zu Hohenlohe-Langenburg, Max Karl Joseph Maria 

Geburtsdatum/-ort: 21.07.1901; Toblach (Südtirol)
Sterbedatum/-ort: 27.07.1943;  Stuttgart, hingerichtet
Beruf/Funktion:
  • Künstler und Schriftsteller, Gegner des Nationalsozialismus
Kurzbiografie: Nov. 1920–Anfang 1924 Ausbildung in der Staatlichen Kunstgewerbeschule München
Feb.–Ende Juni 1924 Haft im Gefängnis Stadelheim wegen homosexueller Handlungen mit Minderjährigen
1924–1933 Reisen
Seit 1929 Reiseschriftsteller, später auch Verfasser politischer Beiträge v. a. in Emigrantenzeitschriften
Seit 1933 „freiwilliger Emigrant“ in Paris
1934 Engagement gegen die Rückgliederung des Saarlandes ins Deutsche Reich
März 1935 Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit, dadurch staatenlos
April 1940–Juni 1941 Französische Fremdenlegion in Algerien
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 3.6.1931 Louisa Georgina Pazquero (Namensehe)
Eltern: Vater: Max zu Hohenlohe-Langenburg (1861–1935)
Mutter: Karoline Gräfin zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg (1867–1945)
Geschwister: Marie Therese (1895–1974), verh. Kohleisen
Kinder: Keine
GND-ID: GND/1018351418

Biografie: Peter Schiffer (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 95-98

Max zu Hohenlohe-Langenburg gehörte einer katholischen Seitenlinie des Hauses Hohenlohe-Langenburg an, die in Rothenhaus bei Komotau (Böhmen) residierte. Der Vater war nach Salzburg und später nach Südtirol gezogen, wo Hohenlohe-Langenburg in Toblach geboren wurde und aufwuchs. Eine französische Gouvernante brachte ihm sehr früh Französisch bei. Als Achtjähriger erhielt er einen Hauslehrer, mit elf Jahren kam er in das Internat des Benediktinerklosters Ettal (Bayern), wo er bis zum Kriegsausbruch 1914 blieb. Dann zog er zurück zur Familie, die inzwischen in Meran wohnte. Ein Privatlehrer übernahm die weitere Ausbildung. Das Abitur hat Hohenlohe-Langenburg nicht abgelegt.
Hohenlohe-Langenburg strebte das Leben eines Künstlers an. Im November 1920 begann er eine Ausbildung an der Staatlichen Kunstgewerbeschule München. Bald fand er in dem Niederländer Jan Thorn Prikker, der einem vom Symbolismus geprägten Jugendstil verpflichtet war, seinen Lehrer. Hohenlohe-Langenburg befasste sich schwerpunktmäßig mit (Glas-)Mosaiken, meist mit Darstellungen von Personen. Noch während seiner Studienzeit konnte er einige Werke verkaufen, die im Rheinland und in den Niederlanden ausgestellt wurden. Die Porzellanfirma Rosenthal entschloss sich 1921, zwei Porzellanvasen nach seinen Entwürfen herzustellen.
Die Verurteilung wegen homosexueller Handlungen mit Minderjährigen setzte eine tiefe Zäsur in das Leben des jungen Künstlers. Von Februar bis Ende Juni 1924 saß er im Strafvollstreckungsgefängnis Stadelheim (München) ein. In dieser Zeit fiel eine Erbschaft über 70 000 tschechische Kronen an. Hiermit finanzierte Hohenlohe-Langenburg ausgiebige Reisen im Anschluss an seine Haft. Eine erste führte nach Italien, Tunis schloss sich an. Seine künstlerische Ausbildung hat Hohenlohe-Langenburg nicht mehr abgeschlossen.
Hohenlohe-Langenburg nutzte seine schriftstellerische Begabung und wurde Reiseschriftsteller. Anregungen erhielt er von dem Dichter Heinrich Lersch (1889 – 1936), einem Reisegefährten, den er auf Capri kennengelernt hatte. Lersch zeigte ihm, wie man Reisen zu Reiseberichten für Zeitschriften verarbeiten und damit Geld verdienen konnte. Eine Vielzahl meist kleinerer Berichte Hohenlohe-Langenburgs erschien seit 1929 in deutschen, österreichischen und schweizerischen Zeitschriften. 1932/33 bereiste Hohenlohe-Langenburg Portugal, Nordafrika und Spanien.
Es blieb nicht bei der Reiseschriftstellerei, die Hohenlohe-Langenburg wegen seines Lebensunterhaltes betrieb. Er wollte auch literarischen Ansprüchen genügen. 1932/33 arbeitete er an einem autobiographischen Buch mit dem Titel „Der Vater“, 1934 verfasste er ein kleineres Werk unter dem Titel „Hochzeitsnacht“.
