Moninger, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 19.06.1857;  Karlsruhe
Sterbedatum/-ort: 01.08.1932;  Karlsruhe
Beruf/Funktion:
  • Brauereibesitzer
Kurzbiografie: 1863–1867 La Fontainesche Privatlehranstalt in Karlsruhe
1867–1873 Höhere Bürgerschule in Karlsruhe
1873–1875 Banklehre in Karlsruhe
1881 zus. mit seinem Bruder Stefan, ab 1887 auch mit Theodor Moninger, Gesellschafter d. neu gegründeten OHG
1886–1888 Bau d. Großbrauerei in d. Kriegsstraße
1889 V. Umwandlung des Unternehmens in eine AG; Moninger Generaldirektor
1897–1926 Stadtverordneter in Karlsruhe
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Auszeichnungen: Ehrungen: Ritterkreuz 1. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen (1906); Kommerzienrat (1913); Ehrensenator d. TH Karlsruhe (1925)
Verheiratet: 1881 (Karlsruhe) Wilhelmine, geb. Schaller (1861–1951)
Eltern: Vater: Stephan (1827–1875), Brauereibesitzer
Mutter: Marie, geb. Herrmann, verw. Kaufmann (1828–1892)
Geschwister: 4; Stefan (* 1858) u. Theodor (* 1862) u. zwei Halbgeschwister, Marie (* 1850 ) u. Louis (* 1852) aus d. ersten Ehe d. Mutter mit Louis Kaufmann
Kinder: 2; Wilhelmine (1882–1978) u. Karl (1885–1972)
GND-ID: GND/1018908382

Biografie: Karl-Heinz Schwarz-Pich (Autor)
Aus: Badische Biographien NF 6 (2011), S. 279-282

Das Talent zum Unternehmer mag Moninger von beiden Elternteilen geerbt haben. Dabei stechen besonders die unternehmerischen Fähigkeiten der Mutter ins Auge, die einer Gastwirtsfamilie aus Wiesloch entstammte. Bedingt durch tragische Umstände übernahm sie zweimal die Führung der Brauerei und erwies sich dabei als außerordentlich erfolgreich. Eine Frau an der Spitze eines solch beachtlichen Unternehmens war beim Rollenverständnis der Geschlechter gegen Ende des 19. Jh.s alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Mit 21 Jahren hatte sie 1849 Louis Kaufmann geheiratet, der eine kleine, vor Eintritt in das Fabrikzeitalter typische Brauerei in Karlsruhe betrieb. 1846 gab es in Karlsruhe 31 solcher Brauereien.
Als Louis Kaufmann 1854 schwer erkrankt einen unbefristeten Kuraufenthalt antreten musste, übernahm seine Frau die Führung des Unternehmens, und als er 1856 starb, heiratete die Witwe den Brauer Stephan Moninger, den sie zwei Jahre zuvor als Geschäftsführer engagiert hatte. Von da an trug die Brauerei den Namen „Brauerei Stephan Moninger“ Zu den beiden Kindern aus erster Ehe kamen noch drei Söhne aus dieser Ehe hinzu. Als Stephan Moninger 1875 an den Folgen eines Unfalls mit 47 Jahren starb, trat die Ehefrau erneut an die Spitze des Unternehmens und nahm, unterstützt von ihrem ältesten Sohn aus erster Ehe, Louis Kaufmann, auch die Interessen ihrer noch minderjährigen Söhne aus der zweiten Ehe wahr. Sie war es also letztlich, die zusammen mit ihrem zweiten Mann die Grundlage für die späteren Erfolge der Brauerei schuf. Damals wurde das Absatzgebiet bereits erweitert, und in den 1860er Jahren lieferte die Brauerei sogar Bier nach Paris und London. Der Aufstieg zu einer der bedeutendsten Brauereien in Mittelbaden hatte begonnen.
Die berufliche Ausbildung der drei Söhne aus der zweiten Ehe wurde wohl von beiden Elternteilen, nach dem Tod des Vaters mit Gewissheit von der Mutter gezielt auf eine gemeinsame Tätigkeit im Unternehmen angelegt. Moninger wurde dazu bestimmt, an die Spitze der Brauerei zu treten. Nach seiner kaufmännischen Ausbildung in einer nicht mehr genau feststellbaren Bank wurde er im elterlichen Unternehmen auf seine zukünftige Führungsaufgabe systematisch vorbereitet. Vor Erreichen der Volljährigkeit arbeitete Moninger im elterlichen Betrieb und machte Studienreisen ins Ausland, um „den Blick für das Wesentliche zu schärfen“ (Firmenchronik, 1956, S. 42) Der ein Jahr jüngere Bruder Stefan erhielt eine Ausbildung in der weltberühmten Brauereischule in Weihenstephan und praktizierte in verschiedenen Brauereien in München. Zuvor hatte er das Polytechnikum besucht. Beim Übergang vom gewerblichen zum fabrikmäßig betriebenen Großbetrieb waren technische Kenntnisse zwingend notwendig geworden. Stefan Moninger sollte sich als ein hervorragender Brauer erweisen. Mit der inneren Betriebsführung, die sich aus dem Wachstum des Unternehmens ergab, wurde dann 1887 Theodor betraut, der jüngste der Brüder, der ebenfalls eine Banklehre absolviert hatte.
