Heitz, Karl 

Geburtsdatum/-ort: 17.01.1909;  Offenburg
Sterbedatum/-ort: 08.07.1977;  Offenburg
Beruf/Funktion:
  • Oberbürgermeister
Kurzbiografie: 1928 Abitur am Gymnasium Offenburg
1928–1932 Studium d. Rechtswissenschaften im SS 1928 in Bonn, in Freiburg, WS 1928/29 u. WS 1929/30-WS 1930/31, Wien im SS 1929 u. Heidelberg im SS 1931
1932 I. jurist. Staatsexamen
1936 II. jurist. Staatsexamen, danach Rechtsanwalt in Karlsruhe
1940 Einberufung in die Wehrmacht
1940–1943 Dienstverpflichtung als Angestellter d. Finanz- u. Wirtschaftsabt. beim Chef d. Zivilverwaltung in Straßburg
1943–1945 Erneute Einberufung zur Wehrmacht
1946–1948 Rechtsanwalt in Offenburg
1949–1975 Oberbürgermeister d. Stadt Offenburg
1956–1975 stellvertr., seit 1960 Vorsitzender d. Sportausschusses beim dt. Städtetag
1967ff. Mitglied im Präsidium des dt. Städtetags
1970–1975 Präsident des Offenburger Fußballvereins
1975 Ehrenbürger von Offenburg
1981 Karl-Heitz-Stadion in Offenburg
Weitere Angaben zur Person: Religion: rk.
Verheiratet: 1940 (Karlsruhe) Gertrud, geb. Metz (geboren 1911)
Eltern: Vater: Benedikt (1878–1944), Oberzugschaffner
Mutter: Maria Theresia, geb. Kunz (1877–1931)
Geschwister: 2; Maria Theresia (1905–1930) u. Augustin (geboren 1916)
Kinder: 4; Jörg, Michael, Ursula u. Sylvia
GND-ID: GND/1133037690

Biografie: Michael Kitzing (Autor)
Aus: Baden-Württembergische Biographien 6 (2016), 170-173

Der Sohn eines Eisenbahners studierte nach dem Abitur Rechtswissenschaften. 1932 legte er das I. Staatsexamen ab, war neun Monate Referendar beim badischen Innenministerium und dann drei Jahre lang bei einer Karlsruher Anwaltskanzlei tätig. Seinem II. Staatsexamen 1936 schloss er eine vierjährige Tätigkeit als Anwalt an, wiederum in Karlsruhe. Im April 1940 wurde Heitz zur Wehrmacht einberufen, erneut 1943, nachdem er dazwischen beim Chef der Zivilverwaltung im besetzten Straßburg dienstverpflichtet gewesen war. 1946 eröffnete Heitz seine eigene Kanzlei in Offenburg. Er wurde aber bereits im Dezember 1948 auf Vorschlag der CDU vom Gemeinderat mit einer Stimme Mehrheit gegen den Sozialdemokraten und langjährigen Offenburger Bürgermeister in der Weimarer Zeit, Walther Blumenstock (1892–1962), zum neuen Stadtoberhaupt gewählt und 1957 und 1969 jeweils mit breiter Mehrheit von der Bevölkerung im Amt bestätigt.
