Jaegerhuber, Herbert Arend 

Geburtsdatum/-ort: 04.04.1892; Port-au-Prince, Haiti
Sterbedatum/-ort: 17.06.1935;  Überlingen/Bodensee
Beruf/Funktion:
  • Maler, Graphiker, Holzschneider, Zeichner
Kurzbiografie: 1918 Übersiedlung nach New York
1917–1920 Studium in Hamburg bei Franz Noelken, an der Hamburger Kunstgewerbeschule bei Kolitz, dann in München
1920 Leben zwischen New York, Hamburg und Nervi bei Genua
1927 Übersiedlung nach Überlingen/Bodensee, Mitglied der Künstlergruppe „Der Kreis“
1936 Gedächtnisausstellung in der Galerie Wessenberghaus, Konstanz
Weitere Angaben zur Person: Verheiratet: 1919 (Amsterdam) Marion Wolter
Eltern: Vater: Anton Jaegerhuber aus Hechingen, Besitzer einer Kupfermine und einer Zuckerrohrplantage auf Haiti
Mutter: Maria Anne Sophia, geb. Tipenhauer-Fouchè
Geschwister: 2: Ilse; Werner, Musiker
Kinder: 2: Barbara (geboren 1922); Marion
GND-ID: GND/1012412318

Biografie: Monika Spiller (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 114-115

Die Kindheit verbrachte Herbert Arend Jaegerhuber in Haiti, wo er zunächst von Hauslehrern unterrichtet wurde; 1904 kam er nach Hamburg und wurde zur Fortsetzung seiner Schulbildung auf deutsche Internate geschickt. Die elterliche Familie pendelte zwischen Haiti und den Wohnsitzen in New York, Hamburg und der Lüneburger Heide. Auch nach seiner Eheschließung mit der Tochter eines Hamburger Kaufmanns bereiste Jaegerhuber immer wieder zahlreiche ferne Länder; die Karibik ließ ihn zeitlebens nicht wirklich los. Der Verlust des Vermögens infolge der großen Weltwirtschaftskrise 1929/30 stürzte ihn, der zudem seit Jahren unter Malaria litt, in eine tiefe wirtschaftliche und existenzielle Krise.
Als Mitglied der Künstlergruppe „Der Kreis“, in der sich zwischen 1925 bis 1938 Maler und Bildhauer aus den drei Bodensee-Anrainer- Staaten zusammengefunden hatten, hatte Jaegerhuber nach der Übersiedlung nach Überlingen Anschluss an die regionale Kunstszene gefunden und beteiligte sich an deren Ausstellungsaktivitäten in Bregenz, Heilbronn, Karlsruhe, Lindau, Stuttgart, St. Gallen und Ulm; er war freundschaftlich verbunden mit dem Kunsthistoriker und Maler Kurt Badt, dem Bildhauer Albert Bechtold und mit der Malerin Elisabeth Goetz von Ruckteschell, die mit dem Schriftsteller Bruno Goetz verheiratet war, letztere waren auch unmittelbare Nachbarn in Überlingen. Angesichts der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse im Gefolge der Weltwirtschaftskrise kamen für Jaegerhuber, wie auch für die meisten der Kollegen, kaum nennenswerte Verkäufe seiner künstlerischen Arbeiten zustande. Nicht umsonst nannten die Überlinger Bürger die Rehmenhalde, wo sich neben der Familie Jaegerhuber auch andere Künstler und Literaten angesiedelt hatten, „Hungerhügel“.
Technisch versiert und künstlerisch äußerst vielseitig, gestaltete er mit Vorliebe Genreszenen aus dem Leben der karibischen Fischer und der farbigen Bewohner Haitis, beispielsweise „Wäscherinnen auf Haiti“, Öl auf Leinwand, um 1928, „Wahrsagerin“, Mischtechnik, oder „Korbträgerin auf Haiti“, Holzschnitt, 1926/27. Mit seiner Kunst beschwor er immer wieder die Erinnerung an die glücklichen Jahre herauf, die er in der Karibik erlebt hatte, zeigte neben dem Alltagsleben auch Riten, Tänze, Feste der Menschen dieser Insel. Landschaften, sei es aus Holland, Italien, der Hamburger Umgebung oder vom Bodensee und den Alpen, bleiben in seinem Gesamtwerk eher untergeordnete Motive. Es finden sich dagegen auch chinesische Impressionen, wenngleich Jaegerhuber selbst nie im Fernen Osten war, jedoch durch die Familie seiner in Shanghai geborenen Ehefrau – ihr Vater war Kaufmann und Generalkonsul in Korea – einen näheren Bezug dazu hatte. Gegen Ende seines Lebens spielte das Thema Armut – gespeist aus eigener, bitterer Erfahrung – eine gewichtige Rolle im Oeuvre von Jaegerhuber, beispielsweise sein „Zug der Armen“ oder auch wiederholt Darstellungen von Bettlern.
Souverän handhabte er als Zeichner Ölkreide wie auch Pastell, als Graphiker beherrschte er gleichermaßen Radierung, Linol- und Holzschnitt, als Maler standen ihm neben der Ölmalerei auch Aquarell und Mischtechniken zur Verfügung; nicht selten fand er aus der Not heraus zu ungewöhnlichen Materialkombinationen. Vitale Ursprünglichkeit und Frische charakterisieren seine Arbeiten durchweg. Stilistisch bewegte er sich in einem weit gespannten Rahmen, der expressiven Realismus mit Abstraktion zu verbinden wusste. Auch mit gebrauchsgraphischen Arbeiten, zum Beispiel Buchillustrationen zu „Das Geheimnis des Deutschen. Schicksale im brasilianischen Urwald“ von Richard Krumbholz (Köln, Volker Verlag 1935), Titelbildern für „Das Bodenseebuch“, 1931 oder Plakaten für das Pfahlbaumuseum in Uhldingen versuchte Jaegerhuber seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Die Galerie des Bodenseekreises besitzt eine Arbeit von Herbert Arend Jaegerhuber.

Literatur: ThB XVIII, 1925; Dorothee Kuczkay, Vater und Tochter Jaegerhuber. Zwei Überlinger Malerschicksale, in: Leben am See IX, 1991, 335s; Edeltraud Fürst, Die Künstlervereinigung „Der Kreis“, Maler und Bildhauer am Bodensee 1925 – 1938, 1992, 86; Dorothee Kuczkay/Guntram Brummer, 100 Jahre Kunst in Überlingen, 1996, 26s; Manfred Bosch/Barbara Zoch-Michel, Barbara Michel-Jaegerhuber. Leben und Werk, 2002, 14s, 19, 22ss, 31s, 34s, 40, 46ss, 74, 105, 115, 118; Eva Moser/Ingrid Schättin, Moderne Klassiker im Südwesten. Bestandskatalog der Galerie Bodenseekreis, Bd. 1, 2002, 143.
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