Kremer, Johann(es) 

Andere Namensformen:
  • Johannes Leodegar
Geburtsdatum/-ort: 30.04.1893;  Mannheim
Sterbedatum/-ort: 06.11.1944; Brandenburg-Görden
Beruf/Funktion:
  • Pallottiner (SAC), Opfer des NS-Regimes
Kurzbiografie: 1915–1918 Kriegsdienst
1918–1920 Kuraufenthalte, Bad Wörishofen, Oberbergen/Kaiserstuhl
1921 IV. 28 Postulant d. Missionsgesellschaft d. Pallottiner, Limburg/Lahn
1921 –1941 kaufmännischer Mitarbeiter bei d. „Schriftenmission“ 1923 IX. 24 zeitliche Profess
1926 IX. 24 ewige Profess
1941 VII. Erste Verhaftung durch die Gestapo
1941 VIII. Dienstverpflichtung, Flugzeugmotorenwerke Junkers, Kassel
1944 VI. 30 Verhaftung durch die Gestapo Kassel
1944 VIII. 23 Verlegung nach Berlin
1944 X. 4 Todesurteil durch den Volksgerichtshof
1944 XI. 6 Hinrichtung durch das Fallbeil
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: unverheiratet
Eltern: Vater: Franz August (1862–1931), Kaufmann
Mutter: Maria Anna Elisabetha Stephanie, geb. Wybrecht (1863– 1944)
Geschwister: 6; Agathe Therese Barbara (1888–1982), Robert Albert Stefan (1890–1891), Carl Maria (1891–1892), Cölestine Katharina Eva (1894–1895), Karola Elisabetha Franziska Maria (1897–1957) u. Wendelin August Stefan (1898–1898)
Kinder: keine
GND-ID: GND/1012725731

Biografie: Christoph Schmider (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 230-231

Nach der Grundschule besuchte der in Mannheim geborene und aufgewachsene Kremer bis zum „Einjährigen“ das humanistische Karl-Friedrich-Gymnasium und genoss zugleich am Konservatorium intensiven Klavier- und Violinunterricht. Anschließend absolvierte er eine Kaufmannslehre und trat ins Geschäft seines Vaters ein. Nachdem er in den Anfangsmonaten des I. Weltkriegs zunächst aus gesundheitlichen Gründen zurückgestellt worden war, wurde er im Mai 1915 zu den Grenadieren eingezogen und vorwiegend als Fahrer eingesetzt. Von der anfänglichen Begeisterung war am Ende des Krieges längst nichts mehr übrig geblieben, zudem hatte er sich eine ernsthafte Darmerkrankung zugezogen, die ihn zeit seines Lebens gesundheitlich beeinträchtigen sollte.
Während eines Erholungsaufenthalts am Kaiserstuhl kam er in Kontakt mit den Pallottinern und fühlte sich von ihnen und ihrem missionarischen Auftrag stark angezogen. Lange konnte er sich nicht entscheiden zwischen dem Wunsch seines Vaters, dessen Geschäft zu übernehmen, und seiner zunehmend stärker gefühlten Berufung, sich ganz in den Dienst des Ordens zu stellen. Im Jahr 1921 jedoch hatte er seinen Weg gefunden und trat in Limburg bei den Pallottinern ein. Dort übernahm er die kaufmännische Leitung der „Schriftenmission“ und wirkte bei der Betreuung der Zeitschriftenbezieher mit. Daneben diente er der Ordensgemeinschaft als Sänger und Musiker in Chor und Orchester. Kremer pflegte intensive Briefkontakte, besonders mit den Pallottinermissionaren in Übersee, aber auch mit Abonnenten der pallottinischen Zeitschriften, wobei die Korrespondenz nicht selten geradezu seelsorgerliche Züge trug. Kremer hätte, so scheint es, durchaus die Begabung gehabt, Theologie zu studieren und Priester zu werden, doch seinen eigenen Forderungen nach einfacher Lebensführung entsprach es viel mehr, Laienbruder zu bleiben.
Ab 1936, als der NS-Staat versuchte, wie vielen anderen Ordensgemeinschaften auch den Pallottinern Devisenvergehen nachzuweisen, geriet Kremer wiederholt ins Visier der Gestapo und wurde im Sommer 1941 erstmals für einige Tage inhaftiert. Im August 1941 wurde er zur Arbeit im Lohnbüro des Flugzeugherstellers Junkers in Kassel verpflichtet. Dort setzte er sich stark für die belgischen und italienischen Zwangsarbeiter ein. Französisch sprach er schon länger, daneben erwarb er sich rasch Grundkenntnisse des Italienischen. Dies machte ihn, ebenso wie sein weiterhin offen und aktiv gelebter Glaube, verdächtig und sorgte dafür, dass er ausgegrenzt und bespitzelt wurde. Am 30. Juni 1944 wurde Kremer unter dem Vorwurf des „Defätismus“ verhaftet, weil er angeblich Zweifel am Fortbestand der Regierung nach dem Ende des Krieges geäußert hatte. Der Volksgerichtshof unter Vorsitz Roland Freislers verurteilte Kremer am 4. Oktober 1944 wegen „Wehrkraftzersetzung“ und „Feindbegünstigung“ zum Tode.
In mehreren Briefen, die er nach der Verurteilung schrieb, machte Kremer deutlich, dass er es nie darauf angelegt hatte, zum Märtyrer zu werden. Als sein Schicksal aber unabwendbar geworden war, nahm er es gefasst und gottergeben an. Seinen letzten Brief sandte er am Hinrichtungstag an den Limburger Ordensoberen: „Am heutigen Tage gebe ich mein Leben in die Hände meines Schöpfers zurück. […] Gläubigen Herzens trete ich vor meinen himmlischen Vater im Vertrauen auf die Verdienste Jesu Christi. […]Es war mir dank der Gnade Gottes vergönnt, mich hinreichend vorzubereiten.“
Kremer wurde im Zuchthaus Brandenburg-Görden enthauptet, seine Urne später auf dem Friedhof der Pallottiner in Limburg beigesetzt.
Quellen: StadtA Mannheim, Meldekarten u. Personenstandsregister; ProvinzA d. Pallottiner, Limburg.
Nachweis: Bildnachweise: ProvinzA d. Pallottiner, Limburg.

Literatur: Richard Zahlten, Die Ermordeten. Die Gedenktafel d. Erzdiözese Freiburg für die verfolgten Priester (1933 bis 1945) in „Maria Lindenberg“, nahe St. Peter/ Schwarzwald, 1998, 106–115; Alexander Holzbach, Bruder Johann Leodegar Kremer, in: Helmut Moll, Zeugen für Christus. Das dt. Martyrologium des 20. Jh.s, 42006, 832 ff.
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