Nach dem Erreichen der Volljährigkeit erwarben 1881 zunächst Karl und Stefan Geschäftsanteile aus dem Besitz der Mutter, mit der sie zusammen eine Offene Handelsgesellschaft, OHG, bildeten. Theodor kam 1887 als Gesellschafter dazu. Die beiden Kinder aus der ersten Ehe dürften aus dem Vermögen der Brauerei Kaufmann abgefunden worden sein. Als Moninger 1881 heiratete, wählte er seinen Halbbruder Louis Kaufmann zum Trauzeugen, was für ein harmonisches Verhältnis zwischen beiden spricht. Außerdem wohnten beide im selben Haus in der Kaiserstraße 142.
Moninger erwies sich von Anfang an als weitsichtiger Geschäftsmann. Er erkannte die unternehmensrelevanten Strukturen des gesellschaftlichen Wandels und verstand, sie zu nutzen. Im Zuge des industriellen Ausbaus Deutschlands nahm die Stadtbevölkerung sprunghaft zu; damit wuchs die Chance für eine Steigerung des Bierabsatzes. 1856, im Gründungsjahr der Brauerei Moninger, lebten in Karlsruhe 25 000 Einwohner, 1886 waren es schon 60 000. Beim Bierkonsum schlug sich vor allem die veränderte soziale Zusammensetzung der Stadtbevölkerung nieder. Für die Arbeiterschaft, die am stärksten zunahm, war Bier erschwinglicher als Wein. So wurde Bier zum wichtigsten „Volksgetränk“. Auf diese Entwicklung reagierte Moninger mit technischen Innovationen, die die Steigerung der Produktion ermöglichten.
Nach einem Brand der Malzdarre in der Kaiserstraße 1884 hatten sich die Brüder entschlossen, eine moderne Brauerei im „Sommerstrich“ an der Kriegsstraße im erst zwei Jahre später nach Karlsruhe eingemeindeten Mühlburg zu errichten. Das zuvor schon eigene Gelände war bisher als Bierkeller genutzt gewesen. 1886 begann der Neubau, der zwei Jahre dauerte. Errichtet wurde ein Maschinenhaus mit einer Dampfkesselanlage neuester Bauart. Daran schloss sich der Bau einer Sudanlage an. Zugleich wurden die Keller durch neue Gär- und Lagerräume wesentlich erweitert. Ganz entscheidend aber war der Einsatz der Eismaschine, welche die Firma Linde Anfang der 1880er Jahre auf den Markt gebracht hatte. Bis dahin war Bier nur in der kühlen Jahreszeit von Oktober bis April gebraut worden, da zu hohe Temperaturen das Bier während des Gärungsprozesses verdorben hatten. Erst der Einsatz der Kühlgeräte machte es möglich, das ganze Jahr über zu brauen. Viele Brauer standen solchen Neuerungen anfangs skeptisch, sogar ablehnend gegenüber, „[…] hielten die Eismaschine anfangs für eine unnütze Neuerung, die bestimmt zu nichts führen konnte.“ (50 Jahre Brauerei Moninger, 1906, S. 47) Eine solche Einstellung konnte katastrophale Folgen zeitigen. In der Praxis stellte sich bald der enorme wirtschaftliche Vorteil bei den Unternehmen heraus, die früh die Kühlanlagen eingesetzt hatten. Die Brauerei Moninger expandierte dank dieser Innovation, die Zahl der Mitarbeiter wuchs weiter.
