Häcker, Otto Adolf 

Geburtsdatum/-ort: 18.06.1865;  Esslingen
Sterbedatum/-ort: 18.08.1940;  Ulm
Beruf/Funktion:
  • Landgerichtsrat, Heimatforscher
Kurzbiografie: Gymnasium in Stuttgart, Ravensburg und Tübingen
Studium der Rechtswiss. in Tübingen und Leipzig
Referendar und Justizdienst in Tettnang, Tübingen, Ulm und Ludwigsburg Regierungsassessor beim Geheimen Rat in Stuttgart
Amtsrichter in Urach
Richter an den Landgerichten Heilbronn und Stuttgart
1903–1914 Landrichter in Ellwangen
1908–1914 Vorstand des Geschichts- und Altertumsvereins Ellwangen (24.9.1914 Ehrenvorstand)
1914 Ehrenbürger der Stadt Ellwangen (9.7.1914)
1914–1924 Landgerichtsrat in Ulm (Ruhestand 1924)
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: Ida Pauline Klara Mathilde, geb. Kübel (1862 Esslingen–1948 Rottweil), Tochter des Landgerichtsdirektors Karl Kübel
Eltern: Vater: Dr. iur. h. c. Karl Gustav Häcker (1822–1896), zuletzt Landgerichtspräsident in Tübingen
Mutter: Marie, geb. Mögling (* 1829)
Geschwister: Maria (* 1851); Carl Gustav (1852–1853); Anna (1853–1855); Emilie (* 1855); Elise (*1857); Elena Mathilde (* 1860)
Kinder: Karl Hellmut (* 1898 Stuttgart), verh. 1940 (Ulm) mit Hildegard, geb. Unseld
GND-ID: GND/1012269205

Biografie: Hans Eugen Specker (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 100-103

Gustav Häcker, der Vater Otto Häckers, stammte aus einer in Stuttgart eingesessenen Familie. Als Jurist im Staatsdienst führte ihn die Laufbahn als Oberjustizassessor nach Ellwangen und Esslingen, wo er 1866 zum Oberjustizrat avancierte, und 1869 in gleicher Funktion nach Stuttgart. 1879 wurde er zum Landgerichtsdirektor zunächst in Ravensburg, 1881 in Tübingen und dort 1887 zum Landgerichtspräsidenten ernannt, ehe er 1893 in den Ruhestand trat. Mit den wechselnden Dienstsitzen des Vaters besuchte Otto Häcker die Gymnasien in Stuttgart, Ravensburg und Tübingen und begann in Tübingen mit dem Studium der Rechtswissenschaften, das er in Leipzig fortsetzte.
Häcker wuchs in einem musisch geprägten Elternhaus auf. Der Vater, dichterisch und musikalisch begabt, wirkte u. a. in Esslingen als Vorstand des Oratorienvereins, schrieb in seiner Stuttgarter Zeit zahlreiche Musik- und Theaterkritiken und leitete kommissarisch für ein Jahr als Intendant das Hoftheater. Von der Familientradition beeinflusst, veranstaltete Häcker während seiner Referendarzeit in Tettnang kleinere Konzerte, bei denen er als Pianist auftrat, und organisierte an den weiteren Stätten seines Wirkens verschiedene Theateraufführungen, zu denen er Texte und Musik teilweise selbst verfasste und komponierte.
Ein „Stoffgebiet konkreterer Art“ für seine „durch Übung“ entwickelte „Gewandtheit in schriftstellerischer Darstellung“ fand Häcker, wie er 1935, sich seiner Fähigkeiten bewusst, in einem Lebenslauf schrieb, in der Beschreibung seiner Reisen und Fahrten. 1890 fasste er den Plan zu einem breit angelegten Reisehandbuch für die Schwäbische und Fränkische Alb, das die auf seinen Wanderungen „mit Notizbuch und Bleistift“ festgehaltenen Landschaftsschilderungen und Wegebeschreibungen zusammenfassen sollte. Berufliche Aufgaben brachten das Werk immer wieder ins Stocken, und als 1903 der „Albführer“ von Julius Wais (1871–1950) erschien und in rasch aufeinander folgenden, jeweils wesentlich erweiterten Neuauflagen große Verbreitung fand, ließ Häcker sein umfangreiches Material – von zwei kleineren Arbeiten über die „schönsten Aussichtspunkte“ (1907) und die „Jahreszeiten der Schwäbischen Alb“ (1909) abgesehen – unveröffentlicht.
