Schaal, Ferdinand Karl Erwin 

Geburtsdatum/-ort: 07.02.1889;  Freiburg i. Br.
Sterbedatum/-ort: 09.10.1962;  Baden-Baden, beigesetzt in Freiburg i. Br.
Beruf/Funktion:
  • General der Panzertruppe
Kurzbiografie: 1899-1908 Humanistisches Berthold-Gymnasium Freiburg i. Br.
1908 Fahnenjunker im 3. Badischen Dragonerregiment Prinz Karl Nr. 22 in Karlsruhe, 1909 Leutnant
1914-1918 Teilnahme am 1. Weltkrieg, Oberleutnant 1915, Rittmeister 1917
1921-1928 Rittmeister im Reiterregiment 18 in Bad Cannstatt, im Stab der 2. Kavalleriedivision in Breslau und im (Preussischen) Reiterregiment 15 in Paderborn, Major 1928
1929-1934 Major im Reichswehrministerium (In 3), Oberstleutnant 1932
1934 Oberst und Kommandeur Reiterregiment 16 (mot) in Erfurt, Beginn der Umrüstung zur Panzerbrigade
1935 Kommandeur der Panzerbrigade 1 in Erfurt, Generalmajor 1938
1939-1941 Kommandeur der 10. Panzerdivision; Führung derselben im Westfeldzug und im Beginn des Ostfeldzuges, Generalleutnant 1939. Ritterkreuz für die Einnahme von Calais Mai 1940
1941-1943 Kommandierender General des LVI. Panzerkorps an der Ostfront; General der Panzertruppe am 01.10.1941; am 15.08.1943 in die Führerreserve versetzt
1943 IX bis 1944 VII Wehrmachtsbevollmächtigter beim Reichsprotektor und Befehlshaber im Wehrkreis Böhmen-Mähren. Wegen versuchter Ausführung der Staatsstreichsbefehle vom 20.07.1944 Dienstenthebung und Verhaftung am 22.07.1944; in KZ und Gefängnissen der Gestapo bis 1945 (20.04.) Befreiung durch französische Truppen in Urnau/Allgäu
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Verheiratet: 1919 Hilda, geb. Menny (1898-1975)
Eltern: Vater: Ferdinand Schaal (1844-1920), Kaufmann in Freiburg
Mutter: Hilda Ernestine, geb. Thoma (1860-1932)
Geschwister: Hilda Erna Fleuchaus, geb. Schaal (geb. 1891)
Kinder: Hella Marhoven (geb. 1921)
Renate Mager (geb. 1925)
Gisela Staack (geb. 1929)
GND-ID: GND/101241308X

Biografie: Heinrich Bücheler (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 1 (1994), 313-314

