Mülberger, Maximilian von Georg 

Geburtsdatum/-ort: 12.06.1859;  Stuttgart
Sterbedatum/-ort: 23.04.1937;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Oberbürgermeister der Stadt Esslingen am Neckar, Landtagsabgeordneter
Kurzbiografie: 1878 Reifeprüfung am Eberhard-Ludwig-Gymnasium
in Stuttgart
1878–1883 Studium der Rechtswissenschaften in Leipzig (1878/79), Zürich (1879/80) Tübingen (1880–1883, dort Mitglied des Corps Suevia) 1. Juristische Staatsprüfung
1884 Promotion zum Dr. iur. an der Ruprecht-Karls-Univ. in Heidelberg
1886–1892 2. Juristische Staatsprüfung; danach Hilfsrichter
in Stuttgart (1886/87), Stellv. Amtsrichter in Neuenbürg (1887/88) und Esslingen am Neckar (1888/91); Amtsrichter in Biberach (1891/92)
7.4.1892 Wahl zum Stadtschultheißen von Esslingen am Neckar
1893 Ernennung zum Oberbürgermeister durch König Wilhelm II. von Württemberg
1901 Ritterkreuz I. Kl. des Friedrichsordens
1906 als Abgeordneter der Deutschen Partei in den Württ. Landtag gewählt; Vorsitzender im Justizausschuss, Vorsitzender der Gemeinschaftlichen Bibliothekskommission; Ritterkreuz des Ordens der württ. Krone
1912 Kandidatur für die Nationalliberalen im 1. Württ. Reichstags-Wahlkreis in Stuttgart; Verleihung des Ehrenkreuzes des Ordens der württ. Krone und Erhebung in den persönlichen
Adelsstand; als Abgeordneter für den 1. Landeswahlkreis in den Landtag gewählt; im Ausschuss zur Beratung des Entwurfs eines Denkmalschutzgesetzes, stellv. Mitglied im Finanzausschuss
1914–1916 Kriegsteilnehmer im Ersten Weltkrieg in Belgien und Polen
1916 Vorstandsmitglied im neu gegründeten Südwestdeutschen Kanalverein für Rhein, Donau und Neckar e. V.
1919–1920 Vertreter in der Württ. Verfassunggebenden
Landesversammlung; Mitglied im Geschäftsordnungsausschuss,
Ausschuss für den Entwurf eines Gesetzes betr. das Gemeindewahlrecht und die Gemeindevertretung, Ausschuss zur Beratung des Entwurfs eines Amtsblattgesetzes
1920 als Spitzenkandidat für den Wahlkreis Württemberg II in den Landtag gewählt; Vorsitzender des Ausschusses für innere
Verwaltung, Steuerausschuss, Staatsrechtlicher Ausschuss, Sonderausschuss für den Entwurf des Gesetzes betr. das Gemeindewahlrecht
1926 bei der Wiedereinweihung des Alten Rathauses Ernennung zum Ehrenbürger von Esslingen am Neckar
1929 Verabschiedung in den Ruhestand; Umbenennung der Esslinger Panoramastraße in Mülbergerstraße
1929/30 Gasthörer an der Albert-Ludwigs-Univ. Freiburg i. Br.
1930 Umzug nach Stuttgart
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 19.7.1894 (Berlin) Helene Elisabeth Leisinger (geb. 17.5.1863 Stuttgart, gest. 14.12.1933 Torgau)
Eltern: Vater: Carl Mülberger (1817–1889), Finanzrat in Stuttgart. Mutter: Emma, geb. Leisinger (1826–1906)
Geschwister: 3, darunter: Arthur Wilhelm (geb. 30.1.1847 Hohenheim bei Stuttgart,
gest. 5.12.1907 Stuttgart), Dr. med., Oberamtsarzt in Crailsheim,
sozialpolitischer Schriftsteller)
Kinder: 4, darunter: Clara; Erica; Kurt Emil Anton Wolfgang (geb. 21.6.1900 Esslingen, gest. 5.9.1983 Stuttgart).
GND-ID: GND/1012403610

Biografie: Iris Sonnenstuhl-Fekete (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 1 (2006), 186-187

