Werber, Friedrich 

Geburtsdatum/-ort: 02.04.1843;  Ettenheim
Sterbedatum/-ort: 31.08.1920;  Hegne
Beruf/Funktion:
  • katholischer Geistlicher, Redakteur
Kurzbiografie: 1852-1857 Höhere Bürgerschule in Ettenheim
1857-1861 Gymnasium Freiburg
1861-1866 Theologie- und Philosophiestudium in Freiburg. Aufenthalt im Priesterseminar St. Peter
1866 Priesterweihe in St. Peter
1866-1867 Vikar in Bleichheim
1867-1870 Kaplaneiverweser in Waldshut
1870-1879 Kaplaneiverweser in Radolfzell. Gleichzeitig
1870-1905 Redakteur der Zeitung „Freie Stimme“
1879-1880 Pfarrverweser in Radolfzell
1880-1886 Kaplaneiverweser in Radolfzell.
1886-1887 Pfarrverweser in Radolfzell
1887-1919 Pfarrer der Münsterpfarrei Radolfzell
1890 Päpstlicher Geheimkämmerer/Monsignore
1894-1919 Dekan des Kapitels Konstanz
1897-1919 Erzbischöflicher Kommissär des Provinzial-Mutterhauses Hegne der Schwestern vom heiligen Kreuz in Ingenbohl
1902 Geistlicher Rat
1906 Ehrenbürger der Stadt Radolfzell
1919 Pensionär in Hegne
Weitere Angaben zur Person: Eltern: Vater: Adolf Werber (1816-1872), Gerbermeister
Mutter: Karolina, geb. Machleid (gest. 1872)
Geschwister: 12, Friedrich Werber war der älteste
GND-ID: GND/1012371794

Biografie: Franz Götz (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 287-289

In Waldshut, wo Werber von Ende Juli 1867 bis Mitte September 1870 als Vertreter des sechs Jahre älteren Heinrich Hansjakob Kaplaneiverweser war und wo er auch als Privatlehrer den aus dem nahen Gurtweil stammenden späteren Gründer des Salvatorianerordens Johann Baptist Jordan in Latein und Französisch unterrichtete, verdiente sich der junge Kaplan als freiwilliger Mitarbeiter bei der in Säckingen erscheinenden katholischen Zeitung „Der Trompeter von Säckingen“ die ersten journalistischen Sporen. In der kirchenpolitisch stürmisch bewegten sogenannten „neuen Ära“ unter den Ministern Lamey und Jolly, als das liberal-konstitutionelle Baden zum kulturkämpferischen „Muster- und Probierländle“ wurde, agierte Werber als mutiger Kämpfer gegen die massive staatliche Bevormundung der Kirche. Deshalb erhielt er schon in Waldshut den Namen „Hetzkaplan“, obwohl ganz andere hetzten und er nur die Sache der Kirche mannhaft vertreten hat. Die Bezeichnung „Hetzkaplan“ blieb das Etikett, mit dem die liberale Presse den Kollegen von der schwarzen Konkurrenz diffamierte.
Seine journalistischen Aktivitäten in Waldshut und Säckingen ließen Werber bei der Kirchenbehörde als geeignet erscheinen, die Schriftleitung der 1865 gegründeten Radolfzeller Zeitung „Freie Stimme“ neben dem Posten des Kaplaneiverwesers in Böhringen (mit Sitz in Radolfzell) zu übernehmen. Am 17. September 1870 begann die 35jährige Tätigkeit Werbers als Redakteur in Radolfzell. Das Blatt hatte 1870 eine Auflage von 2 172 Exemplaren. Bis 1898 stieg die Zahl der Abonnenten auf 6 628.
