findet er ein Zuhause in Schönberg an der Bergstraße, wo er auch wieder gesund wird. 1931 gelingt ihm nach langem Bemühen, wozu auch eine eingehende Korrespondenz mit dem Doerner-Institut in München gehört, der Durchbruch zu einer selbstentwickelten Lasurmalerei im Sinne Albrecht Dürers. Er verarbeitet wasserlösliche und wasserunlösliche Schichten zu einer Mischtechnik, die aus selbsthergestellten Tempera- und Harzfarbenschichten besteht. Neben Aquarellen und Tuschebildern entstehen erste Silberstiftzeichnungen. Das Jahr 1938 bringt öffentliche Anerkennung mit ersten Ausstellungen. Der finanzielle Erfolg bleibt jedoch aus.
1941 zieht der Künstler wieder in die „mütterliche Stadt“, wie er Freiburg nannte und deren Zerstörung er, zusammen mit seinem Bruder, vom Schloßberg aus nächster Nähe miterlebt. Erst nach diesem Schlüsselerlebnis und als Antwort darauf, wie auch auf die düstere, fragwürdige Zeit mit ihren großen Umbrüchen, kann er die gefundene Mischtechnik voll verwirklichen und die Leuchtkraft der Farben von Grund auf verstärken. Er nennt sie „diaphan“ und schreibt 1947: „Die entscheidende Phase in meinem Schaffen bricht an. ... Untermalung al prima in leuchtenden Aquarellfarben auf (isolierte) Gips-Kreidegründe. Große Abkürzung. Darüber Mischtechnik, also Harzfarblasuren und Tempera“. Untermalung und Übermalung werden als Schichten und Lasuren in Aquarell (Untermalung), Tempera, Caseintempera, Caseinemulsion und aquarellartig dünn gehandhabter Ölfarbe und Harzfarben aufgetragen, oft in mehr als 20 Schichten; einmal sind es 43.
In Emmendingen beginnt er, vor allem in der Neufassung des Tafelwerks, neue helle Werke als Künstler und, in seiner Verbindung mit Isolde Frey, als Mensch ein neues Leben. In seinen Bildern zeigt sich, trotz Kraft und Fülle der Natur, deren Vergänglichkeit, bleibt immer die Bedrohung zu spüren, der sie und mit ihr der Mensch, und sei es durch ihn selbst, ausgesetzt ist. Es wird, neben den Bildtiteln, auch an der mit den Jahren zunehmenden Abstraktion der Naturform klar, daß diese Landschaften eigentlich unser Inneres betreffen und klarstellen. Das Besondere von Geyer besteht in der Verschmelzung verschiedener Quellen: Dürer und noch Frühere, dann Runge, Kandinsky, die Surrealisten, chinesische Kunst u. a. Ganz ihm zu eigen ist die betont starke, sich persönlich äußernde Verbundenheit mit der Natur.
Auch wenn Geyer den Markthandel nicht erreicht hat: der Betrachter steht hier der Kunst eines geistigen Menschen gegenüber, der durch sein hohes handwerkliches Können ebenso beeindruckt, wie durch den Ernst seiner künstlerischen Absicht und Aussage. In Emmendingen besteht seit 1984 der „Freundeskreis Geyer zu Lauf e. V.“, der Werk und Andenken des Künstlers bewahren und pflegen will und zu diesem Zweck seit 1997 die „Sammlung Geyer zu Lauf“ als ständige Ausstellung in dieser Stadt eingerichtet hat.
Quellen: „Genaues Verzeichnis meiner Bilder seit 1931“, Original im Besitz von Isolde, Freifrau von Geyer zu Lauf, Kopie beim „Freundeskreis Geyer zu Lauf e.V.“, Emmendingen
Werke: Hauptarbeit: das Tafelwerk „Ein kosmischer Gesang“, 14 Bildteile, 18,7 qm Bildfläche; Reihen: „Kleinstaquarelle“, „Traumbilder“, „Wachstümliche Formen“, angefangene „Reihe auf Goldgrund“; Trilogien: „Ewiges Wasser“, „Kleine Trilogie“ mit den Seitenteilen „Tafeln der Zerstörung“; „Mayenfelser Zyklus“, „Zyklus in Blau“; Einzelbilder: Mischtechniken, Aquarelle, Pastelle, Zeichnungen mit Bleistift, Silberstift, Feder
Nachweis: Bildnachweise: Ekkhart 1961, 123; Einladung der Stadt Emmendingen zur Ausstellung 1984; Heimatkalender der Stadt Emmendingen 1988, 33

Literatur: Dreßler, Die Kunst und das schöne Heim, 50 (1951/52), Beilage 78; Velhagen&Klasings Monatshefte 49/11 (1934/35), 488, 559; ebd. 55 (1940/41), 614 f.; Vollmer 2 (1955), 235; Heinrich Weiß, Hans Freiherr Geyer zu Lauf zum Gedächtnis, BZ Freiburg 17.08.1959; H. Gombert, Katalogvorwort zur Geyer zu Lauf-Ausstellung im Augustinermuseum Freiburg 1960; Martin Gosebruch, Geyer zu Lauf, in: Ekkhart 1961, 123-134; Bernd Kellner, Text zur Geyer zu Lauf-Gedächtnisausstellung 1984 in Emmendingen und „Emmendinger Malerviertel erweitert“, Heimatkalender der Stadt 1988, 36; Dokumentationsmappen Geyer zu Lauf, bisher Nr. 1, 1988, Nr. 2, 1991, hg. vom „Freundeskreis Geyer zu Lauf“, 79312 Emmendingen
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