Risler, Emil Gottfried Hermann 

Geburtsdatum/-ort: 11.11.1858;  Freiburg i. Br.
Sterbedatum/-ort: 26.04.1916;  Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • Fabrikant und Freiburger Kommunalpolitiker
Kurzbiografie: 1869-1875 Volksschule und Gymnasium in Freiburg i. Br.
1875-1876 Progymnasium Tauberbischofsheim, Abgang nach Obersekunda
1876/1877 Studium der Chemie und Mineralogie an der Universität Freiburg i. Br., Abschluß mit Promotion zum Dr. phil. durch Prof. A. Claus
1879 Einjährig-Freiwilliger beim 3. badischen Dragoner-Regiment in Karlsruhe
1884-1916 Leitung der geerbten Perlen- und Knopffabrik Risler&Cie in Freiburg i. Br., ab 1910 in Herzogenrath
1885-1901 Mitglied im Kollegium der Freiburger Handelskammer
1887-1906 Mitglied des Freiburger Bürgerausschusses
1892 (als Rittmeister der Landwehrkavallerie) Orden 2. Klasse der Landwehrdienstauszeichnung
1897-1907 Freiburger Stadtrat
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1882 Klara, geb. Obkircher
Eltern: Vater: Jeremias, Knopffabrikant (6.9.1811-8.5.1884)
Mutter: Pirminia, geb. Pyhrr (6.10.1820-15.8.1896)
Geschwister: 2
Kinder: 5:
Irma (geb. 1883), verheiratete Killius
Gabriele (geb. 1886), verheiratete Ernst
Erich (geb. 1887)
Margarete (geb. 1890), verheiratete Ruppert
Hermann (geb. 1897)
GND-ID: GND/1012404714

Biografie: Fred Ludwig Sepaintner (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 4 (1996), 232-234

Mit dem Tod seines Vaters Jeremias 1884 trat Risler das Erbe und damit die Leitung der Perlen- und Knopffabrik Risler&Cie in Freiburg an. Die Fabrik war von Jeremias Risler zusammen mit René Dutfoy 1847 gegründet worden.
Risler übernahm 1884 ein florierendes, über die Grenzen Badens bekanntes Unternehmen. Seine Leistung liegt im Ausbau der wirtschaftlichen Bedeutung des ererbten Unternehmens, das um 500 Arbeiter – Heimarbeiter nicht eingerechnet – beschäftigte (1882: mit 600 Beschäftigten an 6. Stelle unter den Industriewerken Badens), im Zuerwerb zweier weiterer Fabriken mit zusätzlichen Produktionszweigen, vor allem aber auch in der frühen Erkenntnis der künftigen Bedeutung der Elektroindustrie. Entgegen dem bisherigen Brauch seiner Familie hatte Risler eine akademische Ausbildung genossen. Nach dem Besuch der Volksschule in Freiburg hatte er ab 1869 das dortige Gymnasium besucht, war dann 1875 ins Progymnasium in Tauberbischofsheim übergewechselt, das er 1876 nach der Obersekunda „mit dem Zeugnis der unbedingten Promotion“ (Lebenslauf) verließ. Sein Studium der Chemie und Mineralogie an der Universität Freiburg dauerte vom Wintersemester 1876/77 bis zum Sommersemester 1881, unterbrochen vom einjährigen freiwilligen Militärdienst beim III. badischen Dragoner Regiment in Karlsruhe, den er mit der Gratifikation des Reserveoffiziers verließ. In Karlsruhe hatte er noch während seiner Tauberbischofsheimer Schulzeit auch Klara Obkircher kennengelernt, die er 1882 heiratete. Rislers Studienabschluß war die Promotion durch Prof. A. Claus mit einer Arbeit über „Beiträge zur Kenntnis des Benzidins“ (Freib. chem. Diss. Nr. 28, 1881).
