Schmidt, Arthur 

Andere Namensformen:
  • gen. Schmiedhammer
Geburtsdatum/-ort: 08.06.1903;  Mannheim
Sterbedatum/-ort: 22.03.1961;  Freiburg
Beruf/Funktion:
  • Schauspieler, Theaterintendant
Kurzbiografie: 1908-1912 Volksschule in Petershausen
1912-1921 Gymnasium Konstanz bis zum Abitur
1921-1922 Praktikum in einer Apotheke
1922-1925 Studium in Freiburg: Germanistik, neue deutsche Literatur und Sanskrit
1925 Promotion zum Dr. phil. in Freiburg bei Prof. Alfred Götze
1925-1926 Schauspieler in Heidelberg, desgleichen 1926-1928 in Baden-Baden
1928-1933 Schauspielleiter, später Schauspieldirektor am Stadttheater in Oberhausen im Rheinland
1933-1940 Intendant des Theaters in Konstanz
1940-1944 Intendant des Oldenburgischen Staatstheaters
1944-1945 Soldat
1945-1946 Spielleiter in Oldenburg
1946-1948 Gastspielinszenierungen, freie Mitarbeit beim Südwestfunk, Arbeit an einer Operettenbühne in Villingen
1948-1950 Stellvertretender Direktor am Theater in Konstanz neben Heinz Hilpert
1950-1951 Hilpert-Nachfolger, Intendant in Konstanz
1951-1961 freier Mitarbeiter, dann Leiter des Sachgebiets Kulturelles Wort beim Landesstudio Freiburg des Südwestfunks
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Verheiratet: 1929 Rosa Franziska, geb. Schneider, Schauspielerin
Eltern: Xaver Schmidt, Berufsunteroffizier, dann mittlerer Postdienst
Luise, geb. Löffler
Geschwister: Paul Xaver Schmidt (1900-1940), katholischer Priester
Kinder: keine
GND-ID: GND/1012302865

Biografie: Renate Liessem-Breinlinger (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 410-412

„Wieland der Schmied“ von Franz Kranewitter führten Schüler des humanistischen Gymnasiums in Konstanz 1920 auf. Dabei offenbarte sich das schauspielerische Talent des Unterprimaners Arthur Schmidt, der aus diesem bestimmenden Ereignis den Künstlernamen ableitete, den er während seines ganzen Berufslebens parallel zum bürgerlichen Namen führte. Schmidt trat noch in weiteren Schüleraufführungen hervor und erhielt bald kleine Rollen im Konstanzer Theater. Diese Nebentätigkeit bekam zwar seinem Abiturzeugnis nicht gut, ließ ihn aber seine Berufung zum Schauspieler erkennen, was bei seinen Eltern auf Skepsis stieß. Der ältere Bruder, der auch künstlerisch begabt war, Gedichte schrieb und als träumerisch und schwerblütig charakterisiert wurde, studierte katholische Theologie. Um nicht zwei Söhne gleichzeitig an der Universität zu haben, veranlaßten die Eltern bei Arthur eine Denkpause, die mit einem Praktikum in einer Apotheke ausgefüllt wurde, ehe er in Freiburg ein Philologiestudium aufnahm. Unter seinen akademischen Lehrern schätzte er besonders Philipp Witkop, der einen unorthodoxen, lebendigen Zugang zur Literatur vermittelte und viel vom ausdrucksvollen Rezitieren hielt. In der Freizeit suchte Schmidt Kontakt zu Theaterkreisen, wobei er Franz Schneller, damals Dramaturg am Stadttheater, kennenlernte. Schmidt schloß das Studium mit einer wenig aufwendigen Promotion zu einem sprachgeschichtlichen Thema ab und nahm, noch ehe das akademische Verfahren abgeschlossen war, sein erstes Engagement als Schauspieler am Stadttheater in Heidelberg an. Ein Jahr später wechselte er nach Baden-Baden. 1928 bot sich ihm die Gelegenheit, in Oberhausen im Rheinland Schauspielleiter zu werden. Hier entfaltete er große Aktivität und stellte neben der künstlerischen auch organisatorische Begabung unter Beweis. 1930 avancierte er zum Oberspielleiter, 1931 zum Schauspieldirektor.
