Schauber, Hermann 

Geburtsdatum/-ort: 20.01.1896;  Freiburg i. Br.
Sterbedatum/-ort: 06.03.1983;  Bühl (Landkreis Rastatt)
Beruf/Funktion:
  • Rechtsanwalt und Verleger
Kurzbiografie: 1915 Abitur am Berthold-Gymnasium Freiburg i. Br.
1915-1919 Studium der Rechte, der Volkswirtschaft, Finanzwissenschaft und des Staatsrechts in Freiburg i. Br.
1919 Erste Juristische Staatsprüfung
1922 Zweite Juristische Staatsprüfung
1922-1924 Mitarbeiter in einer Freiburger Anwaltskanzlei
1924-1941 Selbständiger Rechtsanwalt in Bühl (Landkreis Rastatt)
1925-1933 Mitglied des Bürgerausschusses in Bühl und Fraktionsführer der Zentrumspartei
1939-1945 Treuhänder der kirchlichen Anteile an der GmbH Heimschule Lender in Sasbach bei Achern
1941-1972 Mitinhaber der Firma Unitas in Bühl
1949-1972 Mitherausgeber des Acher und Bühler Boten
1951-1980 Geschäftsführer der GmbH Heimschule Lender
1982 Verleihung der Konradsplakette des Erzbistums Freiburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Verheiratet: 1925 Freiburg i. Br., Friedel, geb. Becker
Eltern: Ludwig Schauber (1856-1926), Lokomotivführer
Maria, geb. Glur (1860-1928)
Geschwister: 6
Kinder: 1 Sohn
GND-ID: GND/1012397041

Biografie: Werner Guldenfels (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), 392-395

Schauber entstammte einer katholischen Familie, die väterlicherseits in der Tuttlinger Gegend ansässig war. Nach einem Zwischenspiel in Ringsheim zog der Vater, von Beruf Lokomotivführer, nach Freiburg, wo Schauber 1896 geboren wurde. Von den 6 Geschwistern war außer ihm nur 2 Brüdern eine längere Lebensspanne beschieden. Während seiner Gymnasialzeit an der damaligen Lenderschen Lehranstalt in Sasbach bei Achern und am Freiburger Berthold-Gymnasium erhielt er eine gediegene humanistische Bildung, der er sich zeitlebens verpflichtet fühlte. Noch im hohen Alter ging ihm Latein leicht vom Munde. Nach dem Abitur in Freiburg meldete er sich im Kriegsjahr 1915 freiwillig zur Artillerie, wurde jedoch nicht genommen. So konnte er in seiner Heimatstadt das Studium der Rechte aufnehmen und studierte außerdem Volkswirtschaft, Finanzwissenschaft und Staatsrecht. Daneben betrieb er historische Studien, die bis zum Lebensende sein Hobby blieben. Von seinen Universitätslehrern beeindruckte ihn besonders der Strafrechtler Waldemar von Rohland, bei dem er vorübergehend eine Assistentenstelle bekleidete. Entgegen mehrfach erteiltem Rat ging Schauber nicht in den Staatsdienst, sondern ließ sich 1924 nach den juristischen Staatsprüfungen und vorübergehender Tätigkeit in einer Freiburger Anwaltskanzlei als selbständiger Rechtsanwalt im mittelbadischen Bühl nieder. Hier galt er bald als Meister in der Lösung kniffliger Fälle. Noch heute schwärmen Juristen von ihm, die in seiner Praxis tätig waren.
Auch politisch hat sich Schauber sogleich betätigt. Denn bereits 1925 wählte man ihn in den Bühler Bürgerausschuß. Und wiederum währte es nicht lange, bis er zum Fraktionsführer der Zentrumspartei berufen wurde. Dieses Amt versah er bis zu Hitlers Machtantritt. Als Kreisvorsitzender des Zentrums war er in Mittelbaden eine starke Stütze für Prälat Dr. Josef Schofer, der damals an der Spitze des badischen Zentrums stand. Allerdings vertrat Schauber so nachhaltig Bühler Belange, daß es mehrfach zu Auseinandersetzungen zwischen beiden kam, die aber nie eine bleibende Verstimmung auslösten. Als es nach dem Zweiten Weltkrieg wieder politische Parteien gab, trat Schauber nicht wie allgemein erwartet in die CDU ein, weil er mit der neuen Generation christlicher Politiker nicht zu Rande kam. Er fühlte sich vielmehr zu den Liberalen hingezogen und wurde zum Mitbegründer der Bühler FDP, der er bis zum Tode die Treue hielt.
Uneingeschränkt darf man sagen, daß es während der Jahre von Schaubers politischer Tätigkeit in Bühl keine wichtige kommunalpolitische Entscheidung ohne seine Mitwirkung gab. Erwähnt seien in diesem Zusammenhang nur der Bau der Schwarzwaldhochstraße, die wegen ihrer Bedeutung aus dem heutigen Fremdenverkehr nicht mehr wegzudenken ist, sowie an die städtische Kanalisation, die trotz Wirtschaftskrise ab 1926 in Bühl durchgeführt wurde.