„1871“ – schreibt Werber – „fingen böse Zeiten für die Katholiken an, die bis in die achtziger Jahre dauerten.“ Über das folgende Jahr notierte er: „1872 war ein schlimmes Jahr für die gläubigen Katholiken, ein Jahr voller Angriffe, in Wort und Schrift, in Parlament und Presse.“ Zusammen mit dem Arzt Dr. Schachleitner aus Bodman und dem Konstanzer Stiftungsverwalter Edelmann klärte Werber das Volk auf, hielt Versammlung auf Versammlung und schrieb sich die Finger wund. Dieses „ultramontane Dreigespann“ Edelmann, Schachleitner und Werber war die bevorzugte Zielscheibe der Angriffe der „Konstanzer Zeitung.“ Am 11. Januar 1873 wurden Werber, Edelmann und Schachleitner wegen angeblich staatsgefährdender Reden für 4 Tage ins Radolfzeller Gefängnis gesperrt. Im selben Jahr saß auch Heinrich Hansjakob 6 Wochen lang im Radolfzeller „Hotel Klausmann“, so benannt nach dem damaligen Gefangenenwärter. 1874 war wieder „ein wüstes Kulturkampfjahr.“ Man bemühte sich heftig aber vergeblich, den Radolfzeller „Hetzkaplan“ Werber zu Fall zu bringen.
Trotz des mitunter heftigen politischen Kampfgetümmels verließen den Radolfzeller Kaplanjournalisten weder Mut noch Humor. Davon zeugt z. B. folgende mündlich überlieferte Anekdote: Als man bei der Einführung der Ziviltrauung zunächst Schwierigkeiten hatte, eine geeignete Trauformel zu finden, machte Werber folgenden umwerfenden Vorschlag. Der Standesbeamte solle einfach sagen:
„Wenner Euch wend, / no gebet Euch d'Händ. / Im Namen des Gesetzes – / etz hät's es!“
Das einzige katholische Organ am See und Lokalblättchen für Radolfzell und Singen mußte sich gegen eine fast übermächtige Konkurrenz gegnerischer Zeitungen durchsetzen. Das war nicht einfach, wurde aber von Werber und seinen Mitarbeitern bravourös gemeistert.
Nachdem die schlimmsten Kulturkampfjahre vorüber waren, wurde es für die katholische Presse etwas leichter, obwohl die nach wie vor mit ziemlicher Schärfe geführten Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner selbstverständlich weitergingen, und zwar mit wachsendem Erfolg. Denn in den 1880er Jahren gelang der Badischen Volkspartei bzw. dem Zentrum am Bodensee der politische Durchbruch, zunächst bei Landtagswahlen, ab 1890 auch bei Reichstagswahlen.
Daß katholische Geistliche wie Werber oder Hansjakob überhaupt politisch tätig wurden, ist nur aus der damaligen Situation heraus zu verstehen. Es mangelte zunächst einfach an einer ausreichend großen Zahl von Laien, die in der Lage gewesen wären, die politische Diskussion mit der erforderlichen Überzeugungskraft und dem nötigen Nachdruck zu führen. Werber, der nie selbst nach politischer Macht strebte, sondern immer nur für seine Freunde warb und eintrat, hat sich aus der Frontlinie des politischen Kampfes zurückgezogen, als er sah, daß der Sieg errungen war und daß andere an seine Stelle treten konnten.
Im Februar 1879 hatte Werber zusammen mit dem Radolfzeller Kaufmann Julius Streicher eine Reise nach Rom unternommen, wo er von Papst Leo XIII. in Privataudienz empfangen wurde. Der Papst begrüßte den sehr korpulenten geistlichen Herrn vom Bodensee mit dem doppeldeutigen Ausruf: „Gravis sane defensor ecclesiae!“ Fürwahr, ein gewichtiger Verteidiger der Kirche!
Nicht nur als politischer Journalist und Volksredner gegen das System des Staatskirchentums und für die Stärkung des politischen Katholizismus in der Gesellschaft, sondern auch als Seelsorger hat sich Werber große Verdienste erworben. Im Jahr 1879 wurde Werber Pfarrverweser in Radolfzell, erhielt jedoch erst 1887, nachdem ihm nochmals ein anderer Geistlicher vor die Nase gesetzt worden war, die lang ersehnte Stelle des Radolfzeller Münsterpfarrers, die er dann bis Ende Juni 1919 innehatte und nebenher bis 1905 die „Freie Stimme“ redigierte.