Für solche Investitionen waren große Summen erforderlich, die aus dem privaten Vermögen und den laufenden Erträgen der Brauereien allein nicht aufzubringen waren. Um die Mitte der 1880er Jahre führte dies zur massenhaften Umwandlung der Brauereihandwerks- wie Betriebe anderer Branchen in Aktiengesellschaften. Auch Moninger entschied sich für diesen Weg. Die Verhandlungen zogen sich von 1888 bis 1889 hin. Mit Eintragung ins Handelsregister vom 12. September 1889 trägt die Brauerei Moninger den Namen „Brauereigesellschaft vormals S. Moninger“. Damit hatte die Brauerei aufgehört, ein privates Unternehmen zu sein. Da das Aktienkapital von 800 000 Mark aber ausschließlich von den drei Brüdern aufgebracht wurde, blieb der Charakter des Familienunternehmens erhalten. Moninger trug nun den Titel „Generaldirektor“; seine beiden Brüder waren Direktoren. Zusammen bildeten sie den Vorstand.
Angesichts schwankender Konjunktur solch gewaltige Investitionen vorzunehmen, war unternehmerisch höchst riskant. Aber auch hier bewies der Kaufmann Moninger sicheren Instinkt für die weitere Entwicklung der Wirtschaft. Vor allem setzte er auf die Qualität seines Biers.
Der Ausbau der Eisenbahnverbindungen führte zu einer weiteren Ausdehnung des Absatzgebietes und begünstigte eine anhaltend steigende Bierproduktion. Als versierter Kaufmann erkannte Moninger diese Möglichkeit zu weiterer Umsatzsteigerung und erwarb von der Stadt Karlsruhe 1898 12 800 qm beim Westbahnhof als Lager und Umschlagsplatz. Und als nach der Wende zum 20. Jh. der LKW so weit entwickelt war, dass er wirtschaftlich eingesetzt werden konnte, reagierte Moninger erneut mit sicherem Instinkt für Innovation und ersetzte ca. 60 Pferde durch Kraftwagen. Wieder waren zunächst große Summen für den Kauf erforderlich, aber auch diese Rechnung ging auf.
Im Jahr 1872 hatte es in Karlsruhe noch 22 Brauereien gegeben, 1907 waren es nur noch 12, während sich gleichzeitig der Bierumsatz mehr als verfünffachte, von 128 000 auf 700 000 Hektoliter. 1898/99 überschritt der Bierumsatz bei der Brauerei Moninger zum ersten Mal 100 000 Hektoliter. Das war 50-mal soviel wie bei der Gründung 1856. Der Übergang zur Großbrauerei verlief auch bei Moninger nicht ohne soziale Verwerfungen. Moninger zeigte wenig Verständnis für soziale Forderungen der Arbeiterschaft und deren Interessenwahrnehmung durch Selbstorganisation. In den 1890er Jahren sah er sich wiederholt Angriffen ausgesetzt und als die Gebrüder versuchten, durch die Einrichtung eines Pensionsfonds gegenzusteuern, der allerdings nicht allen Beschäftigten zugute kam, schrieb die SPD-Zeitung „Volksfreund“ am 1. Januar 1896: „Würden die Herren Hoepfner und Moninger und alle Kapitalisten ihren Arbeitern einen Lohn gewähren, mit dem sie ihre Familien richtig ernähren könnten, sie hätten zur Lösung der sozialen Frage mehr beigetragen als durch ihre Spenden.“ Dabei spielte sicher eine Rolle, dass der Verbandsfunktionär Moninger aufgrund seiner exponierten Position besonders im Fokus öffentlicher Wahrnehmung stand.
Während des I. Weltkriegs, und erst recht, als nach der Niederlage das Elsaß als Absatzgebiet verloren ging, litt auch die Brauerei Moninger unter Umsatzeinbrüchen. Dank der Größe seines Unternehmens aber vermochte Moninger sich letztlich gut zu behaupten. Für viele kleine Brauereien bedeutete diese Entwicklung das Ende, Moninger indes übernahm drei kleinere Brauereien in der Karlsruher Umgebung, die vor dem Aus standen: 1920 die Kammer-Brauerei in Karlsruhe, deren Betreiber Karl Kammer aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Das Gelände wurde von Moninger nur als Lagerplatz genutzt. 1921 kam die Brauerei Eglau in Durlach hinzu und 1922 die Union-Brauerei in Mühlburg, die sich beide nach dem Einbruch im Anschluss an den I. Weltkrieg nicht mehr erholen konnten.
Nach dem Tod der Brüder Theodor 1912 und Stefan 1921 lag die gesamte Verantwortung in den Händen von Moninger 1923 erweiterte er die Produktpalette um nichtalkoholische Getränke und stellte auch Limonade, Mineralwasser und Nährbier her. Gleichzeitig wurde die Bierproduktion weiter gesteigert; im Geschäftsjahr 1928/29 braute Moninger 200 000 Hektoliter Bier, was der Verdoppelung seit der Jahrhundertwende entsprach. Zwar spürte auch Moninger die Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er Jahre, sein Unternehmen aber kam wohlbehalten durch die große Krise.
