von Mayer, Karl Alexander 

Andere Namensformen:
  • persönlicher Adel seit 1908
Geburtsdatum/-ort: 19.09.1857;  Göppingen
Sterbedatum/-ort: 31.01.1936;  Stuttgart
Beruf/Funktion:
  • Jurist, Richter
Kurzbiografie: 1876 Abitur am Gymnasium zu Stuttgart
1876–1880 Studium der Rechtswiss. in Tübingen
1887 Amtsrichter in Oehringen
1894 Landrichter in Ellwangen; Landwehr-Dienstauszeichnung 2. Kl.
1902 Landgerichtsrat in Stuttgart, stellv. Richterliches Mitglied der Regierung des Neckarkreises gemäß Artikel 113 und 114 Wassergesetz
1905 Oberlandesgerichtsrat in Stuttgart (Oberjustizrat)
1908 Kronenorden 3. Kl.
1913 Mitglied der 8. Landessynode (bis 1919)
1915 Präsident Landgericht Heilbronn
1919 Wahl in die ev. Landeskirchenversammlung (bis 1925)
1924 Ruhestand
1925 Mitglied des ersten Landeskirchentages (bis 1931); Wahl in den ev. Landeskirchenvorstand
1932 Dr. theol. h. c. Univ. Tübingen (Ev.-theol. Fakultät)
Weitere Angaben zur Person: Religion: ev.
Verheiratet: Helene, geb. von Faber (geboren 1864, gestorben nach 1939), Tochter des Justizministers Eduard von Faber (1822–1907)
Eltern: Vater: Friedrich Franz Mayer (1816–1870), aus Schwäbisch Hall, Jurist, Verwaltungsbeamter, württ. Staatsrat, verwaltungsrechtlicher Autor
Mutter: Pauline Marie, geb. Fischer (Römer?) (1827–1904)
Geschwister: 5: Stiefbruder Eduard (1846–1923), Pfarrer; Gustav (gef. 1870); Fanny; Paul; Carl.
GND-ID: GND/1069090077

Biografie: Martin Otto (Autor)
Aus: Württembergische Biographien 3 (2017), 144-147

Mayer stammte aus einer angesehenen, ursprünglich in Schwäbisch Hall beheimateten altwürttembergischen Honoratiorenfamilie; sein Vater, der Verwaltungsjurist Friedrich Franz Mayer, (Oberamtmann des Oberamts Göppingen) erlangte eine auch internationale Berühmtheit als einer der Begründer der „juristischen Methode“ im Verwaltungsrecht. Der Halbbruder Eduard war von 1891 bis1913 Erster Stadtpfarrer in Bietigheim. Zu den näheren Verwandten gehörte die Familie von Faber; sein Vater war in erster Ehe mit Charlotte von Faber (1821 – 1846) verheiratet, seine eigene Ehefrau Helene von Faber war eine Stiefkusine; die Ehe blieb kinderlos. Mayer besuchte das Gymnasium in Stuttgart (später Eberhard-Ludwigs-Gymnasium) und studierte anschließend Rechtswissenschaften in Tübingen; zu seinen Lehrern gehörten die Professoren Gustav von Mandry (1831 – 1902), Max Rümelin (1861 – 1931), Otto Franklin (1830 – 1905), Oskar von Bülow (1837 –1907) und Heinrich Degenkolb (1832 – 1909), im Kirchenrecht auch Friedrich von Thudichum (1831 – 1913). Mayer durchlief nach dem württembergischen Referendariat eine zwar überdurchschnittliche (1908 Verleihung des persönlichen Adels mit dem Kronenorden, Titel des „Oberjustizrats“), keineswegs aber außergewöhnliche Richterkarriere in der württembergischen Justiz, die ihn von Oehringen über Ellwangen nach Stuttgart führte; ab 1905 war er Richter am OLG Stuttgart, dem höchsten Gericht Württembergs. Über mehrere Jahre war Mayer „Rechner“ (Vorstand) der Strafanstalt für weibliche Gefangene in Gotteszell (Schwäbisch-Gmünd). Mayer gehörte zu den Juristen, die die „Innere Reichsgründung“ und die Einführung des BGB ab dem 1. Januar 1900 in Württemberg begleiteten. Mayer trat hier auch publizistisch hervor und hatte einen besonderen Schwerpunkt in dem weiter fortgeltenden württembergischen Landesrecht und dem Recht der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Grundbuchrecht). Von 1900 bis 1925 war er Herausgeber der „Zeitschrift für die freiwillige Gerichtsbarkeit und die Gemeindeverwaltung in Württemberg“ (seit 1922 gemeinsam mit den „Jahrbüchern für württembergische Rechtspflege“). Am 27. Juli 1915 wurde er vom OLG als Nachfolger von Friedrich von Korn zum Präsidenten des Landgerichts Heilbronn berufen; in dieser Position verblieb er auch nach dem Übergang von der Monarchie zur Republik. Zum 30. September 1924 wurde er in den Ruhestand versetzt, den er in Stuttgart verlebte. In Heilbronn bewohnte er eine Dienstwohnung in der Titotstraße 14, in Stuttgart zuletzt in der Schubartstraße12/III; er war bis zuletzt ein aktives Mitglied der Friedenskirchengemeinde im Stuttgarter Osten, daneben im „Evangelischen Volksbund für Württemberg“ und im Evangelischen Bund organisiert. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Stuttgarter Waldfriedhof.
