Bismarck, August Wilhelm Julius Graf von 

Geburtsdatum/-ort: 05.04.1849;  Konstanz
Sterbedatum/-ort: 14.03.1920;  Schloss Weiler in Stegen
Beruf/Funktion:
  • Offizier und Pferdezüchter
Kurzbiografie: 1848–1864 Lyzeum Konstanz bis zum „Einjährigen“
1864 –1866 Kadettenhaus Karlsruhe, Offiziersausbildung
1866–1867 Mannheim
1867–1871 Düsseldorf, Husarenregiment 15, Kriegsteilnahme
1871–1872 Hamburg
1872–1874 Hannover, Militär-Reitinstitut
1874 –1881 Düsseldorf
1881–1890 Berlin, 1. Garde-Dragoner-Reg.
1890–1893 Baden-Baden, Villa Turgeniew
1893–1913 Lilienhof bei Ihringen a. K., 1898/99 Schlossbau durch Arch. Manuel Seidel, München
1913–1920 Schloss Weiler in Stegen
1914 –1917 Teilnahme am I. Weltkrieg als Oberstleutnant; zahlreiche Orden u. Auszeichnungen, u. a. Ritterkreuz I. Klasse mit Eichenlaub des Ordens vom Zähringer Löwen
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Auszeichnungen: Ehrungen u. a. Ritterkreuz I. Klasse mit Eichenlaub des Ordens vom Zähringer Löwen
Verheiratet: 1. 1872 (Baden-Baden) Clara, geb. Achenbach (1851–1906),
2. 1918 (Stegen b. Freiburg) Helene (Lonja), geb. von Redlich
Eltern: Vater: Friedrich Wilhelm (1783–1860), Kgl. Württ. Generalinspekteur d. Kavallerie
Mutter: Amalia Julie, geb. Thibaut (1824 –1918)
Geschwister: Konstanze Maria Amalia Clara (1851–1925), verh. mit Ulrich Wille, General u. Oberbefehlshaber des Schweizer Heeres
Kinder: keine
GND-ID: GND/1018611258

Biografie: Renate Liessem-Breinlinger (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 29-31