Mit der Versetzung an das Landgericht Ellwangen 1903 bot sich Häcker ein neues, sein künftiges ehrenamtliches Wirken bestimmendes Tätigkeitsfeld, in das er seine bisherigen Erfahrungen einbringen konnte. Nachhaltig engagierte er sich in dem – nach einer kurzen Vorlaufphase von 1819 bis 1822 – im November 1904 neu gegründeten Geschichts- und Altertumsverein Ellwangen. Bereits am 11. März 1908 wurde er zu dessen Vorstand gewählt. In seine Amtszeit fiel die Eröffnung des Museums auf dem Schloss (1908) mit den reichhaltigen, in eine kirchliche und eine weltliche Abteilung gegliederten Sammlungen des Vereins, deren ständige Erweiterung er planmäßig betrieb. Für das seit 1910 erscheinende Ellwanger Jahrbuch übernahm er die Schriftleitung, ließ eine Handbibliothek und eine Bibliographie zum lokalen und regionalen Schrifttum anlegen und begann systematisch mit der Sammlung von Daten und Notizen zu Persönlichkeiten und Gebäuden sowie von Karten, Plänen und Lichtbildern zur Geschichte Ellwangens. Die Attraktivität des Museums suchte er ab 1913 durch Wechselausstellungen vor allem heimischer zeitgenössischer Kunst und des Kunstgewerbes zu steigern.
Auch nach seinem Weggang von Ellwangen blieb er der Stadt, die ihn 1914 zum Ehrenbürger ernannte, und dem Verein, der ihn im gleichen Jahr zum Ehrenvorstand wählte, verbunden. Von dem im Schlossmuseum verwahren Exemplar des „Hortus Eystettensis“ ließ er sich zu einem Beitrag über bedeutende Ellwanger Botaniker inspirieren (1926), in dem er zugleich auf die naturkundlichen Bestände des Museums hinwies. In Verbindung mit dem Verkehrsverein gab er 1922 und erweitert 1927 als Werbung für die Stadt eine „Heimatschrift“ über Ellwangen heraus und 1933 zusammen mit dem Geschichtsverein einen „für Fremde und Einheimische“ gedachten Führer durch Schloss und Schlossmuseum, beides Belege für seine auf Außen- und Breitenwirkung zielende Begabung zur Vermittlung historischen Wissens.
Die Versetzung an das Landgericht Ulm 1914 führte Häcker in den im Vergleich zu Ellwangen wesentlich älteren (gegründet 1841), bereits fest etablierten Verein für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben und alsbald in dessen Ausschuss. 1917 übernahm er darin das Amt des Konservators für die wertvollen Sammlungen des Vereins an Altertums- und Kunstgegenständen, die 1921 dem Gewerbemuseum zur dauernden Aufbewahrung übergeben wurden. Im Verwaltungsrat des Gewerbemuseums vertrat er auch dort die Interessen des Vereins und blieb, nachdem das Gewerbemuseum 1924 im Museum der Stadt Ulm aufgegangen war, als Konservator weiterhin für die dem Verein gehörenden Sammlungen zuständig.