Die Führung des Knopffabrik in den 1880er Jahren verlief zunächst ganz in den überkommenen Bahnen; 1887 folgte die Witwe des Heinrich Kuenzer jun., Ida Kuenzer, geb. Freiin von Beust, ihrem verstorbenen Mann als Gesellschafterin. Diese Familie war seit 1864 an Risler&Cie beteiligt. Zur gleichen Zeit erwarben beide Familien die Freiburger Papierfabrik Ferdinand Flinsch, mit der Risler der Herstellung von aschearmen Papieren wegen, die zur Knopfproduktion benötigt wurden, schon vorher in Geschäftsverbindungen gestanden hatte. Den Hintergrund dieser Transaktion dürften die allgemeinen Krisenerscheinungen der deutschen Wirtschaft („Gründerkrise“) dargestellt haben, die auch die Papierfabrik in akute Finanznot gestürzt hatten. Andererseits profitierten beide Unternehmen dann von der anhaltend florierenden Konjunktur ab etwa 1890. Wesentlich für die Knopffabrik war damals die Organisation der Heimarbeitsausgabestellen, die am Schluchsee, auf dem Thurner, in Neuershausen in der March und am Kaiserstuhl in Kiechlinsbergen und Wyhl unterhalten wurden. Risler, spätestens von den 1890er Jahren an einer der reichsten Freiburger (1905 z. B. zahlte er mit 5266,92 Mark die höchsten Umlagen in der Stadt), unterhielt ganz nahe bei Heimarbeiterausgabestellen auch seine Jagdreviere; zwischen den Jagden Aha und Rothaus, ganz nahe am Schluchsee, errichtete er in Seebrugg 1897 sein Jagdschlößchen Hubertus.
Risler zeigte ein ähnlich starkes soziales Engagement wie sein Vater und baute beim Freiburger Messeplatz zu den 1871 errichteten 1886/88 weitere „Knopfhäusle“, dazu ein Sozialhaus mit Volksküche und einen Konsum. Er engagierte sich auch für die benachbarte Maria-Hilf-Kapelle und für Kloster Adelhausen.
Der Wettstreit mit dem lokalen Konkurrenten Mez, der auch schon bei seinem Vater sichtbar wird und Ansporn für manche soziale Investition gewesen sein mag, kommt zuweilen auch im kommunalpolitischen Engagement auf Seiten der Nationalliberalen zum Ausdruck. Ab 1887 war Risler als Vertreter der 1., höchstbesteuerten Klasse Mitglied des Freiburger Bürgerausschusses. 1897 wurde Risler von seinen Kollegen ins städtische Exekutivgremium, den Stadtrat, gewählt. Rislers neuerliche Kandidatur 1908 scheiterte. Es fehlten ihm nur 5 Stimmen zur Wiederwahl. Fabrikant Hermann Mez hatte damals auf Seiten der gerade aufgekommenen Bürgervereinigung kandidiert und war gewählt worden.
In diese Zeit, das Ende des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts, fällt ein entscheidender Einschnitt in der Geschichte der Knopffabrik Risler und damit auch der Freiburger Industriegeschichte: Risler verlegte die Produktion 1910 ganz in die Rheinische Porzellanknopffabrik nach Herzogenrath bei Aachen. Ausschlaggebend hierfür waren Standortfaktoren: Quarzsandvorkommen und Kohle als Hauptenergieträger. Auch waren die Häfen Rotterdam und Antwerpen von Aachen aus wesentlich kostengünstiger für Produktion und Export erreichbar. Die Verwaltung von Risler&Cie blieb bis 1927 in Freiburg; Risler selbst wohnte mit seiner Familie in der von ihm erbauten Villa in der Hildastraße. Sein Interesse hatte sich damals bereits auf ein anderes Projekt konzentriert, die 1908 in Bad Tölz gegründeten Süddeutschen Isolatorenwerke (SIW), die plastisches Preßmaterial zu Isolierteilen sowie nicht brennbares Material für feuersichere Zwischenanlagen herstellten. Bis zur Gesellschafterversammlung am 22. Juli 1911 hatte Risler von deren Stammkapital von 75 000 Mark für sich 16 % und für seine Firma 60 % erworben. Er initiierte nun die Verlegung des Firmensitzes nach Freiburg und die Errichtung einer Zweigniederlassung in Neuershausen bei Freiburg. Risler war bis zu seinem Tod Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens, das auf dem Gelände seiner ehemaligen Knopffabrik arbeitete. Durch Heranziehung des russischen Erdölchemikers und Erfinders Dr. Meilach Melamid, der die Chemische Fabrik AG in Freiburg leitete, gab er entscheidende Entwicklungsimpulse, so daß die Süddeutschen Isolatorenwerke bald zu den ersten deutschen Unternehmen gehörten, die neben Asphaltprodukten auch frühe Formen von Kunststoffen als Isoliermaterialien verarbeiteten.
