Merz, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 26.02.1869;  Reutlingen
Sterbedatum/-ort: 05.06.1950;  Tübingen
Beruf/Funktion:
  • Bildhauer und Zeichenlehrer
Kurzbiografie: 1875–1879 Grundschule
1879–1885 Gymnasium mit 6 Klassen
1885 Praktikum bei Metallwarenfabrikant Schwerdt in Stuttgart
1885–1890 Kgl. Kunstgewerbeschule Stuttgart mit Diplom als Kupferziseleur und für Zeichen- und Modellierunterricht, Diplomarbeit: Motiv mit 3 Putten
1890–1891 Einjährig-Freiwilligendienst
1891–1893 Mitarbeit im Bildhaueratelier Wedli in Zürich
1893–1899 Kgl. Akademie der Bildenden Künste München; Bildhauerschule bei Prof. W. von Rümann, Mitarbeit im Atelier Adolf Hildebrands
1899–1902 Freischaffender Künstler in eigenem Atelier in Münchner Türkenstraße, Villa Emilia, München Pasing,
1901 Umzug nach Blaubeuren mit Atelier in der Brunnenkapelle des ehemaligen Klosters Blaubeuren
1894 Italienreise finanziert durch ein von der Akademie verliehenes Reisestipendium der König-Karl-Jubiläumsstiftung
1902–1945 Zeichenlehrer an Tübinger Schulen (Kepler-Gymnasium, Oberreal- und Gewerbeschule), Maltherapeut an der psychiatrischen Klinik, daneben freischaffender Künstler, Auftragskunst
1915 Helfer bei der freiwilligen Sanitätskolonne Tübingen
1921 Ernennung zum Studienrat
1934 Pensionierung
1945 Aufgabe des Ateliers
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Preise und Ehrungen: Für „Die Reue“: Ehrenmünze der Kgl. Akademie der Bildenden Künste in München mit dem Porträt König Ludwigs II. (1898); Kunstausstellung Salzburg: Goldene Staatsmedaille (1900); Internationale Kunstausstellung Dresden: Goldplakette (1901); Standort im Ehrensaal der Großen Kunstausstellung in Berlin (1903); Bronzene Medaille der Weltausstellung in St. Louis (1904).
Verheiratet: 11.09.1900 Marie Barbara Schmidt, Metzgerstochter Blaubeuren
Eltern: Vater: Andreas Merz (geboren 1867 Thieringen), Landjäger, Fremden- und Altarführer des Benediktinerklosters in Blaubeuren
Mutter: Marie Louise, geb. Müller (geboren 1840 Pfullingen)
Geschwister: 2 Brüder
Kinder: 2:
Wilhelm (geboren 1901);
Marie (geboren 1905)
GND-ID: GND/1012288390

Biografie: Yvonne Nägele (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 156-158