Regelmäßig trug Häcker seit 1917 zum Vereinsleben durch Vorträge bei, für die er meist Ulmer Persönlichkeiten oder signifikante Bauten, aber auch Gedenktage (z. B. 1931: 400. Jahrestag der Ulmer Reformation, 1937: 100 Jahre Abbruch von Tortürmen) als Themen wählte, die von seiner eingehenden Beschäftigung mit der Geschichte seiner neuen Wirkungsstätte zeugen. 1924 vorzeitig in den Ruhestand getreten, konnte er sich ganz seinen Neigungen und publizistischen Arbeiten widmen. Mit auf seine Initiative gaben die Ulmer Tageszeitungen heimatkundliche Beilagen heraus (Ulmer Tagblatt: Ulmische Blätter für heimatliche Geschichte, Kunst und Denkmalpflege, 1924–1928; Schwäbischer Volksbote: Ulmer historische Blätter, 1924–1928), zu denen er ebenso wie für andere Presseorgane und Zeitschriften zahlreiche Artikel beisteuerte. Als 1925 der Ulmer Volksbildungsverein, in dessen Kuratorium er 1933 gewählt wurde, mit dem Vorschlag an ihn herantrat, monatliche „Wanderkurse“ anzubieten, konnte er an sein früheres Vorhaben eines Reisehandbuches anknüpfen. Um die 100 Teilnehmer führte er jeweils in Landschaft und Sehenswürdigkeiten ein, und lohnenswerte Ziele beschrieb er auch in einem in Fortsetzungen erschienenen „Ulmer Wanderbuch“ (1927–1930). Mit diesen Erfahrungen beteiligte er sich 1934 mit einer Denkschrift an dem von Verkehrsverein und Kunsthandwerkergilde ausgeschriebenen Wettbewerb um Vorschläge zur Verschönerung von Ulm und Umgebung und gewann den Preis des Bundes für Heimatpflege.
Sorgfältig bereitete er auch die meist zweitägigen Sommerexkursionen des Ulmer Geschichtsvereins vor, aus denen teilweise größere Aufsätze entstanden. So erwuchs aus einer Fahrt an die obere Donau und nach Meßkirch, bei der u. a. Grabmale und Epitaphien aus Bronze besichtigt wurden (1933), ein posthum gedruckter Beitrag über „Schwäbische Erzbildnerei“ (1941). Erst posthum erschienen ist auch die auf Anregung des Stuttgarter Verlags Steinkopf im Winterhalbjahr 1939/40 verfasste Ulmer Stadtgeschichte (1940). Gewagte Thesen, vor allem zur Frühgeschichte und zu den Anfängen der Stadtgeschichte, stießen zwar auf Widerspruch (Max Ernst, in: ZWLG 5, 1941, 430–450), aber auch kritische Rezensenten bestätigten der nach Jahrhunderten gegliederten Darstellung, dass sie einen anschaulichen, flüssig geschriebenen und die Kunstgeschichte einbeziehenden Überblick biete.
Schon früh hatte Häcker erkannt, dass „der juristische Beruf [seine] Neigungen nicht ganz ausfüllte“, und sich seiner schriftstellerischen Begabung entsprechenden Interessengebieten zugewandt. In den Geschichtsvereinen von Ellwangen und Ulm fand er eine ihn erfüllende Aufgabe. Der Aufbau und die Pflege von Sammlungen wurden ihm dort zum besonderen Anliegen, boten sie ihm doch die Möglichkeit, von Objekten und der unmittelbaren Anschauung ausgehend, Kenntnisse über die Vergangenheit allgemein verständlich zu vermitteln. Diese Intention wurde auch zur Leitlinie seiner Führungen und historischen Arbeiten. Dabei lag der Schwerpunkt weniger auf archivalischen Forschungen als auf der Auswertung gedruckter Quellen und vor allem der Literatur. Umfassend belesen, konnte er lokale Entwicklungen auch in größere Zusammenhänge einordnen. Mit der Vielseitigkeit seiner Themen, den in rascher Folge in verschiedenen Publikationsorganen erschienenen Veröffentlichungen, seinen Vorträgen und Führungen ist es Häcker gelungen, eine breitere Öffentlichkeit mit historischen Themen anzusprechen.
Quellen: StadtA Ulm, G 2 (Personendokumentation Häcker).
