König, Josef 

Geburtsdatum/-ort: 28.06.1904;  Hausach
Sterbedatum/-ort: 13.05.1945;  Waldshut
Beruf/Funktion:
  • Geistlicher, Opfer des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1922 Abitur am Friedrich-Gymnasium in Freiburg
1922–1927 Studium d. Theologie in Freiburg im Br.
1927 III. 19 Priesterweihe, kurz darauf Ausbruch einer psychischen Erkrankung
1927 X. 4 Vikar in Lauf, Dekanat Ottersweier
1933 erste Konflikte mit den örtlichen NS-Jugendorganisationen
1934 II. 16 Versetzung nach Durmersheim, neuerliche Konflikte mit den Nationalsozialisten
1934 V. 16 Versetzung nach Schweinberg
1934–1937 Vikar in Herrischried bis 1936, dann in Langenenslingen
1937–1944 zunächst Pfarrverweser, dann Pfarrer in Nöggenschwiel
1944 XI. 23 Verhaftung durch die Gestapo; Inhaftierung im Gefängnis Waldshut; erneuter Ausbruch d. psychischen Erkrankung
1945 IV. 20 überraschende Entlassung aus dem Gefängnis
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: unverheiratet
Eltern: Vater: Josef (1860–1935), Schlossermeister
Mutter: Monika, geb. Schmider (1866–1950)
Geschwister: Klaus (* 1909), Lehrer
Kinder: keine
GND-ID: GND/1012280284

Biografie: Björn Rüsing (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 205-207