Als 1933 in Konstanz ein neuer Theaterleiter gesucht wurde, konnte Schmidt seine Bewerbung mit handfesten Referenzen untermauern. Mit Nachdruck verwies er auf seine Verbundenheit mit der Stadt, in der er aufgewachsen war. Politisch paßte er sich dem damaligen Erwartungshorizont an und versicherte seinen „Bekenntniswillen zum deutschen Kulturgut“. Mitglied der NSDAP wurde er erst 1937, nachdem er als Führerscheininhaber 1936 dem NSKK beigetreten war. Schmidts Konstanzer Intendantentätigkeit ist in der Literatur gut dokumentiert und läßt sich auf eine kurze Formel bringen: Er erfüllte die Erwartungen des Publikums und der Reichskulturkammer, indem er ein ausgewogenes Programm aus Musik und Wort zwischen Klassik und Unterhaltung bot. Er brachte viel Energie auf, auch für eine Modernisierung des historischen Theatergebäudes oder die Gründung von Freilichtspielen. Tüchtig, ruhig und anerkannt, charakterisiert ihn der zeitgenössische Oberbürgermeister. Das Konstanzer Theater hatte damals eine ungewöhnliche Konzeption: Es wurde an den jeweiligen Theaterdirektor verpachtet, der es eigenwirtschaftlich leiten sollte. Schmidt hatte in den 30er Jahren jedoch das Glück, von der Stadt und vom Reich Zuschüsse zu erhalten, da Konstanz als Grenzlandtheater ein Vorzeigehaus sein sollte. Ganz so leicht, wie in der Literatur dargestellt, flossen die Mittel aber vielleicht doch nicht. Das Stichwort „Reichsrechnungshof“ deutet das an. 1940 wechselte Schmidt nach Oldenburg, wo ihm die Leitung des Staatstheaters übertragen wurde. Auch hier entfaltete er ein reiches Spektrum von Angeboten mit Oper, Operette, Kammerspielen, Lesungen und einem Theaterzug Weser-Ems. Außerdem war er im Fronttheaterbetrieb engagiert, wie schon im ersten Kriegsjahr von Konstanz aus. Deshalb blieb er zunächst vom Wehrdienst verschont, bis er 1944 doch eingezogen wurde. Von 1945-1946 hielt er sich wieder in Oldenburg auf; dann suchte er die süddeutsche Heimat auf. In einem Personalbogen, der nach seinen Aussagen konzipiert wurde, gibt er für die Zeit von 1946-1948 Gastspielinszenierungen an. M. Koch verweist auf untergeordnete Mitarbeit an einer Operettenbühne in Villingen. W. Schuh erinnert sich an freie Mitarbeit beim Landesstudio Freiburg des Südwestfunks, speziell an die Übertragung der Beerdigungsfeierlichkeiten für Erzbischof Gröber 1948.
1948 beginnt Schmidts zweite Konstanzer Zeit als stellvertretender Theaterleiter neben dem bekannten und bedeutenden Regisseur Heinz Hilpert, der von 1934-1945 das Deutsche Theater in Berlin geleitet hatte. Hilpert interessierte sich damals für Konstanz, da die Stadt unzerstört war, auch angesichts der kulturell attraktiven Nachbarschaft zur Schweiz und wegen persönlicher Bindungen dorthin. Schmidt wurde Hilperts Stellvertreter und war stolz darauf – verständlich angesichts der Tatsache, daß damals Carl Zuckmayer und Max Frisch in Konstanz ihre Werke aufführen ließen und Berthold Brecht dem Haus einen Besuch abstattete. Hilpert, der nur Schauspiel anbot, war in Konstanz indessen nicht am richtigen Platz. Seine Intendanz endete nach zwei Jahren mit einem Mißklang, finanziell und atmosphärisch. Schmidt rückte nach, mußte aber eine drückende Schuldenlast übernehmen, die er noch verschlimmerte, indem er wieder zum Dreispartenhaus überging. Er schätzte die Härte der Marktwirtschaft falsch ein und ließ sich von der kurzen Kultureuphorie nach Kriegsende blenden. 1951 mußte er aufgeben, was ihm persönlich sehr nahe ging, nicht zuletzt aus sozialem Mitgefühl gegenüber den Mitgliedern des Ensembles. Die Stadt Konstanz nahm dieses Debakel zum Anlaß, das Theater in eigene Regie zu übernehmen.
