Dilger, Joseph Albert 

Geburtsdatum/-ort: 19.02.1872;  Freiburg i. Br.
Sterbedatum/-ort: 02.12.1964;  St. Peter (Schwarzwald)
Beruf/Funktion:
  • Buchdrucker, Verleger
Kurzbiografie: 1904 Eintritt in die Geschäftsleitung der Joseph Dilgerschen Druckerei und Verlag in Freiburg i. Br., Herrenstraße 8
1930 Übergang des Unternehmens an die Erbengemeinschaft (acht Geschwister Dilger), Übernahme der Firma (Pacht) durch Dilger
1937 Beschlagnahme und entschädigungslose Enteignung des Betriebs durch die Gestapo (nach dem Druck des päpstlichen Rundschreibens „Mit brennender Sorge“)
1938 Wiedereröffnung von Druckerei und Verlag
1941 Erneute Beschlagnahme und Enteignung (nach dem Druck eines Hirtenbriefs des Erzbischofs Gröber)
1944 Völlige Zerstörung des Druckerei- und Verlagsgebäudes
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Verheiratet: 1907 Ida, geb. Zinser (1882-1944)
Eltern: Vater: Joseph Xaver Dilger (1840-1904), Buchdrucker, Verleger
Mutter: Hulda, geb. Reiser (1844-1930)
Geschwister: 12
Kinder: 1
GND-ID: GND/1012412962

Biografie: Horst Ferdinand (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 63-64

Die Joseph Dilgersche Druckerei, die Dilger vierzig Jahre lang leitete, wurde im Jahre 1846 vom Großvater Dilgers, Joseph Dilger (1797-1881), in Freiburg gegründet. Die Druckerei wußte sich vom ersten bis zum letzten Tag ihres Bestehens der Sache der – im Kulturkampf und im „Dritten Reich“ bedrängten – Katholiken verbunden und publizierte entsprechende Bücher, Broschüren und Zeitschriften, ab 1865 die Tageszeitung „Freiburger Bote“; der Verleger selbst und sein Sohn – Dilgers Vater – wurden während des Kulturkampfs wegen ihrer unerschrockenen Berichterstattung mehrfach verhaftet. Als Dilger nach dem Tod seines Vaters die Firmenleitung übernahm, hatte er – der Älteste von 13 Geschwistern – eine gründliche Lehrzeit im elterlichen Betrieb hinter sich und konnte den Abonnentenstamm des „Boten“ wie auch den Kundenkreis durch eine solide Geschäftspolitik vergrößern. Er modernisierte den Betrieb u. a. durch Kauf einer Rotationsschnellpresse (mit „sechspferdigem Motor“). Der „Bote“ hatte 1914 fast 10 000 feste Bezieher; in Druckerei und Verlag waren an die 30 Mitarbeiter tätig. Die Existenz zweier dem Zentrum nahestehender Freiburger Tageszeitungen, des „Boten“ und der „Tagespost“, veranlaßte den örtlichen Parteivorstand jedoch, eine Verschmelzung anzustreben, die am 1.1.1922 „auf dem Wege gegenseitigen freundschaftlichen Übereinkommens“ zustande kam. Dilger verkaufte der „Tagespost“ die Verlagsrechte des „Boten“, eine in Anbetracht der Tradition des Blattes schmerzliche Transaktion. Druckerei und Verlag wurden unverändert weitergeführt. Sie waren selbstverständlich nach 1933 „ein Dorn im Auge der damaligen Machthaber. Dauernd wurden die Geschäftsräume kontrolliert, und die Gestapo kannte das Haus Herrenstraße 8 genausogut wie ihre eigenen Büros“ (Dilger). Die Gelegenheit zum Vorgehen gegen das mißliebige Unternehmen bot sich bald. Als das päpstliche Rundschreiben „Mit brennender Sorge“ (vom 14.3.1937) gedruckt werden sollte, waren nur acht Druckereien im ganzen damaligen Reichsgebiet bereit, die damit verbundenen Risiken auf sich zu nehmen. Da z. B. in der Diözese Rottenburg keine Firma den Druckauftrag annahm, druckte Dilger – kurz entschlossen und nie ein Mann von vielen Worten – neben den für die Erzdiözese Freiburg bestimmten Exemplaren die in Rottenburg benötigten gleich mit. „Wie ein Trompetenstoß, der das Zeichen zum Alarm gibt, weckte das kraftvolle päpstliche Dokument ... die Geister und Herzen“ (Pius XII. am 2.6.1945). Aber der Gegenstoß folgte ohne Verzug: alle acht Druckereien wurden sofort geschlossen und enteignet. Dilger gelang es, unter größten Schwierigkeiten, den neu eingerichteten Betrieb im folgenden Jahr wieder aufzunehmen; aber der Druck des Fastenhirtenbriefs von Erzbischof Gröber (vom 12.2.1941) zog eine zweite Enteignung nach sich. Der mittlerweile siebzigjährige Dilger ließ sich auch dadurch nicht beirren und führte, mit Hilfe verschiedener Freiburger Druckereien, den Verlag weiter. Am 27.11.1944 vernichtete ein Luftminenvolltreffer das gesamte Anwesen Herrenstraße 8, sechs Hausbewohner, darunter Dilgers Ehefrau, wurden getötet.
Die letzten zwanzig Jahre seines langen Lebens verbrachte Dilger, immer tätig und von den harten Schicksalsschlägen ungebeugt, als Bibliothekar und Kustos der Klosterkirche im Priesterseminar St. Peter. Zum goldenen Priesterjubiläum des Erzbischofs Gröber am 25.10.1947 stiftete er das Rohmaterial – sein in den Flammen der Bombennacht geschmolzenes Tafelsilber – für das Ehrengeschenk der Erzdiözese, einen Bischofsstab.
Nachweis: Bildnachweise: in: BZ a. a. O.

Literatur: „Freiburger Bote“ vom 03.05.1865, 27. und 31.12.1921; Mit brennender Sorge, Das päpstliche Rundschreiben gegen den Nationalsozialismus und seine Folgen, hg. von S. Hirt (Freiburg 1946); Der Bischofsstab von Erzbischof Conrad, in: St. Konradsblatt vom 06.12.1947 (ohne Verf.); Fast 93 Jahre alt in St. Peter gestorben – Zum Tode des Verlegers, Buchdruckereibesitzers und Bibliothekars Joseph Dilger, in: BZ vom 04.12.1964 (ohne Verf.); B. Schwalbach, Erzbischof Conrad Gröber und die nationalsozialistische Diktatur (Karlsruhe 1985)
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)