Fünf Tage nach dem Ende des II. Weltkriegs starb Pfarrer König, knapp 41 Jahre alt, an den Auswirkungen seiner Verfolgung durch das NS-Regime. Er ist eines der letzten Opfer des Nationalsozialismus aus der Erzdiözese Freiburg und kam letztlich nicht zuförderst deswegen zu Tode, weil er Priester war, sondern wegen seines Festhaltens an der Wahrheit.
König besuchte, nach der Volksschule seiner Heimatstadt und zusätzlichem Unterricht beim Vikar, ab 1916 das Erzbischöfliche Gymnasialkonvikt Freiburg und machte 1922 am Friedrich-Gymnasium das Abitur. Anschließend studierte er in Freiburg Theologie und empfing am 19. März 1927 durch Erzbischof Karl Fritz (vgl. S. 123) die Priesterweihe. Wenige Wochen nach der Primiz musste er wegen einer schweren psychischen Erkrankung mehrere Monate in der Heilanstalt Reichenau verbringen.
Im Oktober 1927 trat er seine erste Vikarsstelle in Lauf an, wo mit Joseph Fischer ein im Umgang mit psychisch Kranken sehr erfahrener Pfarrer amtierte. In dessen Obhut entwickelte sich König rasch zu einem insbesondere in der Kinder- und Jugendseelsorge sehr engagierten Priester. Besonders gut konnte er mit Kindern umgehen, war dabei aber nach der NS-„Machtübernahme“ bisweilen, wie sein Prinzipal bald warnend feststellte, „unvorsichtig und unklug in seinen Äußerungen“ und somit stets in Gefahr, mit den Machthabern in Konflikt zu geraten. Anfang 1934 wurde König deswegen als Vikar zunächst nach Durmersheim versetzt und später nach Schweinberg, Herrischried und Langenenslingen. Diese Ortswechsel geschahen auch, um ihn vor dem Zugriff durch die Machthaber zu bewahren.
In all diesen Stationen sind sein Engagement für die Jugend und seine große Beliebtheit auffallend. So schrieb die Jungschar Durmersheim nach Bekanntwerden seiner Versetzung 1934 an den Erzbischof und bat darum, König zu belassen; König war gerade einmal drei Monate in Durmersheim tätig. Offenbar war er mit seinem Engagement auch hier wieder den örtlichen NS-Machthabern aufgefallen.
1937 kam er als Pfarrverweser nach Nöggenschwiel, seit 1939 war er dort Pfarrer. Durch seine leutselige und stets fröhliche Art gelang es ihm rasch, die Herzen der Gläubigen zu gewinnen. Als an vielen Orten die Lehrer den Organistendienst niederlegten, weil die NSDAP darauf drängte, bildete König Jugendliche aus den umliegenden Orten zu Organisten aus. Aufgrund seiner hohen Musikalität – er spielte sieben Instrumente einschließlich der Orgel – übernahm er zudem den kirchlichen Gesangsverein und bildete für die Musikkapelle des Ortes die Mitglieder an den verschiedensten Instrumenten aus. Er verbrachte viel Zeit mit Fotografieren und begeisterte mit Diavorträgen im Kommunionunterricht.
Auch in Nöggenschwiel blieb der Konflikt mit den örtlichen NS-Vertretern nicht aus, etwa als er sich um die Einrichtung einer Schwesternstation zur Krankenpflege einsetzte. Der Landrat verweigerte die Eintragung des Krankenpflegevereins in das Vereinsregister. Dennoch wurden 1939 zwei Krankenschwestern nach Nöggenschwiel beordert, und auch die Einrichtung eines Kindergartens und einer Nähstube konnte König gegen NS-Widerstand durchsetzen.
König, der sich nach Beginn des Krieges im ländlich geprägten Nöggenschwiel anstelle der in den Krieg Einberufenen auch als Arbeiter in der Landwirtschaft engagierte, bemühte sich im regen Briefkontakt um die Soldaten aus seiner Gemeinde und ließ ihnen Informationen aus der Heimat zukommen. Wenn ein Soldat auf Heimaturlaub war, lud König ihn ins Pfarrhaus ein, leistete geistlichen Beistand, erhielt so aber auch Nachrichten aus erster Hand über den Krieg. In der Nachbargemeinde Bierbronnen mühte sich König um französische Kriegsgefangene und feierte Gottesdienste mit ihnen, was er freilich nicht publik werden lassen wollte, widersprach dies doch den Direktiven der Machthaber, welche selbst den Familien, bei denen die Gefangenen tagsüber arbeiteten, den gemeinsamen Tisch mit den Gefangenen untersagten.
Am 2. November 1944 machte sich König dann eines aus NS-Sicht strafwürdigen Verbrechens schuldig. Er widersprach in einem Wirtshaus gemachten Behauptungen über in Ostpreußen verübte Greueltaten: Nicht die Russen seien es gewesen, die die Leichen von Deutschen aufgehängt hätten, sondern deutsche Soldaten hätten dies getan, um diese Kriegsverbrechen dann den Russen zuzuschieben. Auf die Frage, woher König dies wissen wolle, verwies er auf seine Gespräche mit Fronturlaubern und führte weiter aus, dass dies nicht die einzigen Verbrechen der Nationalsozialisten seien. Selbst die Verfolgung und Ermordung von Juden und weiteren Opfern sprach er dabei offen an.
König wurde daraufhin angezeigt und von der Gestapo verhört. Der Denunziant wurde hierfür 1948/1949 wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit zu einer 6-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt. König widerrief seine gemachten Äußerungen jedoch nicht, sondern bekräftigte diese sogar. Daher wurde er am 23. November 1944 verhaftet und in Waldshut ins Gefängnis gesperrt, wo er sich eine sehr kleine Zelle mit den gleichfalls inhaftierten Pfarrern Erwin Dietrich und Max Graf teilen musste. Max Graf wurde im Februar 1945 nach Dachau verbracht, wo er Ende April 1945 den Märtyrertod starb. Erwin Dietrich und König hingegen blieben bis zu ihrer überraschenden Entlassung am 20. April 1945 im Waldshuter Gefängnis.
König aber half diese Entlassung nichts mehr. Die Umstände der Gefangenschaft und der in den Verhören ausgeübte psychische Druck, die Androhung von Folter- und Todesstrafe, hatten seine Krankheit wieder zum Ausbruch gebracht. Anders als 18 Jahre zuvor kam diesmal die Hilfe zu spät. In den Wirren der letzten Kriegstage war wohl keine hinreichende Behandlung mehr möglich. König wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo er, geistig verwirrt und nicht mehr in der Lage, sein Verhalten zu kontrollieren, bald starb.
Quellen: EAF Personalakte Josef König, Personalakte Pfarrer Erwin Dietrich u. Pfarrer Max Graf, OA 6-693 Pfarrbenefizium 1831–1941 d. Pfarrei Lauf, OA 6-691 Kirchenvisitationen 1837–1945 d. Pfarrei Lauf, FK 4571 Vol. 5, 1925–1944, Besetzung d. Pfarrei Durmersheim; OA 2-079 Pfarrbenefizium Vol. II. 1868–1943 d. Pfarrei Durmersheim, OA 11-271 Pfarrbenefizium Vol. II. 1902–1936 d. Pfarrei Schweinberg, FK 10022 Pfarrei, Vol. 4, 1928–1944, Besetzung d. Pfarrei Herrischried, OA 14-611, 1850–1941, Pfarrbenefizium d. Pfarrei Langenenslingen, OA 8–596 Vol. II., 1884–1944, Pfarrbenefizium d. Pfarrei Nöggenschwiel; EAF OA 8–593:, 1838–1942, Kirchenvisitationen d. Pfarrgemeinde Nöggenschwiel, FK 19128, 1831–1942, Pfarrgüter u. -wald d. Pfarrei Nöggenschwiel; Erzb. PfarrA Nöggenschwiel; StAF F 180/4 Nr. 767 Prozessakte Dr. Wilhelm Karsch, F 196/1 Nr. 2271 Entschädigungssache Monika König, geb. Schmider des Landesamtes für Wiedergutmachung Freiburg im Br., F 196/1 Nr. 433 Entschädigungssache Erwin Dietrich des Landesamtes für Wiedergutmachung Freiburg im Br.
Nachweis: Bildnachweise: PrivatA H. Bächle, siehe Rüsing, 2007 (vgl. Literatur).

Literatur: Augustin Kast, Die bad. Märtyrerpriester, 1949, 50–55; Hermann Ginter, Necrologium Friburgense 1941–1945, in: FDA 70, 1950, 179–258; Hugo Ott, Einleitung u. Vorbemerkung zu den nachfolgenden Erlebnisberichten von KZ-Priestern d. Erzdiözese Freiburg, in: FDA 90, 1970, 21; Ulrich von Hehl, Priester unter Hitlers Terror, 1996, 627; Richard Zahlten, Die Ermordeten, 1998, 118–127; Christoph Schmider, Pfarrer Josef König, in: Helmut Moll (Hg.), Zeugen für Christus. Das dt. Martyrologium des 20. Jh.s Bd. l, 2001, 205–209; Björn Rüsing, Pfarrer Josef König (1904 –1945), ungedr. Magisterarbeit Bonn, 2007.
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