Durch seine Kontaktfreudigkeit gelang es Hohenlohe-Langenburg rasch, in den Journalisten-, Künstler- und Verlegerkreisen Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen. Zu seinem Bekanntenkreis gehörten die Schriftsteller Joseph Roth, Lion Feuchtwanger, Joachim Ringelnatz, Ernst Glaeser und Gustav Regler, Valerio Marcu, Verfasser einer Leninbiographie, und der Redakteur der „Frankfurter Zeitung“ Dr. Krakauer. Die Familie Thomas Manns kannte er seit den 1920er Jahren.
Seit 1933 lebte Hohenlohe-Langenburg in Paris. Er selbst bezeichnete sich als „freiwilliger Emigrant“, d. h. sein Auslandsaufenthalt war nicht erzwungen, sondern freiwillig gewählt. Zunehmend wurde er in die aktuellen Auseinandersetzungen hineingezogen, in die die Pariser Emigranten eingebunden waren. Hohenlohe-Langenburg begann politische Beiträge zu schreiben, etwa in der in Prag erscheinenden Emigrantenzeitschrift „Der Gegen-Angriff“ und im Pariser „Miroir du Monde“. Im Artikel „Der Nationalsozialismus von einem deutschen Prinzen aus gesehen“ heißt es etwa: „Meine Aufgabe ist es nicht, genaue Einzelheiten der nationalsozialistischen Brutalität zu geben. […] Der Terror, der den Geist unterdrückt, ist schlimmer als der physische Tod; aller Möglichkeiten beraubt, die es vom Tiere unterscheiden, erniedrigt sich das menschliche Wesen zu einem Wilden; der Instinkt entwickelt sich zu einem Nachteil der Vernunft. Herr Hitler hat theatralisch diese Lage gekennzeichnet, indem er Bücher verbrennen liess.“
Engagiert bekämpfte Hohenlohe-Langenburg die von den Nationalsozialisten betriebene Rückgliederung des Saarlandes ins Reich und sprach sich für eine Beibehaltung des Status quo (Verwaltung durch den Völkerbund) aus. Er nahm an politischen Versammlungen zur Saarlandfrage teil und warb in zahlreichen Reden für das Anliegen. Sein Bekanntheitsgrad und sein Bekanntenkreis wuchsen zunehmend. Er unterzeichnete auch den Aufruf der Société-Franco-Saaroise, der am 21. September 1934 an den Litfaßsäulen im Saarland angeschlagen wurde. Bald wurden ihm Aufgaben in der Interessenvertretung der Emigranten angeboten. Er sollte die Führung einer bewaffneten Truppe von Emigranten übernehmen, die im Saarland den Status quo sicherte. Das lehnte er aber ab. Die Ehrenpräsidentschaft eines Hilfskomitees für katholische Emigranten übte er kurze Zeit aus. Der Beauftragte der französischen Regierung und Sekretär des französischen sozialistischen Abgeordneten Fribourg, Jean Klein, bot ihm an, „die monarchistische Opposition in Deutschland zu fördern“, was er aber entschieden ablehnte. Dass man ihm diese Angebote machte, zeigt, für wie wichtig und für wie fähig man ihn hielt.
Die Abstimmung über das Saargebiet fiel deutlich zugunsten der Rückgliederung in das Reich aus, die am 1. März 1935 vollzogen wurde. Die Rache der Nazis war rigoros. Wie die übrigen Unterzeichner des Aufrufes wurde Hohenlohe-Langenburg ausgebürgert, ihm wurde die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen. Als Mitglied des Hauses Hohenlohe hatte er sie stets beansprucht und 1929 offiziell bekommen. In Deutschland konnte Hohenlohe-Langenburg sich nicht mehr aufhalten, in Frankreich war er nur geduldet und musste in regelmäßigen Abständen um Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung bitten. Als im September 1939 der Krieg zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich ausbrach, meldete sich Hohenlohe-Langenburg zum militärischen Dienst für Frankreich, wurde aber nicht genommen, sondern interniert. Am 20. April 1940 meldete er sich aus dem Lager Meslay du Maine für die französische Fremdenlegion, für die er sich bis zum Kriegsende verpflichtete.