Nach der Schulzeit an der Königlichen Kunstgewerbeschule in Stuttgart bei Professor Paul Christaller legte der gebürtige Reutlinger Karl Merz sein Diplom als Kupferziseleur, Zeichen- und Modellierlehrer ab. Aus einfachen Verhältnissen stammend, der Vater war Ortspolizist und Altarführer in Blaubeuren, verdiente sich Merz nach einem Praktikum in der Metallwarenfabrik Schwerdt in Stuttgart und dem Freiwillig-Einjährigen-Militärdienst drei Jahre lang im Bildhaueratelier Wedli in Zürich die Mittel für sein Studium an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste München. Auf der Akademie vermittelte ihm Wilhelm von Rümann, Vertreter der Münchner Schule, Schöpfer der Löwen auf der Feldherrnhalle, ein eingehendes Studium der Körperformen. Als dessen Meisterschüler erhielt Merz ein Reisestipendium der König-Karl-Jubiläumsstiftung nach Italien. Auch Adolf von Hildebrand, der Erbauer des Münchener Lenbachbrunnens, prägte Merz’ künstlerischen Ausdruck. Als Vertreter des neoklassizistischen Brunnenbaustils galt dieser deutschlandweit als führend. Bei ihm lernte Merz die menschliche Gestalt ohne überflüssige Details darzustellen, vorzugsweise als Mittelpunkt eingebunden in eine größere Ganzheit. Dieser Einfluss zeigt sich in Merz’ Kinderbrunnen aus Muschelkalk von 1909, der ursprünglich gedacht für das Tübinger Rathaus, mittlerweile im dortigen Keplergymnasium installiert ist. Für die Marmornymphe, die er 1910 nach einem Entwurf von Theodor Fischer für die neoklassizistische Brunnenanlage vor der Neckarmüllerei entworfen hatte, hatte ihm die Stadtverwaltung eine goldene Taschenuhr überreicht. Die 2005 renovierte Nymphe steht heute im Anlagenpark.
Um die Jahrhundertwende arbeitete Merz als freischaffender Künstler in eigenen Ateliers in der Türkenstraße, Schwabing, später in der Villa Eugenia, Pasing. Da er den Marmor für seine Kunst in Carrara selbst schlagen und bezahlen musste, betrugen seine Schulden bald 13 000 Goldmark. Sein 1899 mehrfach ausgezeichnetes Meisterstück aus der Schule Rümanns, die Marmorplastik „Die Reue“, erntete Preise und Medaillen auf Kunstausstellungen in München, Salzburg, Dresden und sogar auf der Weltausstellung in St. Louis. Dieser Ruhm tilgte allerdings nicht die Schulden, sondern sein zukünftiger Schwiegervater. 1900 wandte der hochtalentierte Künstler der Münchener Bohème den Rücken und heiratete seine Jugendliebe, Marie Barbara Schmid, Metzgerstochter aus Blaubeuren. Ab 1901 arbeitete er in der Brunnenkapelle des ehemaligen Blaubeurer Benediktinerklosters. 1903 zog die Familie nach Tübingen, wo Merz Zeichenlehrer an mehreren Tübinger Schulen, dem Gymnasium, der Realschule und der Gewerbeschule wurde. Auch sozial engagierte er sich als Maltherapeut an der psychiatrischen Klinik und als Helfer bei der Freiwilligen Sanitätskolonne Tübingen. Kunsterzieherischer Schwerpunkt war die plastische Darstellung des Menschen. Bei seinen beliebten Malexkursionen bevorzugte er Kastanienbäume als Modelle. Auch privat bildete er Kunstschüler aus, seine bekanntesten: Richard Knecht, späterer Kunstakademieprofessor und die Tübinger Bildhauer Karl Betz und Ugge Bärtle. 1921 wurde er Studienrat.
Gelockt hatte ihn die Stadt Tübingen mit dem Auftrag einer Neukonzeption des Tübinger Marktbrunnens. Dieser kam zu seiner Enttäuschung jedoch nicht zur Verwirklichung, weil die Stadt sich erst 1946 für eine Renovierung des Brunnens unter Erhaltung der alten Konstruktion nach Heinrich Schickhardt von 1617 entschied, woran der Künstler selbst nicht beteiligt war. Er wurde dort jedoch anerkennend mit Schlapphut aus schwarzem Blech geschnitten verewigt. Neben seiner Lehrtätigkeit fertigte er Auftragsarbeiten wie Büsten, Porträtreliefs, Rundplastiken und Grabmäler, denn die große Zeit der Denkmalsbegeisterung war vorbei. Größere Grabmalreliefs schuf er für Familie Pietzker auf dem Tübinger Stadtfriedhof, Familie Speemann in Karlsruhe, für Gustav von Schmoller in Berlin und ein Denkmal für General von Haldenwang (Obelisk) in Buttenhausen. Das selbstgeschaffene Grabmal des Künstlers und seiner Familie mit Urnenträger befindet sich auf dem Tübinger Stadtfriedhof. Zahlreiche Büsten und Rundreliefs beherbergt das Archiv des Tübinger Stadtmuseums. Darunter die Reliefplatten Hölderlins und Kants, die Büste des Tübinger Bürgermeisters Herrmann Haußer, Schneider-Blumbergs, Wilhelm Schussens, Hand und Totenmaske von Isolde Kurz u. a. Die Angaben eines Zeitungsartikels der Tübinger Chronik von 1943 über die Existenz einer überlebensgroßen, bronzenen Führerbüste im Tübinger Festsaal haben sich nicht beweisen lassen, zumal der Künstler kein NSDAP-Mitglied war. (Diese stammte von Prof. Jakob Wilhelm Fehrle aus Schwäbisch Gmünd).
Quellen: StadtA Tübingen; Stadtmuseum Tübinger; UB Tübingen; Tübinger Chronik.
Werke: „Die Reue“ (1899) Marmorplastik, Lenbachgalerie München; Kinderbrunnen Keplergymnasium, Tübingen (1909); Marmornymphe in der Seeanlage Tübingen (1910); Karl Merz: Selbstdarstellung als Altersbüste (1934); Gustav von Schmoller: Büste und Wappen für das Familiengrab in Berlin (1938); Totenmaske von Isolde Kurz (1944); Relief des Generals von Haldenwang für dessen Denkmalobelisken in Buttenhausen (1902); Grabmal für Familie Pietzker und eigenes Grabmal mit Urnenträger auf dem Tübinger Stadtfriedhof 1909 bzw. 1927.

Literatur: Julius Baum, Der Stuttgarter Künstler der Gegenwart, 1913, 194, 299; ThB 24, 1930; Paul Löffler, Tübinger Blätter; Erich Heyfelder, Der Tübinger Bildhauer, Tübinger Chronik vom 6.3.1943; Westermanns Monatshefte 5 (1950/51), Beil. 94; Saur, Allgemeines Künstlerlexikon Bd. 8, 2, 2008; Karl Huber, Der Bildhauer Karl Merz, 1974.
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