Oechsler, Hermann 

Geburtsdatum/-ort: 18.02.1849;  Ettlingen
Sterbedatum/-ort: 05.03.1930;  Ebringen
Beruf/Funktion:
  • katholischer Geistlicher
Kurzbiografie: 1870 Abitur in Freiburg
1870-1874 Theologiestudium in Freiburg
1874 Priesterweihe in St. Peter, Notweihe am 30. 1., bedingt durch den „Kulturkampf“
1874-1876 Vikar in Kirrlach, während dieser Zeit insgesamt 325 Tage in Strafvollzugsanstalten inhaftiert
1876-1880 Anstellung in der Diözese Regensburg
1880 Rückkehr nach Baden, Vikar in Neustadt im Schwarzwald
1881 Pfarrverweser in St. Leon
1883 Pfarrverweser in Haslach im Kinzigtal
1885 Pfarrer dort
1894 Pfarrer in Immenstaad
1898-1930 Pfarrer in Ebringen bei Freiburg
1900 Ritterkreuz Erster Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen
1908 Kammerer des Kapitels Breisach
1929 Ehrendoktor der Universität Freiburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Eltern: Vater: Simon Oechsler, Platzmeister Zuckerfabrik Ettlingen
Mutter: Monika, geb. Enders
Geschwister: 6
GND-ID: GND/1012407209

Biografie: Renate Liessem-Breinlinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 3 (1990), 205-206

Während Oechsler in Freiburg Theologie studierte, eskalierte der badische „Kulturkampf" zeitgleich mit dem Kirchenkampf in Preußen und im Reich. Als der junge Theologe zur Weihe heranstand, verschärfte die badische Regierung die Bestimmungen bezüglich des sogenannten „Kulturexamens“ derart, daß den Neupriestern strafrechtliche Verfolgung drohte, falls sie – konform mit der Diözesanleitung – das Kulturexamen verweigerten. Vergeblich versuchte Bistumsverweser Lothar Kübel durch eine Notweihe vor der Verkündigung des betreffenden Gesetzes die Konsequenzen abzuwenden. Oechsler, der Vikar in Kirrlach wurde, konnte dort nur sporadisch seinen Dienst versehen. Wegen „unbefugter Ausübung kirchlicher Funktionen“ wurde er erst zu Geld-, dann zu Gefängnisstrafen verurteilt, die sich ständig wiederholten, da er nach jeder Freilassung unter großer öffentlicher Anteilnahme in seine Gemeinde zurückkehrte und dort Gottesdienst hielt, was damals er als seine priesterliche Pflicht ansah. Oechsler lernte alle Gefängniskategorien vom Ortsarrest bis zum Landesgefängnis kennen und verbrachte dort insgesamt fast ein Jahr. Ausführlich berichtet er darüber in seinem Büchlein „Sperrlingsleben“. Der Titel leitet sich vom Übernamen der vom Beruf ausgesperrten und im Gefängnis eingesperrten Neupriester des Weihejahrgangs 1874 her. Oechsler äußert sich hier teils mit Humor, aber auch mit Sarkasmus gegen die badische Politik unter Minister Jolly wie gegen die eigene Kirchenleitung, die nach Oechslers späterer Meinung die jungen Leute nicht klug genug beraten habe. 1876 verließ er Baden und erhielt eine Anstellung in Winkelsaß, Amt Mallersdorf, in der Diözese Regensburg. Da die badische Regierung seine und seiner Schicksalsgenossen Auslieferung beantragt hatte, nahm er die bayrische Staatsangehörigkeit an. Als 1880 in Baden das Examensgesetz revidiert wurde, kehrte er in den Dienst der Erzdiözese Freiburg zurück.
An seiner dritten Pfarrstelle Ebringen bei Freiburg blieb er über 30 Jahre lang bis zu seinem Tod. In dieser heiteren Weinbaugemeinde fühlte er sich wohl; außerdem gestattete ihm die Nähe der Universität Freiburg mit ihren Bibliotheken, seinen wissenschaftlichen und schriftstellerischen Neigungen nachzugehen. Er veröffentlichte 1903 eine Predigtsammlung, legte insgesamt viermal sein „Sperrlingsleben“ auf und veröffentlichte Aufsätze zur Ebringer Ortsgeschichte. Trotz überdurchschnittlicher Begabung, großer Tatkraft und robuster Gesundheit blieb ihm ein entsprechender beruflicher Aufstieg versagt, wohl weil er „mehr als üblich seine eigenen Wege“ ging und z. B. die Freiburger Geschichtsvereine Kirchlichen Vereinen an seinem Dienstort vorzog. Es gab jedoch Ehrungen, die ihn entschädigten: 1900 erhielt er einen großherzoglich-badischen Orden, der als Geste der Wiedergutmachung für das Kulturkampfelend zu verstehen ist; 1929 verlieh ihm die theologische Fakultät der Universität Freiburg die Ehrendoktorwürde. In Ebringen ist er als beherrschende Pfarrgestalt bis heute unvergessen.
Quellen: EAF: PA Oechsler.
Werke: „Sperrlingsleben“ aus dem „badischen Kulturkampf“ von 1874/76, gepfiffen zu Nutz und Trutz, 4. erw. Aufl. Karlsruhe 1927 (1. Aufl. Offenburg o. J., etwa 1896); Predigten auf alle Sonntage des Kirchenjahres nach P. Heinrich Venedien S. J. nebst eigenen Zugaben von Hermann Oechsler, Freiburg 1903; Die Kirchenpatrone in der Erzdiözese Freiburg, in: FDA 35 (NF 8), 1907; Des Schönbergs Schloß Bauhöfe, in: Zs. des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland 35, 1908; Geschichtliches über Ebringen, in: Zs. des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland 38, 1911; Ebringen von 1349-1559 unter der Lehensherrschaft von Adeligen, In: Zs. des Freiburger Geschichtsvereins 42, 1929; Ildephons von Arx, Ebringer Tagebuch. Teiledition, Freiburg, 1927.
Nachweis: Bildnachweise: Foto in „Sperrlingsleben“, s. Lit.

Literatur: Nekrolog in FDA 59 (NF 32), 1932.
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