Als 1936 die Druckerei Unitas in Bühl zusammenbrach, rief ihn die katholische Pfarrgemeinde zu Hilfe. Es gelang ihm in Kürze, das Unternehmen so gründlich zu sanieren, daß es wieder zu einem bedeutenden Faktor im Bühler Wirtschaftsleben wurde. Nachdem der Betrieb 1941 entsprechend gesetzlicher Vorschrift in eine Personalgesellschaft umgewandelt worden war, übernahm er als Mitinhaber das Unternehmen. Damals vertauschte er auch den Beruf des Anwalts mit dem eines Verlegers. Die Druckerei und den ihr angeschlossenen Verlag machte er ebenso wie die Buchhandlung am Markplatz durch mustergültige Organisation zu Betrieben, die modernsten Forderungen entsprachen. Wegen seiner Gerechtigkeit und Hilfsbereitschaft stand Schauber bei seinen Angestellten stets in hohem Ansehen, ja wurde von ihnen geradezu verehrt. Für Faulenzer und Drückeberger hatte er freilich nichts übrig.
Zum Retter wurde Schauber auch für die Heimschule Lender in Sasbach bei Achern. Schulträger der Sasbacher Bildungsstätte war eine GmbH, deren Anteile mehrheitlich das Erzbistum Freiburg besaß. Als in Verwirklichung des nationalsozialistischen Bildungsmonopols die Heimschule Lender verstaatlicht werden sollte, hat sich Schauber mit hoher persönlicher Risikobereitschaft für seine ehemalige Schule eingesetzt. Von Professor Dr. Fridolin Amann, seinem einstigen Freiburger Religionslehrer und Mentor sowie damaligem Leiter der Sasbacher Schule, um Hilfe angegangen, ersann er einen Plan, der allgemein als zu kühn erschien, um Erfolg zu haben. Doch gelang es ihm in der Tat, mit den gegensätzlichsten Partnern jener Jahre, der Kirchenbehörde, dem Ministerium des Kultus und Unterrichts und der nationalsozialistischen Partei, einen sinnvollen Kompromiß auszuhandeln. Er besagte, daß die kirchlichen Anteile an der GmbH Heimschule Lender in die Hände eines Treuhänders gelegt werden sollten, der nach dem Treuhandgesetz rechtlich Staats- und Parteidienststellen gegenüber die Verantwortung zu tragen hätte. Erzbischof Dr. Conrad Gröber war es freilich nicht wohl dabei. Doch ließ er sich von Schauber überzeugen, die Schüler der Sasbacher Schule pädagogisch nicht völlig aus der Hand zu geben, auch wenn ihre Erziehung im bisherigen Sinn nicht mehr voll gewährleistet werden könne. Schauber, dem die Kirchenbehörde verständlicherweise die Treuhandschaft übertragen hatte, war sich darüber klar, daß er auf Zeit spielen mußte in der richtigen Annahme, der Nationalsozialismus habe nicht lange Bestand. Die Partei gab sich vielleicht der Hoffnung hin, die Lenderschule auch über die Treuhandschaft in die Hand zu bekommen. Und das Ministerium des Kultus und Unterrichts sah wohl in der Sasbacher Lösung ein Modell für ähnlich gelagerte Fälle. Unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten gelang es Schauber, die Heimschule Lender nicht nur als einzige katholische Schule in Deutschland, sondern auch als einzige private Schule überhaupt bis 1945 zu erhalten. Dies trug nicht wenig zu ihrem Ansehen bei und war auch entscheidend dafür, daß sie nach dem Zusammenbruch der Hitlerherrschaft als erste höhere Schule in der französischen Besatzungszone ihre Pforten wieder öffnen durfte. Auch nach 1945 hielt Schauber der Heimschule Lender die Treue. Er trat für drei Jahrzehnte in die Geschäftsführung der GmbH ein, wobei er wie bislang unentgeltlich seine Arbeit verrichtete. Dank seiner Tätigkeit kam es zu einem umfangreichen Ausbau der Schule, der bis heute ihr Bild prägt. Damals gelang es ihm, die Kirchenbehörde verstärkt für die Sasbacher Bildungsstätte zu interessieren, was sich in großzügiger Finanzhilfe auszahlte. Seine Freundschaft mit Generalvikar Dr. Ernst Föhr, die aus den Tagen gemeinsamer Zentrumsarbeit herrührte, kam ihm dabei zugute.
