Ruh, Maximilian 

Geburtsdatum/-ort: 05.02.1901;  Buchenbach bei Freiburg i. Br.
Sterbedatum/-ort: 30.01.1973;  Oberkirch
Beruf/Funktion:
  • Geistlicher Rat
Kurzbiografie: 1913-1920 Bertholdgymnasium Freiburg
1920-1925 Theologie- und Philosophie-Studium an der Universität Freiburg und St. Peter, daneben kunstgeschichtliche und juristische Studien
1925 (4. 5.) Priesterweihe in St. Peter
1925-1927 Kaplan in Engen (Hegau)
1927-1931 Kaplan in Baden-Baden (St. Bernhard)
1931-1934 Kaplan in Karlsruhe (St. Stephan)
1934-1938 Rektor des Kolpinghauses Karlsruhe, Bezirkspräses der Kolpingsfamilien Karlsruhe Stadt und Land
1935 Vertreter der deutschen Kolpingfamilie im Internationalen Organisationskomitee des Kolpingwerks
1938 Kirchlich beauftragter Verbindungsmann zwischen Ordinariat, Kunst, Künstlern und Kunstwerkstätten in Nordbaden
1938-1940 Pfarrverweser in Oberkirch
1940-1968 Pfarrer in Oberkirch
1945 Kommissarischer Bürgermeister in Oberkirch
1963 Ernennung zum Geistlichen Rat ad honorem
1968 Ehrenbürger von Oberkirch
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Eltern: Vater: Heinrich Ruh, Bürgermeister und Ehrenbürger von Buchenbach
Mutter: Maria, geb. Heitzler
Geschwister: 4 Brüder
2 Schwestern
GND-ID: GND/1012404242

Biografie: Valentin Ludwig (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 2 (1987), 233

Der Lebensweg Ruhs verlief zunächst mit Studien- und Kaplansjahren in sehr normalen und unauffälligen Bahnen. Mit wenig mehr als 30 Jahren wurde er mit den ersten Sonderaufgaben betraut. Er wurde Bezirkspräses der Kolpingsfamilie Karlsruhe und gleichzeitig Rektor des Kolpinghauses. Zielstrebig und mit Geschick führte er in den schwierigen Jahren 1934-1938 das Kolpinghaus aus finanziellen Schwierigkeiten heraus und konnte sich mit Erfolg gegen die Widerstände der nationalsozialistischen Machthaber behaupten. In das internationale Organisationskomitee des Kolpingwerks wurde er als deutscher Vertreter entsandt. Seine künstlerischen Neigungen brachten den jungen Geistlichen in Verbindung mit Künstlern und Kunstwerkstätten Nordbadens.
Seine eigentliche Lebensaufgabe fand er in Oberkirch, wo er 30 Jahre als Stadtpfarrer wirkte. In der Zeit des 3. Reiches erforderte sein Amt festes und mutiges Auftreten, aber noch mehr diplomatische Geschicklichkeit, die verbunden war mit einer ihm eigenen bäuerlichen Schläue. Noch heute erzählt man sich schmunzelnd Anekdoten über ihn aus jener Zeit. Durch die Kriegsjahre hielt er ständigen Kontakt mit den Soldaten seiner Pfarrgemeinde.
Wer 1945 das Kriegsende und den völligen Zusammenbruch in der Heimat erlebte, wird nicht vergessen können, daß Ruh in mutigem Eintreten und mit ungewöhnlicher Tatkraft und mit Verhandlungsgeschick Oberkirch und die Bevölkerung der Stadt vor Schlimmerem bewahrte. Das Pfarrhaus stand für jeden offen. Schon während des Krieges hat man hier etwa 5 000 Übernachtungen von Flüchtlingen gezählt. Unvergessen ist sein Einsatz bei dem Kampf um Oberkirch. Unter seiner Mitwirkung wurde verhindert, daß nach Ablauf eines Ultimatums ein geplantes Bombardement die Stadt vernichtete. Er konnte sinnlose Zerstörungen, Schikanen und unbillige Härten abwenden.
Nach dem Krieg organisierte er ein Hilfswerk, das seinesgleichen suchte. Nach Ausweis der Akten sind durch die Caritas Oberkirch im Herbst 1945 350 Tonnen Lebensmittel gesammelt worden. Im Sommer 1945 ging von hier der erste Lebensmitteltransport nach Karlsruhe. Die Zeit des Wiederaufbaus ist gekennzeichnet durch seine Bautätigkeit. Seiner Initiative war es vornehmlich zu verdanken, daß schon um das Jahr 1950 etwa 50 Siedlerhäuser durch die Neue Heimat gebaut wurden. Naturgemäß galt seine Hauptsorge der kirchlichen Bautätigkeit (völlige Renovierung der Stadtkirche und vier Filialkirchen, Bau des Gemeindehauses und zwei Kindergärten, Bau der Schönstattzentrale Marienfried).
Der unermüdliche Einsatz für die ihm anvertrauten Seelen konnte nur wachsen auf dem Fundament einer großen Frömmigkeit. Neben der äußeren Betriebsamkeit brauchte er die Stille des Gebetes. Seine Marienverehrung führte ihn schon 1922 zu den Schönstättern. Seinem Einsatz verdankt Schönstatt den Bau von Marienfried. Die Sorge um das Seelenheil der ihm Anvertrauten war ihm wichtiger als jedes Bemühen um das leibliche Wohl. Im Gespräch mit ihm, dem Feind aller billigen Redensarten, spürte man sehr bald die Ausstrahlungen einer Persönlichkeit. In dem Festhalten an einer als richtig erkannten Idee verriet sich seine Schwarzwälder Heimat. Die dankbare Gemeinde Oberkirch hat ihm als erstem Bürger die Goldene Verdienstmedaille der Stadt und als drittem Bürger nach August Ganther und Hans Furler die Ehrenbürgerwürde verliehen.
Nachweis: Bildnachweise: Fotos StAF, Bildnissammlung.

Literatur: Nekrolog in FDA 97, 1977, 489 f.
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