Moninger zählt in seiner Schaffenszeit zu den bedeutendsten Persönlichkeiten des Braugewerbes in Deutschland. Von 1910 bis 1929 gehörte er dem geschäftsführenden Vorstand des „Deutschen Brauer-Bundes“ an, der ihn 1920 zu einem der beiden Vizepräsidenten wählte, und war Vorsitzender des 1912 gegründeten „Mittelbadischen Brauereiverbands“. Als sich Moninger Ende der 1920er Jahre aus dem aktiven Geschäftsleben zurückzog, ernannte ihn der Verband zu seinem Ehrenvorsitzenden. Außerdem gehörte er seit 1897 dem Vorstand der „Brauerei- und Mälzer-Berufsgenossenschaft“ an, über Jahre hinweg ebenfalls als dessen Vorsitzender, und er war 20 Jahre Mitglied des Aufsichtsrats des „Deutschen Boykottschutzverbands für Brauereien Versicherungsverein a. G. zu Berlin“, einem Verband von Brauereiunternehmern, die damit auf den sogenannten „Bierboykott“ der Brauereiarbeiter 1894 in Berlin reagiert hatten, mit dem die Arbeiter soziale Forderungen durchsetzen wollten.
Moninger betätigte sich auch fast zwei Jahrzehnte aktiv in der Karlsruher Kommunalpolitik. Von 1897 bis 1926 gehörte er der Stadtverordnetenversammlung von Karlsruhe an, von 1904 bis 1908 deren geschäftsführendem Vorstand und 1909 war er Obmann des Stadtparlaments. Dieses Gremium wurde direkt gewählt und wählte seinerseits den Stadtrat und den Oberbürgermeister. Es erscheint allerdings unklar, ob Moninger – wie zu erwarten gewesen wäre – der Nationalliberalen Fraktion angehörte. Außerdem betätigte sich Moninger ehrenamtlich als Handelsrichter am Landesgericht in Karlsruhe. Die TH Karlsruhe, die sich seiner besonderen finanziellen Unterstützung erfreute, ernannte ihn 1925 aus Anlass ihres 100-jährigen Bestehens zum Ehrensenator. Eine ganz besondere Ehre wurde Moninger zuteil, als Großherzog Friedrich I. am 15. Mai 1895 der Brauerei seinen Besuch abstattete und die Anlagen besichtigte.
Mit 74 Jahren zog sich Moninger aus dem operativen Geschäft zurück, gehörte aber bis zu seinem Tode dem Aufsichtsrat seines Unternehmens an.
Quellen: GLA Karlsruhe Geburtenbücher 1850 bis 1852; StadtA. Karlsruhe Adressbücher 1896 bis 1926, Schülerverzeichnis d. Höheren Bürgerschule, Heiratsbuch 1881/Nr. 233; UA Karlsruhe 21001, 813, Blatt 328 u. 334, Ernennung zum Ehrensenator; Friedhofsamt Karlsruhe, Gräberverzeichnis; Auskünfte von Barbara Guttmann vom Februar 2010, Ingrid Moninger, Enkelin Theodor Moningers, vom März 2010, u. d. Geschäftsleitung d. Moninger AG vom April 2010; Eva Wellmann, A Dter Brauer-Bund e. V., Berlin, u. von Michaela Knör, A d. Gesellschaft für die Geschichte des Brauwesens, Berlin, beide vom Juni 2010, u. von Volker Steck, StadtA Karlsruhe, vom Februar, März u. Juli 2010.
Nachweis: Bildnachweise: 100 Jahre Brauerei Moninger, 1956, 43 (vgl. Literatur).

Literatur: Vorstand d. Moninger AG (Hg.), 50 Jahre Moninger Brauerei, 1906; Karlsruher Tagblatt vom 19.6.1932 zum 75. Geburtstag von Moninger u. Nachruf vom 2.8.1932; weitere Nachrufe vom gleichem Tag in: „Tagesztg. für Brauer“; Vorstand d. Moninger AG (Hg.), 100 Jahre Brauerei Moninger, 1956; Erich Borkenhagen, 100 Jahre Deutscher-Brauerbund e. V. 1871–1971, 1971; Barbara Guttmann, Hopfen&Malz – Die Geschichte des Brauwesens in Karlsruhe, 1998; Mikulas Teich, Bier, Wissenschaft u. Wirtschaft in Deutschland 1800–1914, Ein Beitrag zur dt. Industrialisierungsgeschichte, 2000; Vorstand d. Moninger AG (Hg.), 150 Jahre Brauerei Moninger, Jubiläumszeitung, 2006.
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