Die lange Amtszeit von Heitz, die ihn nach dem Stuttgarter OB Ernst Klett zum dienstältesten Stadtoberhaupt seiner Generation im Lande machte, war Anfang 1949 keineswegs absehbar; denn Heitz war bereits das fünfte Offenburger Stadtoberhaupt nach dem Krieg und musste die Leitung der Stadtverwaltung in einer unverändert schwierigen Umbruchphase übernehmen, mit einem kleinen Verwaltungsapparat und geringer finanzieller Manövriermasse. Die Situation um die Jahreswende 1948/49 war durch die eben erfolgte Währungsreform, das notorisch schwierige Verhältnis zur französischen Besatzungsmacht und massiven Wohnraummangel gekennzeichnet. Immerhin, in Offenburg waren 55 Prozent der Wohnungen baulich in Takt, Zerstörungen geringer als andernorts. Die Stadt hatte aber in den ersten Nachkriegsjahren eine hohe Zahl Heimatvertriebener und deutscher Rückwanderer aus dem Elsass und dem von den Franzosen besetzten Brückenkopf Kehl aufnehmen müssen. Zudem hatte die französische Armee, die in Offenburg 7000 Mann stationiert hielt, ein Drittel aller intakten Wohnungen für sich beansprucht. Die ersten Maßnahmen von Heitz galten der Wohnraumnot. Sie zu beheben gelang durch seine taktisch kluge Verhandlungsführung mit der Besatzungsmacht mit dem Ziel, diese möglichst bald zur Rückgabe beschlagnahmter Wohnungen zu bewegen. Vor allem aber ließ Heitz neue Wohngebiete erschließen, so die Siedlung Albersbösch, wo die Städtische Wohnungsbaugesellschaft 70 neue Häuser baute und zum Selbstkostenpreis von 17 500 DM weitergab. Damit war die besiedelte Fläche über die Kinzig hinausgeschoben. Weitere neue Stadtteile folgten, wiederum vor allem von der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft gebaut, so dass der Wohnungsbaubestand 1973 verglichen mit 1945 mehr als verdoppelt war. Gleichzeitig wurden technische Einrichtungen durch neue Brunnen, zwei Wasserhochbehälter und eine neue Kläranlage ausgebaut, das Gaswerk, die Elektrizitätsversorgung und der Schlachthof wurden erweitert.
Der zweite Schwerpunkt der Bemühungen von Heitz galt der Stärkung der städtischen Wirtschaftsstruktur. Es war sein Ziel, Offenburg von „einer beschaulichen Beamtenstadt [und einem] kleinen Handelszentrum“ (Offenburger Tageblatt 31.12.1973) zu einer lebendigen Stadt im Herzen Europas werden zu lassen. Seine Vision, mit der er besonders bei der Industrie warb, ging vom Ost-West Gegensatz aus, der die Zeit nach dem II. Weltkrieg prägte. Es gelte nun, die zentrale Lage am Schnittpunkt von Handelswegen und westeuropäischen Eisenbahntrassen zu nutzen. Auch den 1960 erfolgten Autobahnanschluss bezog er hier ein, eine Initiative, die Erfolg zeigte, genauso wie die innerstädtische Verkehrsführung, die durch neue Kinzigbrücken verbessert wurde. Nördlich der Siedlung Albersbösch entstand ein Gewerbegebiet, in dem es gelang, neben Klein- und Mittelbetrieben zwei Großunternehmen anzusiedeln: Telefunken und Beiersdorf. Schließlich entstand 1967 in Offenburg die Zentrale der Einzelhandelskette EDEKA für den süddeutschen Raum. Vor allem aber prägte die Expansion des Burda-Verlages, der 1973 in Offenburg knapp 4000 Mitarbeiter beschäftigte, die Amtszeit von Heitz Schon 1955 hatten die Zeitschriften des Verlages „Bild und Funk“ und „Bunte“ Auflagen von 3,1 bzw. 1,53 Mio. Ähnlich erfolgreich war die von Aenne Burda (1909–2005) herausgegebene Zeitschrift „Burda Moden“, die damals mit einer Auflage von 1,85 Mio. gedruckt wurde. Solche Erfolge ermöglichten Franz Burda 1962/63 den Bau des neuen Verwaltungshochhauses, das „zu einem neuen Wahrzeichen der Stadt“ (Kähni, 1978, 246) wurde.