Eine ehrenamtliche Tätigkeit Mayers für die evangelische Kirche setzte bereits 1912 ein; in diesem Jahr wurde er als (berufenes) „Landesherrliches Mitglied“ in die achte Landessynode (Legislaturperiode ab 1913) entsandt. Seitdem war er bis 1931 ohne Unterbrechung im Kirchenparlament. Der für die Neubestimmung des Verhältnisses von Staat und Kirche wichtigen ersten Landeskirchenversammlung 1919 und dem ersten Landeskirchentag 1925 gehörte Mayer jeweils als für Heilbronn gewähltes Mitglied an. 1924 war er stellvertretender Präsident der Synode, 1919 wurde er zum ersten Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden entsandt (ebenso zu den Folgekirchentagen 1924 Bethel und 1927 Königsberg). Rasch erwarb sich der gemäßigt-konservative Mayer einen Ruf als „kirchenrechtlicher Sachverständiger“, der durch seine formalen Ämter (1919 stellvertretender Vorsitzender kirchenrechtlicher Ausschuss, 1925 Vorsitzender Ausschuss Recht und Wirtschaft, 1928 Ältestenbeirat) nur unzureichend wiedergegeben wird. 1913 hatte Mayer zudem von dem Synodalpräsidenten und Präsidenten des Statistischen Landesamtes Karl von Haffner (1855 – 1944) den Vorsitz des Ökonomieausschusses übernommen. Eine besondere Bedeutung gewann Mayer durch seine ehrenamtliche Tätigkeit als Kirchenjurist in der Evangelischen Landeskirche Württembergs durch die politische Entwicklung ab 1918. Mit dem Ende der Monarchie sah sich die württembergische Landeskirche, wie alle deutschen evangelischen Kirchen, vor große Herausforderungen gestellt. Das landesherrliche Kirchenregiment war ersatzlos fortgefallen, die Verwaltung von Staat und Kirche endgültig getrennt worden. Nicht nur die Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919, die in Artikel 137 Absatz 1 ausdrücklich das Nichtbestehen einer Staatskirche normierte, sondern auch die §§ 19 – 21 der Verfassungsurkunde des freien Volksstaates Württemberg und die §§ 63 – 65 der Verfassung Württembergs vom 25. September 1919 enthielten Bestimmungen, die das Verhältnis von Staat und Kirche auf eine neue Grundlage stellten. Dies betraf insbesondere auch das Vermögens- und Dienstrecht. Zwar blieb auch der ohnehin gemischtkonfessionelle Volksstaat Württemberg einem verhältnismäßig kirchenfreundlichen Kurs verpflichtet, auch verhielt sich die württembergische Kirche, bei aller Sympathie für das alte Königshaus, der neuen Republik gegenüber weitgehend loyal. Die Aufgaben der Kirche, sich als eigenständige Kraft neu zu formieren, minderte dies jedoch nicht. Mayer wurde entsprechend am 1. Juni 1919 in die evangelische Landeskirchenversammlung gewählt und begleitete diesen Prozess als Jurist fast ohne Unterbrechung bis zu seinem Tod. Mit seinem Ruhestand riss sein kirchliches Engagement keineswegs ab; am 25. Februar 1925 wurde er in den evangelischen Landeskirchenvorstand gewählt. Mayer war maßgeblich an dem Kirchenverfassungsgesetz der württembergischen Landeskirche vom 24. Juni 1920 beteiligt, das er auch kommentierte; daneben war er an weiteren kirchlichen Rechtsvorschriften wie der Kirchengemeindeordnung und dem Pfarrbesetzungsgesetz maßgeblich beteiligt und veröffentlichte hierzu auch; ein weiterer Schwerpunkt galt den Staatsleistungen für die Kirche und deren Ablösung. Mayer war damit als wohl führender Nichttheologe und Jurist an dem Übergang der württembergischen Landeskirche von einer protestantischen Staatskirche zu einer eigenen gesellschaftlichen Kraft in einem konfessionsneutralen Staat