Nachhaltige Verehrung genießt Bismarck bei den Freunden des Trabrennsports, einer damals schon in Nordamerika, Russland und Frankreich verbreiteten Pferdewettkampfart, der er gegen Ende des 19. Jh.s in Deutschland zur Anerkennung verholfen hat. Auf dem Gut Lilienhof bei Ihringen am Kaiserstuhl richtete er 1890 ein Gestüt zur Traberzucht ein, das als Deutsches Haupttrabergestüt klassifiziert war und etliche Derbysieger hervorbrachte. Auf Lilienhof durchgeführte Zuchtexperimente mit Englischen Vollblut, Anglo-Normannen (fr.), Orlow-Trabern (russ.) und dem Standardbred (am.) leiteten zur Ausrichtung der deutschen Traberzucht auf den amerikanischen Traber hin. Die Trägerschaft übernahm der Dachverband des Trabrennwesens, die sog. Technische Kommission, die von 1892 bis 1913 ebenfalls von Bismarck geleitet wurde. Reichskanzler Otto von Bismarck war Vetter 3. Grades von Bismarck, wenn sie auch verschiedenen Zweigen der Familie angehörten. Augusts Vater war 1816 vom König von Württemberg in den Grafenstand erhoben worden, ein Prädikat, das Otto von Bismarck erst 1865 vom König von Preußen verliehen bekam.
„Ehrenstellen in Staats- und Kriegsdienst“ einzunehmen, gilt als Charakteristikum dieses Geschlechts, wobei August das letztere wählte. Im jugendlichen Alter von 17 Jahren begann seine Karriere mit der Verleihung des Großherzoglich Badischen Leutnantspatents. Mit den kriegerischen Ereignissen zwischen Österreich und Preußen 1866 kam er insoweit in Berührung, als es zur Verleihung einer Felddienstauszeichnung reichte. 1867 wechselte er in preußische Dienste. Von Düsseldorf aus nahm er 1870/71 am Feldzug gegen Frankreich teil. Einsätze bei Spichern, Gravelotte, Metz und in Burgund sind überliefert. Nach einer vorübergehenden Verwendung in Hamburg und einer Schulung im Militärreitinstitut Hannover tat er noch einmal sieben Jahre in Düsseldorf Dienst, ehe er 1881 im Rang eines Rittmeisters zu den höchst angesehenen 1. Gardedragonern nach Berlin versetzt wurde.
Die Eheschließung 1872 prägte entscheidend seinen zukünftigen Lebensstil. Er heiratete die einzige Tochter des reichen Kaufmanns Achenbach, der in Russland ein Imperium im Baumwollhandel, nach anderen Quellen auch in der Tabakbranche aufgebaut hatte. Bismarck hatte seine Frau in Düsseldorf im Haus ihres Onkels, des Kunstmalers Oswald Achenbach kennengelernt. Das Landgut Lilienhof war das Hochzeitsgeschenk des Schwiegervaters. Bismarck konnte fortan seine elitären Liebhabereien auf dem Gebiet des Pferdesports ungehindert pflegen. In den 1870er Jahren nahm er mit eigenen Pferden selbst an Wettkämpfen, vor allem an Hindernisrennen, im Rheinland und in Westfalen teil. Seine Glanzzeit waren die 1880er Jahre, als er mit Leutnant von Kramsta in Berlin einen eigenen Rennstall unterhielt, der große Erfolge errang auf allen renommierten Rennbahnen des Deutschen Reiches, beispielsweise in Aachen. Neben von Kramsta war Graf Heinrich von Dohna sein erfolgreichster Reiter. 1882 gewann eines seiner Pferde das Große Armee-Jagdrennen in Iffezheim in Anwesenheit von Kaiser Wilhelm I.
Das sportliche Engagement Bismarcks konzentrierte sich in den 1890er Jahren auf das Vereinswesen, wovon eine unübersehbare Zahl hochrangiger Ehrenämter und noch mehr Ehrenmitgliedschaften vor allem im Bereich des Trabersports Zeugnis geben. Die Passion für diese Sportart teilte Bismarck mit seiner Frau, was vielleicht auf einschlägige Erfahrungen in Russland zurückgeht.
Bismarck wird regelmäßig als ritterlich und überaus liebenswürdig bezeichnet. Er hatte die Gabe, Gesellschaften Glanz zu verleihen, was an seinen eleganten Umgangsformen, vor allem aber an seiner blendenden äußeren Erscheinung lag: Er hatte ein wohlgeschnittenes markantes Gesicht, war großgewachsen und bis ins Alter aufrecht und gertenschlank.
Dass Bismarck mehr Zeit auf den Sport als auf seine Offizierskarriere verwandte, war kein Geheimnis. Eine flapsige Bemerkung von Kaiser Wilhelm II. in diese Richtung veranlasste Bismarck, 1890 spontan den Dienst zu quittieren, gerade erst 41 Jahre alt, was er sich leisten konnte angesichts seiner wirtschaftlichen Unabhängigkeit. Das Zerwürfnis mit dem Kaiser wurde einige Jahre später durch Max Egon von Fürstenberg, der mit Bismarck eng befreundet war und dessen Pferdepassion teilte, aus der Welt geschafft. Bis zu diesem Zwischenfall war das Verhältnis zu Wilhelm II., gewachsen in dessen Kronprinzenzeit, ausgezeichnet gewesen. Bismarck erhielt 1888 den ehrenvollen Auftrag, Wilhelms Thronbesteigung beim Hl. Stuhl in Rom anzuzeigen, wobei er mit dem Piusorden ausgezeichnet wurde. Der Umstand, dass er der Mutter zuliebe katholisch war, hatte ihn für diese Mission prädestiniert.
Dass Bismarck mehr war als ein Salonlöwe und einer der glanzvollsten unter den „sportsmen“ des Deutschen Reiches, erweist sich in seiner freiwilligen Teilnahme am I. Weltkrieg, wo er ab 1914 im Elsass und in Belgien als Oberstleutnant Dienst tat. 1917 kehrte er an Kopfrose erkrankt zurück. Der unglückliche Kriegsausgang und das Ende des Reiches, der Verlust des Achenbachschen Vermögens in Russland nach der Oktoberrevolution, all das traf ihn schwer, ohne ihm jedoch den Lebensmut zu nehmen. Als fast 70-jähriger heiratete er seine langjährige Lebensgefährtin Lonja von Redlich, nach dem Tod seiner Mutter, die dieser Verbindung die Zustimmung verweigert hatte. Dass er sich von Rückschlägen und Enttäuschungen nicht zu sehr beeinflussen ließ, hatte sich auch 1913 erwiesen, als er nach Differenzen mit Oberlandstallmeister von Oettingen das Gestüt Lilienhof aufgab und das ganze Gut an Max von Wogau verkaufte. Damals bezog er das Kagenecksche Schloss Weiler in Stegen, wo er 1920 starb. Beerdigt ist er auf seinen Wunsch in Wasenweiler, wo sein Grab wie auch das seiner zweiten Frau und deren Eltern noch erhalten ist.
Quellen: Dokumente im Besitz von Jürg Wille, Zürich, darunter eine dreiseitige von J. Wille verfasste Biographie Bismarcks „Onkel August“; Materialsammlung zur Geschichte des Hofguts Lilienhof im Besitz von Walter Meier, Ihringen a. K; Material von Karl Dold, Berlin, darunter Nachrufe in Zeitungen u. Zeitschriften wie „Der Traber“ u. ein Hinweis auf Vater Achenbach, in: Carl Fürstenberg, Die Lebensgeschichte eines deutschen Bankiers,
o. J. [1961?]; Auskünfte von Nikolaus von Gayling, Schloss Ebnet bei Freiburg.
Nachweis: Bildnachweise: Ortsmuseum Ihringen a. K., u. a. Reproduktion eines Gemäldes von 1915 u. bei Jürg Wille, Zürich (vgl. Quellen).

Literatur: Leopold von Ledebur, Adelslexicon d. preuß. Monarchie, 1855, 67 f.; Genealogisches Handbuch des Adels, Gräfliche Häuser, Bd. 2, 1952, 54 ff. und Bd. 56, 1973, 57.
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