Bilfinger, Bernhard Karl 

Geburtsdatum/-ort: 23.01.1862;  Konstanz
Sterbedatum/-ort: 24.09.1924;  Mannheim
Beruf/Funktion:
  • Brückenbauingenieur und Unternehmer
Kurzbiografie: bis 1880 Realgymnasium Pforzheim u. Oberrealschule Stuttgart bis Abitur
1881–1882 Studium d. Ingenieurwissenschaften an d. TH Berlin
1882–1984 Fortsetzung des Studiums am Polytechnikum Stuttgart
1884 I. Staatsprüfung für Bauingenieure
1884 –1885 Tätigkeit bei Firma Benckiser in Pforzheim
1887 II. Staatsprüfung, Regierungsbaumeister
1886–1897 Tätigkeit bei verschiedenen Unternehmen als Brückenbauingenieur
1898 Eintritt als Teilhaber bei Grün&Bilfinger
1906–1924 Vorstandsmitglied bei Grün&Bilfinger
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: 1893 (Nürnberg) Emma, geb. Hensolt (1873–1960), Tochter von Kommerzialrat Hensolt, Direktor d. MAN
Eltern: Vater: Bernhard Rudolf, Brückenbauingenieur (1829–1897)
Mutter: Minna, geb. Strohm (1837–1905)
Geschwister: 4; darunter Paul (vgl. Badische Biographien. Neue Folge VI, S. 27-29)
Kinder: 4; Friedrich (1893–1995), Bernhard (1894 –1916), Wilhelm (1897–1967) u. Eugenie (1909–1992).
GND-ID: GND/1018599398

Biografie: Karl-Heinz Schwarz-Pich (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 25-27