beteiligt. Sichtbaren Ausdruck fand dies in der Verleihung des einstimmig beschlossenen evangelisch-theologischen Ehrendoktors der Universität Tübingen am 24. Dezember 1931 für seine „hervorragende[n] Verdienste“, die er „sich um die evangelische Landeskirche Württembergs, vor allem um ihre Verfassung und Verwaltung“, erworben hatte. In seinen letzten Amts- und Lebensjahren arbeitete Mayer auch mit dem ab 1929 amtierenden Kirchenpräsidenten (ab 1933 Landesbischof) Theophil Wurm zusammen, der auch 1936 an seinem Grab sprach. Dass unter Wurms Führung die württembergische Landeskirche nach 1933 eine „intakte Kirche“ blieb, ist auch auf die juristischen Vorarbeiten von Mayer zurückzuführen. Für die evangelische Kirchengeschichte Württembergs, aber auch Deutschlands, ist Mayer eine herausragende nichttheologische Stimme, die den Übergang von der Monarchie in die Republik konstruktiv begleitete.
Quellen: UAT; StadtA Heilbronn; LKAS.
Werke: Anspruch und Rechtskraft nach deutschem Zivilprozessrecht, 1896 (2. Aufl. Anspruch und Rechtskraft im deutschen Zivilprozessrecht, 1930); Das Nachlassgericht nach Reichsrecht und württembergischem Landesrecht (mit Oskar Haidlen), 1912 (2. Aufl.: Das Nachlassgericht nach Reichsrecht und württembergischem Sonderrecht, zus. mit H. Nestle, 1934); Das württembergische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zu dessen Nebengesetzen, Teil 1, 1921; Das Kirchenverfassungsgesetz (Kirchliches Gesetz, betr. die Verfassung der evangelischen Landeskirche in Württemberg) vom 24. Juni 1920) und das Pfarrbesetzungsgesetz, 1921; 2. Aufl. 1930; Das württembergische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zu dessen Nebengesetzen, Teil 2,1, 1923; Das württembergische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zu dessen Nebengesetzen, Teil 2,2, 1923; Gesetz betreffend Abänderung der Kirchenverfassung vom 24. März 1924 und die Vollzugsverordnung zum Kirchenverfassungsgesetz (Verordnung der evangelischen Kirchenregierung zum Vollzug des Kirchenverfassungsgesetzes) vom 13. Febr. 1924, 1924; Die Staatsleistungen für die Evangelische Kirche in Württemberg, 1925 (Rez. Rudolf Oeschey, TLZ 1926, 280); Die Kirchengemeindeordnung. Dazu: Vollzugsverfügung zur KGO. Ausschreiben des Evangelischen Oberkirchenrats betreffend den Ausbau des kirchlichen Gemeindelebens (mit Hermann Mueller), 1926; Das württembergische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und zu anderen Reichsjustizgesetzen vom 29. Dezember 1931 (zusammen mit Rudolf Hörner), 1932; Die finanziellen Beziehungen zwischen der Evangelischen Kirche und dem Staat in Württemberg von 1806 bis 1919, in: BWKG, 36 N. F. (1932), 108-139; Kommentar zu den neuen Grundbuchverordnungen, 1934.

Literatur: F. Dürr, Chronik der Stadt Heilbronn, Bd. 2 (1896 – 1921), 1922; F. Dürr/K. Wulle/W. Dürr/H. Schmolz, Chronik der Stadt Heilbronn, Bd. 3: 1922 – 1933, 1986; N.N., Landgerichtspräsident i. R. D. Karl Mayer †, in: Schwäbischer Merkur (Schwäbische Kronik) 27 (1936), 5; N.N., aus Stuttgart: Trauerfeier, in: Schwäbischer Merkur (Schwäbische Kronik) 29 (1936), 1; N.N., in: Zeitschrift für die freiwillige Gerichtsbarkeit und Gemeindeverwaltung in Württemberg 78 (1936), 65 f.; T. Ishikawa, Friedrich Franz von Mayer, Begründer der „juristischen Methode“ im Verwaltunsgrecht, 1992; H. Ehmer/H. Kammerer, Biographisches Handbuch der Württembergischen Landessynode (Landeskirchentag) 2005, 261.
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