Werke: (in Auswahl) Die Schwäbische Alb. Eine vergleichende Rundschau über ihre schönsten Aussichtspunkte, 1907; Die Jahreszeiten der Schwäbischen Alb, 1909; Klemens Wenzeslaus, der letzte Fürstpropst von Ellwangen. Zum 100. Gedenktag seines Todes, in: Ellwanger Jb. 3 (1912/13), 1–29; Auf den Spuren der Ahelfinger. Eine Geschichts- und Kunstwanderung auf heimatlichen Pfaden [Wasseralfingen und Umgebung], in: ebda. 8 (1922/23), 3–33; Ellwangen an der Jagst. Eine Heimatschrift, 1922, erweiterte Aufl. 1927; Zur Pflege der Landesgeschichte, in: Staatsanzeiger für Württemberg (1926), Nr. 272; Eichstätt und Ellwangen als Pflegestätten der Pflanzenkunde, in: Ellwanger Jb. 10 (1926/28), 111–125; Die ältesten Apotheken Ulms, in: Ulmische Blätter 2 (1926), 39; Geschichte des Ulmer Stadtmuseums, in: Ulmer historische Blätter 3 (1927), 2 ff.; Ulmer Wanderbuch. Ein Führer für Fremde und Einheimische, 4 Bde., 1927,1930; Ulmer Bildschnitzkunst des späten Mittelalters, in: Archiv für christliche Kunst 43 (1928), 109–119; Das Dominikanerkloster in Ulm, in: Literarische Beilage des Staatsanzeigers für Württemberg (1928/29); Neu entdeckte Grabmäler im Kloster Urspring, in: Schwäbischer Merkur (1929), Nr. 605; Die Reformation in Ulm. Zu ihrem 400-jährigen Gedächtnis, in: ebda. (1931), Nr. 90; Die kirchliche Kunst der Reichsstadt Ulm in protestantischer Zeit. Zum 400-jährigen Gedächtnis der Ulmer Reformation, in: Württemberg. Monatsschrift im Dienste von Volk und Heimat (1931), H. 4, 171–180; Die Grabdenkmäler des Alten Friedhofs in Ulm, in: Die Brücke. Mitteilungsblatt des Volksbildungsvereins I, 7 (1931); Beiträge zur Heimatkunde des Bezirks Neu-Ulm. Geschichte und Kunstdenkmäler der Gemeinden des Ulmer Winkels, in: Aus dem Ulmer Winkel (1932), 22 ff., (1933), 3 ff.; Schloss und Schloss-Museum Ellwangen an der Jagst. Führer für Fremde und Einheimische, 1933; Die Entstehung des Klosters Ellwangen, in: Ellwanger Jb. 12 (1933/35), 9–39; Johann Herkules Haid. Gymnasialprofessor, Schriftsteller der Landeskunde und Volkswirtschaft 1738–1788, in: Schwäbische Lebensbilder I (1940), 227–233; Martin Zeiller. Schriftsteller der Landeskunde und Geschichte, Enzyklopädist 1589–1661, in: ebda. 1 (1940), 563–573; Über die kirchlichen Aufgaben der frühchristlichen Benediktinerklöster und die Kirchenpolitik der fränkischen Könige, in: BWKG N. F. 44 (1940), 39–45; Ulm. Die Donau- und Münsterstadt im Lichte der Vergangenheit. Ein Gang durch die Geschichte der führenden Reichsstadt Schwabens, 1940; Schwäbische Erzbildnerei vom Mittelalter bis zur Neuzeit mit besonderer Berücksichtigung Ulms und der Beziehungen zu den Kunstgießereien der süddeutschen Städte, in: Ulm und Oberschwaben 31 (1941), 5–51 mit 17 Bildtafeln.
Nachweis: Bildnachweise: Foto Geschichts- und Altertumsverein Ellwangen, abgedruckt in: Ellwanger Jb. 5 (1915/16), Vorsatzblatt.

Literatur: August Steinhauser, Otto Häcker, in: Ellwanger Jb. 5 (1915/16), 53–57; Eugen Haug, Zum 25-jährigen Jubiläum des Geschichts- und Altertumsvereine Ellwangen. Ein Rückblick, in: ebda. 10 (1926/28), 5–17, bes. 10–14; Ernst Kaiser, In memoriam Otto Häcker (mit Aufzeichnungen aus einem selbst geschriebenen Lebenslauf), in: ebda. 13 (1936/46), 118–121; Nachruf in: Schwäbischer Merkur (1940), Nr. 194, 5; Otto Wiegandt, Nachruf in: Ulm und Oberschwaben 31 (1941), 191.
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)