Die Vorfahren Bilfingers stammen aus Württemberg, wo sich die Familie bis ins 15. Jh. nachweisen lässt; der Familienname geht vielleicht auf den Ortsnamen Bilfingen, heute Ortsteil von Kämpfelbach im Enzkreis, zurück. Bereits in der 1. Hälfte des 18. Jh.s war Georg Bernhard Bilfinger (1693–1750) Festungsbaumeister in Württemberg gewesen und in dieser Tradition wurden wie der Vater auch seine beiden Söhne Paul und Bernhard und später wiederum deren Söhne Bernhard Michael (1889–1960) und Wilhelm (1896–1967) Bauingenieure bzw. Baumeister. Als Bilfinger zur Welt kam, wohnte die Familie in Konstanz, wo sein Vater als Oberingenieur für die Brückenbauanstalt Gebr. Benckiser den Bau der Eisenabahn- und Straßenbrücke über den Rhein ausführte. Seine Kindheit und Jugend verlebte Bilfinger dann in Pforzheim.
Nach Abschluss des Bauingenieur-Studiums arbeitete Bilfinger bei der Dortmunder Union, der Straßburger Kleinbahn AG, bei Gebr. Benckiser, der Maschinenfabrik Augsburg- Nürnberg (MAN) sowie bei der Firma Philipp Holzmann. Militärdienst blieb ihm wegen Untauglichkeit erspart.
Zu den bedeutenden Bauprojekten, die von Bilfinger ausgeführt wurden, gehörte die Friedrichsbrücke in Mannheim, eine Straßenverbindung über den Neckar zwischen der Innen- und der Neckarstadt, etwa an der Stelle der 1950 eingeweihten heutigen Kurpfalzbrücke. Bis zu ihrer Zerstörung in den letzten Tagen des II. Weltkriegs gehörte diese prächtige Metallkonstruktion zu den baulichen Attraktionen der Kurpfalzmetropole.
Erwähnenswert sind auch Bilfingers Brückenbauten über den Main in Zellingen (1884) und bei Obernburg (1892). Zu den spektakulärsten Projekten unter seiner Bauleitung aber gehörte die 405 m lange und 40 m hohe Brücke über den Kaiser-Wilhelm- (heute: Nord-Ostsee-)kanal bei Grünenthal (1892), und die Schwebebahn in Elberfeld-Barmen (Wuppertal), 1901 freigegeben, die weltweit zu den spektakulärsten Bauwerken um die Jahrhundertwende zählte.
Bilfingers Entscheidung, bei MAN 1898 auszuscheiden und zur Firma seines älteren Bruders Paul in Mannheim zu wechseln, dürfte zwei Gründe gehabt haben: zum einen – das wird in der Firmengeschichte angedeutet – hatte sich seine Karriere bei MAN nicht vorstellungsgemäß entwickelt, was mit dem Tod des Schwiegervaters zusammenhängen dürfte, der Generaldirektor der MAN in Gustavsburg gewesen war. Dessen Nachfolge hatte Bilfinger, selbst Mitglied der Geschäftsleitung des Unternehmens, offensichtlich vergeblich angestrebt. Andererseits hatte die Firma von August Grün (vgl. S. 156) seit der Beteiligung von Bilfingers Bruder Paul inzwischen beachtlich expandiert, so dass Bilfinger davon überzeugt sein konnte, dass sich ihm mit dem Wechsel nach Mannheim ein lohnendes Betätigungsfeld eröffnen würde; er wurde dann auch sogleich dritter Teilhaber dieses Unternehmens.
Neben seiner Vorstandstätigkeit widmete Bilfinger sich nun der Ausführung vor allem von Großprojekten, die mit umfangreichen Erdarbeiten verbunden waren. In diese Reihe gehören die Elztalbahn von Waldkirch nach Elzach (1900), der Umbau des Freiburger Güterbahnhofs (1901), und der Hafenbau Crefeld bei Uerdingen (1903). Bilfinger wohnte immer am jeweiligen Arbeitsort; erst als er sich weitgehend auf die Vorstandstätigkeit konzentrierte, nahm er seinen festen Wohnsitz in Mannheim.
Die Tätigkeit von Bilfinger als Bauingenieur fand Anerkennung in mehreren Auszeichnungen. Im Juni 1914 erhielt er für den Bau der Hochbrücke über den Kaiser-Wilhelm- Kanal den preußischen Roten-Adler-Orden IV. Klasse. Die TH Darmstadt verlieh Bilfinger im Studienjahr 1920/21 in Würdigung seiner hervorragenden Verdienste um die Planung und Ausführung bedeutender Ingenieurbauten ehrenhalber den Titel Dr. Ing. Außerdem gehörte Bilfinger seit 1913 dem Vorstand der Tiefbauberufsgenossenschaft Berlin-Wilmersdorf und als Aufsichtratsmitglied der Gothaer Lebensversicherung an.
Bei Ausbruch des I. Weltkriegs befand sich Bilfinger auf der Rückreise von Afrika, wo er in Doula in Kamerun ein Projekt seiner Firma betreut hatte. Weil der Kapitän die Anweisung erhalten hatte, nicht durch Hoheitsgebiete verfeindeter Kriegsparteien zu fahren, kam Bilfinger erst nach Monaten über Südamerika nach Deutschland zurück. 1916 fiel sein Sohn Bernhard, der seine Nachfolge hätte antreten sollen, bei Kämpfen in Frankreich. Diesen Schicksalsschlag hat Bilfinger angeblich nie verwunden, obgleich seine beiden anderen Söhne später führende Positionen im Unternehmen einnahmen: Friedrich, von Beruf Kaufmann, trat 1920 bei Grün&Bilfinger ein und begleitete von 1952 bis 1959 den Posten eines kaufmännischer Direktors; Wilhelm, Bauingenieur, begann dort 1923 seine Tätigkeit und war von 1938 bis 1962 ordentliches Vorstandsmitglied und dann bis 1967 stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender. Seither gehört kein Mitglied der Familie Bilfinger diesem Unternehmen mehr an.
Bilfinger starb im Alter von nur 62 Jahren an einer Herzlähmung; er wurde auf dem Mannheimer Hauptfriedhof beigesetzt.
Quellen: FirmenA d. Bilfinger + Berger AG, Mannheim, Nachlass Bilfinger, Bernhard; Auskünfte von Martin Krauß, Mannheim, vom Juni 2008.
Nachweis: Bildnachweise: Drei Wurzeln – ein Unternehmen, 2005, 31 (vgl. Literatur).

Literatur: Genealog. Handb. Bürgerlicher Familien, hg. von Bernhard Koerner, Bd. 10, 1903, 60 f.; Neue Mannheimer Ztg. vom 25.9.1924, Nachruf; Hundert Jahre bauen 1880–1890. Ein Buch zum Jubiläum d. Bilfinger + Berger Bau AG, 1980; Bernhard Stier/Martin Krauß, Das Unternehmensarchiv d. Bilfinger + Berger AG, in: Archiv u. Wirtschaft 2/2002, 53–63; Bilfinger + Berger (Hg.), 125 Jahre Bilfinger + Berger AG – drei Wurzeln, ein Unternehmen, 2005.
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