Einer Beamtenfamilie aus dem Elsass entstammend und mit der Verlegerfamilie Cotta verwandt, schlug Mülberger zunächst die Juristen-Laufbahn ein. 1892 wurde er zum letzten lebenslangen Stadtschultheißen von Esslingen gewählt, bald darauf zum Oberbürgermeister ernannt. In den 37 Jahren seiner Amtszeit erreichte er viel für die Stadt. In dieser Zeit erhöhte sich die Bevölkerungszahl Esslingens von 22 234 auf 40 709. Von Anfang an engagierte sich Mülberger für die Schiffbarmachung des Neckars. Er gehörte dem Vorstand des Südwestdeutschen Kanalvereins an und konnte den Ausbau des Neckarkanals mit in die Wege leiten. Während seiner Amtszeit wurden in Esslingen ein neues Hauptpostamt, eine Reichsbanknebenstelle und eine Kaserne errichtet. Das Schulwesen wurde vorbildlich gefördert, das Lyzeum zum Gymnasium ausgebaut, eine Mädchenmittelschule neu gegründet, neue Schulen gebaut. 1913 wurde die Höhere Maschinenbauschule von Stuttgart nach Esslingen verlegt. Wertvolle historische Gebäude wie die Stadtkirche und das Alte Rathaus wurden saniert. Durch die Eingemeindung von Oberesslingen und Hegensberg konnte das Stadtgebiet vergrößert werden, neue Industriegebiete wurden erschlossen. Große Neubaugebiete entstanden in den Randlagen, Arbeitersiedlungen auf der Neckarhalde und in Oberesslingen; das Straßennetz wurde wesentlich verbessert. 1912 konnte in Esslingen eine städtische Straßenbahn eröffnet werden, 1926 ging die Straßenbahn Esslingen-Nellingen-Denkendorf in Betrieb. Während Mülbergers Amtszeit wurde in Esslingen 1894 das erste Arbeitsamt Deutschlands eingerichtet. Das kulturelle Leben erlebte eine Blüte, besonders Theater und Musik wurden gefördert. Gesellschaftliche Höhepunkte im Jahreslauf brachten die Pferderennen in Weil, wohin der Württembergische Rennverein seinen Rennplatz verlegt hatte. König Wilhelm II. von Württemberg, mit dem Mülberger seit seiner Studienzeit befreundet war, Vertreter aus Adel und Wirtschaft besuchten deswegen Esslingen. Für seine Verdienste ehrte die Stadt Mülberger mit der Ehrenbürgerschaft und benannte die Straße, in der er seit 1914 wohnte, nach ihm um. Als Oberbürgermeister bewirkte Mülberger den Ausbau der Stadtverwaltung durch Einrichtung neuer Ämter, aber auch zahlreiche Verbesserungen und Vereinfachungen. Unter seiner Ägide stieg das Ansehen der Beamten, ihre wirtschaftliche Lage verbesserte sich. Er wurde als redebegabt, ideenreich, tatkräftig und weit vorausschauend charakterisiert. Als Landtagsabgeordneter vertrat er den Wahlkreis Esslingen 18 Jahre lang für die Deutsche Partei bzw. die DNVP.
Quellen: Stadtarchiv Esslingen, NL M. 1–28; StAL E 315 II, Bü.7a.
Nachweis: Bildnachweise: Stadtarchiv Esslingen, Fotosammlung und NL M. 191–197.

Literatur: Siebenunddreißig Jahre Stadtvorstand. Zum Abschied des Oberbürgermeisters Dr. von Mülberger, in: Eßlinger Zeitung vom 28.9.1929, 9; Süddeutsche Wasserstraßen 13 (1937), 103; Schwäbischer Merkur (1937), Nr. 97, 5; Ehrenbürger Dr. v. Mülberger wäre heute 100 Jahre alt geworden, in: Eßlinger Zeitung vom 12.6.1959; Frank Raberg, Die Landtagsabgeordneten in den Ständeversammlungen und in der Kammer der Abgeordneten des Königreichs Württemberg sowie in den Landtagen des Freien Volksstaates Württemberg. Ein biographisch-politischer Überblick, in: Esslinger Studien 39 (2000), 204–206 (dort weitere Lit.); Iris Sonnenstuhl-Fekete, Der Neckarkanal. Esslinger Beiträge zur Kanalisierung des Flusses vom 18. bis in das frühe 20. Jahrhundert, in: Esslinger Studien 40 (2001), 121–166.
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