Diese „stürmische Aufwärtsentwicklung“ (ebd., S. 265) im gewerblichen Sektor hatte die Stadt verändert: Die Gewerbesteuereinnahmen waren von 1,9 (1949) auf 35 Mio. DM (1975) gestiegen und im selben Zeitraum hatte das städtische Haushaltsvolumen, beim Amtsantritt von Heitz 5,4 Mio. DM, 135 Mio. DM erreicht. Die Bevölkerungszahl von 21 551 (1948) hatte im Mai 1970 im alten Stadtbereich 33 051 erreicht, einen Zuwachs um mehr als die Hälfte. Auf das im Zuge der Gemeindereform erweiterte Stadtgebiet bezogen war bereits die Zahl von 51 000 Einwohner überschritten, ein Wert, bei dem die Gesamteinwohnerzahl dann aber lange Zeit stagnierte (1987: 51 311).
Ein derart starker Bevölkerungsanstieg machte den Ausbau der Infrastruktur notwendig. Wie allgemein im Land zu beobachten, investierte Offenburg in den 1950er-Jahren in den Schulbau. 1939 hatte die Stadt nur etwa 100 Klassenräume aufgewiesen, beim 20. Amtsjubiläum von Heitz waren es 263, ein Zuwachs also von mehr als 150 Prozent. Herausragend im Ausbau der Offenburger Bildungseinrichtungen ist die 1964 errichtete staatliche Ingenieursschule.
Die soziale Infrastruktur wurde durch den Bau einer Vielzahl von Altersheimen, Kindergärten und Spielplätzen gestärkt und die Feuerwehr dergestalt verbessert, dass sie in den 1970er-Jahren deutschlandweit als vorbildlich galt. Auch in den Bereich Sport wurde mit Turnhallen und einem Freischwimmbad investiert. Schließlich wurde das Krankenhaus modernisiert und erweitert und das Messegelände wuchs um zwei Großhallen.
Das macht deutlich, dass die Funktion Offenburgs als Zentrum Mittelbadens, auch als Messestadt, ihre Anfänge in der Ära dieses Stadtoberhauptes hat. Dabei fällt jedoch auch im Offenburg der Ära Heitz auf, dass wie andernorts wenig Rücksicht auf Aspekte des Denkmalschutzes genommen wurde. Allzu schnell wurden Gebäude von historischem Wert in der Innenstadt einer verbreiterten Straßentrasse und der Anlage von Parkplätzen geopfert. Die „autogerechte Stadt“ war auch hier entscheidende Größe.
Über seine Stadt hinaus wirkte Oberbürgermeister Heitz als Vorsitzender der Krankenhausgesellschaft des Landes und Mitglied des Vorstands der deutschen Krankenhausgesellschaft; im Sportausschuss des Deutschen Städtetags, dessen Präsidium er seit 1967 angehörte, war Heitz seit 1956 stellvertretender und seit 1960 Vorsitzender. Früh bahnte er auch internationale Kontakte an, was 1959 in den Partnerschaftsvertrag mit dem französischen Lons-Le-Saunier und 1964 mit der steirischen Stadt Weiz einmündete.
Im Zuge der Gemeindereform der 1970er-Jahre wurde Offenburg erneut gestärkt. Bis 1975 wurden elf Nachbargemeinden eingemeindet: Bohlsbach, Bühl, Elgersweier, Fessenbach, Griesheim, Rammersweier, Waltersweier, Weier, Windschläg, Zell-Weierbach und Zunsweier, die alle schon während der Expansion der 1950er und 1960er- Jahre weit näher an die Stadt herangerückt waren. 14000 Arbeitnehmer sowie 5000 Schüler aus dem weit über die eingemeindeten Orte hinausreichenden Umland pendelten Mitte der 1970er-Jahre täglich nach Offenburg.
Es war das Verdienst von Heitz, dass er in den Verhandlungen über die Eingemeindungen auf die Anliegen der kleineren Orte einging, ihnen im zuträglichen Umfang Selbstständigkeit garantierte und nötige Investitionen zusagte. Es kam zur Einführung der Ortschaftsverfassungen, die den Teilorten einen Ortsvorsteher und Ortschaftsräte brachten. Dies stellte Landtagspräsident Camill Wurz, Heitz’ Schulkamerad, bei dessen Verabschiedung besonders heraus, als er ihn „Retter der Ortschaftsverfassung“ (Badisches Tagblatt 17.1.1976) nannte.
