Ruby, Josef 

Geburtsdatum/-ort: 03.02.1885;  Emmendingen
Sterbedatum/-ort: 09.07.1960;  Freiburg
Beruf/Funktion:
  • Versicherungskaufrnann und Z/BCSV/CDU-Politiker
Kurzbiografie: 1904 Abitur am Berthold-Gymnasium in Freiburg i. Br.
1905 Studium der Theologie, danach der Volkswirtschaft an der Universität Freiburg i. Br.
1909 Gründungsmitglied der „Freien Vereinigung katholischer Studenten“ und der „Akademischen Vinzenzkonferenz“
1911 Promotion in Freiburg bei Prof. Dr. Schulze-Gaevernitz
1913 Persönlicher Referent des Reichstagsabgeordneten Freiherr von Savigny und Redakteur der Zeitung „Germania“ (Zentrum) in Berlin
1914-1918 Kriegsteilnahme als Reserveoffizier
1919 Gründungsmitglied der katholischen Baugenossenschaft „Familienheim e. G.“
1929 Direktor der „Katholischen Volkshilfe“
1945 Vorsitzender der „Vereinigung Abendland“
1945 Mitbegründer der BCSV/CDU in Freiburg
1948 Komtur des Ritterordens vom Hl. Papst Sylvester
Weitere Angaben zur Person: Religion: römisch-katholisch
Verheiratet: 1912 Berlin, Elisabeth Justina (1884-1953), geb. Poensgen
Eltern: Karl (1852-1934)
Justina (1856-1923), geb. Herr
Geschwister: 2 Brüder, 4 Schwestern, darunter Sofie (1878-1962)
Kinder: Karl Josef (1913-1990)
Elisabeth-Maria (1914-1993)
Gertrud (geb. 1915)
Bernhard Josef (1915-1941)
Johannes Josef (geb. 1917)
Josef Peter (geb. 1919)
Max Heinz Josef (1921-1941)
Franz Anton (* 1922)
Heribert Raban Josef (* 1923)
Peter Wendelin Josef (1925-1986)
Rudolf Hermann Josef (* 1927)
Maria Pia Theresia (* 1929)
GND-ID: GND/1012715337

Biografie: Jürgen Klöckler (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 3 (2002), 321-323

