Bensheimer, Alice 

Geburtsdatum/-ort: 06.05.1864; Bingen am Rhein
Sterbedatum/-ort: 20.03.1935;  Mannheim
Beruf/Funktion:
  • Sozialpolitikerin
Kurzbiografie: 1899 Armenpflegerin
1904-1929 Schriftführerin des „Bundes deutscher Frauenvereine“
1915-1919 Leiterin der „Zentrale für Kriegsfürsorge“, Mannheim
1922-1933 Vorsitzende der „Mannheimer Notgemeinschaft“
Weitere Angaben zur Person: Religion: isr.
Verheiratet: 1885 Mannheim, Julius Bensheimer, Verlagsbuchhändler (1850-1917)
Eltern: Vater: Zacharias Coblenz, Weinhändler
Mutter: Emilie Meyer
Kinder: 1 Sohn
GND-ID: GND/1012407098

Biografie: Karl Otto Watzinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 38-39

Bensheimer widmete ihr ganzes Leben dem Kampf um die gesellschaftliche und politische Gleichstellung der Frauen, wobei sie selbst vorbildlich im sozialen Bereich wirkte. Im Jahre 1896 gründete sie den „Frauenbund Caritas“, der als Schwestervereinigung der „August-Lamey-Loge“ entstand. Seine Aufgabe war die Unterstützung von Witwen und Waisen, die Erziehung von armen Kindern und die Zuweisung von Arbeit an Arme, um sie vom Bettel abzuhalten. Im Jahre 1899 wurde Bensheimer Armenpflegerin und Mitglied der städtischen Armen- und Jugendkommission. In dem 1909 auf ihre Anregung gebildeten Fürsorgeausschuß, der vor allem in der Jugendgerichtshilfe tätig war, übernahm Bensheimer den Vorsitz. Im September 1914 wurde sie Leiterin der „Zentrale für Kriegsfürsorge“, die Oberbürgermeister Kutzer gegründet hatte, um die Arbeit aller Wohlfahrtsverbände zusammenzufassen.
In der Inflationszeit wurde, aufgrund ihrer Initiative, im Herbst 1922 die „Mannheimer Notgemeinschaft“ ins Leben gerufen, in der alle Wohlfahrtsverbände mit den Gewerkschaften und den Organisationen der Arbeitgeber vereinigt wurden. Wiederum nahm sie als Vorsitzende die schwerste Last auf ihre Schultern. Als die Notgemeinschaft im Frühjahr 1926 ihre Büroräume nicht mehr bezahlen konnte, verlegte Bensheimer den Geschäftsbetrieb in ihr eigenes Haus.
Bensheimer war auch überörtlich in Frauenverbänden tätig. Im Badischen Frauenbund gehörte sie dem Ausschuß Bekämpfung der Tuberkulose an. In dem von Gertrud Bäumer und Helene Lange geführten „Bund deutscher Frauenvereine“ war sie Schriftführerin und von 1921-1931 auch Redakteurin des Nachrichtenblattes. Im Januar 1908 veröffentlichte sie in der Zeitschrift „Die Frau“ einen Aufsatz über „Die Frau im Dienste der Gemeinde“. Dabei wies sie darauf hin, daß Frauen nur selten Mitglieder städtischer Kommissionen sind, z. B. in Mannheim nur acht Frauen in 76 Komissionen. Sie verlangte, daß Frauen in allen Kommissionen, die den Lebensbereich der Frauen berühren, vertreten sein sollen und betonte dabei, daß den Frauen das nötige Rüstzeug für die Bewältigung dieser Aufgaben vermittelt werden müßte. Damit solle schon in der Schule begonnen werden, in der Bürger- und Rechtskunde als Fächer einzuführen seien.
Bensheimer stand auch im politischen Leben als Mitglied der Fortschrittlichen Volkspartei, für welche ihr Mann von 1905 bis zu seinem Tode 1917 dem Bürgerausschuß angehörte. Nach dem Ersten Weltkrieg war Bensheimer im weiteren Vorstand der Mannheimer Ortsgruppe der Deutsch-Demokratischen Partei. Im April 1932 unterzeichnete sie mit vielen Mannheimer christlichen und jüdischen Frauen einen Aufruf zur Wiederwahl Hindenburgs. Persönliches Leid blieb dieser warmherzigen Frau, die sich nur für ihre Mitbürger einsetzte, nicht erspart. Schon 1917 verlor sie ihren Mann und 1923 ihren einzigen Sohn. Im hohen Alter mußte sie noch das Ende aller ihrer Bestrebungen unter der NS-Diktatur erleben und nur durch ihren Tod im Jahre 1935 blieb sie von der Deportation verschont.
Werke: Die Frau im Dienste der Gemeinde, in; Die Frau, 1908, Heft 4.
Nachweis: Bildnachweise: StadtA Mannheim.

Literatur: Friedrich Walter, Mannheim in Vergangenheit und Gegenwart, Mannheim 1907, Bd. 3, 480; ders., Schicksal einer deutschen Stadt. Geschichte Mannheims 1907-1945, Frankfurt a. M. 1948/50, Bd. 1, 240; Karl Otto Watzinger, Geschichte der Juden in Mannheim 1650-1945, 2. verbess. Aufl. 1987, 80 f.
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