In diesen Jahren war Risler bereits vom Krebsleiden gezeichnet, dem er am 26. April 1916 vormittags 11.45 Uhr erlag. Er hinterließ neben beachtlichem Grundbesitz die 1915 ganz auf ihn persönlich übergegangene Beteiligung von nunmehr 76% am Stammkapital der Süddeutschen Isolatorenwerke sowie je 50 % Anteile an der Risler&Cie, im Steuerwert des Liegenschafts- und Betriebsvermögens 1911 mit 4 482 200 Mark eingeschätzt, und an der Papierfabrik Flinsch, die im gleichen Jahr mit 1 682 600 Mark veranlagt worden war. Geregelt war der Nachlaß in Ehe- und Erbverträgen vom 4. Februar 1913. Danach erhielt seine Witwe den gesamten Hausstand und eine jährliche Rente, die aus der Erbmasse zu zahlen war. Das Erbe verteilte sich zu gleichen Teilen auf die fünf Kinder. An Rislers Stelle in der Risler&Cie trat sein damals 29jähriger Sohn Erich als persönlich haftender Gesellschafter und Generalbevollmächtigter seiner Geschwister, die Kommanditisten wurden.
Quellen: StadtA Freiburg, K 1/100, Nachlaß Risler; Vorlage d. Stadtrats Freiburg an den Bürgerausschuß, Dwf 40, Bd. 34, 1928; C4 VII/14/14; C3 448/8 f. (alles Knopfhäusle betr.); Cl 25a/26; C3 581/10; C3 399/16 (Knopffabrik Risler betr.); C2 27/2 bis C3 84/2a. (Bürgerausschußwahlen betr.). – STAF AG Freiburg 1971/ 19, Freiburg Abt. IV/26333 (Nachlaßakte Emil Risler). UA Freiburg Promotionsakten d. phil. Fak.: E. Risler Amtsgericht-Registergericht Freiburg: Handeslregister Freiburg A Bd. 1 85 f., 215 f. – GLAK 236/6512 u. 6514 (Kratzen- u. Knopffabrik Risler betr.). – Firmenarchiv Isola-Werke Düren (Nachfolgeunternehmen d. SIW Freiburg) Gründungsvertrag d. SIW, Bad Tölz 1908; Protokoll d. Gesellschafterversammlung vom 22.7.1911; Gesellschafterstand vom 31.12.1915; Abänderung d. Gesellschaftsvertrags vom 8.9.1917. Freiburger Ztg. Jgge. 1884 u. 1916: Todesanzeigen, Danksagungen d. Familie u. Nachrufe. – Freiburger Adreßkalender bzw. -bücher, Jgg. 1837, 1850, 1880 und 1912. – Mathieu Risler Tagebuch (MS französisch; Kopie im Besitz des Verfassers); Jeremias Risler Tagebuch (MS französisch; Original im Besitz von Frau Christa Hammerstein geb. Risler, Freiburg).
Werke: Beiträge z. Kenntnis d. Benzidins. Freiburger Chem. Diss. Nr. 28, 1887 (39 S.).
Nachweis: Bildnachweise: Photographien bzw. Portraits im Familienbesitz u. im StadtA Freiburg.

Literatur: Tableaux Généalogiques de la Familie RISLER 1481-1910. Nouv. Éd. Mulhouse: Meininger 1910 (im Besitz der Familie) Nr. 114 (Jeremias Risler) und Nr. 143 (Emil Risler); 440 Jahre Papiermacherei in Freiburg. 100 Jahre „Neue“ Papierfabrik Ferdinand Flinsch. Von G. Piccard und L. Sponhan-Krempel. o. O. o. J. (Freiburg, 1952), vorletzte Textseite; Die Handelskammer f. d. Kreis Freiburg im Breisgau u. ihre Vorgänger. FS a. Anlaß d. 250- bzw. 50jähr. Bestehens. Hg. im Auftrag d. Kammer v. Syndikus Dr. Franz Kaiser. o. O. o. J. (Freiburg: Herder); 75 Jahre Industrie u. Handelskammer Freiburg. 1880-1955. Eine Fs z. 75jähr. Bestehen d. Industrie- u. Handelskammer Freiburg. o. O. o. J. (Freiburg: Herder). Freiburg im Breisgau. Stadtkreis u. Landkreis. Amtl. Kreisbeschreibung. 4. Halbbände. 1965 ff. Bd. 1, 913; F. L. Sepaintner, Jeremias u. Emil Risler. Freiburger Unternehmerprofile im 19. u. frühen 20. Jh., in: Schau-ins-Land 110, 1991, 179-188; ders., Wahlen in Freiburg v. 1868 bis z. Ende d. Kaiserreichs, in: Gesch. d. Stadt Freiburg i. Br. Bd. 3. Von d. bad. Herrschaft bis z. Gegenwart. Hg. von Heiko Haumann u. Hans Schadek. 1992, 227-238.
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