Während dieser langen Zeit gründete Werber eine Reihe kirchlicher Vereine und schuf für diese durch den Kauf des Gasthauses „Kreuz“ ein Heim. Das spätgotische Radolfzeller Münster erhielt neue Chorfenster und einen neuen Hochaltar, Werber besorgte Glocken und eine neue Orgel. 1902-1904 wurde das obere Geschoß des Münsterturmes abgebrochen und durch ein neugotisches ersetzt, auf dem ein hoher spitzer Turmhelm errichtet wurde. Werbers herausragende Leistungen auf kirchlichem und politischem Feld fanden vielfältige Anerkennung. So erhielt er von Papst Leo XIII. das Ehrenkreuz pro ecclesia et pontifice und vom badischen Großherzog den Orden vom Zähringer Löwen, wurde vom Papst zum Monsignore, vom Freiburger Erzbischof zum Geistlichen Rat und von der Stadt Radolfzell zum Ehrenbürger ernannt. Bei seinem goldenen Priesterjubiläum im Jahr 1916 war Werber der dienstälteste Dekan der Erzdiözese Freiburg. Fast ebensolang wirkte er als Erzbischöflicher Kommissär des Provinzial-Mutterhauses Hegne der Schwestern vom heiligen Kreuz in Ingenbohl. In dieser Eigenschaft hatte er auch die Aufgabe, die Kandidatinnen in die Kongregation aufzunehmen und feierlich einzukleiden. Am 24. April 1906 war unter den Schwestern, die in Hegne vor ihm ihre erste Profeß ablegten, auch Ulrika Nisch, die am 1. November 1987 in Rom von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen wurde.
So lag es durchaus nahe, daß Werber, nachdem er Ende Juni 1919 im Alter von 76 Jahren sein Amt als Radolfzeller Münsterpfarrer abgegeben hatte, zu seinen Kreuzschwestern nach Hegne zog, wo er dann schon wenig mehr als ein Jahr danach, verstarb. 1932 wurde in Radolfzell eine Straße nach ihm benannt, und auch das neue, 1971 fertiggestellte katholische Gemeindezentrum der Radolfzeller Münsterpfarrei trägt den Namen dieses Geistlichen, der sich um Stadt und Land große Verdienste erworben hat.
Werke: Ein Ultramontaner jenseits der Berge. Rom-Reise zur Journalisten-Audienz bei Papst Leo XIII. Radolfzell 1879; Ein Ultramontaner diesseits der Berge (Lebenserinnerungen). In 32 Fortsetzungen vom 30.6.1920 bis zum 6.11.1920 in der Radolfzeller Zeitung „Freie Stimme“ und anschließend als Sonderdruck (ohne Orts- und Jahresangabe) erschienen.
Nachweis: Bildnachweise: Carl Diez (Hg.), Radolfzell in Vergangenheit und Gegenwart. Radolfzell 1916 (Abb. gegenüber dem Innentitel); FS zum 50jährigen Priesterjubiläum F. Werber. Radolfzell 1916 (Titelbild); Ölbild im Münsterpfarramt Radolfzell; Fotos im StadtA Radolfzell.

Literatur: FS zum 50jährigen Priesterjubiläum F. Werber Radolfzell 1916; J. Mayer; Nachruf auf F. Werber; in: FDA 49 (1921), 64 f., Josef Zimmermann, 75 Jahre „Freie Stimme“ Radolfzell (1865-1941), in: Zs. „Hegau“ 14 (1962), 339-344; Herbert Berner, Monsignore F. Werber. Ein Kapitel Kultur- und Zeitgeschichte des Bodenseegebietes; in: Suso-Blatt 1966, Nr. 32-35; Franz Götz, Der Steißlinger Freiherr Roderich von Stotzingen (1822-1893) und der Radolfzeller Stadtpfarrer F. Werber (1843-1920), zwei markante Persönlichkeiten des politischen Katholizismus im Großherzogtum Baden, in: Zs. „Hegau“ 38 (1981).
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