Doerr, Emil Adolf 

Geburtsdatum/-ort: 03.12.1882;  Plankstadt
Sterbedatum/-ort: 15.01.1948;  auf dem Grenzhof bei Heidelberg
Beruf/Funktion:
  • Oberkirchenrat
Kurzbiografie: 1901 Abitur in Mannheim
1901-1906 Studium und Promotion zum Dr. phil. in Heidelberg
1907 Staatsprüfung für den höheren Finanzdienst
1907-1911 Finanzpraktikant bzw. -gehilfe in Mannheim, Emmendingen, Heidelberg, Säckingen und Pforzheim
1911-1913 Finanzassesor in Karlsruhe, Heidelberg und Weinheim
1914 Ernennung zum Finanzamtmann
1914-15 Unabkömmlichkeitsstellung
1916 KV (Feldartillerie), Badisches Kriegsverdienstkreuz
1920 Regierungsrat
1923 Ernennung zum Oberregierungsrat
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: 1913 Susanne, geb. Lüll, Gutsbesitzerstochter auf dem Grenzhof/Amtsbezirk Heidelberg
Eltern: Vater: Friedrich Doerr, Fabrikant in Plankstadt (gest. 1884)
Mutter: Emilie, geb. Wolfhard
Geschwister: 1 Bruder (soweit bekannt)
Kinder: 3 (2 Töchter, 1 Sohn)
GND-ID: GND/1012407101

Biografie: Hermann Rückleben (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 61-62

„Ich bin im Jahre 1924 in den Evangelischen Oberkirchenrat berufen und mit dem Amt eines Stellvertreters des Kirchenpräsidenten betraut worden, weil ich der Kirchlich-Liberalen Vereinigung angehöre, der als zweitstärkste Gruppe ... die Zusage gegeben worden war, daß die Stelle des Stellvertreters ... mit einem Mitglied der Kirchlich-Liberalen besetzt werde.“
Doerr verdankt demnach die Übernahme in den Kirchendienst den Proporz-Vorstellungen des kirchlich-parlamentarischen Systems der Weimarer Republik. Entsprechend reagierte er auf die vernichtende Wahlniederlage vom Juli 1932 – die Liberalen verloren sieben ihrer 18 Synodalsitze: Doerr bot seinen Rücktritt an, fand jedoch bei Kirchenpräsident Wurth kein Gehör, zumal auch die Landessynode ihm für seine bisherige Tätigkeit expressis verbis ihre „Anerkennung“ ausgesprochen hatte.
Am 25. 5. 1933 empfahl die Vertreterversammlung der Kirchlich-Liberalen Vereinigung ihren Mitgliedern, sich der „Glaubensbewegung Deutsche Christen, Gau Baden“ anzuschließen. Dem folgte auch Doerr; bereits eine Woche später wurde er vom Erweiterten Evangelischen Oberkirchenrat, in dem die Deutschen Christen über eine 6:5-Mehrheit verfügten, zum „geschäftsführenden Vorsitzenden des Evangelischen Oberkirchenrats“ ernannt. In dieser Funktion trat er nicht sonderlich hervor. Anders dagegen als stellvertretender Vorsitzender der „Finanzabteilung“, jener unseligen Einrichtung, mit deren Hilfe das NS-Regime in der letzten Phase des Kirchenkampfes versuchte, die Kirchen finanziell auszutrocknen. Nominell führte zwar der Mosbacher Bürgermeister Dr. Th. Lang den Vorsitz – allein seine kommunalpolitische Tätigkeit und seine räumliche Entfernung von Karlsruhe bewirkten umfangreiche Kompetenzen für seinen Vertreter. Doerr, „für den sich ... mit der FA seine persönliche Karriere und sein Verbleiben im Kirchendienst verband“ (J. Frisch), trug somit zumindest die politische Verantwortung für den täglichen Kleinkrieg mit dem Evangelischen Oberkirchenrat.
Überregional unrühmlich tat sich die badische Finanzabteilung in den ersten beiden Jahren ihres Bestehens besonders dadurch hervor, daß sie versuchte, die getauften Juden aus der Landeskirche auszuschließen, indem sie auf deren Kirchensteuern verzichtete. Auch sperrte sie sich vehement gegen die Wiederaufnahme früherer Konvertiten zum mosaischen Glauben, so daß schließlich das Reichskirchenministerium mäßigend eingreifen mußte. Nach dem freiwilligen Verzicht von Dr. Lang wurde Doerr am 7. 1. 1941 zum Vorsitzenden der badischen Finanzabteilung bestellt, trat aber bereits zwei Jahre später wieder aus gesundheitlichen Gründen zurück. Sein Nachfolger – bis Anfang Dezember 1944 – wurde der Fabrikant Dr. med. Engelhardt, dann übernahm wiederum de facto Doerr die Leitung bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges.
Am 29. 5. 1945 wurde Doerr von der Militärregierung dienstenthoben und seine Bezüge ab 1. Sept. des Jahres eingestellt. Doerr starb am 15. 1. 1948, ohne daß sein Spruchkammerverfahren zum Abschluß gekommen war. Besonders machte man ihm zum Vorwurf, von 1933 bis 1945 Mitglied der Allgemeinen SS (FM) und seit 1938 „Auskunftsperson“ für den SD gewesen zu sein. Am 21. 12. 1948 verfügte die „Zentralspruchkammer Nordbaden“ die Einstellung des Verfahrens, da Doerr nicht als „Hauptschuldiger oder Belasteter ... anzusehen wäre“.
Dementsprechend versöhnlich hatte bereits Landesbischof Bender der Witwe kondoliert: „Wenn auch in den letzten Jahren seiner Tätigkeit manche Spannungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Oberkirchenrat und Ihrem Gatten bestanden, so hat die Kirche doch um die treuen und ausgezeichneten Dienste Ihres Mannes gewußt ...“
Werke: Voraussetzungen für den Absatz landwirtschaftlicher Erzeugnisse im Kreis Mannheim, Diss. phil. Heidelberg 1906.
Nachweis: Bildnachweise: nicht feststellbar.
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