Schmid, Erich Hugo Ernst 

Geburtsdatum/-ort: 29.11.1887;  (Stuttgart-)Cannstatt
Sterbedatum/-ort: 14.12.1930;  Ludwigsburg
Beruf/Funktion:
  • Oberbürgermeister von Ludwigsburg
Kurzbiografie: 1905 Reifeprüfung am Gymnasium Cannstatt
1905–1910 Studium der Rechtswiss. und Volkswirtschaft an den Univ. Tübingen und München; Dr. jur.
1910 Erste Höhere Justizdienstprüfung
1914 Zweite Höhere Justizdienstprüfung
April 1914 Rechtsanwalt in Stuttgart
Nov. 1914 als Ersatzreservist ins Feld zur 1. Grenadier-Regiment Nr. 119
seit Dez. 1914 in russischer Kriegsgefangenschaft, aus der er im Mai 1918 floh
Sept. 1918 beim Ersatzbataillon des Grenadier-Regiments Nr. 119
Okt. 1918 Ernennung zum überzähligen Gefreiten
Juli 1919 Hilfsstaatsanwalt in Ravensburg
Mai 1920 Ratsassessor und seit Sept. 1921 Rechtsrat bei der Stadt Heilbronn
Jan. 1927 Rechtsrat bei der Stadt Stuttgart (Nachfolger von Dr. Fritz Elsas)
23.1.1927 Wahl zum Stadtschultheißen von Ludwigsburg
Sept. 1927 Verleihung des Titels eines Oberbürgermeisters
seit 1919 Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP)
1920 Mitglied der Johannisloge „Furchtlos und treu“ in Heilbronn
1924–1927 Mitglied des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Auszeichnungen: Eisernes Kreuz 2. Klasse (1918)
Verheiratet: 1919 Wilhelmine Elisabeth Nöller, geb. Müller (1893–1969)
Eltern: Vater: Ernst Schmid (1858–1907), Kaufmann in Stuttgart
Mutter: Margarete Karoline, geb. Meyer (* 1859)
Geschwister: 2
Kinder: 4: Rolf; Günther; Helga; Gisela
GND-ID: GND/1012302288

Biografie: Wolfgang Läpple (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 2 (2011), 245-247