Nur wenige erinnern sich heute daran, daß Schauber während des Dritten Reiches unablässig und erfolgreich darum bemüht war, Angriffe gegen kirchliche Einrichtungen und gegen Personen abzuwehren. So rettete er u.a. das Erzbischöfliche Studienheim Konradihaus in Konstanz, das Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern vom Hl. Kreuz in Hegne und das Missionsseminar der Pallottiner in Hersberg vor Beschlagnahmung oder Zweckentfremdung. Dies war möglich, weil Kirchenbehörde und Ministerium auf Schaubers klugen Rat vertrauten, wobei es immer wieder gelang, Parteidienststellen den wahren Sachverhalt vorzuenthalten. Dabei sollte man vor allem auch nicht vergessen, daß es Schauber mit Hilfe des Ministeriums des Kultus und Unterrichts fertigbrachte, Hilfe für verhaftete Personen zu vermitteln. So befreite er eine stattliche Zahl katholischer Priester und Laien aus den Händen der nationalsozialistischen Machthaber, unter ihnen auch den bekannten Freiburger Theologieprofessor Dr. Engelbert Krebs, um den er sich eigens auf Bitten des Erzbischofs annahm.
Auch von Undank blieb Schauber nicht verschont. Denn wegen der zur Rettung der Heimschule Lender ihm von der Kirchenbehörde übertragenen Treuhandschaft wurde er nach 1945 mehrfach gescholten und der Kollaboration mit den Nationalsozialisten beschuldigt. Wohl aus Klugheit enthielt er sich deshalb nach dem Zusammenbruch jeglicher politischer Tätigkeit, versagte jedoch niemand erwünschten Rat. Die Kirchenbehörde indes würdigte Schauber wegen seines selbstlosen Mühens. Erzbischof Dr. Hermann Schäufele sprach ihm mehrfach zu Geburtstagen und Jubiläen Dank und Anerkennung aus. Und sein Nachfolger Dr. Oskar Saier, der einst selbst Schüler in Sasbach gewesen war, verlieh ihm beim Ausscheiden aus der Geschäftsführung der Sasbacher GmbH in Gegenwart von Generalvikar Dr. Robert Schlund in der Heimschule Lender die Konradsplakette des Erzbistums Freiburg.
Inzwischen hatte Schauber auch sein Lebenswerk geordnet. In weiser Vorausschau erlangte er den Zusammenschluß der Acher und Bühler Boten, den er 1949 zu neuem Leben erweckt hatte, mit den Badischen Neuesten Nachrichten und die Übernahme seiner Druckerei durch den Mittelbadischen Zeitungsverlag. Wenn er sich auch seit damals aus der Öffentlichkeit zurückzog, sich verstärkt an vielseitiger Lektüre und gerne auch an geistreichem Gespräch im kleinen Kreis erfreute oder sein geliebtes Italien aufsuchte, so bewahrte er sich dennoch seinen Platz im Herz gerade älterer Bühler Mitbürger. Denn sie sahen in Schauber weniger den einst gefeierten Juristen als vielmehr den selbstlosen Ratgeber und Helfer in der Not. Sicher hat er sich nicht durch kirchliche Frömmigkeit ausgezeichnet. Jedoch war er ein Mann mit festen Prinzipien.
Quellen: Hermann Schauber, Denkschrift an die Kirchenbehörde vom Oktober 1945, auszugsweise veröffentlicht in: Werner Guldenfels, Hundert Jahre Heimschule Lender, 1975, 264; Glückwunsch von Erzbischof Dr. Hermann Schäufele zum 80. Geburtstag von Schauber, abgedruckt in: Der Sasbacher 1976, 182 f. Ein eigentlicher schriftlicher Nachlaß existiert nicht; die wenigen vorhanden gewesenen Unterlagen sind 1945 verlorengegangen. – Erinnerungen des Autors aus Gesprächen mit Hermann Schauber während und nach der Kriegszeit sowie mit Generalvikar Dr. E. Föhr und Dr. F. Amann
Nachweis: Bildnachweise: Ölbild von Nicola Elezovic, kurz vor seinem Tod, im Besitz der Heimschule Lender, als Buntbild abgedruckt in: Der Sasbacher 1983, nach S. 512

Literatur: W. Guldenfels, Würdigung von Arbeit und Einsatz [von Hermann Schauber] für die Heimschule Lender, in: ders., Hundert Jahre Heimschule Lender, 1975, 227 ff., N. N. in: Acher und Bühler Bote vom 21.01.1976; W. Guldenfels, Verleger Hermann Schauber 80 Jahre alt, in: Der Sasbacher 1976, 182 ff.; Erzbischof Dr. Oskar Saier, Zur Verleihung der Konradsplakette an Hermann Schauber, in: Ebda. 1982, 247. – Nachrufe in: BNN und Badisches Tagblatt vom 08.03.1983, desgl. in: Der Sasbacher 1983, 503 ff.; W. Guldenfels, Rechtsanwalt und Verleger Schauber, Retter der Heimschule in schwerer Zeit, in: Ebda. 1988, 48 ff.; ders., Toni Merz und Hermann Schauber zum Gedenken, in: Ebda. 1996, 43 ff. Würdigung von Arbeit und Einsatz für den Verlag Unitas und den Acher- und Bühler Boten; Wilfried Lienhard, 100 Jahre Unitas, in: Bühler Heimatgeschichte 1998, 43 ff.; Joachim Eiermann, Goldene Buchstaben einer glanzvollen Vergangenheit, in: Acher-und Bühler Bote vom 16.10.1998
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