Das Leben Rubys ist eng verwoben mit der Stadt Freiburg im Breisgau. Am dortigen Berthold-Gymnasium legte der gebürtige Emmendinger sein Abitur ab und an der altehrwürdigen Albert-Ludwigs-Universität nahm er kurze Zeit später das Studium der Katholischen Theologie auf. Nach vier Semestern wechselte Ruby die Fachrichtung und widmete sich fortan juristischen und volkswirtschaftlichen Studien, die er mit einer Promotion über die Badische Bank bei Professor Gerhart v. Schulze-Gaevernitz abschloß.
Zu Beginn des 20. Jahrhundert war Ruby als kulturpolitischer Redakteur bei einem Organ der katholischen Zentrums-Partei, der „Germania“, in der Reichshauptstadt tätig. In Berlin gehörte er zum engen Arbeitskreis des Großstadtseelsorgers Carl Sonnenschein und widmete sich praktischer Sozialarbeit. Hier lernte er auch seine Frau Elisabeth kennen. 1913 wechselte Ruby wegen des „preußisch-nationalistischen“ Grundkurses der „Germania“ als Redakteur an die „Bonifatiuskorrespondenz“ nach Prag und wurde bei Ausbruch des I. Weltkriegs als Reserveoffizier eingezogen.
Nach Kriegsende kehrte Ruby nach Südwestdeutschland zurück. In den Jahren der Weimarer Republik stand er als einer der führenden Freiburger Zentrumspolitiker in engem Kontakt mit Joseph Wirth und Prälat Joseph Schofer. Bis zum Verbot des Zentrums hielt Ruby Wahlreden. Beruflich war der promovierte Volkswirt zuerst bei der Holzfirma Himmelsbach tätig. Diese hatte sich aufgrund einer Empfehlung von Wirth gegen den Rat des Prokuristen Ruby in der russischen Holzwirtschaft engagiert. Nach der Liquidation des Waldbesitzes durch die Kommunisten mußte die Firma Bankrott anmelden. Es folgte für Ruby der Wechsel in die Versicherungsbranche. Seit Ende der 1920er Jahre leitete er bis zu seiner Entlassung im „Dritten Reich“ die „Katholische Volkshilfe“, eine Versicherungsgesellschaft für sozial Schwache. Als Aufsichtsrat wirkte Ruby in der katholischen Baugenossenschaft „Familienheim e. G.“ mit.
Auf dem Katholikentag 1929 in Freiburg machte er Bekanntschaft mit dem damaligen Apostolischen Nuntius Eugenio Pacelli, dem späteren Papst Pius XII., der ihn nach dem II. Weltkrieg zum Komtur des Ritterordens vom Hl. Papst Sylvester berufen sollte.
Während des „Dritten Reichs“ darf die Familie Ruby in den Kreis des Widerstands gezählt werden. Ruby selbst verhalf manchem Gefährdeten zur Flucht über die Grenze in die Schweiz oder versteckte Verfolgte, während seine Frau Elisabeth die Annahme des Mutterkreuzes mit dem Hinweis, man könne Kühe prämieren aber keine Frauen, ebenso wie ein Abonnement der NS-Zeitung „Der Alemanne“ ablehnte. Im privaten Versicherungsgeschäft tätig, nutzte Ruby seine vielfältigen Kontakte, um Hirtenbriefe des Erzbischofs Gröber, Enzykliken des Papstes (vor allem „Mit brennender Sorge“) oder anderes Material innerhalb eines informellen Organisationsnetzes weiterzugeben; zudem beschäftigte er in seinem Büro eine aus rassischen Gründen verfolgte junge Frau. Das noch vor Kriegsbeginn in der Neumattenstraße erbaute „Haus Kinderglück“ der Familie wurde für viele Bedrängte zu einer vom christlichen Geist erfüllten Fluchtburg. Von zwölf Kindern der Familie wählten fünf Söhne den geistlichen Stand. Das „Haus Kinderglück“ war Treffpunkt der katholischen Jugendgruppen „Heliand“ und „Neu-Deutschland“. Die Gestapo verhörte einzelne Familienmitglieder in unregelmäßigen Abständen, ohne daß dies Konsequenzen nach sich gezogen hätte. Bei Kriegsende entkam Ruby der Einberufung zum Volkssturm, indem er sich zu seinem als Vikar tätigen Sohn Karl nach Radolfzell an den Bodensee begab.
Im Jahr 1945 traten im christlich-konservativen Umfeld Freiburgs zwei Strömungen zutage: Die Sammlung des Zentrums, die durch Prälat Föhr betrieben wurde, und die von Professor Franz Büchner ins Leben gerufene und von Erzbischof Gröber unterstützte überkonfessionelle Christliche Arbeitsgemeinschaft. Seit August 1945 hatte sich Ruby in der Zentrumsgruppe engagiert, als er am 6. September 1945 zum Stellvertretenden Leiter des Personalausschusses gewählt wurde; im Spätjahr 1945 war Ruby einer der Gründerväter der aus beiden Richtungen hervorgegangenen Badisch Christlich-Sozialen Volkspartei (BCSV), die sich seit Ende 1947 CDU nannte.
Neben seiner parteipolitischen Tätigkeit suchte Ruby die Verständigung mit Frankreich und die Sicherung des Friedens zu erreichen, wozu er nach mehrmonatigem Anlauf im November 1945 die „Vereinigung Abendland“ gründete. Auf der Grundlage von Christentum und abendländischer Kultur strebte sie die europäische Einigung auf föderalistischer Basis an. Der Vereinigung gehörten neben Oberbürgermeister Wolfgang Hoffmann weitere führende Persönlichkeiten Freiburgs an. In den unmittelbaren Nachkriegsjahren diskutierte Ruby mit Bernhard Dietrich, Bürgermeister von Singen am Hohentwiel und langjähriger Freund der Familie, das Projekt einer die katholischen, süddeutschen Staaten umfassenden, jedoch auf der Grundlage der Stämme organisierten alpinen Konföderation, des „Alpenlandes“.
In den 1950er Jahren wurde es ruhig um Ruby, er blieb aber weiterhin ein geschätzter Bürger der Breisgaumetropole.
Quellen: Stadtarchiv Freiburg M2/107; Archiv der Besatzung Colmar (Bade Con. Fribourg c. 2165A und HCFA AC c. 833); Nachlaßsplitter in Familienbesitz
Werke: Die Badische Bank 1870-1908. Ein Beitrag zur Notenbankfrage in Deutschland (Freiburger Volkswirtschaftliche Abhandlungen, Bd. 1 H. 4) 1911
Nachweis: Bildnachweise: nicht nachweisbar

Literatur: Hans-Georg Wieck, Christliche und freie Demokraten in Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden und Württemberg 1945-1946, 1958; Karl Färber, Dr. Josef Ruby, in: Katholisches Kirchenblatt Freiburg vom 24.07.1960; Dr. Josef Ruby gestorben, in: Konradsblatt 30 (1960); Werner Köhler, Freiburg i. Br. 1945-1949, 1987; Heiko Haumann/Hans Schadek (Hg.), Geschichte der Stadt Freiburg, Bd. 3, 1992; Peter Fäßler, Badisch, christlich und sozial. Zur Geschichte der BCSV/CDU im französisch besetzten Land Baden (1945-1952), 1995; Jürgen Klöckler, Abendland – Alpenland – Alemannien. Frankreich und die Neugliederungsdiskussion in Südwestdeutschland 1945-1947 (Studien zur Zeitgeschichte, 55) 1998, 83-90
Suche
Durchschnitt (0 Stimmen)