Schaal kann als wohl einziger General badischer Herkunft der Militäropposition gegen Hitler zugerechnet werden. Seine Begeisterung für die Kavallerie der Kaiserzeit wurde dem Freiburger Kaufmannssohn lebensbestimmend. Vermutlich schon als badischer Dragoner im 1. Weltkrieg, sicherlich aber in der Reichswehr Seeckts begegnete Schaal dem preußischen Dragoner Erich Hoepner, der dann in der Entwicklung der Kavallerie zur Panzerwaffe, als Panzerführer im 2. Weltkrieg und in der Militäropposition gegen Hitler eine bedeutende Rolle spielte. An der Entstehung dieser neuen Schwerpunktwaffe unter Oberleitung Guderians wirkte auch Schaal mit, vor allem als Kommandeur der Panzerbrigade 1 in Erfurt. Als Truppenführer zeichnete sich Schaal im Westfeldzug zunächst beim Kampf um Calais aus. Als die englische Queen Victoria-Brigade die Altstadt und Zitadelle von Calais zäh verteidigte und gegen sie ein Stuka-Großangriff geflogen werden sollte, fand Schaal mit seiner taktischen Lagebeurteilung die Zustimmung seines Vorgesetzten, des Generals Guderian. Der Luftwaffen-Großangriff wurde in geringerem Umfang als geplant durchgeführt; trotzdem war die ganze Hafenstadt am Abend des 26. Mai 1940 in der Hand der 10. Panzerdivision. Am 5. Juni 1940 begann ihr Angriff aus dem Somme-Brückenkopf Amiens. Im Kriegstagebuch ist festgehalten, daß Schaal am 10. Juni 1940 von Guderian telefonisch mitgeteilt wurde, daß seiner Division „der Hauptanteil am Erfolg des Durchbruchs durch die Weygand-Linie und der anschließenden Verfolgung bis zur Oise zukommt“. Am 19. Juni 1940 nahm die 10. Panzerdivision Lyon; den Waffenstillstand am 25. Juni 1940 erlebte der Divisionsstab in Cognac an der Charente.
Im August 1941 sollte Schaal Kommandierender General des Afrika-Korps werden; er war jedoch „nicht tropendienstfähig“, wie Generaloberst Halder in seinem Kriegstagebuch festgehalten hat. Dafür übernahm Schaal im September 1941 das LVI. Panzerkorps als Nachfolger Mansteins und führte es an vielen Brennpunkten der Ostfront. Im August 1943, nach Verschiebung der Armeegrenze, gelang den Sowjets bei der ausgebluteten und unter Munitionsmangel leidenden 321. Infanteriedivision im Kirow-Bogen ein tiefer Einbruch, der vom Korps nicht bereinigt werden konnte. Am 10. August meldete Schaal fernmündlich dem Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Mitte, Generalfeldmarschall von Kluge, daß die Truppe ihre Stellungen nicht mehr halten könne. Das Kriegstagebuch des Korps verzeichnet am späten Abend des 10. August 1943: „Der Feldmarschall ist äußerst ungehalten und befiehlt, in schärfster Form durchzugreifen“. Zwei Tage später wurde Schaal durch General Hossbach abgelöst.
Schaals letzte Verwendung war die als „Wehrmachtbevollmächtigter beim Reichsprotektor und Befehlshaber im Wehrkreis Böhmen und Mähren“. Obwohl in Prag die SS und nicht das Heer der entscheidende Machtfaktor war und das Personalamt ihm engste Zusammenarbeit mit dem Staatsminister und SS-Obergruppenführer Karl Hermann Frank aufgetragen hatte, richtete sich Schaal am Abend des 20. Juli 1944 zunächst nach den Befehlen Stauffenbergs und Hoepners aus Berlin. Die kameradschaftliche Verbindung mit Generaloberst Hoepner aus den gemeinsamen Jahren in der Kavallerie, die humanistische Bildung und die weltoffene Erziehung des Elternhauses – seine Mutter war Schweizerin – dürften für diese Haltung maßgebend gewesen sein. Am 22. Juli 1944 verzeichnete der amtierende Chef des Heerespersonalamtes, Generalleutnant Burgdorf, in seinem „Tätigkeitsbericht“, daß Schaal als einziger Wehrkreisbefehlshaber versucht habe, „die Befehle, die er durch General d. Infanterie Olbricht und Generaloberst Hoepner erhalten hat, auszuführen. Er wird sofort seines Postens enthoben“. Gleichzeitig wurde Schaal verhaftet und aus der Wehrmacht entlassen. Als Häftling war er, zusammen mit den Generälen von Esebeck, von Falkenhausen, Groppe, Sinzinger und Speidel, im Gestapo-Gefängnis in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße, im KZ Ravensbrück, in der Festung Küstrin und an anderen Orten. Durch Himmlers Mordbefehle war das Leben dieser Häftlinge bis zuletzt bedroht. Um ihre Rettung Ende April 1945 im Allgäu machte sich vor allem der Pallotinerpater Kruck vom Kloster Hersberg bei Immenstadt verdient. Nach Kriegsende lebte Schaal in Allensbach am Bodensee; 1957 verzog das Ehepaar Schaal, welches Geselligkeit liebte, nach Baden-Baden.
Quellen: (BA-MA), RH 27-10: Kriegstagebuch der 10. Panzerdivision und des LVI. Panzerkorps
Werke: Der 20. Juli 1944 in Prag. Der Attentatstag im Spiegel militärischer Befehle, in: Schwäbische Zeitung Überlingen, 26.07.1952
Nachweis: Bildnachweise: Foto in der „Gedenkstätte Deutscher Widerstand“, Stauffenbergstraße Berlin

Literatur: Bradley, Dermot/Schulze-Kossens (Hg.), Tätigkeitsbericht des Chefs des Heerespersonalamtes General der Infanterie Rudolf Schmundt, fortgeführt von General der Infanterie Wilhelm Burgdorf, Osnabrück 1984; Heinrich Bücheler, Hoepner. Ein deutsches Soldatenschicksal des XX. Jahrhunderts, Herford 1980; Heinz Guderian, Erinnerungen eines Soldaten, Heidelberg 1951; Peter Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler, Berlin 2. Aufl. 1970; Wolf Keilig, Das deutsche Heer 1939-1945, Bad Nauheim, o. J.; Hans Speidel, Aus unserer Zeit. Erinnerungen, Frankfurt/M. 1977 512 S.; Rudolf Steiger, Panzertaktik im Spiegel deutscher Kriegstagebücher 1939-1941. Einzelschrift zur militärischen Geschichte des 2. Weltkriegs Nr. 12, Freiburg i. Br. 3. Aufl. 1975
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