Die Reise führte über Marseille nach Oran, einen Monat verblieb Hohenlohe-Langenburg in Sidi-bel-Abbes. Daran schloss sich die Ausbildung in Saida an, wo Hohenlohe-Langenburg im Lagerbüro beschäftigt wurde, aber auch eine infanteristische Ausbildung mit Gewehr 96 und leichtem Maschinengewehr erhielt. Über den Waffenstillstand zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich vom 22. Juni 1940 hinaus blieb er bis Oktober 1940. Dann erst wurde er demobilisiert. Anschließend musste er in einer Arbeitskompanie in Colomb-Bechar beim Straßenbau arbeiten. Wegen körperlicher Schwäche verrichtete er Büroarbeiten. Dann kam er in das ungefähr 20 km südwestlich gelegene Arbeitslager Kenadza, wo er in einem Steinbruch beschäftigt wurde, bis er nach einem Monat wegen seines Schwächezustandes in das Lagerbüro zurückgeholt wurde.
Hohenlohe-Langenburg wollte zurück nach Deutschland. Man sicherte ihm zu, dass seine politische Vergangenheit vergessen sei. Nach einem Aufenthalt in Saida wurde er zusammen mit anderen Heimkehrwilligen nach Oran gebracht und von dort nach Marseille eingeschifft. Am 11. Juli wurde er in Chalon s/S. von den deutschen Behörden in Empfang genommen und ins SS-Sonderlager Hinzert weitergeleitet. Die Hoffnungen, die er an die Zusicherungen geknüpft hatte, erfüllten sich nicht. Nach elf Wochen kam er ins Durchgangslager Niederbühl bei Rastatt, drei Wochen später nach Kislau und nach sieben weiteren Wochen als „Schutzhäftling“ in das Gerichtsgefängnis Karlsruhe, wo er in der Zeit vom 16. Januar bis 30. April 1942 verhört wurde. Man bezichtigte ihn der Spionage, warf ihm seine Kontakte zu den deutschen Emigranten vor und wertete seine publizistischen Äußerungen gegen den Nationalsozialismus als Landesverrat.
Die Anklageschrift gegen Hohenlohe-Langenburg datiert vom 26. Oktober 1942, anderthalb Monate später folgte am 12. Dezember das Urteil des Ersten Senats des Volksgerichtshofes unter Vorsitz des berüchtigten Präsidenten Freisler. Das Todesurteil wurde am 27. Juli 1943 in Stuttgart vollstreckt.
Die Leiche Hohenlohe-Langenburgs wurde zusammen mit den Leichen von weiteren 19 Hingerichteten der Anatomie der Universität Heidelberg für Forschungszwecke übergeben. Nach 1945 fielen sie in der Anatomie auf, die Universität drängte auf eine Bestattung, die 1950 in anonymer Form erfolgte. Erst 2001 erhielten die Hinrichtungsopfer auf dem Heidelberger Bergfriedhof eine Tafel mit den 20 Namen, darunter auch Hohenlohe-Langenburg. Außerdem wurde eine Stele aus schwarzem Granit des Bildhauers Günter Braun aus Eppelheim zum Gedenken an die 20 Opfer des Nationalsozialismus aufgestellt.
Quellen: HZAN, Bestand La 147: NL Prinz Max Karl; Institut für Zeitgeschichte München, Bestand Fa 117 Bd. 145: Handakten Oberreichsanwalt beim Volksgerichtshof von 1937 – 1945: Verfahren gegen Prinz Max Karl zu Hohenlohe-Langenburg; HZAN, Bestand La 95 Domänenkanzlei, Bü Kasten II Fach 44 Fasz. 187.
Werke: Autobiographisches Buch „Der Vater“, 1932/33 (nur in Auszügen gedruckt); „Hochzeitsnacht“, 1934; seit 1929 Reiseberichte in deutschen, österreichischen und schweizerischen Zeitschriften; verschiedene Artikel im „Berliner Tagblatt“ und in Emigrantenblättern wie „Pariser Tagblatt“, „Das Neue Tage-Buch“, „Der Gegen-Angriff“ (in Prag erscheinend) und „Miroir du Monde“.

Literatur: Dieter Fehrentz/Hans Martin Mumm, Das Mahnmal für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz auf dem Bergfriedhof, in: Heidelberg. Jb. zur Geschichte der Stadt 7 (2002), 271-29; Jürgen Walter, Max Karl Prinz zu Hohenlohe-Langenburg, die deutsch-jüdische Emigration in Paris und das Dritte Reich, in: Württembergisch Franken 88 (2004), 207-230; Hans Martin Mumm, Das Grab von Max Karl Prinz zu Hohenlohe-Langenburg auf dem Heidelberger Bergfriedhof, in: Württembergisch Franken 89 (2005), 257-260; Peter Schiffer, „von der Seuche des Nationalsozialismus auf die Dauer befreit und erlöst“. Max Karl von Hohenlohe-Langenburg – ein Leben zwischen Kunst, Literatur und Politik, in: Alma Hannig/Martina Winkelhofer-Thyri (Hg.), Die Familie Hohenlohe im 19. und 20. Jh., 2013.
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