Schmidt kam beim Südwestfunk unter: im Landesstudio Freiburg bei Ernst Brugger, den er vom Studium kannte. Schmidt produzierte Hörspiele, viele in alemannischer Mundart, und widmete sich daneben mit viel Gemüt der Alemannischen Bühne in Freiburg. Auch im „Bund Heimat und Volksleben“ war er aktiv. In dieser Zeit war seine Arbeitskraft aber schon eingeschränkt durch Sehprobleme und ein Gallen- und Leberleiden, an dem er im Alter von 58 Jahren starb. Seine Frau, mit der er seit seiner Oberhausener Zeit verheiratet war, zog als Witwe zunächst nach Konstanz, dann in ihre Heimat im Saarland, wo sie 1973 durch einen Unfall starb. In den Nachrufen wird Schmidt als gütig, menschlich und als Künstler mit Niveau geschildert. Wie eine Summe seiner persönlichen, teils leidvollen Erfahrungen klingt ein Satz, den er 1958 in Donaueschingen in einer Rede geäußert hat: „Mögen uns immer wieder Versuchungen, Spott und Unverständnis begegnen, uns bleibt die Heimat ...“ Hier klingt auch das Pathos durch, das er lebenslang nicht los wurde, obwohl er wußte, daß der Zeitgeschmack den sachlichen und schlichten Ausdruck bevorzugte. 1933 war unter NS-Vorzeichen anläßlich seiner Bewerbung in Konstanz folgendes notiert worden: „Ungünstig wirkte eine gewisse Weichheit des Wesens ...“ Die von ihm während der 30er Jahre zur Schau gestellte Zackigkeit bis hin zu Auftritten in Uniform steht nur vermeintlich im Gegensatz hierzu.
Quellen: Südwestfunk Baden-Baden, Hauptamt Personal- und Sozialwesen: Personalakte Schmiedhammer; Stadtarchiv Konstanz: S II, Faszikel 12374; GLA: 235/A5-474 FR; StAF: Staatskanzlei Nrn. 832 und 2785. Landeskommissär Konstanz Nr. 1801; EA Freiburg: Personalakte Paul Xaver Schmidt. – Mündliche Mitteilungen von Pfarrer i. R. Wilhelm Schuh (geb. 1901), Meersburg
Werke: Zum Fortschritt der etymologischen Erkenntnis des Deutschen in Wörterbüchern des 17. und 18. Jahrhunderts. Freiburger Dissertation 1926; (Die Arbeit ist auch als 49. Heft in Emil Eberings „Germanische Studien“ Berlin 1927 erschienen); Ende der 30er Jahre erschien in Konstanz: Die Brandung. Blätter für deutsche Kultur und Kunst am See. Begründet von Dr. Arthur Schmidt
Nachweis: Bildnachweise: Fotos in Literatur: M. Koch, F.-J. Heyen/F. Kahlenberg und I. Hecht

Literatur: Der Lichtgang. 11. Jg./Heft 4 April 1961. Nachruf; Ingeborg Hecht, Dr. Arthur Schmiedhammer zum Gedenken. In: Badische Heimat Ekkhart 1962, 108 ff.; Max Frisch: Tagebuch 1966-1971. 1972, 35 f.; Michael Koch, Theater in Konstanz, 1985; Franz-Josef Heyen und Friedrich Kahlenberg (Hg), Südwestfunk. Vier Jahrzehnte Rundfunk im Südwesten, 1986, 164 f.; Sabine Abele, Das Deutsche Theater in Konstanz 1948-1950, in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung, 105. Heft 1987, 151-189
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