Erich Schmid wurde am 29. November 1887 als Sohn eines Kaufmanns in Cannstatt geboren. Sein Vater starb bereits mit 49 Jahren. Dank seiner tatkräftigen Mutter, die auch noch zwei weitere Kinder zu versorgen hatte, konnte er das Gymnasium seines Geburtsorts besuchen. Nach der Reifeprüfung studierte er von 1905 bis 1910 an den Universitäten Tübingen und München Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft. Nach Promotion und Ablegung der beiden Höheren Justizdienstprüfungen (1910 und 1914) ließ er sich zunächst als Rechtsanwalt in Stuttgart nieder. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er zum Militär eingezogen und kam im November 1914 zum Grenadier-Regiment Königin Olga (1. Württ.) Nr. 119 ins Feld. Bereits im Dezember 1914 geriet er auf dem östlichen Kriegsschauplatz an der Bzura bei den Kämpfen um Lowicz unverwundet in russische Gefangenschaft. Es folgten Lageraufenthalte in Sibirien (zunächst Tomsk, dann seit März 1915 Werchneudinsk, heute Ulan-Ude in Burjatien). Seit September 1915 befand er sich im Lager Beresowka am Baikalsee, wo rund 10 000 österreichisch-ungarische und 600 deutsche Kriegsgefangene untergebracht waren. 1916/17 war er im dortigen Auskunftsbüro und Postamt tätig. „Mit unermüdlichem Fleiße, großer Verlässlichkeit und mustergültigem militärischen Benehmen“ stellte er seine Fähigkeiten und die Arbeitskraft in den Dienst dieser Institution. Während der Revolutionswirren gelang ihm schließlich im Mai 1918 die Flucht aus der Gefangenschaft. Auf abenteuerlichem Wege kehrte er wenige Wochen später in seine völlig veränderte Heimat als kranker, seelisch zermürbter Mann zurück, hatte doch seine Gesundheit in den langen und entbehrungsreichen Jahren der Kriegsgefangenschaft stark gelitten. Nach Beendigung des Ersten Weltkrieges trat er in den württembergischen Justizdienst ein und war zunächst als Gerichtsassessor bei der Staatsanwaltschaft in Ravensburg tätig. Als aufrechter Republikaner und überzeugter Demokrat nahm er am Aufbau der Deutschen Demokratischen Partei Württembergs regen Anteil. In politischen Kreisen machte er schon bald durch seine Sachlichkeit sowie rednerische und organisatorische Begabung auf sich aufmerksam. Besonders engagierte er sich bei den Jungdemokraten durch das Wachhalten des politischen Gedankens. Indes lag seine eigentliche Begabung und der Schwerpunkt seines beruflichen Interesses mehr auf kommunalpolitischem Gebiet, weshalb er bereits 1920 als Ratsassessor in den Dienst der Stadt Heilbronn eintrat. Zunächst war er als Referent des Oberbürgermeisters und Justitiar der Stadt tätig, wobei er auch für die Stadt als Rechtsanwalt beim Landgericht Heilbronn zugelassen war. Nach seiner Beförderung zum Rechtsrat im Herbst 1921wurde ihm in selbständiger Zuständigkeit das Personalamt und ein allgemeines Verwaltungsreferat übertragen. Zudem oblag ihm die Organisation der städtischen Ämter. Auf allen kommunalpolitischen Gebieten konnte er reiche Erfahrungen sammeln, wobei er sich insbesondere auch mit Fragen des Wohnungsbaus und mit Fürsorgeangelegenheiten beschäftigte. Darüber hinaus betätigte er sich schriftstellerisch mit politischen Themen allgemeiner Art. Über Heilbronn hinaus verschaffte er sich rasch Geltung. So lag es nahe, dass er in einem größeren Wirkungskreis und auf einem selbständigeren Posten seine berufliche Zukunft sah. Als schließlich 1926 Rechtsrat Dr. Fritz Elsas von der Stadtverwaltung Stuttgart zum Deutschen Städtetag in Berlin wechselte, wählte man in Stuttgart Dr. Schmid zu dessen Nachfolger. Allerdings bekam er keine Möglichkeit, seine neue Stelle anzutreten. Am 4. Dezember 1926 war Ludwigsburgs Oberbürgermeister Dr. Hartenstein gestorben. Unter den Bewerbern um die Stelle des Ludwigsburger Stadtoberhaupts befand sich auch der „neue Stuttgarter Rechtsrat“ Dr. Schmid. In einem von ihm glänzend geführten Wahlkampf verstand er es, die Sympathien des Großteils der Ludwigsburger Bürgerschaft für sich zu gewinnen. Mit deutlichem Vorsprung vor seinen beiden Mitbewerbern konnte er die Wahl für sich entscheiden. Bei seinem Amtsantritt stand Ludwigsburg vor gewaltigen kommunalpolitischen Herausforderungen, denen er sich mit großem Engagement und Weitblick widmete. Das Land steckte nach dem Ersten Weltkrieg in einer tiefen Wirtschaftskrise. Handel und Industrie stockten. Die Zahl der Arbeitslosen und Kurzarbeiter hatte beträchtlich zugenommen. Dr. Schmid gelang es, die anstehenden Probleme anzupacken und viele kommunalpolitische Aktivitäten zu entwickeln. Vor allem setzte er sich mit Nachdruck für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Ludwigsburg ein. Wegen der aktiven Kommunalpolitik und der zahlreichen Fortschritte, die Ludwigsburg auf diesem Gebiet zu verzeichnen hatte, blickte man im Lande mit Erstaunen auf die Stadt. Manche der in Angriff genommenen Projekte konnten jedoch wegen der schlechten Wirtschaftslage nicht realisiert werden. Beispielsweise ließ sich die Straßenbahnfrage von Stuttgart-Zuffenhausen nach Ludwigsburg nicht lösen. Das Gleiche galt für die von Dr. Schmid angestrebte Verlegung der Technischen Hochschule von Stuttgart nach Ludwigsburg. Von Erfolg gekrönt waren indes Dr. Schmids Bestrebungen, den Sitz der „Bausparkasse der Gemeinschaft der Freunde“ (GdF) von Wüstenrot nach Ludwigsburg zu verlegen, was sich nachhaltig auf die Wirtschaftskraft Ludwigsburgs auswirkte. Verwirklicht werden konnten auch zahlreiche Wohnungsbauten, der Erwerb einer Reihe von militärischen Gebäuden in der Innenstadt (u. a. Feuerseekaserne, Altes Reithaus, alte Wagenhäuser) sowie der Ausbau des Umspannwerks Hoheneck, wodurch Ludwigsburg zu einem Zentrum der Elektrizitätsversorgung des Landes wurde. Zu erwähnen ist u. a. auch der Bau einer Zentralkläranlage, des Bürohauses der GdF an der Hohenzollernstraße sowie die Errichtung eines Altenheims an der Erlachhofstraße.
Am 14. Dezember 1930 verstarb der „Vollblut-Kommunalpolitiker“ nach monatelanger Krankheit im Alter von erst 43 Jahren an den Folgen einer Magenoperation, bei der ein ausgedehntes Magengeschwür festgestellt worden war. Sicherlich waren die großen körperlichen und seelischen Strapazen, denen er während seiner Kriegsgefangenschaft in Sibirien ausgesetzt war, mit verantwortlich für seinen frühen Tod. Ein damaliger Zeitungsnachruf: „Mit Dr. Erich Schmid ist eine der hervorragendsten kommunalpolitischen Führerpersönlichkeiten unseres Landes, ein Mann, von dem man noch manches hätte erwarten dürfen, von uns geschieden … Wer das Glück hatte, ihm nicht nur amtlich, sondern auch menschlich nähertreten zu dürfen, der konnte sich von der absoluten Reinheit seines Wollens, der Lauterkeit seines Charakters und der Vornehmheit seiner Gesinnung überzeugen.“
Bestattet wurde er auf dem Neuen Friedhof in Ludwigsburg. Im Süden der Stadt trägt seit 1931 eine Straße seinen Namen.
Quellen: HStAS M 1/4 Bü 1683; StAL E 180/II Bü 779; StadtA Ludwigsburg L 3/1 Az. 1034, 1103, S 31 SF 2. 4. 2. 2; StadtA Stuttgart PA 212/2 Bü 493.
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