Der Rückzug Heitz’ aus der Politik erfolgte krankheitsbedingt. Schon bei seiner zweiten Wiederwahl 1969 hatte er angekündigt, nicht die gesamte Zeit von 12 Jahren im Amt zu bleiben. Sein Ausscheiden hat Heitz, den die Stadt damals als ihren dritten Oberbürgermeister zum Ehrenbürger ernannte, nur um knapp eineinhalb Jahre überlebt.
Neben seiner politischen Tätigkeit war Heitz immer ein begeisterter Sportler gewesen; er spielte Tennis, seine besondere Liebe aber galt dem Fußball. 1970 wurde er Präsident des Offenburger Fußballvereins und während seiner Amtszeit wurde der Verein zweimal südbadischer Amateurmeister. Dieses Engagement hat der Verein gewürdigt, indem er sein Stadion 1981 nach Heitz benannte.
Quellen: UA Heidelberg Studienakte Karl Heitz; StadtA Offenburg, Zeitgeschichtl. Sammlung Karl Heitz; 004/002–007, Wahl des Bürgermeisters 1948, 004/002–008, Bewerbungen zur Wahl des Bürgermeisters 1948/1949, 004/007–008, Handakten – Schriften u. Ansprachen OB Heitz, 004/007–009, Persönl. Schriftwechsel OB Heitz, 009/025–001, Personalverwaltung, 25-jähriges Dienstjubiläum u. 65. Geburtstag OB Heitz.
Nachweis: Bildnachweise: Foto (o. J.) in: Baden-Württembergische Biographien 6, S. 172 – Offenburger Tagebl. vom 31.12.1973.

Literatur: Karl Heitz zum Offenburger Stadtoberhaupt gewählt, in: Badener Tagblatt vom 21.12.1948; Neun Jahre Aufbauarbeit, in: Offenburger Tagebl. vom 17.10.1957; Das stetig wachsende Offenburg, in: Ortenauer Rundschau vom 20.10.1957; Otto Kähni, Offenburgs Stadtoberhäupter seit 1803, in: Die Ortenau, 47, 1967, 41-76, bes. 74-76; Große Gratulationscour für Karl Heitz, in: Offenburger Tagebl. vom 18.1.1969; Nach 25 Jahren, ebd. vom 31.12.1973; Erfolgreich „vor Ort“ um Vertrauen geworben, in: Bad. Tagblatt vom 17.1.1974; Manfred Bulling, Die Verwaltungsreform in B-W, in: Das Land B-W, Amtliche Beschreibung nach Kreisen u. Gemeinden, 8 Bde., 1974–1983, Bd. 2, Die Gemeinden vor u. nach d. Gebietsreform, 1975, 1-35, bes.9-14; Ein dynamischer OB, in: Offenburger Tagebl.t vom 16.1.1976; Zahlreiche Ehrungen u. Glückwünsche für Karl Heitz, in: Bad. Tagblatt vom 17.1.1976; Otto Kähni, Offenburg u. die Ortenau, 1976, 240-265; An Offenburgs Rathaus wehen die Flaggen auf Halbmast, in: Offenburger Tagebl. vom 11.7.1977; In Memoriam Ehrenbürger Oberbürgermeister a. D. Karl Heitz, in: Das offene Tor Nr. 9, 1977, o. P.; Paul Feuchte, Verfassungsgeschichte von B-W, 1983, 393-403; Irmtraud Bock/Klaus Eppe, Ortschafts- u. Bezirksverfassung, in: Theodor Pfizer/Hans-Georg Wehling (Hgg.), Kommunalpolitik in B-W, 3. Aufl. 1985, 217-237; Fred Ludwig Sepaintner, B-W 1960–1962, in: Handb. d. Baden-Württembergischen Geschichte. Bd. 4. Die Länder seit 1918, 2003, 591-895, bes. 767-771; Wolfgang M. Gall, Kleine Geschichte d. Stadt Offenburg, 2013, 191-219.
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